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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 18.03.2008
Aktenzeichen: 3 O 15/07
Rechtsgebiete: GVG, RVG, VwGO


Vorschriften:

GVG § 17a Abs. 4 S. 3
RVG § 33 Abs. 1
VwGO § 40 Abs. 1 S. 1
VwGO § 146 Abs. 1
1. Zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs.

2. Klageerweiterungen und Widerklage während des Rechtswegbeschwerdeverfahrens.

3. Der Gegenstandswert einer Rechtswegbeschwerde ist mit einem Fünftel des Hauptsachewertes angemessen bewertet.


Gründe:

Die Beschwerde der Klägerin, mit der die Aufhebung des Verweisungsbeschlusses des Verwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2006 sowie die Feststellung der Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges begehrt werden, ist nach § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG i. V. m. § 146 Abs. 1 VwGO zulässig.

Sie ist auch in der Sache begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Verwaltungsrechtsweg zu Unrecht für unzulässig erklärt.

Der Zahlungsanspruch der Klägerin ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art i. S. des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO, für die es keine gesetzliche Sonderzuweisung an einen anderen Gerichtszweig gibt.

Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder - wovon das Verwaltungsgericht ausgeht - privatrechtlich ist, richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (so Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschl. v. 10.04.1986, BVerwGE 74, 368 [370]). Dabei ist die Frage, ob für das Klagebegehren eine Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, die in dem beschrittenen Rechtsweg zu verfolgen ist, auf der Grundlage des Klageantrags und des zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalts zu prüfen (so BVerwG, Beschl. v. 15.12.1992 - 5 B 144/91 - NVwZ 1993, 358). Hieran gemessen stellt sich das Klagebegehren folgendermaßen dar:

Mit ihrer am 24. Oktober 2006 erhobenen, als allgemeine Leistungsklage bezeichneten Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 50.000,00 € einschließlich Prozesszinsen. Zur Begründung führt sie aus, sie mache öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche aus Vorauszahlungen nach § 17 Abs. 7 Satz 1 KiBeG LSA und § 11 Abs. 4 KiFöG LSA geltend. Die Beklagte habe als anerkannter Träger der Jugendhilfe ihre Kindertagesstätte "Regenbogenland" in A. betrieben. Aus der Überprüfung mehrfach geänderter Jahresabschlussrechnungen ergäben sich Rückforderungen für die Jahre 2002 bis 2005 in Höhe von insgesamt 175.030,90 €, wovon im Wege der Teilklage der Rückforderungsbetrag für das Jahr 2002 in Höhe von insgesamt 38.517,81 € und ein anteiliger Rückforderungsbetrag in Höhe von 11.482,19 € für das Jahr 2003 geltend gemacht werde. Sie mache gegen die Beklagte sowohl vertragliche als auch gesetzliche Erstattungsansprüche geltend. Zum Betrieb der Kindertagesstätte "Regenbogenland" sei zwischen den Verfahrensbeteiligten unter der Geltung des KiBeG LSA der Betriebsführungsvertrag vom 16. Dezember 1997 und unter Geltung des KiFöG LSA der Betriebsführungsvertrag vom 16. April / 05. Juni 2003 abgeschlossen worden; die Verträge seien im Jahr 2005 gekündigt worden. Soweit sich die Teilklage auf Überzahlungen im Jahre 2003 beziehe, würden Vorauszahlungen, die unter der Geltung des Betriebsführungsvertrages vom 16. April / 05. Juni 2003 geleistet worden seien, zum Gegenstand der Teilklage gemacht.

In Streit stehe, ob die in den Betriebsführungsverträgen nicht ausdrücklich geregelte Berücksichtigung des gesetzlich vorgesehenen 5-prozentigen Eigenanteils der Beklagten betriebskostenmindernd von den Gesamtkosten abzuziehen sei. Da sie sowohl im Jahr 2002 als auch 2003 Vorausleistungen auf die vollen Betriebskosten erbracht habe, stehe ihr ein Anspruch auf Rückerstattung in Höhe des 5-prozentigen Eigenanteils der Beklagten zu. Darüber hinaus sei der zeitliche Mehraufwand für die Betreuung behinderter Kinder fehlerhaft bei der Betriebskosten-Defizitberechnung berücksichtigt worden, obgleich die mit der integrativen Betreuung behinderter Kinder entstehenden Zusatzkosten über die Pauschalen der KiBeVO abzugelten seien. Kosten i. S. der §§ 39, 40 BSHG seien zudem keine betriebsnotwendigen Kosten der Kindertageseinrichtung, sondern gegenüber dem örtlichen Träger der Sozialhilfe abzurechnen. Auch hieraus resultiere eine Überzahlung der Klägerin, die im klageweise geltend gemachten Rückzahlungsbetrag enthalten sei.

