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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 25.02.2003
Aktenzeichen: 3 L 346/00
Rechtsgebiete: GG, LeichenschauAO


Vorschriften:

GG Art. 12 Abs. 1 Satz 2
LeichenschauAO § 2
LeichenschauAO § 3 I
LeichenschauAO § 19 I
Die Wahrnehmung der Leichenschau ist keine hoheitliche Tätigkeit des Arztes.

Der Totenschein ist lediglich ein - unter Verwendung besonderer Formulare erteiltes - ärztliches Attest, also eine urkundliche Bescheinigung schriftlicher Art, durch die der Arzt ein bestimmtes Untersuchungsergebnis bescheinigt.

§ 19 Abs. 1 Satz 1 LeichenschauAO schließt nur die Erhebung solcher Gebühren aus, die ihre Grundlage in entsprechenden Verwaltungskostengesetzen oder öffentlich-rechtlichen Gebühren- oder Abgabenordnungen haben.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 3 L 346/00

Datum: 25.02.2003

Tatbestand:

Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht die Erstattung der für die ärztliche Leichenschau und die Ausstellung eines Totenscheins entstandenen Aufwendungen.

Nach dem Ableben des Herrn A. führte Dr. M. die ärztliche Leichenschau durch und stellte den Totenschein aus. Dafür berechnete er mit an den Verstorbenen gerichteter Arzt-Rechnung vom 22. September 1997 nach der Gebührenordnung für Ärzte 278,27 DM. Herr F., der Vater des Verstorbenen, erfüllte die Gebührenforderung, beauftragte den Kläger mit der Bestattung seines Sohnes und trat dem Kläger die "Ansprüche auf Geltendmachung der Kosten für Totenschein und Leichenschau" ab. Die auf die Erstattung der 278,27 DM gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 23. Juni 2000 abgewiesen. Die dagegen gerichtete, mit Beschluss vom 25. November 2002 zugelassene Berufung hat keinen Erfolg.

Gründe:

Der Senat entscheidet gemäß § 130 a VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss, nachdem die Beteiligten hierzu gehört wurden.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger sein Zahlungsbegehren allenfalls auf das Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches stützen kann, die sich hieraus ergebenden Anspruchsvoraussetzungen aber nicht erfüllt sind.

Auch im öffentlichen Recht gilt, dass Leistungen ohne Rechtsgrund und sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden müssen. Der Verwirklichung dieses Grundsatzes dient der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch hat in einigen sondergesetzlichen Bestimmungen eine gesetzliche Ausprägung erfahren (vgl. § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes, § 49 a des Verwaltungsverfahrensgesetzes). Er ist darüber hinaus ein allgemein anerkanntes gewohnheitsrechtliches Rechtsinstitut (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Januar 2001 - 3 C 7.00 - BVerwGE 112, S. 351, 353 f. = LKV 2001, S. 367, 368, Urteil vom 30. November 1995 - 7 C 56.93 - BVerwGE 100, S. 56, 59 f. m. w. N., Urteil vom 12. März 1985 - 7 C 48.82 - BVerwGE 71, S. 85, 87). Ebenso ist anerkannt, dass die Anspruchsvoraussetzungen denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruches entsprechen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Januar 2001 - 3 C 7.00 - BVerwGE 112, S. 351, 354 = LKV 2001, S. 367, 368, Urteil vom 12. März 1985 - 7 C 48.82 - BVerwGE 71, S. 85, 88).

Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt eine rechtsgrundlose Vermögensverschiebung zwischen zwei Rechtspersonen voraus. Ist die Vermögensverschiebung auf eine Leistung zurückzuführen, so besteht der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch nur innerhalb des Leistungsverhältnisses. Ist - insbesondere wegen der Beteiligung von mehr als zwei Rechtspersonen - fraglich, zwischen welchen Rechtspersonen ein Leistungsverhältnis besteht, so ist auch beim öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in erster Linie auf die Zweckvorstellungen des Leistungsempfängers und des Zuwendenden zum Zeitpunkt der Leistung abzustellen. Die Zweckvorstellungen sind in der Regel in einer zwischen den Beteiligten getroffenen Zweckbestimmungsvereinbarung festgelegt. Die Zweckbestimmung kann sich aber auch aus einer dahingehenden gesetzlichen Regelung ergeben, auf dessen Grundlage die Leistung vorgenommen worden ist (vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 08. Dezember 1998 - 3 S 680/98 - n. v. [UA, S. 7]).

