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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 24.10.2007
Aktenzeichen: 3 L 380/04
Rechtsgebiete: AufenthG
Vorschriften:
AufenthG § 60 Abs. 1 | |
AufenthG § 60 Abs. 2 | |
AufenthG § 60 Abs. 3 | |
AufenthG § 60 Abs. 4 | |
AufenthG § 60 Abs. 5 | |
AufenthG § 60 Abs. 6 | |
AufenthG § 60 Abs. 7 |
2. Eine andere Einschätzung ergibt sich auch nicht aufgrund der Zumutbarkeitsprüfung bei Annahme einer "äußerst kleinen Gruppe"; auch insoweit kann nicht davon ausgegangen werden, dass Übergriffe quasi "an der Tagesordnung" sind und in quantitativer und/oder qualitativer Hinsicht das Maß dessen überschritten wird, was sich als Gefährdungspotenzial im Bereich des allgemeinen Lebensrisikos bewegt.
3. Glaubensgebundenen Yeziden droht im Falle ihrer Rückkehr in die Türkei keine asylerhebliche Verletzung des religiösen Existenzminimums.
4. Es lässt sich nicht feststellen, dass für Yeziden in ihren angestammten Siedlungsgebieten wegen ihrer Glaubenszugehörigkeit das wirtschaftliche Existenzminimum nicht gewährleistet ist.
Tatbestand:
Die Klägerin zu 1. gibt an, am ... 1984 in V./Türkei geboren, kurdischer Volks- und yezidischer Religionszugehörigkeit zu sein. Der Kläger zu 2. sei ihr am ... 2004 in Stade/Bundesrepublik Deutschland geborener Sohn. Eigenen Angaben zu Folge reiste die Klägerin zu 1. am 9. Januar 2004 auf dem Luftweg aus Istanbul kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 21. Januar 2004 für sich und ihren Sohn die Anerkennung als Asylberechtigte.
Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 23. Januar 2004 gab die Klägerin zu 1. auf Befragen an, in der Türkei sowohl einen Nüfus als auch einen Reisepass besessen zu haben; letzteren habe sie selbst im Jahre 2003 beantragt und auch problemlos erhalten. Ausgereist sei sie mit einem Reisepass, der auf den Namen A. C. ausgestellt gewesen sei; ihren eigenen Reisepass hätten ihr die Schleuser in Istanbul abgenommen. Bevor sie die Ausreise aus der Türkei über Istanbul angetreten habe, habe sie im Stadtteil Sirnak in Viransehir, zusammen mit ihren Eltern Z. und R. Ö. gelebt. Seit ca. drei Jahren sei sie mit M. D. verheiratet, der sich mit ihrer Tochter noch in der Türkei aufhalte. Die Ehe sei erst vor kurzem auf Veranlassung ihres Mannes offiziell eingetragen worden. Die Schule habe sie nur etwa einen Monat besucht, weshalb sie nicht richtig lesen und schreiben könne. Einen Beruf habe sie nicht erlernt, sie sei Mutter und Hausfrau gewesen. Finanziell sei ihre Lage in der Türkei sehr gut gewesen, sie hätten eine eigene Landwirtschaft, einen Traktor und ein Auto besessen. Bis auf den Grundbesitz hätten sie alles vor der Ausreise verkauft. In der Türkei habe sie sich politisch in keiner Weise engagiert oder betätigt. Sie sei bekennende Yezidin und übe ihren Glauben auch aus. Die Türkei habe sie verlassen, weil sie von Moslems unter Druck gesetzt, diskriminiert und beschimpft worden seien. Sie hätten diese Moslems mehrmals angezeigt, man habe ihnen aber nicht geglaubt, sondern sie im Gegenteil als Lügner hingestellt. Im Falle einer Rückkehr in die Türkei fürchte sie, wegen ihrer Religionszugehörigkeit umgebracht zu werden. Ergänzend bezog sich die Klägerin zu 1. auf ein Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten (v. 14.01.2004), ausweislich dessen ihr Ehemann in der Bundesrepublik Deutschland ein Asylverfahren beantragt hatte, dieses aber dann aufgrund seiner freiwilligen Ausreise in die Türkei wieder beendet habe. Sowohl die Klägerin zu 1. als auch ihr Ehemann hätten Verwandte in der Bundesrepublik Deutschland, die als Asylberechtigte anerkannt worden seien und teilweise zwischenzeitlich die deutsche Staatsbürgerschaft erworben hätten.
Mit Bescheid vom 28. Januar 2004 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge - nunmehr Bundesamt - den Asylantrag der Kläger ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 AuslG sowie Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Die Kläger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland binnen eines Monats nach Rechtskraft des Bescheides zu verlassen, anderenfalls würden sie in die Türkei abgeschoben werden. Die Kläger könnten auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürften oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei. Zur Begründung wird ausgeführt, mangels politischer Verfolgung bestehe weder ein Asylanspruch noch ein Abschiebungsverbot i. S. d. § 51 AuslG. Es sei nicht glaubhaft, dass die Klägerin zu 1. bekennende Yezidin sei bzw. der Kläger zu 2. dieser Glaubensgemeinschaft angehöre. Der Asylantrag des Ehemannes der Klägerin zu 1. und Vaters des Klägers zu 2. sei daher als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden und er habe erst nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel die Bundesrepublik Deutschland verlassen. Gleiches gelte für den Bruder des Ehemannes und Schwager der Klägerin zu 1., dessen Asylverfahren ebenfalls offensichtlich unbegründet geendet habe und dessen Verbleib in Deutschland nur durch die Heirat mit einer deutschen Staatsangehörigen habe gesichert werden können. Dies rechtfertige die Annahme, dass die Klägerin zu 1. mit einem nicht yezidischen Partner die Ehe geschlossen habe und damit aus der Glaubensgemeinschaft der Yeziden ausgeschieden sei. Zudem ergebe sich aus dem vorgelegten und erst einen Tag vor der behaupteten Ausreise ausgestellten Registerauszug, dass sich aufgrund der Eheschließung der Klägerin zu 1. die Religionszugehörigkeit der Tochter geändert habe, was nur den Schluss zulasse, dass sie Muslemin geworden sei, weil man dem yezidischen Glauben nicht beitreten könne. Im Übrigen könne mittlerweile nicht mehr von einer mittelbaren regionalen Gruppenverfolgung der Yeziden durch die moslemische Bevölkerung ausgegangen werden. Ein Asylanspruch der Klägerin zu 1. scheide zudem wegen der Drittstaatenregelung gem. Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. § 26 a AsylVfG aus, weil sie die behauptete Einreise auf dem Luftweg nicht habe glaubhaft machen können. Anhaltspunkte für das Bestehen von Abschiebungshindernissen i. S. v. § 53 AuslG lägen nicht vor.
Am 13. Februar 2004 haben die Kläger Klage erhoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Asylverfahren des Ehemannes der Klägerin zu 1. sei wegen verspäteter Klageerhebung und damit aus formalen Gründen negativ abgeschlossen worden. Er sei im Jahre 1997 freiwillig wieder ausgereist, wobei aufgrund seiner damaligen Minderjährigkeit eine Abschiebung aufgrund der Vormundschaft des Herrn M. H. D. ohnehin nicht erfolgt wäre. Falsch sei, dass der Bruder des Ehemannes und Schwager der Klägerin zu 1., Herr E. D., ein negatives Asylverfahren durchgeführt habe und letztlich nur durch die Heirat einer deutschen Staatsangehörigen einen gesicherten Aufenthalt in Deutschland habe erlangen können. Herr E. D. habe unter dem 6. April 2000 ein Asylfolgeverfahren eingeleitet, welches bei der Beklagten unter dem Geschäftszeichen 2541857-163 geführt worden sei. Der Asylfolgeantrag sei zwar zunächst durch das Bundesamt als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden, allerdings habe das Verwaltungsgericht Stade die Beklagte unter dem Aktenzeichen 4 A 600/00 verpflichtet, den Bruder des Ehemannes der Klägerin zu 1 als Asylberechtigten anzuerkennen. Herr E. D. sei mit einer Yezidin verheiratet, so dass es nicht darauf ankomme, ob diese deutsche Staatsanghörige sei. Es gebe keinen Anhalt für die Annahme, dass der Ehemann der Klägerin zu 1. oder sein Bruder keine bekennenden Yeziden mehr seien. Für die Familie D. sei insgesamt durch das Verwaltungsgericht Stade und durch das damit zusammenhängende Gutachten des Sachverständigen Azad Baris belegt, dass es sich um Yeziden aus der Türkei aus dem Bereich Viransehir handle. Auch der vorgelegte Registerauszug rechtfertige nicht die Annahme, dass die Klägerin zu 1. keine bekennende Yezidin mehr sei. Die yezidische Religionszugehörigkeit werde nahezu grundsätzlich nicht in den Registerauszügen aufgenommen, vielmehr erfolge entweder die wahrheitswidrige Angabe, dass die Personen dem Islam angehören, oder es fänden sich überhaupt keine Einträge. Aus dem Gutachten des Sachverständigen Azad Baris im Verfahren VG Stade 4 A 600/00 ergebe sich zudem, dass Yeziden auch aus der Stadt Viransehir vertrieben worden seien. Die Klägerin zu 1. sei bis zu ihrer Ausreise in der Türkei von ihrem zuständigen Scheich U. betreut worden, in der Bundesrepublik Deutschland habe dies der Sohn dieses Scheichs, Scheich D. aus Celle übernommen. Im Übrigen würden sämtliche Oberverwaltungsgerichte in der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor Yeziden als Gruppenverfolgte anerkennen.
Die Kläger haben beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, die Kläger unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 28. Januar 2004, zugestellt am 2. Februar 2004, als Asylberechtigte anzuerkennen, sowie festzustellen, dass hinsichtlich der Kläger die Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, hilfsweise, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG im Hinblick auf den Herkunftsstaat Türkei vorliegen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie sich auf die Gründe in der angefochtenen Entscheidung bezogen.
Der Beteiligte hat weder einen Antrag gestellt, noch sich zur Sache geäußert.
Mit Urteil vom 30. September 2004 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet festzustellen, dass in der Person der Kläger die Voraussetzungen gem. §§ 51, 53 AuslG vorliegen; es hat den Bescheid der Beklagten aufgehoben, soweit er dem entgegen steht und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, unbeschadet der Frage einer Vorverfolgung sei das Gericht überzeugt, dass den Klägern bei einer Rückkehr in die Türkei aufgrund eines asylrechtlich erheblichen Nachfluchttatbestandes politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen würde. Die Angehörigen der Glaubensgemeinschaft der Yeziden seien heute in ihren herkömmlichen Siedlungsgebieten einer Gruppenverfolgung wegen ihrer Religion ausgesetzt. Glaubensgebundenen Yeziden sei zudem ein Ausweichen in andere Landesteile nicht zumutbar, so dass sie in der Türkei landesweit in eine ausweglose Lage geraten seien. Der Klägerin zu 1. könne eine Rückkehr in die Türkei nicht zugemutet werden, weil sie der yezidischen Glaubensgemeinschaft angehöre, entsprechend ihren Möglichkeiten in ihrer Heimat danach gelebt habe und dies auch in der Bundesrepublik Deutschland weiterhin tue. Gleiches gelte für den Kläger zu 2., der in direkter Abstammung von seiner Mutter ebenfalls dem yezidischen Glauben angehöre, auch wenn er diesen aufgrund seines Alters in entsprechender Weise noch nicht ausüben könne. Der Klägerin zu 1. stehe ein Aslyrecht nicht zu, weil das Gericht davon ausgehe, dass die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland nicht - wie behauptet - unmittelbar auf dem Luftwege, sondern auf dem Landwege, mithin über einen sicheren Drittstaat erfolgt sei.
Der Senat hat auf den Antrag der Beklagten mit Beschluss vom 23. Januar 2007 die Berufung zugelassen. Die Beklagte trägt mit ihrer, am 14. Februar 2007 beim Oberverwaltungsgericht, eingegangenen Berufungsbegründung im Wesentlichen vor, die Voraussetzungen für die Annahme einer Gruppenverfolgung von Yeziden in der Türkei seien nicht mehr gegeben. Es fehle an der erforderlichen Verfolgungsdichte von Verfolgungsschlägen; auch wiesen die behaupteten Verfolgungsmaßnahmen keinen erkennbaren Bezug zur Religionszugehörigkeit der Betroffenen auf.
Der Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 6. Kammer - vom 30. September 2004 abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Ihrer Auffassung nach finde weiterhin eine Gruppenverfolgung von Yeziden in der Türkei statt.
Der Beteiligte stellt keinen Antrag und gibt keine Stellungnahme ab.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitgegenstandes wird auf das Vorbringen der Beteiligten sowie auf den Verwaltungsvorgang der Beklagten zum anhängigen Verfahren (Beiakte A), zum Folgeverfahren des Ehemannes der Klägerin zu 1. (Beiakte B) und auf die vom Senat in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Auf die zulässige Berufung der Beklagten ist das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. September 2004 zu ändern. Der Bescheid der Beklagten vom 28. Januar 2004 erweist sich als rechtmäßig. Den Klägern zu 1. und 2. steht ein Anspruch auf Abschiebungsschutz gem. § 60 Abs. 1 des im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats anzuwendenden Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz) - Art. 1 Zuwanderungsgesetz - im Folgenden: AufenthG - vom 30. Juli 2004 (BGBl. I, S. 1950 f.), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I, S. 1970) i. V. m. Art. 1 A Nr. 2, 33 GFK nicht zu.
Nach § 60 Abs.1 AufenthG, dessen Voraussetzungen das Bundesamt gem. § 31 Abs. 2 AsylVfG im Asylverfahren festzustellen hat, darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist (BVerfG, Beschl. v. 1.7.1987 - 2 BvR 478, 962/96 - BVerfGE 76 Nr. 10 [S. 143, 157 f.]). Das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 1 AufenthG schützt - ebenso wie Art. 16 a Abs. 1 GG - den Personenkreis der politisch Verfolgten. Seine Voraussetzungen sind mit den Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter deckungsgleich, soweit es um die Verfolgungshandlung, die geschützten Rechtsgüter und den politischen Charakter der politischen Verfolgung geht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.10.1993 - 9 C 50.92 - InfAuslR 1994, S. 119; Urt. v. 18.1.1994 - 9 C 48.92 - BVerfGE 95, Nr. 7 [S. 42] jeweils zur Vorgängervorschrift des § 51 Abs. 1 AuslG; ebenso Nds. OVG, Urt. v. 25.1.2007 - 11 LB 4/06 - juris; OVG NRW, Urt. v. 17.1.2007 - 21 A 3013/04.A -). Darüber hinaus regelt § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG nunmehr, dass eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmen sozialen Gruppe auch dann vorliegen kann, wenn Anknüpfungspunkt allein das Geschlecht ist. Auf die in § 60 Abs. 1 Satz 4 c AufenthG normierte private Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure sind die Grundsätze für die unmittelbare und die mittelbare staatliche Gruppenverfolgung prinzipiell übertragbar (so BVerwG, Urt. v. 18.7.2006 - 1 C 15/05 - BVerwGE 126, 243). Die Entscheidung über den Abschiebungsschutz gem. § 60 Abs. 1 AufenthG folgt daher im Wesentlichen denselben Grundsätzen wie die Entscheidung über das Asylbegehren gem. Art. 16 a Abs. 1 GG. Dies gilt auch in Bezug auf den anzusetzenden Prognosemaßstab (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.7.1994 - 9 C 1.94 - NVwZ 1995, S. 391; Urt. v. 3.11.1992 - 9 C 21.92 - BVerwGE 91, Nr. 23 [S. 150] jeweils zur Vorgängervorschrift des § 51 Abs. 1 AuslG).
