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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 06.03.2007
Aktenzeichen: 4 L 138/05
Rechtsgebiete: GG, GO LSA, KWG LSA


Vorschriften:

GG Art. 28 Abs. 1 S. 2
GO LSA § 37 Abs. 1 S. 1
KWG LSA § 7 Abs. 2 S. 4
Mit der in § 7 Abs. 2 Satz 4 KWG LSA vorgesehenen beschränkten Ungleichheit in der Größe der Wahlbereiche hat der Landesgesetzgeber seinen - jedenfalls nicht nur eng begrenzten - Gestaltungsspielraum bei der Konkretisierung des bundesverfassungsrechtlichen Grundsatzes der gleichen Wahl (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.08.1985 - 7 B 166.85 -, DVBl. 1986, S 240) nicht überschritten. Die in § 7 Abs. 2 Satz 4 KWG LSA für die Festlegung der Wahlbereichsgrößen normierte Toleranzgrenze mit der Bandbreite der erlaubten Abweichungen in Höhe von +/- 25 % von der durchschnittlichen Wahlbereichsgröße ist zulässigerweise so pauschaliert, dass der Wahlausschuss in aller Regel den vorgegebenen unvermeidbaren rechtlichen und praktischen Schwierigkeiten, die der Bildung gleich großer Wahlbereiche (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 3 KWG LSA) entgegenstehen, ohne besonderen administrativen Aufwand entsprechen kann.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 4 L 138/05

Datum: 06.03.2007

Gründe:

Der Kläger ist wahlberechtigter Einwohner der Landeshauptstadt A-Stadt im Wahlbereich 7. Er macht geltend, die am 13. Juni 2004 erfolgte Wahl zum Stadtrat der Landeshauptstadt A-Stadt sei ungültig.

Der Beklagte teilte am 6. November 2003 das Wahlgebiet der Landeshauptstadt A-Stadt in zehn Wahlbereiche ein. Die Einwohnerzahl des Wahlbereichs 7 unterschritt die durchschnittliche Größe der Wahlbereiche um ca. 20 %, die Einwohnerzahl des Wahlbereichs 8 überschritt die durchschnittliche Größe der Wahlbereiche um ca. 22 %. Am 13. Juni 2004 fand die Wahl zum Stadtrat der Landeshauptstadt A-Stadt statt, deren Endergebnis am 23. Juni 2004 im Amtsblatt der Landeshauptstadt bekannt gegeben wurde.

Der Kläger legte fristgemäß mit Schreiben vom 30. Juni 2004 beim Wahlleiter der Landeshauptstadt A-Stadt mit der Begründung Wahleinspruch ein, dass die Einteilung des Wahlgebietes in Wahlbezirke mit Größenabweichungen von 18,5 % bzw. 23,1 % von der Durchschnittsgröße der Wahlbereiche gegen den Grundsatz der Gleichheit der Wahl verstoße. Am 4. November 2004 beschloss der Beklagte, dass die Einwendungen gegen die Wahl nicht begründet seien und zurückgewiesen würden. Dies teilte die Landeshauptstadt A-Stadt dem Kläger mit Bescheid vom 9. November 2004 mit und führte zur Begründung unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Gemeindewahlleiters im Wesentlichen aus, dass die Einteilung des Wahlgebietes in Wahlbereiche dazu diene, die Größe der Stimmzettel zu begrenzen und ein bürgernahes Aufstellungsverfahren zu ermöglichen. Das Gesetz lasse die Bildung von Wahlbereichen mit unterschiedlicher Größe gerade zu und gebiete bei ihrer Abgrenzung die Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse. Die Prüfung, ob diese Rechtslage gegen den Verfassungsgrundsatz der Gleichheit der Wahl verstoße, könne nicht Gegenstand des Wahlprüfungsverfahrens sein.

