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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 26.03.2009
Aktenzeichen: 3 O 422/08
Rechtsgebiete: RGebStV, VwGO


Vorschriften:

RGebStV § 1 Abs. 2
RGebStV § 1 Abs. 3
RGebStV § 2 Abs. 2
VwGO §§ 68 ff
Es besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf Erlass eines Widerspruchsbescheides bei einer gebundenen Entscheidung.
Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der beabsichtigten Rechtsverfolgung kann bei der im vorliegenden Verfahren allein gebotenen überschlägigen Prüfung der Sach- und Rechtslage keine hinreichende Erfolgsaussicht beigemessen werden (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO).

Der Kläger hat am 16. November 2007 Untätigkeitsklage erhoben mit dem Antrag, den Beklagten zur Bescheidung seines Widerspruches vom 17. Mai 2007 zu verurteilen. Der Widerspruch vom 17. Mai 2007 richtet sich gegen den Gebührenbescheid des Beklagten vom 4. Mai 2007, durch den gegen den Kläger für den Zeitraum Januar 2000 bis März 2007 rückständige Rundfunkgebühren in Höhe von insgesamt 1.405,66 € festgesetzt wurden. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, selbst kein Rundfunkteilnehmer im Sinne der Gebührenpflicht zu sein, die in der Familie vorgehaltenen zwei Fernsehgeräte gehörten seinen Eltern und der (mittlerweile verstorbenen) Großmutter und für beide Geräte seien Gebührenzahlungen erfolgt.

Das Verwaltungsgericht hat eine Erfolgsaussicht der Klage im Wesentlichen deshalb verneint, weil es dem Kläger an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehle. §§ 68 ff. VwGO regelten nur prozessuale Obliegenheiten und räumten dem Kläger nicht den für eine Klage erforderlichen materiellen Rechtsanspruch auf Erlass eines sachlichen Widerspruchsbescheides ein.

Diese Rechtsauffassung ist bei einer gebundenen Entscheidung - wie hier - rechtlich nicht zu beanstanden. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits mit Beschluss vom 28. April 1997 (- 6 B 6/97 - juris, Rdnr. 28) unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung entschieden, dass in Fällen, in denen die Widerspruchsbehörde nur (noch) eine gebundene Rechtsentscheidung zu treffen hätte, der ein Ermessens-, Beurteilungs- oder Bewertungsspielraum nicht innewohne, ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Erlass eines Widerspruchsbescheides zu verneinen sei, so dass ein Verwaltungsgerichtsverfahren - mangels Rechtsschutzbedürfnisses hierfür - nicht gem. § 75 Satz 3 VwGO auszusetzen sei (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 7.10.1980 - 6 C 39/80 - BVerwGE 61, 45). Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat dieser Rechtsauffassung mit Beschluss vom 12. September 2000 (- 22 A 5440/99 - FEVS 52, 158) ohne Einschränkung zugestimmt. Auch der Bayrische Verwaltungsgerichtshof ging in seinem Urteil vom 22. Oktober 1975 (- 181 IV 74 - BayVBl. 1976, 241) davon aus, dass jedenfalls aus §§ 68 Abs. 1 Satz 1, 73 Abs. 1 VwGO kein klagbarer Anspruch auf Verurteilung zum Erlass eines sachlichen Widerspruchsbescheides besteht. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg teilte diese Rechtsauffassung im Urteil vom 10. November 1993 (- 3 S 1120/92 - NVwZ 1995, 280) und sah im konkreten Fall eines Nachbarwiderspruches gegen eine Baugenehmigung den Anspruch auf Erlass eines Widerspruchsbescheides allein im materiellen Recht aus § 59 Abs. 1 Satz 1 LBO auf Erteilung einer bestandskräftigen Baugenehmigung begründet.

Der Senat sieht - zumal im summarischen Verfahren der Prozesskostenhilfe - keine Veranlassung, von der vorgenannten obergerichtlichen Rechtsprechung und insbesondere von der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abzuweichen. Bei einer gebundenen Entscheidung hat die Widerspruchsbehörde keine weitergehenden Befugnisse bei der Überprüfung des Bescheides der Ausgangsbehörde als das Verwaltungsgericht, da Ermessensgesichtspunkte und andere Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte keine Rolle spielen können (vgl. BVerwGE 61, 45; OVG NRW, Beschl. v. 12.09.2000, a. a. O.). Es ist dem Betroffenen daher - auch aus Gründen der Verfahrensökonomie zumutbar - (auch ohne Widerspruchsbescheid) die Anfechtung des Ausgangsbescheides zu betreiben bzw. direkt auf Verpflichtung des begehrten Verwaltungsaktes zu klagen.

Hieran gemessen hat der Kläger aller Voraussicht nach kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf Erlass eines Widerspruchsbescheides. Strittig ist im Zusammenhang mit dem Ausgangsbescheid des Beklagten vom 4. Mai 2007 die Gebührenpflicht des Klägers bzw. seine Eigenschaft als Rundfunkteilnehmer. Ist der Kläger Rundfunkteilnehmer i. S. des § 1 Abs. 2, Abs. 3 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages (RGebStV) ist er nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 RGebStV auch gebührenpflichtig. Es handelt sich insoweit um eine gebundene Entscheidung, bei der der Beklagte keinen Ermessensspielraum hat und nicht nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten entscheiden darf.

Im Übrigen ist das Prozesskostenhilfegesuch bislang nicht bewilligungsreif. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt gem. § 166 VwGO i. V. m. § 117 Abs. 2 und 4 ZPO voraus, dass eine Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen unter Verwendung des dafür vorgesehenen Formulars vorgelegt wird, damit - neben den erforderlichen Erfolgsaussichten - im Einzelfall zugleich die Zumutbarkeit des Einkommens- und Vermögenseinsatzes zur Prozessführung überprüft werden kann. Das erforderliche Formular betreffend die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers hat dieser jedoch - entgegen der Ankündigung seines Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 15. November 2007 - bislang nicht zur Akte gereicht. Die Verwendung des in Rede stehenden Vordruckes ist indes gesetzlich zwingend vorgeschrieben (§ 117 Abs. 4 ZPO i. V. m. der Prozesskostenhilfevordruckverordnung v. 17.10.1994 [BGBl. I, S. 3001]), so dass der Senat nicht befugt ist, sich über den Mangel des Fehlens einer dahingehenden Erklärung hinwegzusetzen (so OVG LSA, Beschl. v. 16.09.2005 - 3 O 289/05 - m. w. N.). Kommt der Rechtsschutzsuchende - wie hier - den in Rede stehenden Erfordernissen nicht bzw. nicht in der gebotenen Weise nach, kann daher die Bewilligung von Prozesskostenhilfe schon aus diesem Grunde nicht in Betracht gezogen werden. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, etwaige Informationen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Rechtsschutzsuchenden zu sammeln und im Bedarfsfall der Entscheidung zugrunde zu legen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Außergerichtliche Kosten werden gem. § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Ende der Entscheidung

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