Im Rahmen der Anhörung wegen der beabsichtigten Rechtswegverweisung hat die Klägerin ergänzend ausgeführt, die genannten Betriebsführungsverträge würden kein Dienstsiegel tragen; soweit das Gericht dem im Hinblick auf § 70 GO LSA Bedeutung zumesse, sei der Rechtsstreit auf gesetzlicher und damit öffentlich-rechtlicher Grundlage des KiBeG LSA und des KiFöG LSA zu entscheiden.

Nachdem das Verwaltungsgericht mit angefochtenem Beschluss vom 18. Dezember 2006 den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Magdeburg verwiesen hat,

- hat die Beklagte am 22. Dezember 2006 Widerklage erhoben, mit der sie eine Zahlungsforderung gegen die Klägerin aus einer Refinanzierungsvereinbarung vom 19. August 2002 (über die Finanzierung eines Ersatzneubaus der Kindertagesstätte in der Feldstraße in A.) geltend macht,

- hat die Klägerin am 27. Dezember 2006 ihre Klagforderung um 33.677,03 € (nebst Zinsen) auf nunmehr 83.677,03 € erweitert und vorgetragen, hiermit werde der volle Rückzahlungsbetrag für die Jahre 2002 und 2003 geltend gemacht,

- hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 01. Oktober 2007 ihre Klagforderung um weitere 1.700,00 € (nebst Zinsen) auf insgesamt 85.377,03 € erweitert und vorgetragen, die Beklagte habe zu Unrecht im Jahr 2005 projektbezogene Fördermittel der AOK in Höhe von 1.700,00 € erhalten,

- hat die Klägerin am 04. Dezember 2007 ihre Klagforderung um weitere 30.770,08 € (nebst Zinsen) auf nunmehr insgesamt 116.147,11 € erweitert und vorgetragen, es werde nun auch der Rückforderungsbetrag für das Jahr 2004 geltend gemacht.

Im Hinblick auf diese Verfahrensentwicklung ist zunächst von Folgendem auszugehen:

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges ist der der letzten mündlichen Verhandlung. Jedoch wird nach § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges "durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt", sog. perpetuatio fori. Allerdings gilt dieser Grundsatz im Interesse der Prozessökonomie nur rechtswegerhaltend. Ergeben sich umgekehrt nach Eintritt der Rechtshängigkeit bei zunächst bestehender Unzulässigkeit des Rechtswegs nachträglich erst die die Zulässigkeit des Rechtswegs begründenden Umstände tatsächlicher oder rechtlicher Art, dann kann eine solche Veränderung, sofern sie vor der letzten mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz eingetreten ist, noch zu Gunsten der Zulässigkeit des Rechtswegs berücksichtigt werden. Sofern der Rechtsstreit um die Zulässigkeit des Rechtswegs ausnahmsweise selbständig in die Rechtsmittelinstanz gelangt ist und erst hier die nachträglich die Zulässigkeit des Rechtswegs begründenden Umstände eintreten, sind diese ebenfalls zu Gunsten der Bejahung der Zulässigkeit des Rechtswegs zu berücksichtigen, es gelten aber die jeweiligen prozessualen Vorschriften über die Zulässigkeit neuen tatsächlichen Vorbringens und der Berücksichtigung von Rechtsänderungen (so Kissel/Mayer, GVG, 4. Aufl., § 17 Rdnrn. 8, 9, 10).

Hieran gemessen kann auf sich beruhen, ob die verschiedenen Klageerweiterungen die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs begründende Umstände tatsächlicher oder rechtlicher Art enthalten, weil bereits die ursprüngliche Teilklage vom 24. Oktober 2006 den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet.

