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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 22.10.2003
Aktenzeichen: 3 L 220/03
Rechtsgebiete: WoGG, SGB I, SGB X, VwGO


Vorschriften:

WoGG § 29 III Nr. 2
WoGG § 29 IV
WoGG § 30 V
SGB I § 1 Nr. 14
SGB X § 48
SGB X § 50
VwGO § 29 Abs. 4
VwGO § 68 Abs. 1
Eine zur Neufestsetzung berechtigende Verringerung des Wohngelds wegen Erhöhung des Familieneinkommens während eines laufenden Bewilligungszeitraumes gem. § 29 Abs. 3 Nr. 2 WoGG liegt auch dann vor, wenn die Erhöhung durch den Zuzug eines Familienmitglieds eintritt.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 3 L 220/03

Datum: 22.10.2003

Gründe:

Die Klägerin bezieht seit dem Jahre 1991 Wohngeld vom Beklagten. Mit Datum vom 25. Februar 1999 stellte sie einen Wiederholungsantrag, wobei sie als zum Haushalt rechnende Familienmitglieder den Sohn ... benannte. Der Beklagte bewilligte ihr, ausgehend von diesen Angaben mit Wohngeldbescheid vom 14. April 1999 für den Bewilligungszeitraum 1. März 1999 bis 31. Oktober 1999 Wohngeld in Höhe von 334,00 DM monatlich. Aufgrund eigener Ermittlungen gelangte der Beklagte zu dem Ergebnis, dass ab dem 1. September 1999 ein weiterer Sohn der Klägerin, Herr ... zum Haushalt der Klägerin zu rechnen sei. Mit Bescheid vom 26. Januar 2000 setzte er das Wohngeld für den Zeitraum 1. September 1999 bis 31. Oktober 1999 neu auf monatlich 72,00 DM fest, wobei er von einem Jahreseinkommen des Herrn ... aus unselbständiger Erwerbstätigkeit von 14.560,00 DM jährlich ausging. Mit weiterem Bescheid vom 8. Februar 2000 hob der Beklagte den Bescheid vom 14. April 1999 für den Zeitraum 1. September 1999 bis 31. Oktober 1999 auf und forderte das zu unrecht geleistete Wohngeld in Höhe von 524,00 DM zurück. Den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 8. Februar 2000 wies das Regierungspräsidium Dessau mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2001 zurück. Der Beklagte habe den Bescheid vom 14. April 1999 zu Recht aufgehoben, denn der Sohn der Klägerin, Herr ..., sei ab 1. September 1999 mit zu ihrem Haushalt zu rechnen, wodurch sich auch das Familieneinkommen erhöht habe. Der Beklagte habe auch mit Bescheid vom 26. Januar 2000 das Wohngeld aufgrund der geänderten tatsächlichen Verhältnisse rechtmäßig neu festgesetzt.

Am 12. Januar 2001 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat im Wesentlichen vortragen, der Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass ihr Sohn ... sich seit dem 1. September 1999 in ihrem Haushalt aufgehalten habe. Er sei bei ihr nur postalisch erreichbar gewesen und habe sie gelegentlich besucht.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 8. Februar 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2001 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat sich im Wesentlichen auf die Gründe des Widerspruchsbescheides gestützt.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 6. März 2003 den Bescheid des Beklagten vom 8. Februar 2000 sowie den Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2001 aufgehoben. Zur Begründung ist ausgeführt, der auf § 50 Abs. 1 i. V. m. § 48 Abs. 1 SGB X gestützte Bescheid des Beklagten vom 8. Februar 2000 sei rechtswidrig. Die Aufhebung eines Wohngeldbescheides wegen veränderter Verhältnisse sei gem. § 30 Abs. 5 WoGG nur nach Maßgabe des § 29 WoGG zulässig. Gem. § 29 Abs. 3 WoGG sei über das Wohngeld von Amts wegen neu zu entscheiden, wenn sich während des laufenden Bewilligungszeitraumes die Miete/Belastung um mehr als 15 v. H. verringere oder das Gesamteinkommen sich um mehr als 15 v. H. erhöhe. Ein erhöhtes Gesamteinkommen sei aber nur dann zu berücksichtigen, wenn die Erhöhung bei den zu Beginn des Bewilligungszeitraumes vorhandenen Haushaltsangehörigen und Familienmitgliedern eingetreten sei. Der Zuzug eines Familienmitgliedes erfülle diesen Tatbestand nicht. Der Gesetzgeber habe in § 29 Abs. 1 WoGG vorgesehen, dass der Zuzug eines Familienmitgliedes zu einer Erhöhung des Wohngeldes führe. Von einer entsprechenden Regelung bei der Verringerung des Wohngeldes gem. § 29 Abs. 3 WoGG habe er bewusst abgesehen.

