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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 21.04.2009
Aktenzeichen: 4 K 189/07
Rechtsgebiete: ArbSGSiUmsV LSA, KOmGrSiURG LSA, Verf LSA, SGB II


Vorschriften:

ArbSGSiUmsV LSA § 1 Abs. 1 Satz 2
KOmGrSiURG LSA § 1
KOmGrSiURG LSA § 2
Verf LSA § 79
SGB II § 22 Abs. 1
SGB II § 46
SGB II § 46 Abs. 2
SGB II § 46 Abs. 9
§ 1 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 5. Dezember 2005, wonach der in § 1 des Gesetzes zur Regelung der finanziellen Unterstützung der Kommunen im Rahmen der Grundsicherung vom 7. Dezember 2004 genannte Betrag proportional nach dem Anteil des jeweiligen kommunalen Trägers an der Summe der Aufwendungen aller Träger an den Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II verteilt wird, ist formell und materiell rechtmäßig und hält sich insbesondere im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage.
Tatbestand:

Zum 1. Januar 2005 fasste das Vierte Gesetz für moderne Leistungen am Arbeitsmarkt Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - zusammen. Für einzelne Leistungen innerhalb dieser Grundsicherung, insbesondere für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 SGB II), sind grundsätzlich die Landkreise und kreisfreien Städten gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II (Kosten)Träger. Der Bund beteiligt sich gemäß § 46 Abs. 2 SGB II zweckgebunden an den Leistungen für Unterkunft und Heizung, weiterhin erhalten die fünf neuen Bundesländer ab 2005 gemäß § 11 Abs. 3a des Finanzausgleichsgesetzes - FAG - Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen.

Nach § 1 des Gesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zur Regelung der finanziellen Unterstützung der Kommunen im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 17. Dezember 2004 (GVBl. LSA 2004, S. 834 f.), abgeändert durch das Haushaltsbegleitgesetz 2007 vom 17. Januar 2007 (GVBl. LSA 2007, S. 12), erhalten die Landkreise und kreisfreien Städte (kommunale Träger) zur Milderung der aus der Übertragung von neuen Aufgaben nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II erwachsenden Lasten in den Jahren 2005 bis einschließlich 2009 jährlich einen festen Betrag. Dieser Betrag setzt sich aus Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen sowie aus Einsparungen des Landes infolge der zum 1. Januar 2005 erfolgten Wohngeldreform zusammen. Gemäß § 2 des Gesetzes werden die Maßstäbe für eine an der tatsächlichen finanziellen Belastung orientierte Verteilung der in § 1 genannten Mittel auf die kommunalen Träger durch Rechtsverordnung bestimmt. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 5. Dezember 2005 (GVBl. 2005, S. 719) - ArbSGSiUmsV LSA - entspricht dabei der Anteil des Erstattungsbetrages für den einzelnen kommunalen Träger seinem Anteil an der Summe der Aufwendungen aller kommunalen Träger an den in § 22 Abs. 1 SGB II genannten Aufwendungen. Die Verordnung trat am 1. Januar 2005 in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 2009.

Der Landkreis W. hat am 29. Juni 2007 gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 ArbSGSiUmsV LSA einen Normenkontrollantrag gestellt. Im Zuge der Gebietsreform wurde der Landkreis u.a. mit den Landkreisen A-Stadt und Q-Stadt am 1. Juli 2007 zum Antragsteller vereinigt.

Mit dem Normenkontrollantrag macht der Antragsteller geltend, § 1 Abs. 1 Satz 2 ArbSGSiUmsV LSA verstoße gegen die Verordnungsermächtigung, weil er nicht die tatsächliche finanzielle Belastung der Landkreise und kreisfreien Städte berücksichtige. Der Verordnungsgeber habe vielmehr eine proportionale Verteilung als Maßstab definiert. Die vom Landesgesetzgeber und vom Verordnungsgeber jeweils geregelten Verteilungsparameter fielen bereits begrifflich weit auseinander und hätten zudem auch eine völlig unterschiedliche wirtschaftliche Bedeutung. Der Begriff der tatsächlichen finanziellen Belastung beinhalte, dass be- und entlastende Effekte infolge der SGB II-Gesetzgebung, die über die Aufwendungen für die in § 22 SGB II genannten Leistungen hinaus gingen, bei der Aufteilung der Ausgleichsleistungen zu berücksichtigen seien. Bedeutsam seien hierbei insbesondere Entlastungswirkungen, die sich durch den Fortfall der Sozialhilfe für erwerbstätige Personen ergäben, aber auch belastende Wirkungen infolge des Fortfalls des Wohngeldes für Transferleistungsempfänger.