Die Klägerin stützt sich hinsichtlich ihres Rückzahlungsanspruches für das Jahr 2002 maßgeblich auf die Finanzierungsregelung in § 5 des Vertrages vom 16. Dezember 1997, der in Abs. 8 Satz 3 eine Verrechnung von Überzahlungen seitens der Stadt mit den Abschlagszahlungen der Folgemonate vorsah. Da mit Kündigung des Vertrages im Jahre 2005 diese Verrechnungsmöglichkeit nicht mehr bestand, macht sie sich die Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 11.02.1999, BGHZ 140, 365 [374, 375]) zu eigen, der von einem vertraglichen Anspruch auf Auszahlung des Überschusses ausgeht. Der Charakter der Voraus- und Abschlagszahlungen als vorläufige Zahlungen bedinge die Verpflichtung des Auftragnehmers, Auskunft darüber zu erteilen, ob und inwieweit eine endgültige Vergütung den geleisteten Zahlungen gegenüberstehe; diese Verpflichtung folge aus der Abrede über die vorläufigen Zahlungen und bestehe unabhängig davon, ob sie im Vertrag ausdrücklich geregelt sei. Wenn die Summe der Voraus- und Abschlagszahlungen die dem Auftragnehmer zustehende Gesamtvergütung übersteige, sei dieser aufgrund der stillschweigend getroffenen Abrede zur Zahlung in Höhe des Überschusses an den Auftraggeber verpflichtet (BGH, a. a. O.).

Daneben stützt die Klägerin ihr Klagebegehren auf einen (öffentlich-rechtlichen) Erstattungsanspruch, d. h. sie macht in der Sache quasi einen Bereicherungsanspruch geltend, falls die vertragliche Anspruchsgrundlage nicht durchgreifen bzw. falls der Vertrag mangels Dienstsiegels gem. § 70 Abs. 1 Satz 2 GO LSA nicht rechtsverbindlich gewesen sein sollte. Vertragliche wie erstattungs- bzw. bereicherungsrechtliche Anspruchsgrundlage hängen hinsichtlich ihrer Zuordnung zum öffentlichen Recht oder Zivilrecht davon ab, ob der Vertrag vom 16. Dezember 1997 oder zumindest die streitgegenständliche Finanzierungsregelung in § 5 (falls es sich um einen gemischten Vertrag handeln sollte und die Finanzierungsregelung den Vertrag maßgeblich prägt) öffentlich-rechtlicher oder privat rechtlicher Natur ist. Denn der Rechtsweg des Erstattungs- bzw. Bereicherungsanspruches folgt dem Rechtsweg der Leistung (vgl. BGHZ 103, 255). Bei einem gemischten Vertrag, also einem Vertrag der sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Elemente enthält, kommt es bei einem synallagmatischen Verhältnis darauf an, ob die Vertragsabmachungen mit ihrem Schwerpunkt öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ausgestaltet sind und welcher Teil dem Vertrag das entscheidende Gepräge gibt, weil Leistung und Gegenleistung des Vertrages regelmäßig nur einheitlich beurteilt werden können (vgl. BVerwGE 42, 331 [333]; BVerwG, Urt. v. 01.02.1980 - IV C 40.77 - NJW 1980, 2538). Soweit eine solche gegenseitige Abhängigkeit zwischen Leistung und Gegenleistung nicht besteht, ist Raum für eine inhaltliche Aufspaltung rechtlich selbständiger, nur äußerlich in einer Urkunde zusammengefasster Rechte und Pflichten eines sog. zusammengesetzten Vertrages (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 54 Rdnr. 77 m. w. N.).