Hiervon ausgehend stellt die Begleichung der Arztrechnung vom 22. September 1997 weder eine Leistung an den Beklagten dar, noch ergibt sich hieraus eine sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebung zu Gunsten des Beklagten.

Unter einer Leistung ist im bereicherungsrechtlichen Sinne eine bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens zu verstehen (vgl. BGH, Urteil vom 04. Februar 1999 - 3 ZR 56/98 - NJW 1999, S. 1393, 1394; Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 1, 10. Auflage, Münster 2000, § 812 RdNr. 11 m. w. N.; Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 60. Auflage, München 2001, § 812 RdNr. 3 m. w. N.).

Hiernach ist die Zahlung des im Streit stehenden Betrages eine Leistung des Herrn F. - dem Zedenten der im Streit stehenden Erstattungsforderung - an Dr. M., denn die Zahlung erfolgte auf die Arztrechnung vom 22. September 1997 hin, also zur Erfüllung einer Honorarforderung von Dr. M.. Grundlage dieser ärztlichen Honorarforderung ist die in der Arztrechnung vom 22. September 1997 ausdrücklich genannte Gebührenordnung für Ärzte - GOÄ - in der Fassung der Bekanntmachung vom 09. Februar 1996 (BGBl. I, S. 210). Die Gebührenordnung für Ärzte legt die (Höhe der) Vergütungen fest, die ein Arzt für die von ihm nach den Regeln der ärztlichen Kunst erbrachten Leistungen berechnen darf (vgl. § 1 Abs. 2 GOÄ). Zweck der Zahlung des Herrn F. an Dr. M. war auch hiernach die Erfüllung einer gegenüber Dr. M. bestehenden (Nachlass-) Verbindlichkeit, so dass der Beklagte keine vermögenswerte Leistung erhalten hat.

Im übrigen regelt die Gebührenordnung für Ärzte die Vergütung für privatärztliche Leistungen, also ein dem Zivilrecht zuzurechnendes Leistungsverhältnis (vgl. Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 2. Auflage, München 1999, § 82 RdNr. 1 [S. 561]), so dass auch aus diesem Grund der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch nicht als Grundlage der streitigen Forderung in Betracht kommt, denn der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch erfasst ausschließlich dem öffentlichen Recht zuzuordnende Vermögensverschiebungen.

Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man auch dann, wenn man nicht auf die Gebührenordnung für Ärzte abstellt, sondern auf die Rechtsgrundlagen der ärztlichen Leichenschau, die Gegenstand der Arztrechnung vom 22. September 1997 ist.

Die Benachrichtigung von Dr. M. zum Zwecke der Durchführung der ärztlichen Leichenschau und der Ausstellung des Totenscheins entspricht den seinerzeit maßgebenden Bestimmungen der Anordnung über die ärztliche Leichenschau.

Als Recht der Deutschen Demokratischen Republik galt die Anordnung über die ärztliche Leichenschau - LeichenschauAO - vom 04. Dezember 1978 (GBl. DDR 1979 I, S. 4) zunächst gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag - vom 31. August 1990 (BGBl. II, S. 883 = GBl. DDR I, S. 1627) in Verbindung mit Art. 30, 70 ff. des Grundgesetzes - GG - in vollem Umfang als Landesrecht fort. Auf Grund des Gesetzes zur Bereinigung des zu Landesrecht gewordenen Rechts der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik [Rechtsbereinigungsgesetz] vom 26. Juni 1996 (GVBl. LSA, S. 210) galten allerdings seit dem 01. Januar 1997 nur noch die §§ 1 bis 8 Abs. 2 Buchstaben a, b Spiegelstrich 1, 2, Buchstaben c bis f , §§ 9 bis 15, 17, 19 bis 23 Abs. 1 LeichenschauAO als Landesrecht fort (vgl. Nr. 20 der Anlage 1 zum Rechtsbereinigungsgesetz), deren Neubekanntmachung am 02. Januar 1997 erfolgte (GVBl. LSA 1997, S. 41).