Gegen dieses ihm am 7. April 2003 zugestellte Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene, am 2. Mai 2003 beim Verwaltungsgericht eingegangene Berufung des Beklagten. Zur Begründung trägt er vor, es habe bei richtiger Auslegung des § 29 Abs. 3 Nr. 2 WoGG keiner ausdrücklichen Regelung über den Zuzug eines Familienmitgliedes bedurft. Es komme allein darauf an, ob sich das Gesamteinkommen der Familienmitglieder erhöht habe. Welche Gründe zu dieser Erhöhung geführt hätten, sei unerheblich. Die gesetzliche Regelung erstrecke sich dem gemäß auch auf eine Erhöhung des Gesamteinkommens infolge des Zuzuges eines Familienmitgliedes. Dieser Sachverhalt unterliege auch der Mitteilungspflicht gem. § 29 Abs. 4 WoGG.

Der Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Dessau vom 6. März 2003 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, welches auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein entspreche (Urt. v. 23.1.1979 - 10 A 231/77 -). Im Übrigen könne von einem Zuzug ihres Sohnes ... keine Rede sein. Er habe sie nur gelegentlich besucht.

Der Senat hat Frau ... als Zeugin gehört. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22. Oktober 2003 verwiesen.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Bd. I, II). Bezug genommen.

II.

Auf die Berufung des Beklagten ist das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Bescheid des Beklagten vom 8. Februar 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2001 ist entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts rechtlich nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für die behördliche Entscheidung über Wegfall oder Verringerung des Wohngelds wegen Änderung der Verhältnisse während eines laufenden Bewilligungszeitraums ist § 29 Abs. 3 WoGG, eingefügt durch FKP-Gesetz vom 23. Juni 1993, BGBl. I, 944. Die dort genannten Gründe sind - neben den in § 30 Abs. 1 bis 3 WoGG genannten Sonderfällen - abschließend. Wegen anderer Umstände ändert sich der Anspruch auf Wohngeld nicht, § 30 Abs. 5 WoGG.

Liegen die in § 29 Abs. 3 WoGG genannten Änderungen - Verringerung der Miete/Belastung um mehr als 15 v. H., Ziff. 1 oder Erhöhung des Familieneinkommens um mehr als 15 v. H., Ziff. 2 - vor, so ist über die Gewährung von Wohngeld von Amts wegen neu zu entscheiden, wenn dies zu einem Wegfall oder zu einer Verringerung des Wohngelds führt. Verfahrenstechnisch geschieht dies in der Weise, dass über das zustehende Wohngeld unter Berücksichtigung der eingetretenen Veränderungen neu entschieden und der bisherige Bescheid für den von der Änderung betroffenen Zeitraum gem. § 1 Nr. 14 SGB I i. V. m. § 48 SGB X aufgehoben wird (Stadler/Gutekunst, WoGG, § 29 Rdnr. 17). Der Anwendungsbereich des § 48 SGB X ist damit nach Maßgabe des § 29 Abs. 3 WoGG modifiziert. Die Wohngeldbehörde muss bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen von Amts wegen tätig werden. Ein Ermessen steht ihr nicht zu (vgl. Buchsbaum/Driehaus/Großmann/Heise, Wohngeldrecht, § 29 Rdnr. 36). Aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein (Urt. v. 23.10.1979 - 10 A 231/77 -) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die Entscheidung ist durch die zwischenzeitliche Gesetzesänderung überholt. Hinsichtlich der Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen verbleibt es bei der allgemeinen Regelung des § 50 SGB X.

§ 29 Abs. 3 WoGG ist im vorliegenden Falle anwendbar. Einschlägig ist Abs. 3 Nr. 2: Erhöhung des Familieneinkommens um mehr als 15 v. H. durch Anrechnung des Einkommens von Herrn ... ab 1. September 1999. Der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, § 29 Abs. 3 Nr. 2 WoGG sei nur dann anwendbar, wenn sich das Familieneinkommen der bei Beginn des Bewilligungszeitraums bereits vorhandenen Familienmitglieder erhöhe, nicht aber bei Einkommenserhöhungen infolge eines späteren Zuzugs von Familienangehörigen, ist nicht zu folgen. Diese Gesetzesauslegung des Verwaltungsgerichts ist weder mit dem Wortlaut noch mit der Gesetzessystematik oder Sinn und Zweck der Vorschrift vereinbar. § 29 Abs. 3 Nr. 2 WoGG knüpft seinem Wortlaut nach allein an die Erhöhung des Familieneinkommens im laufenden Bewilligungszeitraum an. Dabei ist Familieneinkommen gem. § 9 Abs. 1 WoGG das Jahreseinkommen der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder, das monatliche Familieneinkommen der zwölfte Teil des Familieneinkommens. Eine Einschränkung dahingehend, dass Einkommenserhöhungen infolge eines Zuzugs ausgenommen sind, lässt sich diesem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen.