Hieran gemessen ist davon auszugehen, dass die Finanzierungsregelung in § 5 des Vertrages vom 16. Dezember 1997 diesen maßgeblich prägt, wofür auch das in § 4 Abs. 2 geregelte Einsichts- und Prüfungsrecht der Stadt bzw. von ihr beauftragter Prüfer in die Einnahme- und Ausgabeführung des Trägers der Kindertagesstätte (der Beklagten) sowie die Zweckbindung der Grundstücksnutzung (§ 7 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages) und die Einbindung der Klägerin in die Platz-Bedarfsermittlung der Kindertagesstätte (§ 1 Abs. 1 Satz 4 des Vertrages) spricht. Die Finanzierungsregelung in § 5 des Vertrages dient ihrerseits maßgeblich der Inanspruchnahme der Klägerin als Wohnsitzgemeinde im Rahmen des Defizitausgleiches (vgl. § 5 Abs. 3 des Vertrages). Die Vertragsparteien haben damit - unbeschadet der Frage, ob die Umsetzung vollständig oder nur teilweise erfolgt ist - jedenfalls vertraglich eine Regelung darüber getroffen, was § 17 Abs. 5 KiBeG (i. d. F. vom 17.12.1996 - GVBl. LSA, S. 416 -) und nachfolgend § 17 Abs. 7 KiBeG (vgl. Neufassung durch Gesetz v. 31.03.1999, GVBl. LSA, S. 125) gesetzlich in Bezug auf die Beteiligung der Wohnsitzgemeinde an den Betriebskosten einer durch einen freien Träger betriebenen Kindertageseinrichtung festgelegt hat. Insofern bestand sowohl im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (im Jahr 1997) wie auch im Jahr der Überzahlung (2002) eine Vorschrift des öffentlichen Rechts, die der Klägerin die Übernahme des Defizitausgleiches auferlegt hätte. Dieser Defizitausgleich konnte (freiwillig) natürlich auch ebenso gut durch eine natürliche oder juristische Person des Zivilrechtes gewährt werden - eine gesetzliche Verpflichtung zur Übernahme nicht gedeckter Betriebsausgaben bestand aber nur in Bezug auf die Klägerin als Kommune, in der die Kindertageseinrichtung ihren Sitz hat. In diesem Punkt unterscheidet sich der vorliegende Fall auch ganz entscheidend vom Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster (v. 23.05.1990 - 13 A 1342/88 - NJW 1991, 61), auf das sich das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss argumentativ stützt. Für die im Fall des Oberverwaltungsgerichts Münster streitgegenständliche Zuschussbeteiligung der Kommune an der Errichtung und am Betrieb eines Krankenhauses, Schwesternheimes und Altenheimes durch eine juristische Person des Zivilrechts gab es - abgesehen von den subventionsrechtlichen Erwägungen - lediglich einen Bezug zur allgemeinen Daseinsvorsorge als typisches Aufgabenfeld einer Gemeinde. Dass es nicht genügt, von einer öffentlichen Aufgabe auf den öffentlich-rechtlichen Charakter ihrer Ausführung zu schließen, ist rechtlich nicht zu beanstanden, erfasst die hier zu entscheidende Fallproblematik - wie oben ausgeführt - aber nur unvollständig. Nach alldem steht einer Verweisung an die ordentlichen Gerichte entgegen, dass die Klägerin einen öffentlich-rechtlichen Vertrags- oder Erstattungsanspruch gegen die Beklagte in Bezug auf eine Überzahlung im Jahr 2002 ernstlich geltend macht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.12.1992, a. a. O., NVwZ 1993, 358).

Entsprechendes gilt auch für die behaupteten Überzahlungen in den Folgejahren, soweit diese Zahlungen aufgrund des Vertrages vom 16. April 2003 / 05. Juni 2003 geleistet worden sind. Insoweit liegt eine objektive Klagehäufung vor (vgl. § 44 VwGO, § 260 ZPO). Soweit die Klägerin geltend macht, dass (überzahlte) Beträge unterschiedlicher Höhe und bezogen auf verschiedene Zeiträume aufgrund unterschiedlicher Verträge geleistet worden sind, werden damit nicht lediglich für ein und den selben Klageanspruch verschiedene Anspruchsgrundlagen genannt, sondern unterschiedliche Streitgegenstände und damit mehrere Ansprüche geltend gemacht. Bei objektiver Klagehäufung ist für jeden Anspruch die Zulässigkeit des Rechtsweges jeweils getrennt zu überprüfen und nach § 17 a Abs. 2, Abs. 3 GVG zu entscheiden (so Kissel u. a., a. a. O., § 17 Rdnr. 49). Der Vertrag vom 16. April 2003 / 05. Juni 2003 rechtfertigt in Bezug auf seinen öffentlich-rechtlichen Charakter keine andere rechtliche Bewertung als der Vertrag vom 16. Dezember 1997, da er im Wesentlichen gleich lautende oder vergleichbare Regelungen trifft und die Finanzierungsregelungen (jetzt § 6 des Vertrages), insbesondere der Defizitausgleich (jetzt § 6 Abs. 4 des Vertrages), auch hier dem Vertrag das maßgebliche Gepräge geben. Die gesetzliche Regelung öffentlichen Rechts zur Übernahme des Defizitausgleichs durch die Wohnsitzgemeinde ergibt sich seit 08. März 2003 aus § 11 Abs. 4, § 3 Abs. 3 KiFöG (v. 05.03.2003, GVBl. LSA, S. 48, zuletzt geändert durch Gesetz v. 12.11.2004, GVBl. LSA, S. 774), wobei § 11 Abs. 4 Satz 3 KiFöG den Abschluss vertraglicher Vereinbarungen über den Umfang der Kostenerstattung nunmehr ausdrücklich vorsieht. § 6 Abs. 4 des Vertrages vom 16. April 2003 / 05. Juni 2003 nimmt auf § 11 Abs. 4 KiFöG ausdrücklich Bezug.