Danach haben die nächsten Angehörigen des Verstorbenen (§ 2 Abs. 1 Buchstabe a LeichenschauAO), derjenige, in dessen Wohnung sich der Sterbefall ereignet hat (§ 2 Abs. 1 Buchstabe b LeichenschauAO), und jeder, der einen Toten auffindet (§ 2 Abs. 1 Buchstabe c LeichenschauAO) den Arzt zur Vornahme der Leichenschau zu benachrichtigen oder die Benachrichtigung zu veranlassen. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 LeichenschauAO ist zur unverzüglichen Vornahme der Leichenschau und zur Ausstellung des Totenscheins derjenige Arzt verpflichtet, der den Verstorbenen während einer dem Tode unmittelbar vorausgegangenen Erkrankung behandelt hat. War der Verstorbene nicht in medizinischer Betreuung, so hat ein Arzt der nächstgelegenen Einrichtung der medizinischen Betreuung, der Schnellen Medizinischen Hilfe, des Bereitschaftsdienstes oder jeder andere in der Nähe befindliche Arzt die Leichenschau vorzunehmen und den Totenschein auszustellen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 LeichenschauAO).

Die Durchführung der Leichenschau obliegt mithin jedem, der eine Bestallung oder Approbation als Arzt oder eine Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs hat oder dessen frühere Bestallung nach § 14 der Bundesärzteordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1987 [BGBl. I, S. 1218], zuletzt geändert durch das Gesetz vom 27. April 1993 [BGBl. I, S. 512], fortgilt (vgl. auch: Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 2. Auflage, Stuttgart 1984, § 20 Anm. 4 [S. 81]). Mithin unterliegt der gesamte Berufsstand der Humanmediziner der öffentlich-rechtlich begründeten Verpflichtung, im Bedarfsfall die Leichenschau durchzuführen. Den Regelungen der Anordnung über die ärztliche Leichenschau lässt sich allerdings nicht entnehmen, dass durch die Verpflichtung zur Durchführung der Leichenschau ein Auftrags- oder Weisungsverhältnis zwischen dem jeweiligen Arzt und einer Behörde - insbesondere dem Beklagten - oder dem Land Sachsen-Anhalt begründet würde. Es handelt sich lediglich um Pflichten, die den Ärzten im Rahmen zulässiger Berufsausübungsregelungen im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes - GG - auferlegt sind (vgl. Werther/Gipp, Friedhofs- und Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz, Hannover 1984, Teil B, § 11 BestG [S. 22]), ohne dass die Tätigkeit des Arztes hierdurch den Charakter einer "amtlichen" Tätigkeit erhielte.

Angesichts des Bezuges zu Art. 12 GG erscheint es indes zweifelhaft, ob die Regelungen der Anordnung über die ärztliche Leichenschau dem unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zu beachtenden Gesetzesvorbehalt genügen, ohne dass es hierauf allerdings entscheidungserheblich ankäme.

Die dargelegte Wertung, dass mit der Durchführung der Leichenschau keine hoheitlichen Befugnisse wahrgenommen werden und Dr. M. deshalb nicht "von Amtswegen" tätig wurde, findet ihre Bestätigung im Zweck der Leichenschau. Die Leichenschau dient zur Feststellung des Todes, der Todeszeit, der Todesart und der Todesursache (§ 1 LeichenschauAO). Die Feststellung dieser Tatsachen ist keine den Behörden vorbehaltene staatliche Aufgabe. Dieser Wertung steht nicht entgegen, dass die Durchführung der Leichenschau insbesondere unter seuchenhygienischen Gesichtpunkten auch dem öffentlichen Interesse dient. Die Verpflichtung zur Vornahme der Leichenschau ist insoweit zwar öffentlich-rechtlicher Art (vgl. Seeger, Bestattungsrecht in Baden-Württemberg, 2. Auflage, Stuttgart 1984, § 20 Anm. 4 [S. 81]). Dies bedeutet aber lediglich, dass der Arzt öffentlich-rechtlich in die Pflicht genommen wird, seine Fachkompetenz einzubringen, weil er auf Grund seiner fachlichen Qualifikation zuverlässig den Tod eines Menschen feststellen kann, ohne dass aus dieser Inanspruchnahme aber eine darüber hinausgehende Übertragung hoheitliche Befugnisse folgen würde. Die Wahrnehmung der Leichenschau ist deshalb keine hoheitliche Tätigkeit (Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 7. Auflage, Köln 1997,Teil II Kap. 3 § 2 [S. 135]).