Eine solche Einschränkung ergibt sich auch nicht aus der Gesetzessystematik. § 29 Abs. 3 WoGG wird als "Gegenstück" zu § 29 Abs. 1 WoGG bezeichnet (Schwerz, WoGG, 2. Aufl., § 29 Rdnr. 13; ders. in das Deutsche Bundesrecht, V H 34, Erläuterung zu § 29 Abs. 3). Er betrifft die Verringerung des Wohngeldanspruchs durch Änderung der Verhältnisse in einem laufenden Bewilligungszeitraum, während in Abs. 1 die Tatbestände aufgeführt sind, die eine Erhöhung des Wohngeldes zur Folge haben. Das "Gegenstück" des Abs. 3 entspricht dem Abs. 1 allerdings nicht in vollem Umfang. Das Gesetz führt in Abs. 1 drei tatbestandliche Varianten für die Erhöhung des Anspruchs auf, für die Verringerung des Anspruchs gem. Abs. 3 dagegen nur zwei. Auf das "Gegenstück" zum Zuzug eines Familienangehörigen in Abs. 1 Nr. 1 in Form des Aus-/oder Wegzugs eines Familienangehörigen hat der Gesetzgeber in Abs. 3 verzichtet. Nach Abs. 3 führen lediglich eine Verringerung der Miete/Belastung (Nr. 1) oder aber die Erhöhung des Gesamteinkommens (Nr. 2) zu einer Verringerung des Wohngeldanspruchs. Das "Gegenstück" des Abs. 3 zu Abs. 1 beschränkt sich deshalb auf die dortigen Ziffern 2 und 3.

Dieser gesetzessystematische Aufbau des § 29 WoGG berechtigt nicht zu der Annahme, eine Erhöhung des Familieneinkommens infolge des Zuzugs eines weiteren Familienmitglied sei für die Verringerung des Wohngeldanspruchs gem. Abs. 3 Nr. 2 unerheblich. Das Verwaltungsgericht hat sich offenbar von dem "argumentum e contrario" leiten lassen, der Zuzug von Familienangehörigen müsse bei den Tatbeständen des Abs. 3 insgesamt außer Betracht bleiben, da der Gesetzgeber hierzu - anders als in Abs. 1 - keine Regelung getroffen habe. Damit wird verkannt, dass es sich sowohl bei den Tatbeständen des Abs. 1 als auch denen des Abs. 3 um rechtlich selbständige, voneinander unabhängige Varianten für die Erhöhung bzw. Verringerung des Wohngeldanspruchs handelt. Aus dem Fehlen einer dem Abs. 1 Ziff. 1 entsprechenden Regelung in Abs. 3 lassen sich deshalb keine Erkenntnisse über den Anwendungsbereiche des Abs. 3 Ziff. 2 gewinnen. Der Gesetzgeber konnte es aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung für vertretbar halten, auf ein "Gegenstück" zum Zuzug eines Familienangehörigen gem. Abs. 1 Nr. 1 in Form eines Aus-/Wegzugs zu verzichten, zumal die Progression des Wohngeldes entsprechend der Zahl der Haushaltsmitglieder anhand der Wohngeldtabellen sich in einem finanziell überschaubaren Rahmen hält. Für einen Verzicht auf Rückforderungsansprüche in Fällen, in denen der Zuzug zu einer Erhöhung des Familieneinkommens führt, bestand in Zeiten notorisch knapper Kassen aber kein Anlass.