Bei der Anpassung des Bundesanteils an den Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 46 SGB II a.F. habe die Größe der kommunalen Vorbelastungen grundsätzlich Berücksichtigung gefunden. Zwar sei den Ausführungen des Antragsgegners, wonach eine fiktive Fortschreibung der Sozialhilfevorbelastungen der einzelnen Kommunen außerordentlich problematisch sei, grundsätzlich zuzustimmen. Allerdings hätten diese Bedenken dann auch bei der Ermittlung der Bundesbeteiligung nach § 46 SGB II a.F. greifen müssen, welcher der Antragsgegner aber im Bundesrat zugestimmt habe. Mit der Formulierung "tatsächliche finanzielle Belastungen" im Gesetz habe sich der Landesgesetzgeber erkennbar an den Formulierungen und Wertungen des Bundesgesetzgebers orientiert. Angesichts der erheblichen Bedeutung der finanziellen Ausgleichsregelung für den einzelnen kommunalen Träger erscheine es auch kaum vorstellbar, dass der Landesgesetzgeber dem Verordnungsgeber mit der gewählten Formulierung den vom Antragsgegner behaupteten weiten Gestaltungsspielraum habe einräumen wollen. Sollte ein entsprechender gesetzgeberischer Wille tatsächlich belegt werden, dürften dann die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Grundsätze zur Bestimmtheit einer Verordnungsermächtigung nicht mehr gewahrt sein. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber offensichtlich Umverteilungswirkungen zwischen "armen" und "reichen" Trägern beabsichtigt habe, so dass die kommunale Finanzhoheit und damit auch der Pflichtenkreis des Landesgesetzgebers nach Art. 88 Verf LSA berührt sei. An die Bestimmtheit einer Verordnungsermächtigung, die dem Verordnungsgeber entsprechende Umverteilungen erlaube, seien deshalb besonders hohe Anforderungen zu stellen.

Rechtlich verfehlt sei der Hinweis des Antragsgegners auf Rechtsprechung zum weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs. Die Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs sei auf Grund des Art. 88 Abs. 2 Verf LSA nur durch eine gesetzliche Regelung möglich. Der Verordnungsgeber könne deshalb nicht die erheblich weitergehenden Gestaltungsspielräume des formellen Landesgesetzgebers für sich reklamieren. Dies gelte insbesondere für die vom Verordnungsgeber intendierten Umverteilungswirkungen zugunsten "armer" Kommunen.

Unerheblich sei der Vortrag des Antragsgegners, der Maßstab der proportionalen Verteilung sei seit Anfang 2005 im Einvernehmen aller Beteiligten praktiziert worden. Darüber hinaus habe der Landkreistag bereits in einer Stellungnahme vom 13. Oktober 2004 gegenüber dem Innenministerium darauf hingewiesen, dass das vom Wirtschaftsministerium vorgeschlagene proportionale Verteilungsverfahren die Gefahr einer Verteilungsungerechtigkeit in sich berge. Die Behauptung des Antragsgegners sei deshalb unzutreffend. Seit Anfang 2006 habe es auf Grund der damals erkennbar gewordenen erheblichen Umverteilungswirkungen, die deutlich und belegbar gewesen seien, zahlreiche Versuche des Landkreistages gegenüber dem Antragsgegner gegeben, eine Novellierung der Verordnung zu erreichen. Er - der Antragsteller - werde durch den in der Verordnung festgeschriebenen Verteilungsschlüssel finanziell erheblich belastet. Für das Haushaltsjahr 2007 sei eine Belastung für ihn in Höhe von ca. 329.000,- € errechnet worden und nach einer einmaligen Entlastung für das Haushaltsjahr 2008 in Höhe von ca. 302.000,- € werde für das Haushaltsjahr 2009 bereits wieder mit einer Belastung in Höhe von ca. 292.000,- € gerechnet.