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner jüngsten Rechtsprechung zudem klargestellt, dass die Entscheidung über den Abschiebungsschutz gem. § 60 Abs. 1 AufenthG zugleich eine Entscheidung über die Rechtsstellung des Ausländers als Flüchtling i. S. des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II, S. 559) - GFK - ist (Urt. v. 8.2.2005 - 1 C 29.03 -). Der Bezug zur GFK werde sowohl in § 3 AsylVfG als auch in der Neufassung des bisherigen § 51 Abs. 1 AuslG durch § 60 Abs. 1 AufenthG hergestellt. Die Rechtsstellung des Ausländers lasse sich - wie sich aus Art. 1 A Nr. 2 GFK ergebe - nicht losgelöst von der Frage der Staatsangehörigkeit prüfen. Die Frage der Staatsangehörigkeit sei - anders als bei den Abschiebungsverboten des § 60 Abs. 2 bis Abs. 7 AufenthG (dazu BVerwG, Urt. v. 4.12.2001 - 1 C 11.01 -, BVerwGE 115, 265) - auch dann zu klären, wenn das Bundesamt die Abschiebung nicht in den Staat der Staatsangehörigkeit, sondern in einen anderen Zielstaat angedroht habe. Handele es sich um einen Staatenlosen, so trete gem. Art. 1 A Nr. 2 GFK an die Stelle des Staats der Staatsangehörigkeit der Staat des gewöhnlichen Aufenthalts. Den tragenden Gesichtspunkt für die so definierte Rechtsstellung des schutzsuchenden Ausländers sieht das Bundesverwaltungsgericht im Prinzip der Subsidiarität des internationalen Schutzes gegenüber dem Schutz durch den Staat der Staatsangehörigkeit bzw. - bei Staatenlosen - durch den Staat des gewöhnlichen Aufenthalts (Urt. v. 8.2.2005 - 1 C 29.03 -, S. 10 UA). Der Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Soweit sich im Urteil des Senats vom 2. Dezember 2003 - 3 L 68/01 - abweichende Ausführungen finden, wird hieran nicht festgehalten.
Der Senat geht in Anwendung der aufgezeigten Grundsätze davon aus, dass es sich bei den Klägern zu 1. und 2. um türkische Staatsangehörige handelt. Die Klägerin zu 1. hat hierzu nachvollziehbare und überzeugende Angaben gemacht, die zu Zweifeln keinen Anlass geben.
Die Kläger zu 1. und 2. sind zur Überzeugung des Senats bei einer Rückkehr in die Türkei keiner politischen Verfolgung ausgesetzt und von einer solchen weder gegenwärtig noch in absehbarer Zeit bedroht.
Nach dem Verfolgungsbegriff des Art. 16 a GG ist politische Verfolgung grundsätzlich staatliche Verfolgung. Sie ist dann eine politische, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989 - 2 BvR 502, 961, 1000/86 - BVerfGE 80, 315). Nachteile, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Heimatstaat zu erleiden hat, wie Hunger, Naturkatastrophen, aber auch bei den allgemeinen Auswirkungen von Unruhen, Revolutionen und Kriegen, sind keine gezielten Rechtsverletzungen und deshalb nicht asylbegründend. Das Asylrecht soll nicht jedem, der in seiner Heimat in materieller Not leben muss, die Möglichkeit eröffnen, seine Heimat zu verlassen, um in der Bundesrepublik Deutschland seine Lebenssituation zu verbessern (vgl. BVerfG, Beschl. v. 2.7.1980 - 1 BvR 147, 181, 182/80 - BVerfGE 54, 357).
Ob die asylspezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin "wegen" eines Asylmerkmals erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989 - 2 BvR 502, 1000, 961/86 - BVerfGE 80, 315, 335, 337). Überdies muss die asylbegründende Maßnahme von einer Intensität sein, die sich nicht nur als Beeinträchtigung, sondern als - ausgrenzende - Verfolgung darstellt. Das Maß dieser Intensität ist nicht abstrakt vorgegeben. Es muss der humanitären Intention entnommen werden, die das Asylrecht trägt, demjenigen Aufnahme und Schutz zu gewähren, der sich in einer für ihn ausweglosen Lage befindet (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989 - 2 BvR 502, 961, 1000/86 - BVerfGE 80, 315, 335). Benachteiligungen und Diskriminierungen sind demgegenüber erst dann asylerheblich, wenn sie sich als Eingriff in die Menschenwürde darstellen, und damit jenes Existenzminimum nicht mehr gesichert ist, das ein menschenwürdiges Dasein erst ausmacht (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.7.1991 - 9 C 154.90 - BVerwGE 88, 367, 374).
Das Asylgrundrecht ist zudem ein Individualrecht. Nur derjenige kann es in Anspruch nehmen, der selbst politische Verfolgung erlitten hat und aus diesem Grund gezwungen war, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Land zu verlassen bzw. bei einer Rückkehr in sein Heimatland (erneut oder erstmals) von politischer Verfolgung bedroht wäre. Dabei steht der eingetretenen Verfolgung die unmittelbar drohende Gefahr der Verfolgung gleich. Die begründete Furcht vor Verfolgung kann sich aus gegen den Flüchtling selbst gerichteten Maßnahmen des Verfolgers ergeben, sofern diese ihn in Anknüpfung an ein asylerhebliches Merkmal treffen sollen und die erforderliche Intensität aufweisen.
Die Gefahr eigener politischer Verfolgung kann sich aber auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet und deshalb seine eigene bisherige Verschonung von ausgrenzenden Rechtsgutbeeinträchtigungen als eher zufällig anzusehen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.7.1994 - 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200, 202 m. w. N., Urt. v. 30.4.1996 - 9 C 170.95 - BVerwGE 101,123, 124 f. = DVBl. 1996, S. 1257, 1258). Sieht der Verfolger von individuellen Momenten gänzlich ab, weil seine Verfolgung der durch das asylerhebliche Merkmal gekennzeichneten Gruppe als solcher gilt, so kann eine solche Gruppengerichtetheit der Verfolgung dazu führen, dass jedes Mitglied der Gruppe im Verfolgerstaat eigener Verfolgung jederzeit gewärtig sein muss (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.1.1991 - 2 BvR 902/85 und 515,1827/89 - BVerfGE 83, 216).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stellen die unmittelbare Betroffenheit des Einzelnen durch gerade auf ihn zielende Verfolgungsmaßnahmen ebenso wie die Gruppengerichtetheit der Verfolgung nur Eckpunkte eines durch fließende Übergänge gekennzeichneten Erscheinungsbildes politischer Verfolgung dar. Oft tritt die Gruppengerichtetheit nur als ein mehr oder minder deutlich im Vordergrund stehender mitprägender Umstand hervor, der für sich allein noch nicht die Annahme politischer Verfolgung jedes einzelnen Gruppenmitgliedes, wohl aber bestimmter Gruppenmitglieder rechtfertigt, die sich in vergleichbarer Lage befinden. Die gegenwärtige Gefahr politischer Verfolgung für einen Gruppenangehörigen kann deshalb aus dem Schicksal anderer Gruppenmitglieder auch dann herzuleiten sein, wenn Referenzfälle es noch nicht rechtfertigen, vom Typus einer gruppengerichteten Verfolgung auszugehen. Das Bundesverwaltungsgericht hat für diesen Bereich der politischen Verfolgung den Begriff der Einzelverfolgung wegen Gruppenzugehörigkeit geprägt (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.2.1986 - 9 C 16.85 - BVerwGE 74, 31, (34)). Hier wie da ist von Belang, ob vergleichbares Verfolgungsgeschehen sich in der Vergangenheit häufiger ereignet hat, ob die Gruppenangehörigen als Minderheit in einem Klima allgemeiner moralischer, religiöser oder gesellschaftlicher Verachtung leben müssen, das Verfolgungshandlungen wenn nicht gar in den Augen der Verfolger rechtfertigt, so doch tatsächlich begünstigt, und ob sie ganz allgemein Unterdrückungen und Nachstellungen ausgesetzt sind, mögen diese als solche auch noch nicht von einer Schwere sein, die die Annahme politischer Verfolgung begründet (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.1.1991 - 2 BvR 902/85 und 515, 1827/89 - BVerfGE 83, 217 (233)).
Eine gruppengerichtete Verfolgung, die eine Regelvermutung eigener Verfolgung begründet (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.5.1990 - 9 C 17.89 - BVerwGE 85,139 (142)), setzt eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus. Erforderlich ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen, dass es sich dabei nicht mehr um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht.
Um beurteilen zu können, ob die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte gegeben ist, müssen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 5.7.1994 - 9 C 1.94 - NVwZ 1995, S. 391 f., Beschl. v. 22.5.1996 - 9 B 136.96 - juris, Beschl. v. 11.11.1999 - 9 B 564.99 - juris, Beschl. v. 8.2.2000 - 9 B 4.00 - Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nr. 229 [S. 37]; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989 - 2 BvR 502, 961, 1000/86 - BVerfGE 80, 315, 333 ff., Beschl. v. 23.1.1991 - 2 BvR 902/85, 515, 1827/89 - BVerfGE 83, 216) grundsätzlich auch Intensität und Anzahl aller Verfolgungshandlungen im Verfolgungszeitraum zur Größe der bedrohten Gruppe in Beziehung gesetzt werden. Ohne Würdigung der Zahl und der Schwere der Verfolgungseingriffe und der Zahl der Gruppenangehörigen lässt sich die Verfolgungsdichte nicht beurteilen. Die bloße Feststellung "zahlreicher" oder "häufiger" Eingriffe reicht für die Annahme einer Gruppenverfolgung nicht aus. Denn eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine "kleine Gruppe" von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, kann gegenüber einer "großen Gruppe" vergleichsweise geringfügig erscheinen, weil sie - gemessen an der Zahl der Gruppenmitglieder - nicht ins Gewicht fällt und sich deshalb nicht als Bedrohung der Gruppe darstellt (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.7.1994 - 9 C 1.94 - NVwZ 1995, S. 391; Beschl. v. 22.5.1996 - 9 B 136.96 - juris).
Handelt es sich allerdings um eine "äußerst kleine Gruppe", kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch ohne weitere Quantifizierung der Verfolgungsschläge die Annahme einer Gefahr für jedes einzelne Gruppenmitglied gerechtfertigt sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.5.1996 - 9 B 136.96 - juris; Urt. v. 5.11.1991 - 9 C 118.90 - BVerwGE 89, 162). Zu der etwa 1.300 Köpfe starken Gruppe der syrisch-orthodoxen Christen im türkischen Tur Abdin hat das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 22. Mai 1996 (a. a. O.) ausgeführt: "Daraus, dass bestimmte Übergriffe >>an der Tagesordnung<< sind, ergibt sich nämlich bei einer derartig kleinen Gruppe auch ohne weitere Quantifizierung der Verfolgungsschläge ohne weiteres die Nähe der Gefahr für jedes einzelne Gruppenmitglied. Im Übrigen lässt sich auch das Vorliegen einer Gruppenverfolgung nicht rein rechnerisch ermitteln; vielmehr bedarf es dazu wie bei einer Individualverfolgung letztlich einer wertenden Betrachtung, weil auch insoweit die Zumutbarkeit einer Rückkehr in den Heimatstaat das für die Beurteilung des Vorliegens einer beachtlich wahrscheinlichen Verfolgungsgefahr vorrangige qualitative Kriterium bildet (vgl. Urt. v. 5.11.1991 - BVerwG 9 C 118.90 - BVerwGE 89, 162). Es sind daher auch Art und Intensität der festgestellten Übergriffe in die Wertung einzubeziehen."
Bedarf es für die Annahme einer mittelbaren Gruppenverfolgung grundsätzlich der Feststellung einer bestimmten Verfolgungsdichte, stellt sich zugleich die Frage, von welchem Verfolgungsgebiet bzw. von welcher Personengruppe als Bezugsgröße auszugehen ist. Denn gruppengerichtete Verfolgungen, die von Dritten ausgehen, brauchen nicht ein ganzes Land gewissermaßen flächendeckend zu erfassen. Die ihnen zugrunde liegenden ethnischen, religiösen, kulturellen oder sozialen Gegensätze können in einzelnen Landesteilen unterschiedlich ausgeprägt sein; die darin wurzelnden Spannungen können sich im unterschiedlichen Grade auf das Zusammenleben verschiedener Bevölkerungsteile auswirken. Oft ist insoweit ein innerhalb des Landes bestehendes Entwicklungs- oder Zivilisationsgefälle von Bedeutung. Deshalb ist - auch bei gruppengerichteten Verfolgungen durch nichtstaatliche Kräfte - von der Möglichkeit auszugehen, dass solche Verfolgungen regional oder lokal begrenzt sind mit der Folge, dass sich die verfolgungsfreien Räume als inländische Fluchtalternative darstellen können und dass die dort ansässigen Gruppenangehörigen als unverfolgt zu gelten haben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.1.1991 - 2 BvR 902/85, 515, 1827/89 - BVerfGE 83, 216, (232)).
Die Bestimmung und Abgrenzung der Gruppe, auf die die Verfolgung zielt und die darum von der Verfolgung betroffen ist, ist - auch wenn die Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung für die gesamte Gruppe noch nicht erfüllt sind - nach der Reichweite des tatsächlichen Verfolgungsgeschehens vorzunehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.4.1996 - 9 C 171.95 - BVerwGE 101, 134, 141 f. = DVBl. 1996, S. 1260, 1262; Urt. v. 9.9.1997 - 9 C 43.96 - BVerwGE 105, 204, (207 ff.) = DVBl. 1998, 274 = NVwZ 1999, 308 ff., betreffend die Lage der syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin). Nach diesem Abgrenzungsmaßstab kommt es darauf an, wer bei realitätsgerechter Ermittlung und Bewertung des "gesamten Verfolgungsgeschehens" zum Kreis der gefährdeten Personen zu rechnen ist; dabei sind grundsätzlich alle Personen einzubeziehen, gegen die die Verfolgung betrieben wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.4.1996, a. a. O.). Zu berücksichtigen sind zudem innerstaatliche Abstufungen des Verwaltungsgeschehens.
Das Asylgrundrecht beruht auf dem Zufluchtgedanken und setzt von seinem Tatbestand her grundsätzlich den Kausalzusammenhang Verfolgung-Flucht-Asyl voraus (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.11.1986 - 2 BvR 1058/85 - BVerfGE 74, 51 (64)). Daher ist von wesentlicher Bedeutung, ob der Asylbewerber vorverfolgt oder unverfolgt ausgereist ist. Steht fest, dass der Asylsuchende wegen bestehender oder unmittelbar bevorstehender politischer Verfolgung ausgereist ist und dass ihm auch ein Ausweichen innerhalb seines Heimatstaates wegen Fehlens einer inländischen Fluchtalternative unzumutbar war, so ist er asylberechtigt, es sei denn, er kann in seinem Staat wieder Schutz finden. Hat der Asylsuchende sein Land hingegen unverfolgt verlassen, so kann sein Asylbegehren nur Erfolg haben, wenn ihm aufgrund von beachtlichen Nachfluchtgründen politische Verfolgung droht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989 - 2 BvR 502, 1000, 961/86 - BVerfGE 80, 315 (344); BVerwG, Urt. v. 15.5.1990 - 9 C 17.89 - BVerwGE 85, 139, (140)).