Dies gilt auch für den Totenschein. Dieser ist lediglich ein - allerdings unter Verwendung besonderer Formulare erteiltes - ärztliches Attest, also eine urkundliche Bescheinigung schriftlicher Art, durch die der Arzt ein bestimmtes Untersuchungsergebnis bescheinigt (vgl. Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 2. Auflage, München 1999, § 53 RdNr. 1 [S. 423]). Der Totenschein ist mithin kein "amtliches" Dokument, dass Dr. M. in Ausübung hoheitlicher Befugnisse ausgestellt hat, sondern lediglich eine Privaturkunde, die insbesondere im Rahmen der Eintragung im Sterbebuch benötigt wird.

Ergibt sich mithin auch aus der Zweckbestimmung der der Leichenschau zugrunde liegenden Regelungen keine Vermögensverschiebung zu Gunsten des Beklagten, lässt sich diese schließlich auch nicht aus § 19 Abs. 1 Satz 1 LeichenschauAO ableiten.

§ 19 Abs. 1 LeichenschauAO hat folgenden Wortlaut:

Die Leichenschau und die Ausstellung der Totenscheine entsprechend § 3 erfolgen für Bestattungspflichtige gebührenfrei. Im übrigen gelten die entsprechenden Kostenregelungen.

Nach seinem Wortlaut schließt § 19 Abs. 1 Satz 1 LeichenschauAO nur die Erhebung von Gebühren aus. Da die Anordnung über die ärztliche Leichenschau eine Vorschrift des öffentlichen Rechts ist und im öffentlichen Recht Gebühren eine Gegenleistung für Amtshandlungen und sonstige Verwaltungstätigkeiten sind (vgl. auch: § 4 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes), schließt § 19 Abs. 1 Satz 1 LeichenschauAO nur die Erhebung solcher Gebühren aus, die ihre Grundlage in entsprechenden Verwaltungskostengesetzen oder öffentlich-rechtlichen Gebühren- oder Abgabenordnungen haben.

Diese am Wortlaut anknüpfende Auslegung findet ihre Bestätigung darin, dass die Leichenschau nach dem bei der Schaffung der Regelung bestehenden Rechtsverständnis der früheren Deutschen Demokratischen Republik eine dem Staat vorbehaltene Aufgabe war, so dass als Gegenleistung für die Durchführung derselben kein privatrechtliches Entgelt, sondern allenfalls Gebühren hätten erhoben werden können.

Die medizinische Versorgung wurde in der früheren Deutschen Demokratischen Republik - soweit sie nicht in staatlichen Krankenhäusern erfolgte - von Ärzten gewährleistet, die in staatlichen Arzt- und Zahnarztpraxen tätig waren (vgl. etwa: Richtlinie für die Einrichtung von staatlichen Arzt- und Zahnarztpraxen vom 18. August 1958 [abgedruckt in: Ministerium für Gesundheitswesen [Hrsg.], Sozialistisches Gesundheitsrecht, Berlin [Ost] 1980, S. 42 ff.]). Dies ändert zwar nichts daran, dass der Behandlungsvertrag und das medizinische Betreuungsverhältnis im wesentlichen von den Regelungen des Zivilrechts bestimmt waren; davon ausgenommen waren aber diejenigen Bereiche, in denen die Leistungen der staatlichen Gesundheitseinrichtungen aus gesellschaftlichen Gründen - etwa im Rahmen der Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten - verwaltungsrechtlich ausgestaltet waren (vgl. allg.: Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR [Hrsg.], Verwaltungsrecht, 2. Auflage, Berlin 1988, Kap. 13.2.1. [S. 285 ff.]). Hierzu zählte auch die Durchführung der Leichenschau, denn mit der Ausfüllung des Totenscheins kam der Arzt nach dem in der Deutschen Demokratischen Republik maßgebenden Rechtsverständnis - außerhalb eines medizinischen Betreuungsverhältnisses - einer staatlichen Aufgabe nach (Mandel/Lange, Ärztliche Rechtspraxis, Berlin [Ost] 1985, Kap. 19.4. [S. 328]). Es handelte sich mithin um eine staatliche Leistung, für die gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 LeichenschauAO keine Gebühr erhoben wurde. § 19 Abs. 1 Satz 1 LeichenschauAO führte mithin in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik nur dazu, dass nach öffentlichem Recht keine Gebühren als Gegenleistung für Amtshandlungen und sonstige Verwaltungstätigkeiten erhoben werden.

