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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 10.07.2007
Aktenzeichen: 4 L 121/07
Rechtsgebiete: VwGO
Vorschriften:
VwGO § 91 | |
VwGO § 161 Abs. 2 | |
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4 |
2. In einer solchen Konstellation, in der ein erstinstanzlich unterlegener Beklagter die Zulassung der Berufung verfolgt, kann er trotz Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache an seinem Klageabweisungsantrag nur dann festhalten, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Durchführung des Berufungsverfahrens hat und dieses Interesse mit dem Zulassungsantrag darlegt
3. Eine Klageänderung ist im Zulassungsverfahren selbst nicht erlaubt; sie setzt die Zulassung der Berufung voraus.
4. Für eine Umstellung von einer Anfechtungsklage gegen einen Bescheid über Abschlagszahlungen auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag besteht bei einem Obsiegen des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren kein Raum. Es kann danach offen bleiben, ob nicht auch eine solche Umstellung von vornherein im Zulassungsverfahren ausgeschlossen ist.
Gründe:
Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung ist unzulässig.
Der Beklagte hat die von ihm geltend gemachten ernstlichen Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht in ausreichender Weise (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) dargelegt.
Durch den nach Ergehen des Urteils erfolgten Erlass des (endgültigen) Gebührenbescheides für das Jahr 2006 hat sich die Anfechtungsklage gegen den streitigen Bescheid erledigt. Denn ein Bescheid, der für einen bestimmten Verbrauchszeitraum Abschlagzahlungen festsetzt, wird gegenstandslos, wenn der eigentliche Gebührenbescheid ihn hinsichtlich seines Regelungsgehaltes vollständig ablöst. Von einer solchen Ablösung ist auszugehen, wenn - wie hier - der Gebührenbescheid den Rechtsgrund für das endgültige Behaltendürfen der Abschlagszahlungen in der Höhe der festgesetzten Gebühr darstellt und infolge der freiwillig erbrachten Zahlung der Bescheid über die Abschlagsforderungen auch hinsichtlich der Zahlungsaufforderung keine eigenständige, den Gebührenschuldner weiter belastende Regelungswirkung mehr entfaltet. Insoweit ist die Rechtslage vergleichbar mit der Rechtslage im Verhältnis von (endgültigen) Gebührenbescheiden zu vorläufigen Gebührenbescheiden bzw. Vorausleistungsbescheiden (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 19. Dezember 1997 - 8 B 244/97 -, KStZ 1999, 51 ff.; OVG Thüringen, Beschl. v. 29. Juni 2001 - 4 ZEO 917/97 -, zit. nach JURIS).
In einer solchen Konstellation, in der ein erstinstanzlich unterlegener Beklagter die Zulassung der Berufung verfolgt, kann er trotz Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache an seinem Klageabweisungsantrag nur dann festhalten, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Durchführung des Berufungsverfahrens hat und dieses Interesse mit dem Zulassungsantrag darlegt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 7. Januar 1998 - 7 S 3117/97 -, NVwZ-RR 1998, 371). Insoweit besteht eine Parallele zu der Situation eines erstinstanzlich unterlegenen Klägers, der trotz Erledigung des Rechtsstreits weiterhin die Zulassung der Berufung verfolgt (vgl. dazu OVG LSA, Beschl. v. 10. April 2007 - 4 L 563/04 -, zit. nach JURIS).
Der Beklagte hat jedoch ein berechtigtes Interesse an der Durchführung des Berufungsverfahrens in der Begründungsfrist nicht dargelegt, sondern vielmehr die Erledigung des Rechtsstreites erklärt. Da der Kläger diese - prozessrechtlich unbeachtliche (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO § 161 Rdnr. 35, 37 m.w.N.) - Erklärung des Beklagten nicht zum Anlass genommen hat, den Rechtsstreit selbst für erledigt zu erklären, konnte eine Verfahrenseinstellung nicht erfolgen, sondern es musste eine Entscheidung zu dem Zulassungsantrag erfolgen. Selbst wenn man davon ausgeht, der Beklagte wolle die Berufung allein zu dem Zweck durchführen, doch noch übereinstimmende Erledigungserklärungen herbeizuführen und damit möglicherweise eine für ihn günstigere Kostenentscheidung zu erreichen, bestünde darin jedenfalls kein schutzwürdiges Rechtsschutzinteresse (vgl. auch OVG LSA, Beschl. v. 10. April 2007, a.a.O. zu einem klägerischen Zulassungsantrag).
Dass der Kläger nunmehr den (endgültigen) Gebührenbescheid im Wege der Klageänderung (§ 91 VwGO) in das Verfahren einbeziehen will (vgl. dazu Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO § 91 Rdnr. 23 m.w.N.) und hilfsweise einen Fortsetzungsfeststellungsantrag stellt, führt nicht dazu, dass der Beklagte von der Darlegung eines berechtigten Interesses befreit ist. Eine Klageänderung ist im Zulassungsverfahren selbst schon nicht erlaubt; sie setzt die Zulassung der Berufung voraus (vgl. VGH Bayern, Beschl. v. 28. März 2007 - 15 ZB 06.2212 -, zit. nach JURIS m.w.N.; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO § 91 Rdnr. 94). Für eine Umstellung auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag, die nicht als Klageänderung anzusehen ist (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO § 91 Rdnr. 31 m.w.N.), besteht auf Grund des Obsiegens des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren kein Raum. Durch das stattgebende Urteil befindet er sich prozessrechtlich bereits in der Position, die ihm ein Obsiegen bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage verschaffen würde (so auch VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 7. Januar 1998, a.a.O. S. 371). Es kann danach offen bleiben, ob nicht auch eine solche Umstellung von vornherein im Zulassungsverfahren ausgeschlossen ist (vgl. dazu OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 16. März 2005 - 1 L 597/04 -, zit. nach JURIS).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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