Ob für den Asylbewerber eine gegenwärtige Verfolgungsbetroffenheit besteht, ist zugleich anhand einer Zukunftsprognose für einen absehbaren Zeitraum festzustellen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31.3.1981 - 9 C 286.80 - EZAR 200 Nr. 3, S. 5). Dem Asylsuchenden muss bei einer Rückkehr in sein Heimatland politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Das ist der Fall, wenn dem Asylsuchenden aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen eine Rückkehr in den Heimatstaat nach Abwägung aller bekannten Umstände als unzumutbar erscheint (std. Rspr.: vgl. BVerwG, Urt. v. 13.1.1987 - 9 C 53.86 - Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG, Nr. 61 [S. 3, 5] m. w. N.; Urt. v. 5.11.1991 - 9 C 118.90 - BVerwGE 89, 162, 169 f. m. w. N.). Eine in diesem Sinne wohlbegründete Furcht vor Verfolgung kann auch dann vorliegen, wenn aufgrund einer "quantitativen" oder mathematischen Betrachtungsweise weniger als 50 Prozent Wahrscheinlichkeit für deren Eintritt besteht. Beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ist immer dann anzunehmen, wenn bei der vorzunehmenden "zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Sachverhaltes" die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.2.1988 - 9 C 32.87 - Buchholz, 402.25, § 1 AsylVfG Nr. 80 [S. 61], Urt. v. 15.3.1988 - 9 C 278.86 - BVerwGE 79, Nr. 21, 143, 150 f.).
Einem vorverfolgten aus seinem Heimatland ausgereisten Asylbewerber kann die Rückkehr jedoch nur zugemutet werden, wenn die Gefahr, erneut mit Verfolgungsmaßnahmen überzogen zu werden, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 2.7.1980 - 1 BvR 147, 181, 182/80 - BVerfGE 54, 341, 361 f.). Er ist bereits dann anzuerkennen, wenn an seiner Sicherheit vor abermals einsetzender Verfolgung bei Rückkehr in den Heimatstaat ernsthafte Zweifel bestehen. Insofern gilt für die Prognose über eine drohende Verfolgung im Falle der Rückkehr bei vorverfolgt ausgereisten Asylbewerbern ein herab gestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.9.1984 - 9 C 17.84 - BVerwGE 70, 169, 171 m. w. N.). Grund für den insoweit strengeren Maßstab der hinreichenden Sicherheit ist der Umstand, dass der vorverfolgt ausgereiste Asylbewerber schon einmal Verfolgungsmaßnahmen erlitten hat. Es erscheint insoweit unzumutbar, solchen Personen das Risiko einer Wiederholung aufzubürden. Rechtfertigung für die Anlegung des insoweit engeren Maßstabs ist letztlich das psychische Trauma des bereits einmal Verfolgten und dessen - aus dem Umstand einer bereits vorausgegangenen Verfolgungssituation resultierenden - erhöhte Gefährdung (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.12.1993 - 9 C 45.92 - DVBl. 1994, 524).
Hieran gemessen kommt für den Kläger zu 2. der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zur Anwendung, weil er sich seit seiner Geburt in der Bundesrepublik Deutschland zu keiner Zeit in der Türkei als dem in Betracht kommenden Verfolgungsgebiet aufgehalten hat; da er keiner Vorverfolgung ausgesetzt war, kann ihm der herabgestufte Prognosemaßstab der hinreichenden Verfolgungssicherheit nicht zu Gute kommen.
In Bezug auf die Klägerin zu 1. erscheint fraglich, ob sie - angesichts ihrer Ausreise aus der Türkei im Jahr 2004 - noch als vorverfolgt angesehen werden kann. Ihr Vorbringen rechtfertigt jedenfalls nicht die Annahme einer individuellen Vorverfolgung. Soweit sie bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 23. Januar 2004 angegeben hat, von Moslems unter Druck gesetzt, diskriminiert und beschimpft worden zu sein, sind ihre Angaben zu unsubstantiiert und ohne zeitliche Einordnung, so dass sich die Asylerheblichkeit des Vorbringens und ein individuelles Verfolgungsschicksal nicht feststellen lassen. Die Angaben der Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 24. Oktober 2007 rechtfertigen keine andere Einschätzung; auch sie sind zu oberflächlich und unbestimmt geblieben, um ein asylrelevantes Verfolgungsgeschehen plausibel zu machen. Für die Annahme einer mittelbaren Gruppenverfolgung der Yeziden wegen ihrer Religionszugehörigkeit sieht das Niedersächsische OVG in seinem Urteil vom 17. Juli 2007 (- 11 LB 332/03 - juris) seit dem Jahr 2003 keine Veranlassung mehr, weil nach Auswertung der Erkenntnismittel keine so dicht und eng gestreuten Verfolgungsschläge mehr vorlägen, dass jedes Gruppenmitglied damit rechnen müsste, alsbald in eigener Person getroffen zu werden. Im Übrigen lasse sich nicht feststellen, dass der türkische Staat bei Übergriffen von muslimischen Nachbarn gegen Yeziden grundsätzlich keinen Schutz gewähre (vgl. RdNr. 39 der UA). Der Senat kann es indes dahingestellt sein lassen, ob die Klägerin zu 1. noch oder nicht mehr unter dem Eindruck einer mittelbaren Gruppenverfolgung aus der Türkei ausgereist ist; denn auch unter Anwendung des herabgestuften Prognosemaßstabes der hinreichenden Verfolgungssicherheit (wegen Vorverfolgung) ist der Senat in Anwendung der aufgezeigten Maßstäbe und unter Auswertung des zur Verfügung stehenden Erkenntnismaterials davon überzeugt, dass die Kläger zu 1. und 2. im Falle ihrer Rückkehr in die Türkei weder mit beachtlicher noch hinreichender Wahrscheinlichkeit einer mittelbaren staatlichen Gruppenverfolgung wegen yezidischer Religionszugehörigkeit ausgesetzt sind und auch in absehbarer Zeit einer solchen nicht ausgesetzt sein werden. Im Übrigen sind die Kläger bei ihrer Rückkehr auch nicht aus anderen, insbesondere individuellen Gründen von politischer Verfolgung bedroht.
Im gem. § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist eine entsprechende Verfolgungslage bzw. -gefahr für die Angehörigen des yezidischen Glaubens in der Türkei nicht feststellbar. Diese Einschätzung steht in Übereinstimmung mit der weitgehend einhelligen, neueren Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG NRW, Urt. v. 14.2.2006 - 15 A 2119/02.A - ZAR 2006, 215 = juris; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 29.9.2005 - 1 LB 38/04 -; Niedersächsisches OVG, Urt. v. 17.7.2007 - 11 LC 332/03 -; vgl. u. a. auch VG Weimar, Urt. v. 4.5.2006 - 2 K 20543/03.We -; VG Münster, Urt. v. 27.10.2006 - 3 K 4915/03.A -; VG Osnabrück, Urt. v. 12.12.2006 - 5 A 311/06 -; VG Arnsberg, Urt. v. 16.11.2004 - 11 K 2552/02.A -; a. A. einen Widerrufsfall betreffend: OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 5.6.2007 - 10 A 11576/06, 10 A 11576/06.OVG - juris; vgl. VG Oldenburg, Urt. v. 23.1.2002 - 5 A 2159/01 -).
Der Senat geht zunächst in Übereinstimmung mit der bisherigen übereinstimmenden Rechtsprechung und Auffassung der Beklagten davon aus, dass die in ihren angestammten Gebieten im Südosten der Türkei lebenden glaubensgebundenen Yeziden in der Vergangenheit seit etwa 1990 - zumindest bis Anfang dieses Jahrhunderts - wegen ihrer Religionszugehörigkeit einer (regionalen) mittelbaren Gruppenverfolgung durch die muslimische Bevölkerungsmehrheit ausgesetzt waren. Nach den seinerzeit getroffenen Feststellungen waren Angehörige dieser Glaubensgemeinschaft einer Vielzahl von Übergriffen ausgesetzt, wobei die Verfolgungsschläge nach ihrer Intensität und Häufigkeit so dicht und eng gestreut waren, dass bei objektiver Betrachtung für jedes Mitglied dieser Gruppe die Furcht begründet war, selbst Opfer solcher Verfolgungsmaßnahmen zu werden. Diese Übergriffe waren dem türkischen Staat auch zuzurechnen, weil er den Yeziden den erforderlichen Schutz trotz des bestehenden Gewaltmonopols auch im Südosten der Türkei versagte. Zudem bestand nach bisheriger Auffassung in anderen Teilen der Türkei keine zumutbare Fluchtalternative (vgl. z. B. OVG NRW, Urt. v. 10.9.2003 - 8 A 64/03 -; Nds.OVG, Urt. v. 28.10.1999 - 11 L 286/99 -; OVG Bremen, Urt. v. 11.9.1997 - 2 B 149/97 -; Hess.VGH, Urt. v. 16.9.1996 - 12 UE 3033/95 -; Bay.VGH, Urt. v. 15.4.1994 - 11 B 90.31495 -; OVG Hamburg, Urt. v. 13.4.1994 - Bf V 3/88 -; OVG Saarlouis, Beschl. v. 6.12.1993 - 9 R 156/93 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 5.7.1993 - 13 A 12240/91 -). Die Annahme einer im Südosten der Türkei bestehenden mittelbaren Gruppenverfolgung der Yeziden lässt sich zur Überzeugung des Senats jedoch nicht mehr aufrechterhalten.
Von einer Gruppenverfolgung in der Türkei waren in der Vergangenheit nur glaubensgebundene (praktizierende) Yeziden betroffen; hieran hat sich nach der bisherigen Rechtsprechung und übereinstimmender Einschätzung nahezu sämtlicher Gutachter nichts geändert (vgl. u. a. OVG NRW, Urt. v. 23.7.2003 - 8 A 3920/02.A - juris; Urt. v. 24.11.2000 - 8 A 4/99.A -; a. A. Dipl.-Soz. Azad Baris, Gutachten vom 17. April 2006). Der Senat schließt sich dieser Einschätzung an und hält für die Frage, ob gegenwärtig und in absehbarer Zeit eine solche besteht bzw. zu befürchten ist, an dieser Auffassung fest. Deshalb bedarf es im Einzelfall grundsätzlich der positiven Feststellung, dass der Asylbewerber Yezide ist und seinen Glauben praktiziert. Yezide ist nach den dem Senat vorliegenden Erkenntnismitteln und den sich hieraus ergebenden maßgebenden Regeln des yezidischen Glaubens, wer diese Religionszugehörigkeit durch Abstammung von yezidischen Eltern erworben und nicht durch unwiderrufliche Abwendung von diesem Glauben verloren hat. Ein wichtiges Indiz für die Abstammung von yezidischen Eltern ist dabei die Herkunft der Familie aus einem yezidisch besiedelten Ort, weil die Yeziden häufig in rein yezidischen Siedlungen lebten, und die yezidische Religion in hohem Maße auf ein Zusammenleben in engen gesellschaftlichen Verbänden angewiesen ist (vgl. OVG NRW, Urt. v. 23.7.2003 - 8 A 3920/02.A - juris; Urt. v. 24.11.2000 - 8 A 4/99.A - S. 24 ff. UA. m. w. N., juris).
Nach diesen Maßstäben erscheint es dem Senat zweifelhaft, ob die Kläger der yezidischen Religionsgemeinschaft angehören und zum Kreis ihren Glauben praktizierender Yeziden gerechnet werden können. So ist der Stellungnahme des Dipl.-Soz. Azad Baris an das Verwaltungsgericht Hannover vom 18. Dezember 2000 (Az: 1 A 68/99) zwar zu entnehmen, dass der Name D. zu den yezidischen Familiennamen der Restgemeinde in der Stadt Viransehir zählt, allerdings räumt der Verfasser - ohne weitere Konkretisierung - ein, dass eine geringe Anzahl der Mitglieder der aufgelisteten Familien bereits zum Islam übergetreten bzw. aus pragmatischen Gründen in Verruf geraten seien (vgl. S. 8 d. Stellungnahme, insbesondere Fußnote 2). Der Geburtsname der Klägerin zu 1. "Ö." (lt. Angaben der Klägerin zu 1. bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 23. Januar 2004 heißen ihre Eltern Z. und R. Ö., vgl. S. 3 d. Anhörungsniederschrift Nr. 14, Bl. 52 d. Beiakte A) wird in der Auflistung der yezidischen Familiennamen für die Stadt Viransehir des Azad Baris (Stellungnahme v. 18.12.2000, a. a. O.) nicht genannt, obgleich die Klägerin zu 1. und ihre Eltern zumindest seit der Geburt der Klägerin zu 1. im Jahre 1984 in Viransehir wohnhaft waren (vgl. S. 3 d. Sitzungsniederschrift v. 24.10.2007, Bl. 181 d. GA). Ausweislich der Stellungnahme der G. P. an das Bundesamt vom 27. Juli 1999 (G 2-8602-02/V) ist der Name Ö. in der Stadt Viransehir sehr häufig, "es gibt jedoch keine Personen dieses Namens, die Yeziden sind" (vgl. Punkt 2, S. 2 d. Stellungnahme).
Des Weiteren sind die Angaben der Klägerin zu 1. über den sie in der Türkei und Deutschland jeweils betreuenden Scheich widersprüchlich. In der Klageschrift vom 13. Februar 2004 wird angegeben, "die Klägerin wurde bis zu ihrer Ausreise betreut in der Türkei von ihrem zuständigen Scheich U., in der Bundesrepublik Deutschland von dem Sohn dieses Scheichs, Scheich D. aus Celle" (vgl. S. 7 d. Klageschrift, Bl. 7 d. GA); mit Schriftsatz vom 29. September 2004 wird Scheich D. U. als Zeuge für die Glaubensgebundenheit der Klägerin zu 1. benannt (vgl. Bl. 49 d. GA). In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 24. Oktober 2007 erklärt die Klägerin zu 1.: "Meine Eltern wurden durch den Scheich Us. betreut. Auch ich wurde durch den Scheich Us. in der Türkei betreut. Hier in Deutschland wird meine Familie durch den Scheich A. betreut. Er ist der Sohn des Scheichs R.. Als mein Sohn, der Kläger zu 2., sieben Monate alt war, war der Scheich A. das letzte Mal bei uns." (vgl. S. 3 d. Sitzungsniederschrift, Bl. 182 d. GA). Gerade die letzte Anmerkung macht deutlich, dass in Deutschland kein Wechsel in der Person des Scheichs eingetreten ist, mithin unterschiedliche Namen des angeblich betreuenden Scheichs angegeben wurden. Auch der Umstand, dass die Klägerin zu 1. auf gerichtliche Nachfrage, ob der letzte Scheichbesuch tatsächlich solange zurückliege, ihre Aussage dahin korrigiert hat: "Nein, er war danach noch mal bei uns. Das letzte Mal, als er da war, das ist ungefähr drei Monate her." (vgl. S. 3 d. Sitzungsniederschrift, Bl. 182 d. GA), trägt eher zur Verstärkung von Zweifeln an der Glaubhaftigkeit der klägerischen Angaben bei, als das diese ausgeräumt werden. Gleichwohl erübrigt sich im vorliegenden Fall eine abschließende Klärung der yezidischen Religionszugehörigkeit und Glaubensgebundenheit der Kläger zu 1. und 2., weil für die Gruppe der glaubensgebundenen Yeziden in der Türkei gegenwärtig und in absehbarer Zeit nicht von einer Gruppenverfolgung auszugehen ist.
Nach neuerlicher Prüfung der in der Türkei bestehenden Verhältnisse steht nach Maßgabe der aufgezeigten Maßstäbe auf der Grundlage der dem Senat zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel zur Überzeugung des Senats fest, dass zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit (und damit erst recht nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit) von einer asylerheblichen Gruppenverfolgung der Yeziden ausgegangen werden kann.