Die Voraussetzungen des § 29 Abs. 3 Nr. 2 WoGG sind auch in tatsächlicher Hinsicht gegeben. Das Familieneinkommen der zum Haushalt der Kläger rechnenden Familienmitglieder hat sich im streitigen Zeitraum 1. September 1999 bis 31. Oktober 1999 durch das Einkommen des Sohnes der Klägerin, Herrn ..., um mehr als 15 v. H. erhöht. Dies hat zu einer Verringerung des Anspruchs der Klägerin auf Wohngeld geführt. Herr ... war im streitigen Zeitraum in der AVIA-Tankstelle Bernburg (Inhaber ...) beschäftigt und erzielte ein Arbeitseinkommen von 1.900,00 DM Brutto monatlich (Beiakte Bd. 2, 601). Wegen der Berechnung des Familieneinkommens und des Wohngeldanspruchs bei Einbeziehung dieses Einkommens kann auf den Bescheid des Beklagten vom 26. Januar 2000 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Dessau vom 9. Januar 2001 verwiesen werden. Fehler des Rechenvorgangs sind nicht ersichtlich. Der Beklagte ist insbesondere zu Recht vom gesamten Wohnraum des Einfamilienhauses in ... ausgegangen (135, 32 qm). Für einen Abzug von Teilflächen als selbständiger Wohnraum des Sohnes ..., wie er zeitweilig praktiziert wurde, bestand nach dem Ergebnis der Hausbesichtigungen vom 7. November 1996 und 18. November 1999 kein Anlass (Bl. 315, 566 Beiakten A, B). Die fraglichen Räumlichkeiten verfügten weder über eine eigene Küche noch ein eigenes Bad und sind deshalb kein selbständiger Wohnraum i. S. des Wohngeldgesetzes (vgl. Widerspruchsbescheid v. 16.6.1998, Bl. 335 Bd. 1 d. Beiakten m. Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 26.8.1971 BBauBl 74, 525).

Streitig geblieben ist, ob der Sohn der Klägerin, Herr ..., im streitigen Zeitraum zum Haushalt der Klägerin zu rechnen war. Auch insoweit ist der Beklagte von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen. Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Termin vom 22. Oktober 2003 der Überzeugung, dass Herr ... im streitigen Zeitraum in den Haushalt der Klägerin zurückgekehrt war.

Von der Rückkehr des Herrn ... in den Haushalt der Klägerin, seiner Mutter, ist bereits nach Aktenlage auszugehen. ... wurde am 23. November 1999 von der Zeugin ..., seiner damaligen Freundin, aus der Wohnung ... abgemeldet. Als Tag des Auszugs gab Frau ... den 31. August 1999 und als neue Wohnung ... an (Bl. 600 Beiakte C). Die verspätete Anmeldung ist darauf zurückzuführen, dass ... seinen Meldepflichten nicht nachgekommen war, was Frau ... erst durch eine Rückfrage des Beklagten vom 22. November 1999 bekannt wurde (Beiakte C, Bl. 583). ... selbst hat am 26. Oktober 1999 im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens erklärt, er sei nur in ... erreichbar (Vermerk v. 19.11.1999, Bl. 580 Beiakte C). Diese Adresse findet sich auch auf der Verdienstbescheinigung des Arbeitgebers vom 30. November 1999 sowie dem Lohnzettel für Oktober 1999 (Bl. 601, 603 Beiakte C), wobei der Senat die Hausnummerangabe 29 anstelle Nr. 22 als irrtümlich ansieht. Die Anschrift in ... hat der Arbeitgeber auch auf eine telefonische Anfrage des Beklagten vom 9. November 1999 bestätigt (Vermerk Bl. 556 Beiakte C).

... hat allerdings bei anderer Gelegenheit gegenüber dem Beklagten ausweichende Angaben zu seinem Aufenthaltsort gemacht: "Mal da, mal dort" (Vermerk v. 7.12.1999, Bl. 609 Beiakte C). Verbleibende Zweifel an seinem Aufenthalt in ... konnten aber durch die Aussage der Zeugin ... im Termin vom 22. Oktober 2003 ausgeräumt werden. Frau ... hat als Zeugin bestätigt, dass ... bei ihr am 31. August 1999 ausgezogen war, nachdem es wenige Tage zuvor zum Bruch der bis dahin bestehenden Beziehung gekommen war. Da ... damals keine engen Kontakte zu Freunden oder Geschwistern unterhalten habe, könne sie - die Zeugin - sich nicht vorstellen, wo er sonst hätte hinziehen können. Auch sei er nach Dienstschluss in der gemeinsamen Arbeitsstelle (Tankstelle ...) mit dem Auto in Richtung ... gefahren. Schließlich habe auch ihr neuer Freund, der seinerseits mit Herrn ... befreundet gewesen sei, diesen in ... aufgesucht und dort auch angetroffen. Die Zeugin ... stützt ihre Kenntnis hiernach nicht allein auf logische Schlussfolgerungen, sondern nennt zusätzliche tatsächliche Indizien für die - zumindest vorübergehende - Rückkehr des Herrn ... in den Haushalt der Klägerin. Nach der Aussage der Zeugin gewinnt auch die Mitteilung des Arbeitgebers (Tankstelle ...) zum Aufenthalt des ... an Gewicht. Der Arbeitgeber habe sich damals um ... gekümmert und habe auch privaten Kontakt zu ihm gehabt. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass dem Arbeitgeber die tatsächlichen Verhältnisse bekannt waren und er diese richtige mitgeteilt hat.