Soweit die Klägerin die Rückzahlung von Fördermitteln der AOK in Höhe von 1.700,00 € klageweise geltend macht, geht der Senat davon aus, dass auch insoweit ein Vertrags- oder Erstattungsanspruch wegen Überzahlung auf das Betriebskostendefizit (vgl. § 6 Abs. 3 2. Spiegelstrich, Abs. 4 Satz 1 des Vertrages v. 16.04. / 05.06.2003) nicht offenkundig ausscheidet (vgl. BVerwG, a. a. O., NVwZ 1993, 353), da der Fördermittelbescheid vom 12. Dezember 2005 datiert (vgl. Bl. 234 d. GA) und der Vertrag vom 16. April / 05. Juni 2003 - unbeschadet der Frage seiner Rechtsverbindlichkeit - mit Schreiben der Klägerin vom 18. Dezember 2003 zum 31. Dezember 2005 gekündigt wurde (vgl. Bl. 117 d. GA).

In Bezug auf die von der Beklagten am 22. Dezember 2006 erhobene Widerklage ist eine getrennte und selbständige Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs notwendig. §§ 33 ZPO, 89 VwGO regeln lediglich den Gerichtsstand und begründen für die örtliche Zuständigkeit einen Gerichtsstand kraft Sachzusammenhangs, berühren aber im Übrigen die Zulässigkeit der Widerklage nicht (so Kissel u. a., a. a. O., § 17 Rdnr. 50; ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 89 Rdnr. 3). Auch für den Widerklageanspruch ist der Verwaltungsrechtsweg gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegeben. Die Beklagte stützt ihren Anspruch auf die Refinanzierungsvereinbarung vom 19. August 2002, die wegen ihrer engen Verknüpfung mit dem zwischen den Verfahrensbeteiligten abgeschlossen Vertrag über die Betriebsführung der Kindertagesstätte ebenfalls als ein auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts begründetes Rechtsverhältnis einzustufen ist.

Die Refinanzierungsvereinbarung beruht auf der Übernahme noch offener Finanzierungsanteile durch die Beklagte im Rahmen der Gesamtfinanzierung für den Ersatzneubau der Kindertagesstätte in der Feldstraße in A.. In diesem Ersatzneubau hat die Beklagte gemäß Vertrag vom 16. April 2003 / 05. Juni 2003 ihre Kindertagesstätte betrieben und der Klägerin für die Dauer des Betriebsführungsvertrages, längstens bis zum 31. Dezember 2024 mit der Finanzierungsbeteiligung und Refinanzierungsvereinbarung quasi einen zinslosen Kredit eingeräumt (vgl. Tilgungsplan, Bl. 116 d. GA). Refinanzierungsvereinbarung und Betriebsführungsvertrag stehen in einem untrennbaren Zusammenhang zueinander, was auch in der sofortigen Fälligstellung des noch nicht refinanzierten Restbetrages zum Ausdruck kommt, wenn der Vertrag über die Betriebsführung der Kindertagesstätte vor dem 31. Dezember 2024 beendet wird (vgl. Ziff. 3 d. Refinanzierungsvereinbarung v. 19.08.2002, Bl. 115 d. GA). Diese Enge des Zusammenhangs ist es, die verlangt, dass beide Verträge nach übereinstimmenden Regeln beurteilt werden und deshalb, wenn der eine Vertrag den Regeln des öffentlichen Rechts untersteht, auch der andere diesen Regeln unterstehen muss. Es erscheint nicht sachgerecht, wenn derart eng miteinander zusammenhängende und in ihren Auswirkungen zum Teil voneinander abhängige Vertragsvereinbarungen, im Streitfall getrennt und ihre Beurteilung auf verschiedene Rechtswege verteilt würden (vgl. BVerwGE 42, 331 [333, 334]).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.

Gründe für die Zulassung der weiteren Beschwerde (§ 17 a Abs. 4 Satz 4, 5 GVG) liegen nicht vor.

Den Antrag der Klägerin auf Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren versteht der Senat im Hinblick auf die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens als statthaften Antrag auf Festsetzung des Wertes des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit gem. § 33 Abs. 1 RVG. Die Wertfestsetzung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 39 Abs. 1, 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 1, 47, 52 Abs. 3 GKG. Da es sich bei der Rechtswegbeschwerde um einen Zwischenstreit handelt, ist der Gegenstandswert mit einem Fünftel des Hauptsachewertes (gerundet) angemessen bewertet (vgl. Bayr.VGH, Beschl. v. 09.07.2001 - 1 C 01.970 - juris; BGH, Beschl. v. 19.12.1996 - III ZB 105/96 - NJW 1998, 909).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG.

Ende der Entscheidung

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