Nachdem die Angehörigen der yezidischen Bevölkerung in der Türkei in der Zeit zwischen 1980 und 2000 als verfolgte Gruppe weitestgehend emigriert sind, ist nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes in den angestammten Siedlungsgebieten der yezidischen Glaubensangehörigen in der Türkei im Jahre 2006 von ca. 2000 Personen dort (noch) lebenden bzw. zurückgekehrten Yeziden auszugehen (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 11.11.2005 - Stand November 2005 -; Lagebericht v. 27.07.2006 - Stand Juni 2006 -; Lagebericht v. 11.01.2007 - Stand Dezember 2006 - S. 26; Auskunft v. 26.1.2007 an Nds. OVG). Nach Auskunft des Yezidischen Forum e. V. vom 4. Juli 2006 (a. a. O., Stellungnahme zur Situation der Yeziden in der Türkei - Stand Juni 2006 -) wird demgegenüber die Gesamtzahl der in den angestammten Gebieten der Türkei lebenden Yeziden auf insgesamt 524 Personen und nach einer Stellungnahme desselben Forum vom 30. Oktober 2005 (vgl. OVG NRW, Urt. v. 14.2.2006 - 15 A 2119/02.A - juris Rdnr. 76) auf 365 beziffert. Nach der gutachterlichen Stellungnahme des Dipl.-Soz. Azad Baris vom 17. April 2006 (Stellungnahme an das OVG LSA zum Verfahren 3 L 279/01) leben in den yezidischen Ansiedlungsortschaften der Provinzen Siirt, Batman, Diyarbakir, Mardin und Urfa im Jahre 2006 (noch) insgesamt 375 Yeziden, wobei die angegeben Gesamtzahl unberücksichtigt lässt, dass zur Provinz Siirt keine Angaben gemacht wurden (a. a. O. s. Anhang S. 1).
Soweit es das Auswärtige Amt betrifft, ist - unter Hinweis darauf, dass die genaue Zahl der in der Türkei noch lebenden Yeziden nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden könne, zumal es neben jenen, die das Land verlassen hätten auch Rückkehrer gebe sowie Yeziden, die sich teilweise sowohl im Ausland als auch in der Türkei aufhalten würden - die angegebene Zahl für das Jahr 2006 (in der Auskunft an das Nds. OVG v. 26.1.2007, S. 8) wie folgt spezifiziert worden: Danach haben im Kreis Viransehir 500 - 600 Yeziden einen festen Wohnsitz, wobei sich die Gesamtzahl unter Einbeziehung jener Yeziden, welche sich zeitweilig auch in Deutschland aufhalten, auf ca. 1000 Yeziden beläuft. In den Yeziden-Dörfern des Landkreises Besiri haben ca. 140 bis 150 Yeziden einen festen Wohnsitz; weitere 150 leben zeitweise auch in Deutschland. In den Dörfern des Landkreises Midyat haben 7 Yeziden einen festen Wohnsitz; seit einigen Jahren leben weitere 5 bis 6 Familien dort, wenngleich nicht im Winter. Sie haben dort Grundbesitz erworben, Häuser gebaut oder vorhandene Häuser restauriert. Weitere 50 Familien haben in Midyat Grundbesitz erworben, sind aber noch nicht zurückgekehrt. Ferner leben in Nusaybin ca. 150 bis 200 Yeziden, wobei 10 Familien auch in Deutschland einen Wohnsitz haben, sich aber für längere Zeit in Nusaybin aufhalten. Ca. 40 bis 50 Familien bereiten ihre Rückkehr in das Dorf Kivag im Landkreis Idil vor, wo sie - nach Klärung der Eigentumsverhältnisse - damit begonnen haben, ihre Häuser zu renovieren. Diese Angaben beruhen - laut Auskunft des Auswärtigen Amtes - auf konkreten Nachforschungen bei den in Viransehir, Midjat, Nusaybin, Idil und Besiri lebenden Yeziden, den Dorfvorstehern, den Beamten der Landratsämter und den Bürgermeistern. Soweit es die Rückkehr von 25 yezidischen Familien in die Dörfer Yolveren, Oguz und Uckuyular im Kreis Besiri in der Provinz Batman betrifft, bezieht sich das Auswärtige Amt auf eine Presseerklärung des Dorfvorstehers des Dorfes Uckuyular anlässlich der Eröffnung eines Yeziden-Hauses im Juli 2004. Der Senat hat keinen Grund an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln, selbst wenn - worauf das Auswärtige Amt selbst hinweist - eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich der konkreten Zahlen verbleibt. Soweit das Auswärtige Amt in seiner Auskunft vom 26. Januar 2007 (a. a. O., S. 7) auf eine Zahl von 500 verbliebenen Yeziden verweist, die das türkische Kultus- und Tourismusministerium für das Jahr 2000 ermittelt hat (vgl. hierzu OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 5.6.2007 - 10 A 11576/06, 10 A 11576/06.OVG - juris - Rz. 23), lassen sich hieraus keine nachteiligen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Verlässlichkeit der Angaben herleiten. In der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 26. Januar 2007 wird diesbezüglich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass - nachdem die Anzahl der Yeziden in der Türkei ausweislich der offiziellen Homepage des Kultus- und Tourismusministerium im Jahre 2000 auf 500 Yeziden zurückgegangen sei - die Tendenz sei 2001 wieder steigend sei. Für diese Annahme spricht nicht zuletzt auch der Umstand, dass - worauf das Auswärtige Amt in seiner Auskunft vom 27. Januar 2007 (a. a. O., S. 7) hinweist - einem in der Zeitschrift AKSIYON vom April 2006 veröffentlichen Bericht zufolge, der sich auf Angaben türkischer Grundbuch- und Katasterämter stützt, in der Zeit von 2001 bis 2006 siebentausend Yeziden in der Türkei Immobilien erworben oder bereits vorhandene restauriert haben.
Soweit in der Stellungnahme des Yezidischen Forum e. V. vom 4. Juli 2006 (a. a. O., S. 14) die Richtigkeit der Zahl von 2.000 Yeziden als unzutreffend bezeichnet wird, fehlt es an einer hinreichenden Substantiierung des erhobenen Einwands. Ebenso wenig vermögen die Angaben des Yezidischen Kulturforum eine gegenteilige Annahme schlüssig zu belegen. Als Mangel des vom Yezidischen Forum angeführten Zahlenwerks - auch wenn insoweit Angaben zu verschiedenen Provinzen, Kreisen und Dörfern gemacht werden - erweist sich vor allem der Umstand, dass dieses nicht auf Ermittlungen vor Ort beruht, sondern auf Befragungen von in Deutschland lebenden Yeziden, die ehemals in den angeführten Provinzen gelebt haben. Das Yezidische Forum e. V. führt insoweit zur Methodik seiner "Bestandsaufnahme" vom 30. März 2006 (Stellungnahme v. 4.7.2006, S. 11) aus: "Nicht zuletzt aufgrund langjähriger Praxis bei der Begutachtung der Zugehörigkeit von Asylantragstellern zur yezidischen Religionsgemeinschaft verfügen die Unterzeichner über umfangreiche Materialien über die yezidischen Siedlungsgebiete. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, in Deutschland lebende Yeziden aus diesen Gebieten im großen Umfang (Hervorhebung durch d. Senat) zu befragen. Für die Bestandsaufnahme werden jeweils mehrere ehemalige Bewohner um entsprechende Angaben gebeten. Diese Angaben werden abgeglichen und bei Unstimmigkeiten überprüft. Darüber hinaus erfolgen Nachfragen in der Türkei." Diese Art der Erhebung der aktuellen Kopfstärke der Yeziden in den angestammten Siedlungsgebieten der Yeziden - unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Zahl der zurückgekehrten Yeziden - erscheint dem Senat im hohen Maße fehleranfällig und mit dem Risiko der Unvollständigkeit behaftet. Dies belegt nicht zuletzt auch der Umstand, dass das Yezidische Forum e. V. mit Schreiben vom 8. August 2004 an Rechtsanwalt Neuhoff in Osnabrück die Zahl der in der Türkei lebenden Yeziden mit noch maximal 150 Personen angegeben hatte (vgl. OVG NRW, Urt. v. 14.02.2006, a. a. O. - juris - Rz. 79) und in einer Stellungnahme vom 30. Oktober 2005 von 365 Yeziden die Rede war. Die hierfür angeführten Erklärungen (s. Stellungnahme des Yezidischen Forum vom 4.7.2006, S. 11 f.), wonach der Zuwachs von 161 (bzw. 163) Personen gegenüber der veröffentlichten Zählung vom 23. Januar 2005 aus einem Additionsfehler sowie daraus resultiere, "dass versehentlich das Dorf B. bei der Übertragung unberücksichtigt geblieben sei", und dass es sich bei der früher veröffentlichten Zahl von 150 Yeziden um eine bloße Schätzung gehandelt habe, vermögen die Zweifel an der Verlässlichkeit der durchgeführten Bestandsaufnahme nicht auszuräumen. Es kommt hinzu, dass die vom Forum seinerzeit in anderen Verfahren, welche Asylbewerber aus Syrien betrafen, mitgeteilten Zahlen zu den dort lebenden Yeziden ebenfalls Fragen aufgeworfen haben, welche die Validität und Vollständigkeit der Angaben betrafen (vgl. hierzu u. a. OVG LSA, Urt. v. 9.10.2002 - A 3 S 455/99 -).
Soweit in der gutachterlichen Stellungnahme von Dipl.-Soz. Azad Baris vom 17. April 2006 (a. a. O.) die Zahl der im Südosten der Türkei lebenden bzw. verbliebenen Yeziden - ohne die Provinz Siirt - mit insgesamt 375 angegeben wird und die insoweit in verschiedenen Gemeinden lebenden Yeziden aufgelistet werden, lässt das Zahlenwerk nicht erkennen, worauf die Angaben tatsächlich beruhen. Dass es Erhebungen im Rahmen einer Feldstudie gegeben hat, lässt sich nicht feststellen. Das Niedersächsische OVG weist in seinem Urteil vom 17. Juli 2007 (-11 LB 332/03 - juris Rdnr. 36 d. UA) zudem darauf hin, dass in der Aufstellung einige yezidisch besiedelte Orte, wie etwa das Dorf Burc (Kreis Viransehir) fehlen, in dem lt. Auswärtigem Amt 40 yezidische Familien bzw. lt. Yezidischem Forum 93 Yeziden ansässig sein sollen. Schließlich ist dem Gutachten - wie nachfolgend noch ausgeführt wird - nur ein begrenzter Beweiswert beizumessen.
Letztlich kann die genaue Zahl der im Südosten der Türkei dauerhaft lebenden Yeziden dahinstehen. Für die Frage einer (fortbestehenden) Verfolgungssituation für die Yeziden kommt es auf exaktere Zahlen nicht entscheidungserheblich an. Denn auch dann, wenn man zu Gunsten der Kläger zu 1. und 2. eine Kopfstärke von lediglich ca. 500 Yeziden in den yezidischen Siedlungsgebieten der Türkei zugrunde legt und die für eine "äußerst kleine Gruppe" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anzulegenden Maßstäbe heranzieht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.5.1996, a. a. O.; Urt. v. 5.11.1991, a. a. O.), lässt sich - wie im Folgenden ausgeführt wird - eine Gruppenverfolgung gegenwärtig nicht feststellen.
Für die Annahme einer Gruppenverfolgung bedarf es neben der Bestimmung der Kopfzahl der Gruppe der Feststellung, ob und in welchem Ausmaß es gegenwärtig in den angestammten yezidischen Siedlungsgebieten zu rechtserheblichen Verfolgungsschlägen gegenüber Yeziden kommt. D. h. es ist die Anzahl der Übergriffe auf Leib, Leben oder Freiheit der yezidischen Bevölkerung festzustellen. Da die Feststellungen zugleich eine Aussage zur Nachhaltigkeit einer womöglich eingetretenen Veränderung ermöglichen müssen - um zu gewährleisten, dass es sich nicht nur um eine bloße Momentaufnahme handelt -, hält es der Senat dabei für sachgerecht, bei der Bewertung auf einen Fünf-Jahres-Zeitraum (2002 bis 2006) abzustellen. Bezogen auf diesen Zeitraum ist nach der aktuellen Erkenntnislage von Folgendem auszugehen:
Das Auswärtige Amt hat in mehreren aktuellen Lageberichten und Auskünften ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in den traditionellen Siedlungsgebieten seit geraumer Zeit keine religiös motivierten Übergriffe von Moslems auf Yeziden bekannt geworden sind (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 11.1.2007, S. 26; Lagebericht v. 27.7.2006, S. 24; Auskunft v. 20.1.2006 an OVG Sachsen-Anhalt; Lagebericht v. 11.11.2005, S. 20 f.; Lagebericht v. 3.5.2005, S. 18; Lagebericht v. 19.5.2004, S. 26; Auskunft v. 3.2.2004 an VG Braunschweig). Diese Angaben stützen sich u. a. auf Befragungen einzelner Yeziden (Dorfvorsteher/-ältester) in verschiedenen Dörfern im Südosten der Türkei im Juli 2003. So hat ein am 27. Juli 2003 durchgeführter Besuch von Vertretern der Deutschen Botschaft in Ankara in einem Dorf in der Provinz Batman bei einem Gespräch mit aus Deutschland zurückgekehrten Yeziden ergeben, dass es dort seit der Rückkehr keine Schwierigkeiten mit den in den Nachbardörfern lebenden Muslimen gegeben hat (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 27.7.2006; Auskunft v. 20.1.2006 an OVG LSA; Auskunft v. 3.2.2004 an VG Braunschweig). Nach den vorgenannten Auskünften hat des Weiteren ein "maßgeblicher Yezidenführer" in Besiri/Batman Vertretern der Deutschen Botschaft gegenüber erklärt, in der Region um Batman gebe es noch ca. 17 bis 18 Yezidendörfer, bei denen es sich sowohl um Dörfer mit reiner Yezidenbevölkerung als auch Dörfer mit gemischt muslimisch-yezidischer Bevölkerung handele. In den letzten Jahren habe sich das Verhältnis zwischen den Religionsgruppen erheblich verbessert. In den Kreisen Besiri, Batman und Bismil - nach der Auskunft des Yezidischen Forum e. V. vom 30. Oktober 2005 (vgl. OVG NRW, Urt. v. 14.2.2006 a. a. O., Rdnr. 76) sind immerhin knapp 30 vom Hundert (102 Personen) aller Yeziden im Kreis Besiri wohnhaft (Stand 15. Januar 2005) - habe es in jüngerer Zeit keine Übergriffe gegen Yeziden gegeben. In gleicher Weise habe sich der Dorfvorsteher des Yezidendorfes Burc/Kreis Viransehir/Provinz Sanliurfa - im Kreis Viransehir sind nach der Auskunft des Yezidischen Forum e. V. vom 30. Oktober 2005 (a. a. O.) ca. 50 vom Hundert aller Yeziden wohnhaft (Stand 15. Januar 2005) - am 22. Juli 2003 gegenüber Vertretern der deutschen Botschaft geäußert. Danach habe es eine Vertreibung der in dieser Region lebenden Yeziden bzw. Übergriffe seitens muslimischer Dorfbewohner nicht gegeben; auch gebe es keine Schwierigkeiten mit muslimischen Nachbarn (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft v. 3.02.2004 an VG Braunschweig).