Das in der Verordnung vorgesehene Verfahren verstoße schließlich auch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Denn die unterschiedlich starke Entlastung der kommunalen Haushalte aus dem Wegfall der Sozialhilfe finde in der Verordnung keine Berücksichtigung. So habe bei dem Altkreis W. die Entlastung durch den Wegfall der Sozialhilfe nur 4.528.395,- € betragen, im Landkreis S. hingegen 13.935.591,- €.

Der Antragsteller beantragt, § 1 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 5. Dezember 2005 für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor, der Inhalt der Verordnung halte sich innerhalb der durch Art. 79 Verf LSA aufgestellten Vorgaben. Es seien im Gesetz keine konkreten Maßstäbe für eine Verteilung der Mittel festgelegt worden. Auch habe der Gesetzgeber keinerlei Vorgaben dazu gemacht, dass fiktive Berechnungsgrößen in Anlehnung an die Anlage zu § 46 Abs. 9 SGB II a.F. einzubeziehen seien. Mit dem Abstellen auf die rechnerisch nachweisbare Kostenbelastung der kommunalen Träger sei ein nachvollziehbarer und in der Praxis handhabbarer Verteilungsschlüssel gewählt worden. Dem vom Antragsteller zusätzlich geforderten fiktiven Ansatz fehle die Datengrundlage, da eine exakte Bezifferung nicht möglich sei. Dies habe sich im Rahmen des Versuchs erwiesen, die finanziellen Auswirkungen für die kommunalen Träger durch die Umsetzung des SGB II abzuschätzen und sich dabei an der Anlage zu § 46 Abs. 9 SGB II a.F. zu orientieren. Eine exakte Bezifferung anhand der Anlage habe sich nicht umsetzen lassen. Dies hätten auch die Erfahrungen auf Bundesebene gezeigt, bei denen Be- und Entlastungen für die Kommunen ermittelt werden sollten. Außerdem gebe es noch keine belastbaren Zahlen zu den Auswirkungen der neuen Kreisgebietsreform auf die zu berücksichtigenden Kosten. Im Übrigen werde der Maßstab der proportionalen Verteilung seit Anfang 2005 im Einvernehmen aller Beteiligten, also der Vertreter der Landkreise und kreisfreien Städte wie der beiden Kommunalen Spitzenverbände praktiziert. Konkrete Änderungsvorschläge zu dem Verteilungsschlüssel seien nicht geäußert worden.

Dass es rechtmäßig sei, ausschließlich verlässliche und berechenbare Größen in den Verteilungsmaßstab einzubeziehen, werde durch die Rechtsprechung zum kommunalen Finanzausgleich bestätigt. Der Gesetzgeber habe bei der Festlegung der allgemeinen Finanzausstattung der Kommunen einen weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum. Auch sei zu berücksichtigen, dass die zu verteilende Summe in ihrer Höhe feststehe. Ein etwaiger höherer Ausgleich für einzelne Träger ziehe zwangsweise eine Reduzierung der finanziellen Mittel für andere Träger nach sich.

Die Rechtmäßigkeit des gewählten Verteilungsmaßstabes werde auch durch einen Vergleich mit den entsprechenden Regelungen in anderen Bundesländern (z.B. § 4b AGSGB BW; § 4 Abs. 1 und 2 AG SGB II Rh-Pf; § 5 NiedersAG SGB II) bestätigt.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sei schon deshalb nicht gegeben, weil keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vorliege. Eine Ungleichbehandlung sei durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Das verwendete Kriterium sei weder sachfremd noch unangemessen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Der zulässige Normenkontrollantrag ist unbegründet.

§ 1 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 5. Dezember 2005 - ArbSGSiUmsV LSA - ist nicht ungültig i.S.d. § 47 Abs. 5 Satz 2 HS 1 VwGO.