Der Kläger hat fristgerecht Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Die Einteilung der Wahlbereiche verletze den Grundsatz der Gleichheit der Wahl und sei verfassungswidrig. Die Größe der Wahlbereiche dürfe nicht mehr als fünf bis zehn Prozent von ihrer Durchschnittsgröße abweichen, weil die Kandidaten in den jeweiligen Wahlbereichen bei der Kommunalwahl in einem Konkurrenzverhältnis stünden. Die Kandidaten in größeren Wahlbereichen hätten erheblich bessere Chancen, Stimmen zu gewinnen, als diejenigen in kleineren Wahlbereichen, weil ihnen mehr Wahlberechtigte zur Verfügung stünden.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des insoweit entgegenstehenden Bescheides vom 4. November 2004 zu verpflichten, festzustellen, dass die Einwendungen gegen die Wahlbereichseinteilung begründet sind und die den begründeten Einwendungen zugrunde liegenden Tatbestände so schwerwiegend sind, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Ergebnis zustande gekommen oder festgestellt worden wäre, und die Wahl für ungültig zu erklären.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und sich zur Begründung im Wesentlichen auf seine Wahlprüfungsentscheidung vom 9. November 2004 bezogen sowie ergänzend vorgetragen, dass er nicht der richtige Beklagte sei.

Durch Urteil vom 20. April 2005 hat das Verwaltungsgericht Magdeburg - 9. Kammer - die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte sei zur Prozessführung passiv legitimiert, weil seine Entscheidung über den von dem Kläger erhobenen Einspruch gegen die Wahl Gegenstand des Rechtsstreites sei. Der beklagte Stadtrat sei bei seiner Wahlprüfungsentscheidung nicht in seiner kommunalrechtlichen Eigenschaft als Gemeindeorgan, sondern als Wahlprüfungsorgan tätig geworden.

Die Klage sei jedoch unbegründet. Die Einteilung der Wahlbereiche verstoße nicht gegen den verfassungsrechtlichen Wahlrechtsgrundsatz der Gleichheit der Wahl des Art. 89 Verf LSA bzw. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Regelungen des § 7 KWG LSA, insbesondere die Vorschrift des § 7 Abs. 2 KWG LSA, seien unter dem Blickwinkel der Wahlrechtsgleichheit nicht zu beanstanden.

Wie viele Stimmen jeweils zur Erreichung eines Sitzes erforderlich seien, hänge nach den Bestimmungen des KWG LSA im Wahlgebiet mit mehreren Wahlbereichen nicht von der Größe des Wahlbereichs ab. Denn der Wahlausschuss stelle gem. § 40 Abs. 1 KWG LSA auch aus einem Wahlgebiet mit mehreren Wahlbereichen das Wahlergebnis im gesamten Wahlgebiet fest und teile in diesem Gebiet nach § 40 Abs. 2 KWG LSA die zu vergebenen Sitze den Parteien, Wählergruppen und Einzelbewerbern aufgrund der Gesamtstimmenzahl nach dem Verfahren gem. § 39 Abs. 2 und 3 KWG LSA zu. Demzufolge sei der Erfolgswert einer jeden Stimme im Wahlgebiet gleich, unabhängig davon, wie groß der Wahlbezirk sei, in dem sie abgegeben worden sei.

Auch die Chancengleichheit der Wahlbewerber werde durch die Bildung mehrerer Wahlbereiche nach § 7 Abs. 2 Satz 1 KWG LSA nicht verletzt. Die Chancen eines Wahlbewerbers hingen zwar einerseits von der Größe der Wahlbereiche ab, würden andererseits aber auch von anderen Gegebenheiten wie z. B. den in § 7 Abs. 2 Satz 5 KWG LSA angesprochenen örtlichen Verhältnissen, den in den Wahlbereichen womöglich unterschiedlichen Präferenzen für bestimmte Parteien, dem Ausmaß der Unterstützung des Bewerbers durch seine Partei oder Wählergruppe im Wahlbereich, der Wahlbeteiligung sowie manchen anderen Unwägbarkeiten beeinflusst. Letztere Aspekte nivellierend würde das Gebot der Chancengleichheit der Wahlbereichsbewerber jedoch noch hinreichend durch die Regelungen in § 7 Abs. 2 KWG LSA gewahrt. Innerhalb der Toleranzgrenze, welche die Sollvorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 4 KWG LSA hinsichtlich der Größenunterschiede der einzelnen Wahlbereiche festlege, bestehe die rechtliche Chancengleichheit der Bewerber vor allem darin, dass es in ihrer freien Entscheidung stehe, ob und in welchem Wahlbereich sie sich um ihre Aufstellung als Bewerber einer Partei bzw. Wählergruppe bemühen wollten.