Der Senat hat keinen Grund daran zu zweifeln, dass die in den vorgenannten Auskünften des Auswärtigen Amtes erwähnten Erklärungen von in der Türkei lebenden Yeziden in der zitierten Form abgegeben worden sind. Ebenso wenig besteht Anlass zu der Annahme, die zitierten Erklärungen seien inhaltlich unzutreffend oder vom Auswärtigen Amt etwa verharmlost worden, zumal das Auswärtige Amt in der Vergangenheit die Situation der Yeziden in der Türkei durchaus kritisch gesehen und eine asylerhebliche Gruppenverfolgung der Yeziden angenommen hat. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass sich die Auskünfte des Auswärtigen Amtes - sieht man von den ergänzenden Angaben in der Stellungnahme vom 26. Januar 2007 ab - im Wesentlichen auf eine Gesamteinschätzung der bestehenden Lage beschränken und das Auswärtige Amt insoweit auch nicht eine vollständige Erfassung sämtlicher Vorfälle, an denen Yeziden und Moslems beteiligt waren, für sich in Anspruch genommen hat. Dies berücksichtigend hat der Senat keinen Zweifel daran, dass die vom Auswärtigen Amt aufgezeigte Tendenz mit einer deutlichen Beruhigung der Lage zutreffend ist, und es aufgrund nachhaltig veränderter (politischer) Verhältnisse kaum mehr in nennenswerter Weise Verfolgungsschläge gegenüber Yeziden gegeben hat. Gestützt wird diese Auffassung durch den Umstand, dass die Türkei in den letzten Jahren wegen ihrer Ambitionen bezüglich eines EU-Beitritts und der insoweit angestrebten Beitrittsverhandlungen in besonderer Weise unter Beobachtung insbesondere der europäischen Öffentlichkeit stand und steht und dass in Menschenrechtsangelegenheiten eine große Anzahl von Beobachtern und Organisationen (Nicht-Regierungs-Organisationen und staatliche Menschenrechtsorganisationen) aktiv sind (Auswärtiges Amt, Lagebericht, vom 11.11.2005 S. 27 f.). Danach wäre zu erwarten gewesen, dass asylrechtlich bedeutsame Verfolgungsschläge registriert und publiziert worden wären, zumal es sich bei den Verfolgungsmaßnahmen gegen Yeziden nicht um staatliche Maßnahmen handelt, die auch im Geheimen denkbar wären, sondern um öffentlich wahrnehmbare Gewaltakte der moslemischen Mehrheitsbevölkerung. Dass dies nicht geschehen ist, unterstreicht die Richtigkeit der Auskünfte des Auswärtigen Amtes.
Darüber hinaus ist nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass auch die staatlichen Stellen in der Türkei - anders als in der Vergangenheit - in zunehmenden Maße willens und in der Lage sind, den Yeziden gegen ungesetzliche Maßnahmen der moslemischen Bevölkerung effektiven staatlichen Schutz zu gewähren. Hierfür spricht bereits, dass der türkische Staat erkennbar bemüht ist, die Voraussetzungen für die Aufnahme in die EU gerade auch in Bezug auf die Wahrung der Menschenrechte zu erfüllen und in Verfolgung dieses Zieles eine Vielzahl von Verfassungs- und Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht hat (vgl. u. a. Das Parlament v. 27.4.2004). Auch wenn es immer wieder zu Schwierigkeiten kommt, zeigt die Praxis, dass diese Gesetze nunmehr auch umgesetzt werden (Das Parlament, a. a. O.). In einem wegweisenden Urteil hat zudem der Europäische Gerichtshof in Straßburg die Eigentumsrechte christlicher Minderheiten in der Türkei gestärkt; das Gericht verurteilte das Land, innerhalb von drei Monaten zwei 1996 vom Staat beschlagnahmte Immobilien einer griechisch-orthodoxen Schulstiftung zurückzugeben oder eine Entschädigung von knapp einer Million Euro zu bezahlen. Der Entscheidung wurde türkischen Zeitungen zufolge, Präzedenzwirkung für eine große Zahl ähnlicher Fälle beigemessen (Süddeutsche Zeitung v. 11.1.2007). Dass die türkischen Staatsorgane gerade auch zur Schutzgewährung gegenüber Yeziden zunehmend bereit und in der Lage sind, verdeutlicht überdies ein Rechtsstreit vor dem erstinstanzlichen Zivilgericht in Batman im Jahre 2001, in dem fünf Yeziden die Rückgabe ihres Immobilieneigentums erstritten haben. Im Einzelnen: Am 19. September 2001 hatten fünf der yezidischen Glaubensgemeinschaft angehörende Kläger aus dem Dorf Yolveren/Provinz Batman Klage auf "Unterlassung von rechtswidrigen Störungen und eine angemessene Vergütung" vor dem bezeichneten Gericht erhoben; mit Urteil vom 24. Dezember 2001 hat das Gericht aufgrund von Grundbucheintragungen entschieden, dass die Immobilien Eigentum der Kläger sind. Die Beklagten erklärten daraufhin, dass sie die besetzten Immobilien bis zum 31. Dezember 2001 räumen würden, woraufhin die Klage auf Zahlung einer angemessenen Vergütung in Höhe von 59.000.000.000 TL (ca. 36.000 €) zurückgenommen wurde (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft v. 3.2.2004 an VG Braunschweig). Nach einem Bericht von CNN Türk im August 2005 hat schließlich der Provinzgouverneur von Batman das Dorf Kumgecit besucht, in das einige Yezidenfamilien zurückgekehrt sind. Hierbei hat er den Yeziden Hilfe zugesagt und dem Landrat von Besiri hierzu Anweisungen erteilt. In Besiri gibt es inzwischen einen Yezidenverein unter Vorsitz eines früher in Deutschland lebenden Yeziden, der u. a. bei der Beerdigung von im Ausland verstorbenen Yeziden Unterstützung leistet und auch rückkehrwilligen Yeziden behilflich ist (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft v. 26.01.2007 an Niedersächsisches OVG; Deutsche Botschaft, Auskunft v. 26.10.2005 an BAMF).
Eine im Ergebnis andere Einschätzung rechtfertigt sich dabei auch nicht im Hinblick auf die Auskünfte des Yezidischen Forum e. V. in Oldenburg vom 5. Februar 2006 und vom 4. Juli 2006 zur Situation der Yeziden in der Türkei. Legt man diese Auskünfte zugrunde, stellt sich die Situation für die Yeziden - soweit es die Anzahl der Verfolgungsschläge betrifft - wie folgt dar:
In der Stellungnahme des Yezidischen Kulturforum vom 4. Juli 2006 zur Situation der Yeziden in der Türkei werden insgesamt 11 Vorfälle angeführt. Für das Jahr 2002 wird von zwei Vorfällen berichtet. Hierbei handelt es sich zum einen um den Mord an Sheikh Sancar und seiner schwangeren Ehefrau und im anderen Fall um eine Nötigung. Bezogen auf das Jahr 2003 wird von keinem Übergriff berichtet. Für das Jahr 2004 wird von drei Übergriffen berichtet; dabei geht es in zwei Fällen um Körperverletzungsdelikte und in einem Fall um einen schweren Raub (gewaltsame Wegnahme der Ernte). Schließlich werden für das Jahr 2005 insgesamt vier bzw. fünf Vorfälle geschildert, wobei es sich in einem Fall um eine (gemeinschaftlich begangene) Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung im Zusammenhang mit Grundstücksstreitigkeiten handelt; in vier weiteren Fällen handelte es sich um Nötigungen z. T. in Tateinheit mit Sachbeschädigungen. Für das Jahr 2006 wird schließlich von einem weiteren Tötungsdelikt (Mord) und einer Nötigung bzw. einem Erpressungsdelikt berichtet. Insgesamt werden somit bezogen auf einen Zeitraum von fünf Jahren (2002 bis 2006) 11 Übergriffe (drei Tötungsdelikte, ein schwerer Raub, zwei Körperverletzungsdelikte, fünf Nötigungen z. T. in Tateinheit mit Sachbeschädigungen) benannt.
Die Zahlen des Yezidischen Kulturforums erwecken indes Zweifel an ihrer Verwertbarkeit. So erlauben die mitgeteilten "Tatumstände" überwiegend keine Rückschlüsse darauf, dass die betroffenen Yeziden wegen ihrer Religionszugehörigkeit angegriffen wurden. Allein der Umstand, dass als mutmaßliche Täter Moslems in Betracht kommen, rechtfertigt nicht bereits den Rückschluss auf religiöse Motive. Die Übergriffe werden jedenfalls (wenn überhaupt ein Fremdverschulden feststellbar sein sollte, vgl. AA, Stellungnahme v. 26.01.2007 an Niedersächsisches OVG zu Fall 1 des "Zoro Elmas" und der gerichtsmedizinischen Feststellung von Herzversagen als Todesursache) zum Teil der gewöhnlichen (Schwer-)Kriminalität zuzurechnen sein, die aus asylrechtlicher Sicht außer Betracht zu bleiben hat. Das Auswärtige Amt hat in seiner Stellungnahme vom 26. Januar 2007 insoweit nachvollziehbar aufgezeigt, dass die vom Yezidischen Forum angeführten Übergriffe - soweit ersichtlich - nicht gegen die yezidische Glaubenszugehörigkeit der Betroffenen gerichtet waren. Im Übrigen wird auf die ausführliche Auseinandersetzung mit den Einzelfällen im Urteil des Niedersächsischen OVG v. 17.07.2007 (a. a. O., RdNr. 70 ff.) Bezug genommen, dessen Würdigung der "Übergriffe" auch dem Senat überzeugend erscheint.
Gleichwohl legt der Senat im Interesse der Kläger und mangels besserer Erkenntnismöglichkeiten hinsichtlich der Verfolgungsschläge die Zahlen des Yezidischen Kulturforums zugrunde. Sie erscheinen nicht von vornherein unrealistisch und liegen noch in einem vorstellbaren Rahmen.
Der Senat sieht allerdings keine Veranlassung, dem Hinweis im Gutachten des Yezidischen Forum vom 4. Juli 2006 weiter nachzugehen, es seien womöglich weitere Übergriffe zu ermitteln. Weitere Ermittlungen und Beweisaufnahmen aufgrund dieser Behauptung scheiden schon deshalb aus, weil es an einem substantiierten Vortrag dazu fehlt, ob und inwieweit die behaupteten bzw. noch zu recherchierenden weiteren Vorfälle in beweiserheblicher Weise auf Gründe zurückzuführen sind, die im yezidischen Glauben der Betroffenen begründet liegen, ob sie den vom Senat zugrunde liegenden Zeitraum betreffen und nicht zuletzt, ob und in welcher Weise hierdurch über das vom Yezidischen Forum zur Kenntnis gebrachte Zahlenmaterial hinaus grundsätzliche und/oder verlässlichere Erkenntnisse zur tatsächlichen Zahl der Übergriffe gewonnen werden könnte.
Setzt man die Zahl der Verfolgungsschläge in den Jahren 2002 bis 2006 ins Verhältnis zur Kopfstärke der yezidischen Bevölkerung auf der Grundlage von etwa 2000 Yeziden in den angestammten Siedlungsgebieten der Türkei, so ist von Folgendem auszugehen: Bei etwa 11 Verfolgungsschlägen in fünf Jahren ergibt sich ein Durchschnittswert von 2,2 Vorfällen pro Jahr. Rein rechnerisch waren damit bezogen auf den genannten Zeitraum 0,11 v. H. Yeziden von asylerheblichen Übergriffen betroffen. Dies reicht an eine für eine Gruppenverfolgung nötige Verfolgungsdichte und damit für die Annahme einer politischen Verfolgung i. S. d. Art. 16 a GG nicht annähernd heran. Aber auch dann, wenn man von einer Kopfstärke von nur ca. 500 Yeziden ausgeht, wären hiernach rein rechnerisch bezogen auf den genannten Zeitraum 0,44 v. H. Yeziden von asylerheblichen Übergriffen betroffen. D. h. nach den aufgrund der quantitativen Relationsbetrachtung gewonnenen Ergebnissen lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass die Verfolgungsschläge so dicht und eng im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts fallen, dass bei objektiver Betrachtung für jeden Yeziden und jede yezidische Familie die aktuelle Gefahr besteht, selbst Opfer eines asylrelevanten Übergriffs zu werden (vgl. zu der für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderlichen Verfolgungsdichte: BVerfG, Beschl. v. 23.1.1991 - 2 BvR 902/85, 515, 1827/89 - BVerfGE 83, 216 (232)). Nach allem erscheint bei dieser vergleichenden Betrachtungsweise eine allgemeine Verfolgungsfurcht der Yeziden unbegründet. Die Verfolgungsgefahr für die Yeziden hat sich in den letzten Jahren (seit 2002) im Bereich eines allgemeinen Lebensrisikos bewegt. Der Umstand einer (fortbestehenden) gesellschaftlichen Benachteiligung der Yeziden wegen ihres Glaubens ändert hieran nichts.
Die Einschätzung des Senats wird zudem durch einen Blick auf die bundesdeutsche Kriminalitätsstatistik bestätigt. Danach wurden im Jahre 2000 in einer Großstadt wie Hamburg auf 100.000 Einwohner 16.675 Straftaten begangen. Beschränkt man die Betrachtung allein auf Kapitaldelikte wie Mord und Totschlag, schwere Körperverletzung, Vergewaltigung und sexuelle Nötigung, Raub und Einbrüche, so entfallen auf 100.000 Einwohner immer noch 1.168 Fälle. Dies entspricht einem Gefährdungspotential pro Einwohner von 1,168 v. H. (vgl. Magdeburger Volksstimme v. 31.5.2001). Auch wenn diese Zahlen von Großstadt zu Großstadt schwanken und in ländlichen Gebieten generell niedriger liegen dürften, verdeutlichen sie, dass sich die Situation der Yeziden in den angestammten yezidischen Siedlungsgebieten im Südosten der Türkei nicht in der Weise darstellt, dass von einem dramatischen Geschehen auszugehen ist. Eine allgemeine Verfolgungsfurcht der Yeziden erscheint bei dieser vergleichenden Betrachtungsweise unbegründet. Die Verfolgungsgefahr für die Yeziden bewegt sich derzeit vielmehr im Bereich eines allgemeinen Lebensrisikos. Dies würde selbst dann gelten, wenn die Anzahl der Verfolgungsschläge im Hinblick auf eine mögliche Dunkelziffer noch nach oben zu korrigieren wäre.
Anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man davon ausgeht, dass es sich bei der in den Siedlungsgebieten verbliebenen yezidischen Bevölkerung um eine "äußerst kleine Gruppe" im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.5.1996 - 9 B 196.99 - juris) handelt. Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist nicht dahin zu verstehen, dass bei "äußerst kleinen Gruppen" überhaupt darauf verzichtet werden kann, eine Relation von Kopfstärke und Verfolgungsschlägen herzustellen. Die Bedeutung dieser Rechtsprechung erschöpft sich darin, dass diese Relation ausnahmsweise nicht mathematisch ausgedrückt werden muss, sondern mit zusammenfassenden Wertungen wie "an der Tagesordnung" bezeichnet werden darf. An dem Erfordernis einer ausreichenden Verfolgungsdichte ist festzuhalten (BVerwG, Beschl. v. 23.12.2001 - 1 B 42.02 -), nur treten bei deren Feststellung die konkreten Umstände des Gruppenumfeldes im Sinne einer Zumutbarkeitsprüfung in den Vordergrund.