1. Gegenüber der formellen Rechtmäßigkeit der Verordnung sind Bedenken weder geltend gemacht noch ersichtlich.

2. § 1 Abs. 1 Satz 2 ArbSGSiUmsV LSA, wonach der in § 1 des Gesetzes zur Regelung der finanziellen Unterstützung der Kommunen im Rahmen der Grundsicherung vom 7. Dezember 2004 - KOmGrSiURG LSA - genannte Betrag proportional nach dem Anteil des jeweiligen kommunalen Trägers an der Summe der Aufwendungen aller Träger an den Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II verteilt wird, ist auch materiell rechtmäßig.

a) Die Vorschrift hält sich im Rahmen des als Ermächtigungsgrundlage dienenden § 2 KOmGrSiURG LSA. Danach bestimmt der für Wirtschaft und Arbeit im Einvernehmen mit dem des Innern und dem der Finanzen durch Rechtsverordnung die Maßstäbe für eine an der tatsächlichen finanziellen Belastung orientierte Verteilung der in § 1 KOmGrSiURG LSA genannten Mittel auf die kommunalen Träger.

Nach Art. 79 Abs. 1 Satz 1 Verf LSA kann die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen nur durch Gesetz erteilt werden. Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung müssen nach Art. 79 Abs. 1 Satz 2 Verf LSA im Gesetz bestimmt werden. Maßgebend ist der in der Ermächtigung zum Ausdruck kommende objektive Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Ermächtigungsnorm, dem Sinnzusammenhang, in den die Ermächtigung gestellt ist, und dem Ziel, das die gesetzliche Regelung insgesamt verfolgt - ggfs. i.V.m. der Entstehungsgeschichte -, ergibt (vgl. dazu im Einzelnen OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 17. April 2003 - 2 K 258/01 -, m. w. N.).

Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers folgt aus § 2 KOmGrSiURG LSA nicht, dass bei der Aufstellung der Maßstäbe für die Verteilung der Finanzmittel sämtliche be- und entlastenden Wirkungen des Vierten Gesetze für moderne Leistungen am Arbeitsmarkt auf die kommunalen Träger, insbesondere der Wegfall der Zuständigkeit für Sozialhilfeleistungen, zu berücksichtigen waren.