Die Klägerin selbst streitet zwar ab, dass Herrn ... im fraglichen Zeitraum zu ihrem Haushalt gehört hat. Sie nennt aber nicht seinen tatsächlichen Aufenthalt, obwohl ihr dieser als Mutter bekannt hätte sein müssen. Dieses Aussageverhalten der Klägerin stellt den Beweiswert der Aktenvorgänge und der Aussage der Zeugin ... nicht infrage, sondern stützt ihn. Der Senat ist nach allem überzeugt, dass Herr ... im September/Oktober 1999 im Haushalt der Klägerin gelebt hat. Weitere Ermittlungen zu dieser Frage bedurfte es deshalb nicht. Es war insbesondere entbehrlich, Herrn ... als weiteren Zeugen zu hören. Eine ladungsfähige Anschrift des Herrn ... hat sich i. Ü. nicht ermitteln lassen.

Der angefochtene Bescheid vom 8. Februar 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Januar 2001 unterliegt der Aufhebung auch nicht wegen eines verfahrensrechtlichen Mangels. Allerdings hat der Beklagte das Wohngeld bereits mit Bescheid vom 26. Januar 2000 neu festgesetzt, d. h. noch vor Aufhebung des bisherigen Bescheids vom 14. April 1999. Diese Verfahrensweise hatte zur Folge, dass zeitweilig zwei sich inhaltlich widersprechende Bescheide existierten, was mit geltendem Verfahrensrecht nicht zu vereinbaren ist. Dieser Mangel ist jedoch spätestens im Widerspruchsverfahren geheilt worden. Die Widerspruchsbehörde hat nicht nur den aufhebenden Bescheid vom 8. Februar 2000, sondern auch den Festsetzungsbescheid vom 26. Januar 2000 in der Sache geprüft. Die Entscheidung der Widerspruchsbehörde entfaltet auch insoweit die verfahrensrechtlichen Wirkungen des § 68 Abs. 1 VwGO und beschränkt sich nicht auf den Hinweis auf die Bestandskraft eines vorangegangenen Bescheids. Im Widerspruchsverfahren ist damit eine zeitgleiche behördliche Entscheidung über Aufhebung und Neufestsetzung herbeigeführt worden, was verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden ist. Soweit im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, nicht nur die Änderung der maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse, sondern auch die Entscheidung der Wohngeldbehörde müsse innerhalb des laufenden Bewilligungszeitraums liegen (Buchsbaum/Driehaus/Großmann/Heise, a. a. O.), folgt der Senat dem nicht. Diese nicht näher begründete Rechtsauffassung ist aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht abzuleiten. § 29 Abs. 4 Satz 3 i. d. F. des Gesetzes vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I, 2671) betreffend die nachträglichen Meldepflichten der Familienmitglieder bestätigt vielmehr, dass die behördliche Entscheidung nicht an die Dauer des Bewilligungszeitraumes gebunden sein kann.

Der Beklagte fordert gestützt auf § 50 Abs. 1 SGB X auch zu Recht den überzahlten Betrag in Höhe von 524,00 DM zurück (vgl. Buchsbaum/Driehaus/Großmann/Heise, a. a. O., § 29 Rdnr. 35). Die Vorschrift räumt der Behörde kein Ermessen ein. Die Regelung entspricht insoweit dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht, vgl. § 49 a Abs. 1 VwVfG. Auf einen (möglichen) Wegfall der Bereicherung in entsprechender Anwendung von § 818 Abs. 3 BGB, wie er in § 49 a Abs. 2 VwVfG vorgesehen ist, kann die Klägerin sich nicht berufen. Der Erstattungsanspruch aus § 50 SGB X ist ein Vermögensausgleich eigener Art, der nicht auf einer Analogie zu den §§ 812 ff. BGB beruht (vgl. Kittner/Reinhardt, SGB X § 50 Rdnr. 1). Im Übrigen unterläge die Klägerin auch nach allgemeinen Verfahrensrecht der verschärften Haftung (§ 819 BGB), denn sie ist ihren Mitteilungspflichten aus § 29 Abs. 4 WoGG nicht nachgekommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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