Im Hinblick hierauf bleibt auch für die Situation der Yeziden als "äußerst kleine Gruppe" entscheidend, ob von einer ausreichenden Verfolgungsdichte auszugehen ist. Aufgrund der festgestellten Anzahl asylrelevanter Übergriffe im Zeitraum der vergangenen fünf Jahre lässt sich dies jedoch nicht feststellen; namentlich erscheint dem Senat die Feststellung, dass Übergriffe gleichsam "an der Tagesordnung" sind, nicht gerechtfertigt. Zwar ist zu berücksichtigen, dass nach den Erfahrungen in der Vergangenheit eine religiös motivierte Gewaltbereitschaft bei den Moslems besteht. Diese entlädt sich aber allenfalls in situationsbedingten, meist spontanen Einzelaktionen, hingegen nicht - bezogen auf das angestammte Siedlungsgebiet der Yeziden - in zentral gesteuerten, gleichsam flächendeckenden Exzessen der moslemischen Bevölkerung. Auch lässt sich aufgrund der vom Senat herangezogenen Erkenntnismittel nicht feststellen, dass der türkische Staat aktuell derartige pogromartige Übergriffe auf die Yeziden zulassen würde und bei den vereinzelt feststellbaren Übergriffen (durchgängig oder überwiegend) nicht in der Lage oder bereit wäre, diesen in der erforderlichen Weise entgegen zu treten, so dass einer potentiellen Gewaltbereitschaft keine Schranken gesetzt werden. Im Übrigen betreffen - wie bereits erwähnt - die angeführten Verfolgungsschläge bis auf wenige Fälle Übergriffe, die anlassbezogen sind und im Zusammenhang mit Grundstücksangelegenheiten stehen und nicht in erster Linie gegen den Glauben gerichtet sind.
Soweit es die gutachterliche Stellungnahme von Dipl.-Soz. Aris Baris vom 17. April 2006 betrifft, geht der Senat wegen Zweifeln an der Unparteilichkeit des Gutachters und der Verlässlichkeit seiner Feststellungen von einem nur begrenzten Beweiswert aus.
Zweifel an der Unparteilichkeit des Gutachters begründet bereits der Umstand, dass er selbst nicht nur Yezide, sondern vor allem auch seine Familie durch Übergriffe von Moslems unmittelbar selbst betroffen ist, was er bei Übernahme des Gutachterauftrags gegenüber dem Senat nicht zu erkennen gegeben hat. Zur Begründung seiner Auffassung wird insoweit auf einen Vorfall Bezug genommen (s. Anl. zur Stellungnahme - Provinz Urfa - Spiegelstrich 14), bei dem sich im Oktober 2004 in Viransehir arabische Volkszugehörige wegen eines von ihm (Baris) erstellten Gutachtens - offensichtlich in einem behördlichen oder gerichtlichen Verfahren in Deutschland - zur Frage der Zugehörigkeit zur yezidischen Glaubensgemeinschaft an seinem Onkel dadurch gerächt haben, dass sie ihn und andere Personen "barbarisch niedergeschlagen und gepeinigt" hätten. Dies lässt nicht nur persönliche Betroffenheit des Gutachters erkennen; die Verwendung der Begriffe "barbarisch" und "gepeinigt" zeigt auch, dass ihm die gebotene sachliche Distanz zu den ihm gestellten Beweisthemen fehlt.
Die Annahme einer Voreingenommenheit des Gutachters vermittelt überdies der Umstand, dass er in seiner Stellungnahme (S. 12 a. a. O.) abschließend zu dem Ergebnis gelangt, dass nach seinen Erkenntnissen eine "verheerende Verfolgungsdichte (Hervorhebung durch den Senat) der yezidischen Glaubensgemeinschaft durch die fanatisch-muslimische Majorität mit Duldung der türkischen Sicherheits- und Verwaltungsbehörden" bestehe und deshalb ein Existenzminimum innerhalb der Türkei für Yeziden nicht gesichert sei, obwohl - wie noch auszuführen sein wird - auch unter Berücksichtigung der vom Gutachter behaupteten Vorfälle eine solche Feststellung nicht (ansatzweise) gerechtfertigt erscheint. Desgleichen vermitteln auch die weiteren Ausführungen in der Stellungnahme zumindest den Eindruck einer subjektiv getragenen und mitunter überschießenden Tendenz bei der Begutachtung.
Darüber hinaus vermittelt die Auflistung der Einzelfälle im Anhang der Stellungnahme für den Senat den Eindruck, dass die Feststellungen des Gutachters auf Angaben von Zeugen, die er für vertrauenswürdig hält, in erheblichem Umfang aber auch auf Berichten von Zeugen vom Hörensagen (z. B. "ein weiterer Vorfall soll sich... abgespielt haben") beruhen, ohne dass insoweit eine Kontrollrecherche stattgefunden hat (vgl. zu diesem Mangel ebenfalls VG Stade, Urt. v. 12.8.2003 - 4 A 2057/02 - juris; VG Münster, Urt. v. 27.10.2006, a. a. O.; Nieders. OVG, Urt. v. 17.07.07, a. a. O unter Verweis auf eine ausführliche Befragung des Gutachters durch das VG Hannover in d. mVhdlg. v. 30.4.2003 - 1 A 389/02 - zur Frage seiner Informationsgewinnung). Es kommt hinzu, dass im genannten Anhang der Stellungnahme Vorfälle ohne Jahresangabe angeführt werden, die sich womöglich in der Vergangenheit - während der Zeit der nach der Rechtsprechung angenommenen Gruppenverfolgung der Yeziden - zugetragen haben und sich jedenfalls nicht ohne Weiteres als aktuelle Ereignisse darstellen. Insoweit muss eine ungenaue bzw. nicht hinreichende Differenzierung beanstandet werden.
Ein großer Teil der behaupteten Vorfälle soll zudem darauf beruhen, dass aus Europa zurückkehrende Yeziden - teilweise nur besuchsweise - ihre früheren Ländereien in Augenschein genommen bzw. diese wieder in Besitz hätten nehmen wollen. Ohne genauere Kenntnisse der privatrechtlichen Hintergründe der darauf beruhenden Streitigkeiten lässt sich jedoch nicht feststellen, ob die behaupteten Bedrohungen oder Übergriffe tatsächlich asylrechtlich motiviert sind oder zu der Gruppe nachbarrechtlicher Streitigkeiten zu zählen sind, die unabhängig von religiöser Zugehörigkeit häufig in ländlichen Bereichen der Türkei vorkommen. Schließlich wären - wenn man dem Gutachten Baris folgen wollte - yezidische Glaubenszugehörige auf Ansiedlungsmöglichkeiten in den kleineren Städten ihrer Siedlungsgebiete zu verweisen. Baris führt insoweit aus, dass unter den in der Türkei verbliebenen Yeziden nur noch ein kleinerer Teil in den ländlichen Gegenden lebe, alle anderen lebten ausschließlich in der Stadt oder sowohl in der Stadt als auch auf dem Dorf. Von denen, nach Auffassung von Baris in der Türkei lebenden 375 Yeziden, lebten allein 74 Personen in einem Stadtteil von Viransehir. Dass es in den städtischen Siedlungsgebieten zu nennenswerten Problemen mit muslimischen Nachbarn kommt, ist dabei nicht ersichtlich geworden.
Gemindert wird der Beweiswert der Stellungnahme nicht zuletzt dadurch, dass der Gutachter von einem unzutreffenden Yeziden-Begriff ausgeht. Dem Gutachter genügt für die Annahme einer nach wie vor bestehenden (Gruppen-)Verfolgung der Yeziden in der Türkei - wie sich aus der Antwort auf die Frage 2 ergibt - allein die Zugehörigkeit zur yezidischen Religionsgemeinschaft unabhängig von der individuellen Glaubensgebundenheit. Dieser Maßstab ist zu undifferenziert und entspricht auch nicht dem asyl-rechtlichen Ansatz der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vom Erfordernis der Glaubensgebundenheit des betreffenden Yeziden (so bereits zu Recht: VG Münster, Urt. v. 27.10.2006 - 3 K 4915/03.A - m. Hinweis auf VG Hannover, Urt. v. 30.4.2003 - 1 A 389/02 - zu diesem Mangel in einem früheren Gutachten des Sachverständigen Baris).
Aber selbst wenn man die Angaben im Gutachten des Dipl.-Soz. Baris zumindest als Arbeitshypothese zugrunde legt, rechtfertigt sich nach Auffassung des Senats im Ergebnis gleichwohl keine andere Einschätzung hinsichtlich der Frage, ob gegenwärtig eine mittelbare Gruppenverfolgung der Yeziden durch die moslemische Bevölkerung anzunehmen ist. Dabei geht der Senat aufgrund des Gutachtens hinsichtlich der Gesamtzahl asylerheblicher Verfolgungsschläge von Folgendem aus:
Soweit es die Provinz Urfa betrifft, wird für den zugrunde gelegten Zeitraum von 2002 bis 2006 von insgesamt 11 Übergriffen in Form von Körperverletzungsdelikten - z. T. einhergehend mit Sachbeschädigung und Nötigung - durch Privatpersonen berichtet (s. Angaben zu Spiegelstrich 3 bis 5, 13 bis 18, 19 und 21). Zwei weitere Körperverletzungsdelikte mit Nötigung werden Dorfschützern als Tätern zugerechnet (s. Angaben zu Spiegelstrich 10 und 12); zwar wurden Dorfschützer vom Staat rekrutiert, bezahlt und bewaffnet, gleichwohl waren sie schwer zu kontrollieren und versuchten immer wieder persönliche Interessen und die ihrer jeweiligen Großfamilie oder ihres Clans mit Gewalt durchzusetzen (vgl. AA, Lagebericht v. 19.5.2004, S. 30). Da sich bei den beiden Übergriffen persönliche Motive der Dorfschützer nicht ausschließen lassen, bezieht der Senat die Vorfälle in seine Arbeitshypothese mit ein. Soweit zugleich von Fällen berichtet wird, wonach die ehemals rein yezidisch besiedelten Orte wie Qori, Xirbe Ariye, Meleqecer heute von Moslems bewohnt werden, von ihnen die Weiden bewirtschaftet bzw. kontrolliert werden und die Ländereien im Katasteramt auf Personen mit muslimischen Namen eingetragen sind (s. Angaben zu Spiegelstrich 6, 7, 8 und 9), haben diese Geschehnisse außer Betracht zu bleiben, weil diese sich ersichtlich auf Ereignisse - offenbar Enteignungen - beziehen, welche sich nicht in dem vom Senat zugrunde gelegten Zeitraum, sondern in der Vergangenheit (zumindest 2001) zugetragen haben. Zwar wird insoweit (sinngemäß) angeführt, dass die rechtswidrigen Zustände andauern und noch keine Restitution des Eigentums auf die ehemaligen yezidischen Eigentümer stattgefunden hat. Ein im maßgeblichen Zeitraum erfolgter asylrelevanter Übergriff kann in dieser Perpetuierung vormals geschaffenen Unrechts aber nicht gesehen werden.
Bezogen auf die Provinz Batman wird zunächst von vier Fällen von Grabschändungen (Kolibaba, Weiler Kubeldor, Scheich Misefer und Scheiche Vind) - berichtet (s. Angaben zu Spiegelstrich 1 bis 4), teilweise begangen "von Unbekannten", wobei die Gräber überwiegend in Gegenden gelegen sind, in denen keine Yeziden mehr leben. Diese Ereignisse haben indes ebenfalls außer Betracht zu bleiben, weil sie - auch wenn sie Aufschluss über die Einstellung der moslemischen Nachbarn geben mögen - keine Übergriffe auf Leib, Leben oder Freiheit darstellen. Soweit es weiter heißt (s. Angaben zu Spiegelstrich 5): "Das im Jahre 2004 eingerichtete Trauerhaus im Dorf Fequira, Kreisstadt Besiri, soll ebenfalls Angriffsziel von Muslimen geworden sein", ist - ungeachtet der Unbestimmtheit der Angaben - vermutlich von einer Sachbeschädigung auszugehen. Unter Spiegelstrich 6 wird von einer möglicherweise im Jahr 2005 erfolgten Landwegnahme und Nötigung der yezidischen Bewohner des Dorfes Texeri durch muslimische Kurden des Stammes Reskotan berichtet. Unter Spiegelstrich 9 wird die Entführung einer verheirateten Yezidin und deren Zwangsislamisierung erwähnt. Soweit schließlich davon berichtet wird (s. Angaben zu Spiegelstrich 10), dass der Moslem Mehmet Ucan sich weigert, das an Yeziden vor 30 Jahren verkaufte Land in der Ortschaft Feqira "überschreiben zu lassen" und er von den Käufern "seit Jahren" Geld verlangt ("erpresst"), handelt es sich nach Auffassung des Senats ersichtlich um eine Grundstückstreitigkeit, die sich - selbst wenn man Vorbehalte gegen Yeziden in Rechnung stellt - nicht als ein gegen die Glaubensüberzeugung der Yeziden gerichteter Verfolgungsschlag begreifen lässt. Die Angaben zu Spiegelstrich 7 und 8 lassen keinen asylrelevanten Übergriff erkennen.
Soweit es die Provinz Mardin betrifft, wird von zwei Vorfällen berichtet. Zum einen handelt es sich um den Mord an den Eheleuten S. aus dem Dorf Mizix im März 2002 (s. Angaben zu Spiegelstrich 1), zum anderen um den Mord an den Eheleuten F. im Januar 2005 durch "Unbekannte" (s. Angaben zu Spiegelstrich 2), wobei im letztgenannten Fall über Hintergründe und Täter keine Angaben gemacht werden. Darüber hinaus lassen sich aufgrund der Angaben von Herrn Baris (s. Angaben zu Spiegelstrich 3 bis 7) keine asylrelevanten Übergriffe feststellen.
Die Provinz Diyarbakir - mit dem noch von Yeziden besiedelten Dorf Bahcecik und dem Distrikt Bismil - betreffend wird von keinem gewalttätigen Übergriff auf Yeziden berichtet. Vielmehr wird darauf hingewiesen, dass einige demokratisch gesinnte Vereine wie IHD, TIHAV sowie die prokurdische Partei DEHAP/DTP und einige kurdische Organisationen im Exil zur Rückkehr von Yeziden in die Türkei aufgerufen haben. Soweit zugleich darauf verwiesen wird, dass im Dorf Davudi (welches im Distrikt Cinar belegen ist und in dem gegenwärtig keine Yeziden mehr leben) das heilige Grab des "Ziyareta Pir Davud" durch "Unbekannte" geplündert und zerstört worden sei, hat dieser Umstand schon deshalb außer Betracht zu bleiben, weil mangels Angaben zum Tatzeitpunkt nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die Grabschändung bereits vor dem entscheidungsrelevanten Zeitraum zugetragen hat, als die Situation zwischen Yeziden und Moslems von einer Vielzahl von Übergriffen gekennzeichnet war. Nach allem ist für die Zeit von 2002 bis 2006 in der Gesamtheit von insgesamt 17 möglicherweise asylrelevanten Übergriffen (zwei Morde, 13 Körperverletzungen in Tateinheit mit Nötigungen, eine Landwegnahme und eine Entführung) auszugehen. Geht man im Rahmen der Arbeitshypothese zu Gunsten der Kläger zu 1. und 2. des Weiteren davon aus, dass es sich bei den im Gutachten des Yezidischen Kulturforums und des Dipl. Soz. Baris angeführten Übergriffen, um unterschiedliche Referenzfälle handelt - lediglich in Bezug auf den Mord an Scheich S. und seiner Ehefrau lässt sich aufgrund der Angaben ohne Weiteres eine Identität feststellen, so dass dieser Übergriff nicht zweimal veranschlagt werden kann -, so wäre rein hypothetisch von einer Gesamtzahl von 27 Verfolgungsschlägen auszugehen. Setzt man diese Zahl der Verfolgungsschläge ins Verhältnis zur Kopfstärke der yezidischen Bevölkerung in den angestammten Siedlungsgebieten der Türkei, wie sie vom Auswärtigen Amt mit 2000 Yeziden beziffert wird, so stellt sich die Situation wie folgt dar: Bei etwa 27 Verfolgungsschlägen in fünf Jahren ergibt sich ein Durchschnittswert von 5,4 Vorfällen pro Jahr. Rein rechnerisch wären damit bezogen auf den genannten Zeitraum 0,27 v. H. Yeziden von asylerheblichen Übergriffen betroffen. Ginge man im Rahmen der zugrunde gelegten hypothetischen Annahme von lediglich 500 in den Siedlungsgebieten verbliebenen Yeziden aus, wären hiernach - bei einem Durchschnittswert von 5,4 Vorfällen pro Jahr - rein rechnerisch bezogen auf den genannten Zeitraum 1,08 v. H. Yeziden von asylerheblichen Übergriffen betroffen. Auch dies reicht an eine für eine Gruppenverfolgung nötige Verfolgungsdichte und damit für die Annahme einer politischen Verfolgung i. S. d. Art. 16 a GG nicht heran, stellt man etwa die Gefährdung für die Bewohner einer deutschen Großstadt in Höhe von 1,168 v. H. aufgrund der bundesdeutschen Kriminalitätsstatistik gegenüber. D. h. selbst unter Anlegung des für die Kläger zu 1. und 2. günstigsten Maßstabs ließe sich nach den aufgrund der quantitativen Relationsbetrachtung gewonnenen Ergebnissen nicht der Schluss ziehen, dass die Verfolgungsschläge so dicht und eng im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts fallen, das bei objektiver Betrachtung für jeden Yeziden und jede yezidische Familie die aktuelle Gefahr besteht, selbst Opfer eines asylrelevanten Übergriffs zu werden (vgl. zu der für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderlichen Verfolgungsdichte: BVerfG, Beschl. v. 23.1.1991 - 2 BvR 902/85, 515, 1827/89 - BVerfGE 83, 216 (232)). Eine allgemeine Verfolgungsfurcht der Yeziden erscheint selbst bei dieser vergleichenden Betrachtungsweise unbegründet.