Die von dem Beklagten am 6. November 2003 konkret getroffene Einteilung der Wahlbereiche im Gebiet der Landeshauptstadt verletze die Chancengleichheit der Wahlbewerber nicht. Sie halte die in § 7 Abs. 2 Satz 4 KWG LSA geregelte Sollvorgabe einer maximalen Abweichung von der Durchschnittsgröße aller Wahlbereiche nach oben oder unten von 25 % ein und orientiere sich an den örtlichen Verhältnissen i. S. von § 7 Abs. 4 Satz 5 KWG LSA. Der Beklagte sei bei der Einteilung bestrebt gewesen, unter Beachtung der Toleranzgrenzen des § 7 Abs. 4 Satz 4 KWG LSA seine Wahlbereiche weitgehend stadtteilscharf einzuteilen. Dies trage den Bezügen der Wahlbewerber zu ihren Stadtteilen und den Organisationsstrukturen der sich um Mandate im Rat der Landeshauptstadt bewerbenden Parteien Rechnung.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend, dass bei der streitgegenständlichen Kommunalwahl vom 13. Juni 2004 von dem Beklagten eine Wahlbereichseinteilung vorgenommen worden sei, die die Chancengleichheit der Wahlbewerber nicht gewährleiste. Die Kandidaten des Wahlbereichs 7 seien aufgrund der nur erheblich geringer zur Verfügung stehenden absolut möglichen Wählerzahl strukturell gegenüber den Kandidaten des benachbarten Wahlbereichs 8 im Nachteil. Dies belege auch das Wahlergebnis, wonach aus dem Wahlbereich 8 zehn Personen in den Stadtrat gewählt worden seien, aus dem Wahlbereich 7 dagegen lediglich drei. Die Chancengleichheit sei dann beeinträchtigt, wenn objektiv erheblich weniger Wähler überhaupt zur Verfügung stünden, um eine Entscheidung zu Gunsten eines Kandidaten zu treffen und die absolute Zahl dieser Wähler dann im Verhältnis zu Kandidaten aus anderen Wahlbereichen eine wahlrechtliche Rolle spiele. In einem rechtlichen Sinne hingen die Chancen eines Kandidaten entgegen der Darlegung des erstinstanzlichen Gerichts nicht von unterschiedlichen Parteipräferenzen der Wähler oder sonstigen Unwägbarkeiten ab. Dieses Argument treffe ausschließlich die Erfolgswahrscheinlichkeit. Die Chancengleichheit sei dagegen formal zu betrachten und fordere die formale Gleichheit der Chancen der Kandidaten, gewählt zu werden.

Soweit die Wahlkreise eine lediglich wahltechnische Funktion hätten, könnten großzügige Toleranzbereiche berücksichtigt werden. Komme der Größe der Wahlkreise jedoch eine entscheidende Bedeutung bei der Verwertung der Stimmen zu, seien nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts deutlich strengere Kriterien erforderlich. Hier sei zu berücksichtigen, dass trotz der Unempfindlichkeit des Bundestagswahlsystems und der demgegenüber aufgrund der Konkurrenzsituation bestehenden erheblichen Empfindlichkeit des Kommunalwahlsystems in Sachsen-Anhalt das Bundeswahlgesetz eine deutlich geringere Toleranzgrenze (15 %) aufweise als das Kommunalwahlgesetz (25 %).

Der Versuch des Beklagten, die Wahlbereiche stadtteilscharf abzugrenzen, sei nachvollziehbar und auch sinnvoll, um den Wählern eine leichtere Zuordnung des jeweiligen Wahlbereichs zum eigenen Wohngebiet zu ermöglichen. Dieser Praktikabilitätsgesichtspunkt könne jedoch nicht stärker wiegen als die Chancengleichheit der Bewerber.