Schon der Wortlaut der Regelung, der auf die "tatsächliche finanzielle Belastung" abstellt, spricht dafür, dass lediglich sichergestellt werden sollte, dass eine Verteilung der gemäß § 1 KOmGrSiURG LSA feststehenden Summe nicht nach pauschalen Kriterien erfolgt, wie z.B. der Zahl der Empfänger von Grundsicherungsleistungen bzw. der Zahl der nach dem SGB II bestehenden Bedarfsgemeinschaften, oder sogar nach Kriterien, die mit den zusätzlichen Belastungen durch die Leistungen zur Grundsicherung unmittelbar nicht zu tun haben, wie z.B. der Zahl der Einwohner oder der Höhe der Schuldenbelastung. Vielmehr sollte ein Maßstab gewählt werden, der sich an den konkreten Aufwendungen der kommunalen Träger orientiert. Zwar ist nach dem Wortsinn auch eine Auslegung nicht ganz ausgeschlossen, wonach gerade der Begriff "tatsächlich" deutlich machen sollte, dass auch sonstige Belastungen oder Entlastungen der kommunalen Träger, z.B. durch den Wegfall von Leistungszuständigkeiten, bei der finanziellen Belastung berücksichtigt werden sollen. Dieser Auslegung steht aber schon entgegen, dass § 1 Satz 1 und 2 KOmGrSiURG LSA ausdrücklich die Milderung der aus der Übertragung von neuen Aufgaben im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erwachsenden Lasten als Zweck des Gesetzes nennen. Damit wird zum einen speziell auf die Übertragung von neuen Aufgaben abgestellt und nicht auf sämtliche Wirkungen des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen. Zum anderen wird nur die Milderung von - aus der Übertragung neuer Aufgaben resultierender - Lasten und nicht der (vollständige) Ausgleich der Belastung als Zweckbestimmung genannt. Hätten im Rahmen einer Verteilungsregelung auch die entlastenden Wirkungen oder sonstige Belastungen des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen eine Rolle spielen sollen, hätte dies daher im Wortlaut des Gesetzes zur Regelung der finanziellen Unterstützung der Kommunen im Rahmen der Grundsicherung einen Niederschlag finden müssen. Weder in § 2 KOmGrSiURG LSA noch in den anderen Normen des Gesetzes werden jedoch die übrigen Wirkungen des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen auf die kommunalen Träger auch nur angesprochen. Dementsprechend wäre auch völlig offen, welche Entlastungen und sonstigen Belastungen genau berücksichtigt werden sollten. Gerade in der bundesrechtlichen Regelung des § 46 SGB II i.d.F. des Gesetzes vom 30. Juli 2004 - SGB II 2004 - zur Berechnung des Bundeszuschusses an den Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II, auf die auch der Antragsteller Bezug nimmt, wurde mittels Verweises in Absatz 9 auf eine Anlage die Berücksichtigung der sich aus durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ergebenden Entlastungen der Kommunen in den gesetzgeberischen Willen aufgenommen und in der Anlage genaue Vorgaben zu dem Umfang dieser Berücksichtigung getroffen. Mit der Formulierung in der Ermächtigungsgrundlage des § 2 KOmGrSiURG LSA hat der Landesgesetzgeber sich also nicht - wie der Antragsteller aber meint - "erkennbar an den Formulierungen und Wertungen der Bundesgesetzgebung orientiert". Im Übrigen ist auch in den neuen Bundesländern, die Entlastungen der kommunalen Träger durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt berücksichtigen wollen, in den jeweiligen Gesetzen eine entsprechende Regelung aufgenommen worden (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AG-SGB II Mecklenburg-Vorpommern v. 28. Oktober 2004; § 18 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 SächsAGSGB v. 6. Juni 2002; § 23 Abs. 3 Satz 2 ThürFAG v. 20. Dezember 2007).

Auch eine teleologische Auslegung der streitbefangenen Formulierung in der Ermächtigungsgrundlage, mit der Vorgaben für die Bestimmung von Maßstäben zur Verteilung der Mittel aufgestellt werden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn es ist unstreitig, dass insbesondere die Berücksichtigung der entlastenden Wirkungen der Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe durch den Wegfall von Leistungszuständigkeiten eine Ermittlung von fiktiven Kostenfaktoren erfordert und deshalb - wie der Antragsteller selbst einräumt - große praktische Probleme aufwirft. Der Landkreis W. hatte selbst ein Protokoll einer Besprechung aus August 2005 im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit zur Revision des § 46 SGB II 2004 vorgelegt. Danach habe auf Arbeitsebene Einigkeit darüber bestanden, dass die Anlage zu § 46 SGB II 2004 geändert werden sollte, weil sich die fiktiven Berechnungen zu den Einsparungen der kommunalen Träger bei den Sozialhilfeaufwendungen ab 2006 schwieriger bzw. unmöglich gestalteten. Diese Schwierigkeiten bei der Berechnung des Bundesanteils nach § 46 SGB II 2004 führten auch zu einer Änderung dieser Regelung.