Das dargelegte Verständnis der Leichenschau als eine den Behörden der früheren Deutschen Demokratischen Republik obliegende staatliche Aufgabe bedeutet allerdings auch, dass die Leichenschau bis zur Wiedervereinigung der beiden Teile Deutschlands nach § 19 Abs. 1 Satz 1 LeichenschauAO im Ergebnis nicht nur "gebührenfrei", sondern faktisch kostenfrei war, weil für die staatliche Leistung der Leichenschau - neben Gebühren - keine anderweitigen Zahlungen gefordert wurden und wohl auch nicht gefordert werden konnten. Ob hieraus im Rahmen der Auslegung der Vorschrift zu folgern ist, dass § 19 Abs. 1 Satz 1 LeichenschauAO auch nach der Wiedervereinigung der beiden Teile Deutschlands zur Kostenfreiheit der Leichenschau führen müsse, kann indes auf sich beruhen. Hieraus ergibt sich jedenfalls unter keinem denkbaren Gesichtspunkt eine Bereicherung des Beklagten, die im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches die im Streit stehende Zahlungsverpflichtung begründen könnte.

Geht man davon aus, dass § 19 Abs. 1 Satz 1 LeichenschauAO auch unter der Geltung des Grundgesetzes allein die Erhebung öffentlich-rechtlicher Gebühren ausschließt, liegt kein Verstoß gegen diese Vorschrift vor, weil die Arztrechung vom 22. September 1997 auf der Gebührenordnung für Ärzte beruht, also keine öffentlich-rechtliche Gebühr, sondern ein privatrechtliches Entgelt erhoben wurde. Eine zur Anwendung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches führende Bereicherung des Beklagten kann mithin nicht angenommen werden.

Legt man § 19 Abs. 1 Satz 1 LeichenschauAO hingegen dahin aus, dass die Leichenschau auch unter der Geltung des Grundgesetzes "kostenfrei" ist, erscheint zunächst fraglich, ob die in diesem Sinne ausgelegte öffentlich-rechtliche Regelung auch die Erhebung eines privatrechtlichen Entgeltes durch den Arzt ausschließt. Dies wäre jedoch erforderlich, weil der die Leichenschau vornehmende Arzt zu dem Veranlasser (Bestattungspflichtigen) in privatrechtliche Beziehungen tritt (vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 7. Auflage, Köln 1997,Teil II Kap. 3 § 2 [S. 135]) und deshalb mit der Arztrechnung vom 22. September 1997 eine privatrechtliche Forderung geltend gemacht wird (vgl. allgemein zur Gebührenordnung für Ärzte: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 2. Auflage, München 1999, § 82 [S. 561 ff.]).

Unterstellt man insoweit zu Gunsten des Klägers, dass § 19 Abs. 1 Satz 1 LeichenschauAO auch den privatrechtlichen Honoraranspruch des Arztes erfasst, würde die Vorschrift indes Rechtswirkungen ausschließlich zwischen dem Arzt und dem Veranlasser (Bestattungspflichtigen) entfalten. Der Arzt wäre mithin gehindert, für die Durchführung der Leichenschau und die Ausstellung des Totenscheins von Herrn F. die Zahlung eines Honorars zu fordern. Dabei kann auf sich beruhen, ob dem Kläger insoweit aus abgetretenem Recht ein (zivilrechtlicher) Bereicherungs- oder Erstattungsanspruch gegen die Gemeinschaftspraxis Mohn zusteht. Jedenfalls enthält die Anordnung über die ärztliche Leichenschau keine Bestimmung, nach der der Beklagte dem Kläger für das Verhalten von Dr. M. einstehen müsste. Der Annahme einer Freistellungs- oder Einstandspflicht des Beklagten steht entgegen, dass die Anordnung über die ärztliche Leichenschau schon ihrem Wortlaut nach keine entsprechende Vorschrift enthält. Zudem erstreckt sich der Regelungsbereich des § 19 Abs. 1 Satz 1 LeichenschauAO - wie bereits angeführt - allein auf das Verhältnis zwischen dem Bestattungspflichtigem und dem Gläubiger eines eventuellen Zahlungsbegehrens. Der Beklagte ist aber weder Bestattungspflichtiger noch Gläubiger einer Forderung.