Die fehlende Chancengleichheit beeinflusse auch den Erfolgswert der einzelnen Stimmen der Wähler, da die Wähler in größeren Wahlbereichen neben der Zusammensetzung des Stadtrates nach Listen auch die personelle Zusammensetzung beeinflussen könnten, was den Wählern in kleineren Wahlbereichen nicht oder nur unter erheblich erschwerten Bedingungen möglich sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 9. Kammer - vom 20. April 2005 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung seiner Wahlprüfungsentscheidung vom 9. November 2004 zu verpflichten, festzustellen, dass die Einwendungen gegen die Wahlbereichseinteilung begründet sind und die den begründeten Einwendungen zugrunde liegenden Tatbestände so schwerwiegend sind, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Ergebnis zustande gekommen oder festgestellt worden wäre, und die Wahl für ungültig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, und tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Klage ist zulässig.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist sie gegen den richtigen Beklagten, nämlich den vorliegend allein zur passiven Prozessführung befugten Rat der Landeshauptstadt A-Stadt gerichtet, dessen Entscheidung über den von dem Kläger erhobenen Einspruch gegen die Wahl Gegenstand des Rechtsstreits ist. Der beklagte Stadtrat ist bei seiner Wahlprüfungsentscheidung nicht in seiner kommunalrechtlichen Eigenschaft als Gemeindeorgan, sondern als Wahlprüfungsorgan tätig geworden (Schiefel, Niedersächsisches Kommunalwahlrecht, Kommentar, 2. Aufl. 1991, § 49 Anm. 3 m. w. N.).

Die von dem Kläger erhobene Klage ist eine auf den Erlass eines rechtsgestaltenden Verwaltungsakts gerichtete Verpflichtungsklage i. S. des § 42 Abs. 1. Alt. 2. VwGO, denn Gegenstand des mit der Wahlprüfungsklage verfolgten prozessualen Anspruchs ist der materiell-rechtliche Anspruch auf Durchführung der Wahlprüfung. Dieser materiell-rechtliche Wahlprüfungsanspruch ist gem. den §§ 51, 52 des Kommunalwahlgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt i. d. F. der Bekanntmachung vom 27. Februar 2004 (GVBl. LSA, S. 92) - KWG LSA - auf das Tätigwerden einer zu diesem Zweck mit kassatorischen Befugnissen ausgestatteten Stelle gerichtet, mit dem Ziel, eine Verwaltungsentscheidung herbeizuführen, durch die - je nach Fehlerquelle - die Wahl, der einzelne Mandatserwerb oder die Ergebnisfeststellung für ungültig erklärt und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen verbindlich festgestellt werden. Die danach im vorprozessualen Wahlprüfungsverfahren gemäß § 52 KWG LSA vom neu gewählten Rat zu treffende Entscheidung erfüllt die Merkmale eines Verwaltungsakts i. S. des § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 35 VwVfG (vgl. OVG NW, Urt. v. 28.11.1980 - 15 A 1660/80 -, OVGE 35, 144 [147]).

Die gem. § 42 Abs. 2 VwGO für die Verpflichtungsklage erforderliche Klagebefugnis des Klägers folgt - unabhängig davon, ob er durch die Ablehnung der begehrten Maßnahme in eigenen Rechten verletzt ist - aus seiner in § 50 Abs. 1 KWG LSA geregelten Einspruchsberechtigung. Der Landesgesetzgeber hat insoweit von der ihm nach § 42 Abs. 2 VwGO eingeräumten Ermächtigung Gebrauch gemacht, für die Wahlprüfungsklage - die in erster Linie die gesetzmäßige Zusammensetzung der gewählten Vertretungskörperschaft, nicht aber einen individuellen Rechtsschutz sicherstellen soll - bei der Klagebefugnis von dem Erfordernis einer individuellen Rechtsverletzung abzusehen (vgl. OVG NW, a. a. O., m. w. N.).