Eine andere Einschätzung ergibt sich auch nicht aufgrund der Zumutbarkeitsprüfung bei Annahme einer "äußerst kleinen Gruppe"; auch insoweit kann nicht davon ausgegangen werden, dass Übergriffe quasi "an der Tagesordnung" sind und in quantitativer und/oder qualitativer Hinsicht das Maß dessen überschritten wird, was sich als Gefährdungspotenzial im Bereich des allgemeinen Lebensrisikos bewegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der ganz überwiegende Anteil an Übergriffen Körperverletzungen und Nötigungen im Zusammenhang mit Grundstücks- und Bodennutzungsangelegenheiten betrifft und Ausdruck eines Verdrängungswettbewerbes sowie eines Sozial- und Wirtschaftsneides in einer von hoher Arbeitslosigkeit und schwierigen Lebensbedingungen gekennzeichneten Region im Südosten der Türkei ist (vgl. AA, Lagebericht v. 11.1.2007, S. 43). Daneben stellen sich die qualitativ schwersten Übergriffe, wie Mord oder geschlechtsspezifische Repressalien, wie Entführung und Zwangsislamisierung, als ersichtlich singuläre Ereignisse dar, die den täglichen Lebensbedingungen vor Ort kein Gepräge geben.
Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger zu 1. und 2. bei einer Einreise in die Türkei individuelle Verfolgungsgründe wegen der angespannten Situation zwischen Moslems und Yeziden in den angestammten yezidischen Siedlungsgebieten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu befürchten hätten. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Yeziden unter Berücksichtigung der aufgezeigten politischen Verhältnisse gegenwärtig in einem Klima allgemeiner gesellschaftlicher Verachtung und einer daraus resultierenden auswegslosen Situation leben müssen, dass Verfolgungsschutz aus diesem Grunde zu gewähren wäre. Hiergegen spricht bereits die Tatsache, dass sich seit Mai 2005 Yeziden in der Provinz Batman organisiert haben, um langfristig ihre Anerkennung als religiöse Minderheit zu erreichen. Eine ihrer selbst gesetzten Aufgaben ist es, Unterstützung für rückkehrwillige Yeziden aus Europa in dieser Region zu leisten (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 11.11.2005, S. 20). Von der Notwendigkeit eines Lebens im Verborgenen infolge allgemeiner Ächtung und/oder staatlichen Maßnahmen von asylerheblicher Gewichtigkeit kann daher keine Rede sein. Für eine grundlegende Veränderung der Situation in den traditionellen Siedlungsgebieten der Yeziden spricht nach Auffassung des Senats nicht zuletzt auch der Umstand, dass eine Vielzahl von geflüchteten bzw. ausgewanderten Yeziden in ihre Heimat freiwillig zurückgekehrt sind (NZZ v. 20.11.2004; vgl. auch zur Rückkehr von syrisch-orthodoxe Christen in die Türkei hz-online v. 17.10.2006 und NZZ v. 20.11.2004). Dies ist für den Senat ein gewichtiges Indiz, erscheint doch die Annahme gerechtfertigt, dass durch Kontakte zu Verwandten, Freunden oder zumindest anderen Yeziden ein verlässliches Bild über die gegenwärtig bestehende Situation in der Türkei vermittelt wird. Überdies wird eine veränderte Verfolgungssituation und vor allem eine deutlich entspannte Situation der Yeziden in der Türkei auch durch den Umstand belegt, dass es in Besiri mittlerweile einen Yeziden-Verein gibt unter dem Vorsitz eines früher in Deutschland lebenden Yeziden, der u. a. bei der Beerdigung von im Ausland verstorbenen Yeziden Unterstützung leistet und auch Rückkehrwilligen Yeziden behilflich ist (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht an BAMF vom 26.10.2005; OVG NRW, Urt. v.14.02.2006, a. a. O.).
Für den Senat ergeben sich auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die auch in der Türkei in Teilbereichen zu beobachtende Reislamisierung zu einer Zunahme von asylerheblichen Übergriffen auf Yeziden geführt hat. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht führt im Urteil vom 17. Juli 2007 (a. a. O.) hierzu aus:
"Zwar versteht sich die Regierungspartei AKP als konservativ-islamisch, doch liegen über staatliche Repressionsmaßnahmen gegen Angehörige anderer Glaubensgemeinschaften keine Erkenntnisse vor; ebenso ist die individuelle Religionsausübung im Allgemeinen gewährleistet (vgl. AA, Lagebericht v. 11.1.2007, S. 5, 14 und 23 ff.). Seit April 2006 ist auch die Angabe der Religionszugehörigkeit in personenbezogenen Papieren wie dem Personalausweis nicht mehr vorgeschrieben (AA, Lagebericht v. 11.1.2007, S. 25). Dagegen fehlt einigen nicht-musliminischen Minderheiten - wie syrisch-orthodoxen Christen und Yeziden - noch immer die rechtliche Anerkennung als Religionsgemeinschaft (vgl. NZZ v. 20.11.2006). Auch sind in letzter Zeit religiös motivierte Anschläge gegen christliche Glaubensangehörige in der Türkei verübt worden. Die Täter gehörten der extremen rechten Szene an, in der sich nationalistische und islamistische Ideen miteinander verbinden. Es lässt sich aber nicht feststellen, dass die türkische Regierung diesen Tendenzen Vorschub leistet oder sie toleriert. Nach den Morden an drei Angestellten eines christlichen Bibelverlags in Malatya Mitte April 2007 erklärte Ministerpräsident Erdogan: "Wir haben 36 verschiedene Völker und andere Religionen und Identitäten, die respektiert werden müssen". Auch Vertreter von ethnischen und religiösen Minderheiten sowie Liberale Intellektuelle bestätigen, dass die AKP die Türkei nicht islamisiere, sondern modernisiere und sie mit weit reichenden Reformen an die EU heranführe; die Islamisten seien an den äußersten Rand gedrängt worden (vgl. zum Vorstehenden: Die Zeit v. 10.5.2007). Nach alldem erscheint die Befürchtung, dass ein erstarkender Islamismus zu einer Verschlechterung der Situation der Yeziden in der Türkei beitragen könne, nicht berechtigt zu sein." (Rdnr. 59 d. UA)
Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an.
Nach allem vermag der Senat gegenwärtig nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine für die Kläger zu 1. und 2. bestehende Verfolgungsgefahr festzustellen. Zu einer anderen Einschätzung der gegenwärtigen Verhältnisse für die Yeziden sieht sich der Senat auch nicht veranlasst im Hinblick auf die Feststellungen im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 5. Juni 2007 (- 10 A 11576/06 OVG -), bei dem es um den Widerruf des Flüchtlingsstatus ging. Das Oberverwaltungsgericht hält in der v. g. Entscheidung eine generalisierende Betrachtungsweise und Erörterung einer Gruppenverfolgung für nicht geboten, weil die Frage der Zumutbarkeit einer Rückkehr in die Türkei wegen der nachträglichen Änderung der Verhältnisse nur konkret für die Person des Klägers und für seine spezifischen Lebensverhältnisse beantwortet werden könne (a. a. O., Rdnr. 25 d. UA).
Ist die in der Vergangenheit liegende Gruppenverfolgung im Verfolgerstaat beendet und eine solche aktuell nicht mehr feststellbar, so haben die Mitglieder der verfolgten Gruppe gleichwohl einen Schutzanspruch nach § 60 Abs. 1 AufenthG, wenn die Gefahr besteht, dass sich in absehbarer Zeit erneut eine Gruppenverfolgungssituation entwickelt. Vor diesem Hintergrund ist zugleich eine in die Zukunft gerichtete prognostische Beurteilung geboten, im Rahmen derer der Frage nachzugehen ist, ob in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erneut eine asylerhebliche Gruppenverfolgung der Yeziden droht, mithin ob von einer grundlegenden und nachhaltigen und somit nicht nur vorübergehenden, sondern dauerhaften Veränderung der Verhältnisse auszugehen ist oder ob das Risiko einer Wiederholungsgefahr besteht. Von der Notwendigkeit einer dementsprechenden Prognose enthebt auch nicht der Umstand, dass es für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage gem. § 77 Abs. 1 AsylVfG auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts ankommt; für die Prognose selbst kommt es allerdings nach Maßgabe der genannten Vorschrift auf den Erkenntnisstand des Gerichts zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an. Allerdings vermag die bloße Möglichkeit, dass sich die politischen Verhältnisse in weiterer Zukunft verändern können und dass in nicht absehbarer Zeit eine neuerliche Verfolgungssituation eintreten könnte, einen Asylanspruch nicht zu begründen (BVerwG, Urt. v. 27.04.1982 - 9 C 308.81 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 37). Auch bedarf es nicht der Feststellung, dass die Gefahr des Eintritts politischer Verfolgungsmaßnahmen - hier bezogen auf eine erneute Gruppenverfolgung - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, so dass etwa auch jeder nur geringe Zweifel an der Sicherheit der Gruppe bereits eine andere Einschätzung zu rechtfertigen vermöchte. Ein solches Erfordernis ist auch nicht in Anlegung eines Prognosemaßstabes geboten, wonach darauf abgestellt wird, ob der neuerliche Eintritt einer Verfolgungsgefahr überwiegend wahrscheinlich ist.
Ob die Notwendigkeit einer prognostischen Beurteilung im vorgenannten Sinne auch aus Art. 11 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Buchst. e) der Richtlinie des Rates der Europäischen Union (EU) - Qualifikationsrichtlinie 2004/83/EG - vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung als Flüchtlinge und des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt der EU L 304/12 vom 30.09.2004-11-08) folgt, wonach zu untersuchen ist, ob die Veränderung der Umstände erheblich und nicht nur vorübergehend ist, so dass die Furcht des Flüchtlings vor Verfolgung nicht länger als begründet angesehen werden kann, generelle Geltung beansprucht oder nur jene Fälle erfasst, in denen eine Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft im Streit steht, bedarf nach Auffassung des Senats hier keiner weiteren Erörterung. Ebenso verhält es sich im Hinblick auf die Frage nach der Anwendbarkeit der Regelung, da nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft nach Maßgabe des Art. 1 nur für Anträge auf internationalen Schutz vorgesehen ist, die nach Inkrafttreten der Richtlinie gestellt worden sind (s. hierzu BVerwG, Beschl. v. 13.12.2006 - 1 B 235.06 -). Denn jedenfalls ergibt sich nach Auffassung des Senats dieses Erfordernis bereits aus den allgemeinen - in höchstrichterlicher Rechtsprechung entwickelten - asylverfahrensrechtlichen Grundsätzen. Danach hat eine Zukunftsprognose zu erfolgen, die sich nicht darauf beschränken darf, allein darauf abzustellen, was gegenwärtig geschieht oder als unmittelbar bevorstehend erkennbar ist. Asylrechtlichen Schutzes bedarf vielmehr auch, wer mit gegen ihn gerichteten asylerheblichen Maßnahmen in absehbarer Zeit rechnen muss (vgl. BVerwG, Urteile v. 31.3.1981 - 9 C 237.80 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 27; Urt. v. 27.4.1982 - 9 C 308.81 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 37; Urt. v. 23.6.1989 - 9 C 51.88 -).
Unter Anlegung dieses Maßstabes steht zur Überzeugung des Senats auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel fest, dass (auch) in absehbarer Zeit nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einer asylerheblichen Gruppenverfolgung der Yeziden auszugehen ist.
Der Senat stellt dabei zunächst in Rechnung, dass die Angehörigen der verfolgten Gruppe (Yeziden) weitestgehend emigriert sind. In einer solchen Situation ist insbesondere in Betracht zu ziehen, dass die Verfolgungsschläge bei einer Rückkehr von Mitgliedern einer ehemals verfolgten Gruppe wieder zunehmen und eine vormals gegebene, derzeit aber nicht mehr fortbestehende Gruppenverfolgung von Yeziden erneut eintreten könnte. Eine solche Gefahr liegt insbesondere nahe, wenn die politischen Umstände, die in der Vergangenheit eine mittelbare Gruppenverfolgung ermöglicht haben, fortbestehen, die Beruhigung der Lage erkennbar nur vorübergehender Natur ist oder aber die Stärkung der yezidischen Minderheit infolge eines massiven Stroms von Rückkehrern von der moslemischen Bevölkerung als Bedrohung empfunden werden muss, so dass mit einem Wiederaufflammen der in der Vergangenheit liegenden, zwischenzeitlich beendeten Verfolgung zu rechnen ist.
Eine solche Annahme erscheint dem Senat jedoch nicht gerechtfertigt, denn es gibt deutliche Indizien, die darauf hindeuten, dass sich die Verhältnisse nachhaltig geändert haben. Besondere Bedeutung ist dabei dem Umstand beizumessen, dass die Türkei - wie bereits erwähnt - wegen ihrer Bestrebungen, Beitrittsverhandlungen mit der EU aufzunehmen, in besonderer Weise unter Beobachtung insbesondere der europäischen Öffentlichkeit steht und insoweit davon ausgegangen werde kann, dass der türkische Staat bemüht sein wird, gewaltsame Übergriffe auf Minderheiten in der Türkei zu verhindern. Dies alles schließt zwar nicht aus, dass es nach wie vor vereinzelt auch zu rechtserheblichen Übergriffen von fanatisierenden Moslems kommen wird; gleichwohl rechtfertigt dies nicht schon die Annahme, dass es in absehbarer Zeit zu pogromartigen Ausschreitungen kommen wird, denen die yezidische Minderheit schutzlos ausgeliefert ist. Da die Gefahr des Eintritts politischer Verfolgungsmaßnahmen nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein muss, vermag nicht jeder nur geringe Zweifel an der Sicherheit der Gruppe bereits eine andere Einschätzung zu rechtfertigen.