Zu einem anderen Ergebnis kommt man schließlich auch dann nicht, wenn man die Regelungen der Anordnung über die ärztliche Leichenschau ungeachtet der durch die Wiedervereinigung der beiden Teile Deutschlands eingetretenen Rechtsänderungen unter Zugrundelegung des in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik geltende Rechtsverständnisses auslegt. Da der Arzt nach diesem Rechtsverständnis bei der Durchführung der Leichenschau einer staatlichen Aufgabe nachging (Mandel/Lange, Ärztliche Rechtspraxis, Berlin [Ost] 1985, Kap. 19.4. [S. 328]), wäre Dr. M. insoweit "von Amtswegen" tätig geworden, so dass ein gegen den Beklagten gerichteter öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zwar grundsätzlich denkbar erscheint. Es fehlt aber auch in diesem Zusammenhang an einer Vermögensverschiebung zu Gunsten des Beklagten.

Insoweit kann es auf sich beruhen, ob der Heranziehung des in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik geltenden Rechtsverständnisses für die Auslegung der Anordnung über die ärztliche Leichenschau entgegensteht, dass es sich um Regelungen handelt, die 1996 und damit unter der Geltung des Grundgesetzes vom Landesgesetzgeber beschlossen, in diesem Zusammenhang nur zum Teil übernommen (vgl. Nr. 20 der Anlage 1 zum Rechtsbereinigungsgesetz) und zudem [neu] bekannt gemacht wurden (GVBl. LSA 1997, S. 41).

Der Beklagte ist zunächst nicht durch eine Leistung bereichert, denn Herr F. hat seine zur Begleichung der Arztrechnung vom 22. September 1997 veranlasste Zahlung an Dr. M. geleistet, der hierdurch insofern bereichert ist, als er diese Zahlung nicht an das Land Sachsen-Anhalt bzw. den Beklagten oder eine diesem nachgeordnete Behörde - insbesondere ein Gesundheitsamt (vgl. Beschluss der Landesregierung über die Errichtung des Landesamtes für Versorgung und Soziales vom 11. Juni 1991 [MBl. LSA 1991, S. 341]; vgl. auch: Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst und die Berufsausübung im Gesundheitswesen im Land Sachsen-Anhalt - Gesundheitsdienstgesetz [GDG LSA] - vom 21. November 1997 [GVBl. LSA, S. 1023]) - weitergeleitet hat.

Eine Bereicherung des Beklagten ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der ersparten Aufwendungen. Der Beklagte war weder gehalten, die Leichenschau mit eigenem Personal durchzuführen, noch ist eine Verpflichtung des Beklagten ersichtlich, Dr. M. für die Durchführung der Leichenschau eine Vergütung zu zahlen.

Da Dr. M. von dem hierzu Verpflichteten zur Durchführung der Leichenschau herbeigerufen worden ist, hätte ein bei dem Beklagten oder einer nachgeordneten Dienststelle tätiger Arzt allenfalls dann zur Durchführung der Leichenschau verpflichtet sein können, wenn Dr. M. im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 3 LeichenschauAO verhindert gewesen wäre. Diese Situation ist ersichtlich nicht eingetreten, so dass es auf sich beruhen kann, ob - im Verhinderungsfalle - die Durchführung der Leichenschau einem bei dem Beklagten tätigen oder einem anderen niedergelassenen Arzt oblegen hätte.

Der Beklagte ist auch nicht verpflichtet, Dr. M. für die Durchführung der Leichenschau zu vergüten oder dessen Aufwand zu entschädigen.

Die Anordnung über die ärztliche Leichenschau enthält lediglich in Bezug auf die Leichennachschau - also die im Falle einer Feuerbestattung vorgeschriebene Besichtigung der Leiche durch einen Krematoriumsarzt (§ 14 Abs. 2 Satz 1 LeichenschauAO) - und die Leichenöffnung eine Kostenregelung (vgl. § 19 Abs. 2 und 3 LeichenschauAO). Diese Kostenregelung begründet indes auch für die Leichennachschau und die Leichenöffnung keine Vergütungsverpflichtung des Beklagten bzw. des Landes Sachsen-Anhalt gegenüber dem jeweiligen Arzt. Die Anordnung über die ärztliche Leichenschau enthält mithin keine Bestimmung, aus der sich ein Zahlungs- oder Vergütungsanspruch des Arztes gegen den Beklagten oder das Land Sachsen-Anhalt ergäbe. Der Beklagte hat deshalb keine Aufwendungen dadurch erspart, dass Dr. M. die Leichenschau durchgeführt hat.

Ende der Entscheidung

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