Einer Durchführung des nach § 68 Abs. 2 VwGO für die Verpflichtungsklage vorgeschriebenen Vorverfahrens bedurfte es nicht, weil der Landesgesetzgeber in § 53 Abs. 2 Satz 1 KWG LSA das Vorverfahren für die Wahlprüfungsklage ausgeschlossen hat.

Die Wahlprüfungsklage ist jedoch unbegründet. Die Ablehnung des von dem Kläger begehrten Verwaltungsakts ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Der Kläger hat keinen Anspruch gem. § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Satz 2 b KWG LSA auf die Feststellung, dass die Einwendungen gegen die Wahlbereichseinteilung begründet und die den begründeten Einwendungen zugrunde liegenden Tatbestände so schwerwiegend sind, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein anderes Wahlergebnis zustande gekommen oder festgestellt worden wäre, und auf die Erklärung, dass die Wahl ungültig ist.

Gemäß § 50 Abs. 1 KWG LSA kann die Gültigkeit der Wahl durch Wahleinspruch u. a. mit der Begründung angefochten werden, dass die Wahl nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechend vorbereitet oder durchgeführt worden sei. Zu den gesetzlichen Vorschriften i. S. von § 50 Abs. 1 KWG LSA gehören auch die in § 7 KWG LSA enthaltenen Bestimmungen über die Durchführung der Wahl in Wahlbereichen und die Abgrenzung der Wahlbereiche. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 KWG LSA ist bei einer Wahl zu Gemeinderäten in kreisfreien Städten das Wahlgebiet in mehrere Wahlbereiche einzuteilen. Weil die Landeshauptstadt A-Stadt gem. § 10 Abs. 2 Satz 1 GO LSA eine kreisfreie Stadt ist, war ihr Wahlgebiet demzufolge zwingend in mehrere Wahlbereiche einzuteilen. Dies hat der Kläger mit seinem Wahleinspruch zu Recht nicht in Abrede gestellt. Er rügt vielmehr ausschließlich, dass die Einteilung der Wahlbereiche verfassungswidrig sei, weil sie den Grundsatz der Gleichheit der Wahl verletze. Dies trifft indes nicht zu.

Der verfassungsrechtliche Maßstab für die Wahlbereichseinteilung ergibt sich aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, dessen Grundsätze der Landesgesetzgeber in Ausfüllung des Art. 89 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt - Verf LSA - für die Kommunalwahl in § 37 Abs. 1 Satz 1 der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt - GO LSA - übernommen hat. Danach muss das Volk (auch) in den Gemeinden eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist.

Der in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG normierte Grundsatz der Gleichheit der Wahl ist ein spezieller Anwendungsfall des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG), der in seiner wahlspezifisch formalisierten Ausprägung u. a. verlangt, dass jedermann sein aktives und passives Wahlrecht in formal möglichst gleicher Weise ausüben kann, dass jede gültig abgegebene Stimme in gleicher Weise bewertet wird wie die anderen Stimmen, dass alle Wähler mit der Stimme, die sie abgeben, den gleichen Einfluss auf das Wahlergebnis haben und dass Parteien, Wählergruppen und Einzelbewerbern eine chancengleiche Teilnahme an der Wahl ermöglicht wird. Infolge der formalen Wahlgleichheit und der Chancengleichheit der Wahlbewerber verbleibt dem Gesetzgeber bei der Ordnung des Wahlrechts nur ein eng bemessener Spielraum für Differenzierungen; diese bedürfen stets eines besonderen rechtfertigenden Grundes (std. Rspr. d. BVerfG, vgl. u. a. BVerfGE 51, 222 [235]; BVerfGE 57, 43 [56]; OVG Münster, Urt. v. 19.02.1982 - 15 A 1452/81 -). In diesem Zusammenhang lässt sich die Frage, wann danach Ungleichheiten in der Wahlbereichseinteilung gegen den - auf den Wähler bezogenen - Grundsatz der formalen Wahlgleichheit und den - auf die Wahlbewerber bezogenen - Grundsatz der Chancengleichheit verstoßen, nicht losgelöst vom jeweiligen Wahlsystem beantworten.