Im Übrigen sind nach Auffassung des Senats keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass gegenwärtig oder in absehbarer Zeit mit einem massiven Strom von Rückkehrern (im engeren und weiteren Sinne) zu rechnen ist. Zwar mag angesichts der veränderten Situation in der Türkei in einer Vielzahl von Fällen von einer Aberkennung des Flüchtlingsstatus auszugehen sein; gleichwohl besteht kein Grund zu der Annahme, dass hiervon eine solche Vielzahl von Yeziden betroffen ist, dass gleichsam von einer massenhaften Rückführung auszugehen wäre. Die Beklagte hat auf Veranlassung des Senats im Verfahren 3 L 261/04 (Schriftsätze d. Bekl. v. 10.8.2007 und 16.8.2007) anhand statistischer Unterlagen jene Zahlen ermittelt, die aufgrund noch anhängiger Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtsstreitigkeiten als potentielle Rückkehrer in Betracht zu ziehen sind. Hiernach ist von 966 Yeziden aus der Türkei und 242 Yeziden aus Syrien mit türkischer Staatsangehörigkeit, mithin von insgesamt 1208 Personen auszugehen, bei denen im Rahmen des § 73 Abs. 2 a AsylVfG geprüft wird, ob ein Widerrufs- bzw. Rücknahmeverfahren durchgeführt bzw. - soweit eine solche Maßnahmen bereits verfügt worden ist - rechtmäßig erfolgt ist. In Anbetracht dieser Zahlen kann von einer massenhaften Rückkehr von Yeziden in die Türkei keine Rede sein, zumal in einer Vielzahl von Fällen eine Rückkehr aus sonstigen (aufenthalts-rechtlichen) Gründen ausgeschlossen sein dürfte. Auch wird sich bei den Personen, bei denen eine Rücknahme oder ein Widerruf der Asylanerkennung zu Recht verfügt wird, die Aufhebung des Flüchtlingsstatus nebst einer eventuellen gerichtlichen Überprüfung aller Voraussicht nach auf einen längeren Zeitraum erstrecken, so dass auch aus diesem Grunde nicht von einer plötzlich eintretenden, massenhaften Rückkehr von Yeziden auszugehen ist.
Die Voraussetzungen für die Gewährung von Abschiebungsschutz gem. § 60 Abs. 1 AufenthG für die Kläger zu 1. und 2. sind im Übrigen auch insoweit nicht erfüllt, als es den Gesichtspunkt der freien Religionsausübung für die ihren Glauben praktizierenden Yeziden bzw. ihr religiöses Existenzminimum betrifft.
Eine die Asyl- und Flüchtlingsanerkennung rechtfertigende Verfolgung kann sich zwar nicht nur aufgrund von Eingriffen in Leib, Leben oder persönliche Freiheit ergeben, sondern auch aus Eingriffen in andere Rechtsgüter wie die Religionsfreiheit, wenn sie nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen. Dies ist dann der Fall, wenn die Eingriffe ein solches Gewicht erhalten, dass sie in den elementaren Bereich eingreifen, den der Einzelne unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde wie nach internationalem Standard als so genanntes religiöses Existenzminimum zu seinem Leben- und Bestehenkönnen als sittliche Person benötigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.1.2004 - 1 C 9.03 -, BVerwGE 120, 16 ff.); es ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass - wie auch ansonsten bei Eingriffen in Leib, Leben oder persönliche Freiheit - ein Eingriff in die Religionsfreiheit von einer asyl- und abschiebungsschutzrelevanten Intensität sein muss. Bei der Frage, was zum religiösen Existenzminimum zählt, ist zudem die Richtlinie des Rates der Europäischen Union (EU) - Qualifikationsrichtlinie 2004/83/EG - vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung als Flüchtlinge und des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt der EU L 304/12 vom 30.09.2004-11-08) zugrunde zu legen. Danach umfasst der Religionsbegriff insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in der Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder der Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Geschützt ist mithin nicht allein das forum internum, sondern - soweit dies unverzichtbarer Bestandteil des Glaubens ist - auch die öffentliche Bezeugung des Glaubens in der Gemeinschaft. Hingegen schützt das Asylrecht nicht gegen jegliche Art von Diskriminierungen und Benachteiligungen der Glaubensgemeinschaft und/oder gegen Vorbehalte und eine Ablehnung der Glaubensüberzeugung bzw. Religionsgemeinschaft als solcher durch Andersgläubige.
Asyl - bzw. Abschiebungsschutz begründen Eingriffe in das religiöse Existenzminimum zudem nur dann, wenn sich diese - sei es infolge staatlicher Maßnahmen und/oder Übergriffe durch (andersgläubige) nichtstaatliche Akteure - als Maßnahmen politischer Verfolgung darstellen. Andere Ursachen, die nicht auf einer asylrelevanten Verfolgung beruhen, haben insoweit im Rahmen des Art. 16 a GG und des § 60 Abs. 1 AufenthG außer Betracht zu bleiben. Insbesondere ist der Heimatstaat nicht zur Gewährleistung einer bestimmten religiösen Infrastruktur verpflichtet; hält er diese nicht vor oder findet ein Betroffener ein religiöses Existenzminimum nicht (mehr) vor, weil dieses aus anderen faktischen, nicht verfolgungsbedingten Gründen nicht mehr existiert, so ist dies nicht von asylerheblicher Bedeutung. Gleiches hat zu gelten, wenn die religiöse Infrastruktur wegen vorausgegangener, in der Vergangenheit liegender Verfolgungsmaßnahmen entfallen ist, hingegen gegenwärtig zielgerichtete Eingriffe betreffend die Gewährleistung des religiösen Existenzminimum nicht mehr feststellbar sind.
Hieran gemessen droht den Klägern zu 1. und 2. im Falle ihrer Rückkehr in die Türkei keine asylerhebliche Verletzung des religiösen Existenzminimums. Dabei verkennt der Senat nicht die besondere Bedeutung, die der religiösen Betreuung durch einen Sheikh und einen Pir für ein funktionierendes Gemeindeleben der Yeziden zukommt. Allerdings führt nicht jede Beeinträchtigung eines funktionierenden Gemeindelebens bereits zu einer Verletzung des religiösen Existenzminimums. Denn zur Überzeugung des Senats schließt auch für glaubensgebundene Yeziden das Fehlen ausreichender priesterlicher Betreuung und das Leben ohne eine funktionierende Gemeinde die Religionsausübung in ihrem Kernbereich nicht ohne weiteres aus. Darüber hinaus läge eine Verletzung des religiösen Existenzminimums nur dann vor, wenn die Religionsausübung in ihrem unverzichtbaren Kern durch staatliche oder dem Staat zurechenbare Eingriffe unmöglich gemacht würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.01.2004 - 1 C 9.03 - BVerwGE 120, 16 ff.; OVG NRW, Urt. v. 14.02.2006, a. a. O.). Unter diesem Gesichtspunkt ist der Heimatstaat also nicht zur Gewährleistung einer bestimmten religiösen Infrastruktur verpflichtet. Soweit zurückkehrende Yeziden mit religiösen Beeinträchtigungen konfrontiert werden, beruhen diese nicht auf staatlichen oder dem Staat zurechenbaren Eingriffen, sondern sind lediglich Folge der vergleichsweise geringen Zahl von in der Türkei lebenden Yeziden (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 29.09.2005 - 1 LB 38/04 - a. a. O.; OVG NRW, Urt. 14.02.2006, a. a. O.). D. h. dass Yeziden in der Türkei möglicherweise die religiöse Betreuung fehlt, ist im Rahmen der Prüfung des Art. 16 a GG und des § 60 Abs. 1 AufenthG unerheblich. Falls das religiöse Existenzminimum dort aus diesem Grunde fehlt, so hat dies allein faktische Gründe und beruht nicht auf asylrelevanter Verfolgung (OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 29.9.2005 - 1 LB 38/04 - juris; Nieders. OVG, Urt. v. 17.7.2007, a. a. O). Auch soweit womöglich von einem langsamen Aussterben der yezidischen Minderheit in der Türkei auszugehen sein sollte, begründet diese keinen Anspruch auf Asyl oder Flüchtlingsschutz. Im Übrigen garantiert die türkische Verfassung in Art. 24 die Religions- und Gewissensfreiheit; dass gleichwohl die Ausübung anderer Religionen als der des Islam in der Türkei erheblichen rechtlichen und administrativen Einschränkungen unterliegt, rechtfertigt keine andere Einschätzung. Nicht zuletzt stellt sich die Frage einer öffentlichen Verbreitung des yezidischen Glaubens (z. B. durch Missionierungen) nicht in derselben Weise wie bei anderen Religionsgemeinschaften, weil die Zugehörigkeit zum yezidischen Glauben nicht durch Konversion, sondern allein durch Geburt erworben werden kann. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass Yeziden des Schutzes vor religiöser Verfolgung im Bereich der öffentlichen Glaubensbestätigung bedürfen, da ihre religiösen Riten nicht vor den Augen Ungläubiger praktiziert werden dürfen (vgl. Nieders. OVG, Urt. v. 17.7.2007, a. a. O., unter Hinweis auf sein Grundsatzurteil v. 28. Januar 1993 - 11 L 513/89 - S. 17 UA.).
Nach Auffassung des Senats lässt sich auch nicht feststellen, dass für Yeziden in ihren angestammten Siedlungsgebieten wegen ihrer Glaubenszugehörigkeit das wirtschaftliche Existenzminimum nicht gewährleistet ist. Zwar ist davon auszugehen, dass die seit jeher bestehenden Diskriminierungen religiöser Minderheiten - vor allem in wirtschaftlicher, beruflicher und sozialer Hinsicht - andauern, wenn auch wohl in abgeschwächter Form. Dieser Umstand allein ist jedoch nicht asylbegründend. Zu dem asylrechtlich geschützten Bereich der persönlichen Freiheit gehören neben deren unmittelbaren Bedrohung zwar grundsätzlich auch die ungehinderte berufliche und wirtschaftliche Betätigung. Die Beeinträchtigung dieses Rechts kann jedoch - wie bereits erwähnt - einen Asylanspruch bzw. einen Anspruch auf Abschiebungsschutz gem. § 60 Abs. 1 AufenthG nur dann begründen, wenn sie nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzt und über das hinausgeht, was die Bewohner des Heimatstaates aufgrund des dort herrschenden Systems allgemein hinzunehmen haben. Das Asylrecht wegen politischer Verfolgung soll insoweit nicht jedem, der in seiner Heimat benachteiligt wird und etwa in materieller Not leben muss, die Möglichkeit eröffnen, in der Bundesrepublik Deutschland seine Lebenssituation zu verbessern (vgl. BVerfG, Beschl. v. 2.7.1980 - 1 BvR 147/80 - BVerfGE 54, 341 (357); s. auch zur Fluchtalternative der Yeziden in der Türkei: BVerwG, Beschl. v. 15.2.1984 - 9 CB 191/83 - InfAuslR 1994, 152 f. = juris). Soweit der Aufbau einer neuen Existenz aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation in der Türkei und einer Arbeitslosigkeit von offiziell 11 v. Hundert - tatsächlich liegt sie im Südosten wohl bei etwa 50 v. Hundert - nicht einfach ist, steht dies indes nicht im Zusammenhang mit der yezidischen Religionszugehörigkeit (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft v. 20.1.2006 an das OVG LSA).
Den Klägern zu 1. und 2. droht bei einer Einreise in die Türkei im Übrigen auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine (unmittelbare) politische Verfolgung wegen ihrer kurdischen Volkszugehörigkeit. Nach übereinstimmender obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. u. a. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 11.6.1999 - 10 A 11424/98.OVG - und Urt. v. 26.1.2001 - 10 A 11907/00.OVG -) findet eine solche nicht statt; auch ist eine hieran anknüpfende Gefahr von den Klägern zu 1. und 2. nicht geltend gemacht worden.
Lässt sich nach allem eine (regionale) mittelbare staatliche Gruppenverfolgung der Yeziden in den angestammten Siedlungsgebieten in der Südosttürkei nicht feststellen und steht eine solche für die Kläger zu 1. und 2. bei einer Einreise in die Türkei nicht zu befürchten, kommt es vorliegend auf das Bestehen einer inländischen Fluchtalternative in der Türkei i. S. d. Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG nicht (mehr) an.
Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot i. S. d. § 60 Abs. 2 bis 7 AufentG liegen dem Senat nicht vor. Die Kläger haben hierzu auch keine substantiierten Angaben gemacht.
Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass für die Kläger Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952, II, S. 685) - EMRK - in Betracht kommen könnte. Bei einer Abschiebung in einen anderen Vertragsstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention - wie hier die Türkei - besteht eine Mitverantwortung des abschiebenden Staates - hier der Bundesrepublik Deutschland - den menschenrechtlichen Mindeststandard im Zielstaat der Abschiebung zu wahren nur dann, wenn dem Ausländer nach seiner Abschiebung irreparable Schäden, wie Folter oder sonstige schwere und irreparable Misshandlungen drohen und effektiver Rechtsschutz weder durch die Gerichte des Zielstaates (Türkei) noch durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen ist (so BVerwG, Urt. v. 7.12.2004 - 1 C 14.04 - "Kalif von Köln"). Für den Senat besteht kein Anhalt, dass diese Voraussetzungen auf die Kläger zutreffen könnten.
Der Senat vermag auch keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit der Kläger gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen. Eine solche Gefährdung lässt sich insbesondere nicht daraus herleiten, dass es den Klägern zu 1. und 2. im Falle einer Rückkehr in die Türkei ohne den Ehemann und Vater an familiärem Rückhalt mangeln könnte und sie deshalb eine Gefährdung ihrer materiellen Existenz zu befürchten hätten. Denn zum einen entspricht es höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass bei der Prognose, welche Gefahren dem Asylbewerber im Falle einer Abschiebung in den Heimatstaat drohen, regelmäßig von einer gemeinsamen Rückkehr mit den Familienangehörigen auszugehen ist, mit denen er in Deutschland als Familie zusammenlebt. Eine gemeinsame Rückkehr darf aber nicht unterstellt werden mit Familienangehörigen, die aufgrund rechtskräftiger Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG (heute § 60 Abs. 1 AufenthG) als politisch Verfolgte Abschiebungsschutz genießen. Im Ergebnis nichts anderes gilt, wenn Familienangehörigen (rechtskräftig) Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG (heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) wegen individueller Gefährdung von Leib und Leben zugesprochen wurde (so BVerwG, Urt. v. 27.7.2000 - 9 C 9/00 - DVBl. 2001, 211 m. w. N.). Vorliegend ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Prognose einer gemeinsamen Rückkehr im Familienverbund eine rechtskräftige Entscheidung im vorgenannten Sinne hinsichtlich des Ehemannes und Vaters der Kläger entgegensteht; es kann auch dahinstehen, ob die Kläger mit dem Ehemann/Vater in Deutschland als Familie zusammenleben (vgl. BVerwGE 90, 364; 109, 305). Denn ob die Kläger zu 1. und 2. im Falle alleiniger Rückkehr mittelbar trennungsbedingten existenziellen Gefahren im Abschiebezielstaat ausgesetzt wären, welche ihre Abschiebung unzulässig erscheinen lassen, hat nicht das Bundesamt (ehemals Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) im Asylverfahren nach § 60 Abs. 7 AufenthG (vormals § 53 AuslG), sondern allein die Ausländerbehörde im Vollstreckungsverfahren zu prüfen; die Ausländerbehörde hat ggf. Vollstreckungsschutz nach § 60 a Abs. 2 AufenthG (zuvor § 55 AuslG) zu gewähren (so BVerwG, Urt. v. 27.7.2000, a. a. O.). Andere Gründe für eine konkrete Gefahr i. S. des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die unter Androhung der Abschiebung ausgesprochene Ausreiseaufforderung in dem streitgegenständlichen Bescheid entspricht den §§ 34, 38 Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 59 AufentG und ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83 b AsylVfG nicht erhoben.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§§ 132 Abs. 2, 137 VwGO).
Ende der Entscheidung
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