Die Gesetzgebungshistorie spricht schließlich ebenfalls gegen die Auffassung des Antragstellers. In dem Gesetzentwurf der Landesregierung vom 8. September 2004 war § 2 KOmGrSiURG LSA noch wie folgt gefasst: "Der für Wirtschaft und Arbeit bestimmt im Einvernehmen mit dem des Innern und dem der Finanzen durch Rechtsverordnung die Maßstäbe für die Verteilung der in § 1 genannten Mittel auf die kommunalen Träger." Die vorliegende Gesetzesfassung entsprach dann einer Empfehlung des Finanzausschusses vom 7. Dezember 2004. Ausweislich der mündlichen Ausführungen der Berichterstatterin des Ausschusses im Rahmen der danach erfolgten Plenarberatung habe es sich dabei um eine Präzisierung der Verordnungsermächtigung gehandelt. In einem Protokoll über die erste Sitzung der zeitweiligen Arbeitsgemeinschaft "Hartz IV" am 11. Oktober 2004, an dem u.a. Vertreter der Landkreise, des Landkreistages und Vertreter des federführenden Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit teilnahmen, heißt es aber zu den Belastungen für die kommunalen Träger durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt: "Hinsichtlich der Binnenverteilung der vom Bund und vom Land bereitgestellten Mittel findet der Vorschlag des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit Zustimmung, die Verteilung der Bundes- und Landesmittel auf der Grundlage der tatsächlich nachgewiesenen Kosten vorzunehmen. Pauschalierungen, insbesondere auch unter Einbeziehung der SGB XII-Leistungen, wie es der Vorschlag des Ministeriums der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt vorsieht, werden demgegenüber abgelehnt." Dem lässt sich entnehmen, dass mit der streitbefangenen Formulierung in § 2 KOmGrSiURG LSA nicht die Berücksichtigung von sonstigen Belastungen oder Entlastungen verfolgt, sondern allein die Verwendung von pauschalen Kriterien bzw. nicht unmittelbar an der Kostenbelastung durch die Aufgabenübertragung nach dem SGB II orientierten Kriterien verhindert werden sollte.

Unschädlich ist es danach, dass sich § 1 Abs. 1 Satz 2 ArbSGSiUmsV LSA nur an den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II orientiert, obwohl § 1 KOmGrSiURG LSA auf sämtliche nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II übertragene Aufgaben abstellt. Nicht nur handelt es sich bei den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung um den weitaus größten Ausgabenteil bei den Leistungen der kommunalen Träger nach dem SGB II, sondern die Anteile hinsichtlich der restlichen Aufwendungen im Verhältnis der einzelnen Träger dürften sich von den Anteilen für die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auch nicht übermäßig unterscheiden. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn sich der Verordnungsgeber aus Praktikabilitätsgründen nur auf den weitaus größten Ausgabenblock beschränkt hat.

b) Sonstige Verstöße des § 1 Abs. 1 Satz 2 ArbSGSiUmsV LSA gegen höherrangiges Recht liegen nicht vor. Soweit der Antragsteller auf eine gegen Art. 3 GG verstoßende Ungleichbehandlung durch § 1 Abs. 1 Satz 2 ArbSGSiUmsV LSA verweist, handelt es sich um eine in der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage selbst angelegte Ungleichbehandlung. Wenn auf die Belastung der kommunalen Träger durch die tatsächlich gezahlten Leistungen für Unterkunft und Heizung abzustellen ist, ist es unausweislich, dass unterschiedliche Beträge erstattet werden.

c) Durchgreifende Zweifel, ob die Ermächtigungsgrundlage für die streitige Regelung selbst mit höherrangigem Recht vereinbar ist (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 17. April 2003, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 5. Dezember 2008 - 1 S 2256/07 -; VGH Bayern, Urt. v. 19. Dezember 2005 - 19 N 04.1774 - jeweils zit. nach JURIS), bestehen nicht.

§ 2 KOmGrSiURG LSA verstößt mit dem oben dargelegten Regelungsgehalt insbesondere nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Soweit der Antragsteller geltend macht, eine Auslegung der Vorschrift mit dem vom Antragsgegner behaupteten weiten Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers verletze den Bestimmtheitsgrundsatz, hat er keinen Erfolg. Denn einen besonders weiten Gestaltungsspielraum räumt das Gesetz gerade nicht ein. Der Verordnungsgeber ist vielmehr von vornherein darauf festgelegt, die Verteilungsmaßstäbe für die in § 1 KOmGrSiURG LSA festgelegte Summe an tatsächlichen Ausgaben der Landkreise und kreisfreien Städte im Rahmen des SGB II zu orientieren.

Ein Verstoß des § 2 KOmGrSiURG LSA gegen höherrangiges Recht im Übrigen wird schon vom Antragsteller nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO in entsprechender Anwendung i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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