Der Grundsatz der Gleichheit der Wahl verlangt, dass die Stimme jedes Wählers den gleichen Zählwert hat. Beim Verhältniswahlrecht führt die Formalisierung der Wahlrechtsgleichheit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darüber hinaus dazu, dass nicht nur der gleiche Zählwert, sondern grundsätzlich auch der gleiche Erfolgswert gewährleistet sein muss (BVerfGE 47, 253 [277]; OVG NW, Urt. v. 19.02.1982, a. a. O., jeweils m. w. N.). Zählwertgleichheit ist gegeben, wenn jeder nach den allgemeinen Vorschriften Wahlberechtigte die gleiche Stimmenzahl besitzt und wenn er seine Stimme wie jeder andere Wahlberechtigte abgeben darf (BVerfGE 34, 81 [99]). Die Erfolgswertgleichheit setzt voraus, dass jede gültig abgegebene Stimme ebenso bewertet wird wie alle anderen und - soweit das Wahlsystem es zulässt - die gleiche Erfolgsaussicht hat (BVerfGE 16, 130 [138 f.]). Bei der Verhältniswahl muss der Gesetzgeber somit die Gleichheit des Erfolgswerts soweit sicherstellen, wie dieses Wahlsystem es zulässt (BVerfGE 1, 208 [245]). Entscheidet sich der Gesetzgeber für das Verhältniswahlrecht, muss er das Wahlsystem so ausgestalten, dass er den Anteil der Sitze in der Vertretungskörperschaft in möglichst genaue Übereinstimmung mit dem Stimmenanteil bringt, der auf die verschiedenen Wahlvorschläge entfällt (BVerfGE 1, 208 [248]).

Das geltende Kommunalwahlrecht sieht vor, dass die Vertreter nach den Grundsätzen einer mit der Personenwahl verbundenen Verhältniswahl gewählt werden (§ 3 Abs. 1 KWG LSA). Bei der nach den Grundsätzen der Verhältniswahl vorgenommenen Gesamtsitzverteilung auf der Ebene des Wahlgebiets werden die insgesamt für die Bewerber einer Partei oder Wählergruppe bzw. für einen Einzelbewerber abgegebenen Stimmen zugrunde gelegt. Die den Parteien und Wählergruppen im Wahlgebiet jeweils insgesamt entstehenden Sitze werden auf ihre Wahlvorschläge in den einzelnen Wahlbereichen erteilt. Die persönliche Stimmenzahl eines Bewerbers kommt erst zum Tragen, wenn feststeht, wie viele Sitze einer Partei oder Wählergruppe im jeweiligen Wahlbereich zustehen. Hier wird deutlich, dass der Grundsatz der Verhältniswahl Vorrang vor dem - allerdings stark ausgeprägten - Element der Personenwahl hat.

Wie viele Stimmen jeweils zur Erringung eines Sitzes erforderlich sind, hängt nach den Bestimmungen des KWG LSA in Wahlgebieten mit mehreren Wahlbereichen, wie der Kläger zu Recht einwendet, neben der Wahlbeteiligung sowie der Zahl und dem Stimmenanteil der einzelnen Wahlvorschläge in diesem Wahlbereich auch von der Größe des Wahlbereichs ab. Ein Bewerber eines bestimmten Wahlbereichs kann daher mit einer verhältnismäßig geringen Stimmenzahl gewählt werden, während in einem anderen Wahlbereich eine weitaus höhere Stimmenzahl nicht zum Erfolg führt. Entsprechendes gilt innerhalb eines Wahlbereichs für Bewerber verschiedener Wahlvorschläge (vgl. dazu Schiefel, a. a. O., Anm. 2.1 zu § 4 NKWG, zum insoweit inhaltsgleichen Niedersächsischen Kommunalwahlrecht).

Offen bleiben kann, ob sich das Gleichheitsgebot für den Erfolgswert der Wählerstimme, welches im Verhältniswahlsystem für die Gesamtverteilung der Sitze auf die Parteien gilt, überhaupt auf die Zuteilung der einer Partei zustehenden Mandate auf die einzelnen Bewerber bezieht (verneinend Schiefel, a. a. O., Anm. 2.1 zu § 4 NKWG; und VG Stade, Urt. v. 31.03.1987 - 1 VG A 559/86, bestätigt durch OVG Lüneburg, Beschl. v. 08.03.1989 - 10 L 36/89 -). In Bezug auf die Wahl nach starren Listen hat das Bundesverfassungsgericht dies ausdrücklich verneint (vgl. BVerfGE 7, 63 ff.). Diese Frage muss vorliegend indes nicht beantwortet werden. Selbst wenn sich nämlich der Grundsatz der Erfolgswertgleichheit aller Stimmen im Verhältniswahlsystem auch auf die Auswahl der Bewerber einer Partei oder Wählergruppe bezöge, so wäre er durch die Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 4 KWG LSA über die Toleranzgrenze bei der Abweichung der Einwohnerzahlen der Wahlbereiche von der durchschnittlichen Einwohnerzahl aller Wahlbereiche des Wahlgebiets jedenfalls nicht verletzt.

Die Chancengleichheit der Wahlbewerber, die sich mit dem Erfolgswert der Wählerstimme deckt, wird durch die unterschiedlichen Wahlbereichsgrößen zwar beeinträchtigt. Denn die Aussicht eines Wahlbewerbers, ein Mandat zu erringen, hängt, wie der Kläger zu Recht einwendet, (auch) von der Zahl der Wahlberechtigten ab. Mit der in § 7 Abs. 2 Satz 4 KWG LSA vorgesehenen beschränkten Ungleichheit in der Größe der Wahlbereiche hat der Landesgesetzgeber seinen - jedenfalls nicht nur eng begrenzten - Gestaltungsspielraum bei der Konkretisierung des bundesverfassungsrechtlichen Grundsatzes der gleichen Wahl (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.08.1985 - 7 B 166.85 -, DVBl. 1986, S. 240) indes nicht überschritten. Insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass dem Grundsatz der Verhältniswahl im vorliegenden Kommunalwahlrecht Vorrang vor dem Element der Personenwahl zukommt, ist die in § 7 Abs. 2 Satz 4 KWG LSA für die Festlegung der Wahlbereichsgrößen normierte Toleranzgrenze mit der Bandbreite der erlaubten Abweichungen in Höhe von +/- 25 % von der durchschnittlichen Wahlbereichsgröße - welche im Übrigen auch in den Kommunalwahlgesetzen Niedersachsens, Schleswig-Holsteins und Hessens vorgesehen und bei der Wahlkreiseinteilung (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 BWG) für die Bundestagswahl zugelassen ist - zulässigerweise so pauschaliert, dass der Wahlausschuss in aller Regel den vorgegebenen unvermeidbaren rechtlichen und praktischen Schwierigkeiten, die der Bildung gleich großer Wahlbereiche (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 3 KWG LSA) entgegenstehen, ohne besonderen administrativen Aufwand entsprechen kann. Dies gilt insbesondere für die nach § 7 Abs. 2 Satz 5. Alt. 1 KWG LSA erforderliche Beachtung der örtlichen Verhältnisse, die den Wählern eine leichtere Zuordnung des jeweiligen Wahlbereichs zum eigenen Wohngebiet und eine engere persönliche Beziehung der Wahlbewerber zum Wahlbereich ermöglichen soll. Dass die Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse eine Toleranzgrenze bei der Abweichung von der durchschnittlichen örtlichen Wahlbereichsgröße in Höhe von +/- 25 % erfordert, zeigt sich insbesondere bei der vorliegend vorgenommenen - die Stadtteilgrenzen möglichst berücksichtigenden - Wahlbereichseinteilung auf dem Gebiet der Landeshauptstadt A-Stadt, bei der zwei der zehn Wahlbereiche mehr als 20 % von der durchschnittlichen Einwohnerzahl aller Wahlbereiche des Wahlgebiets abweichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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