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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 05.07.2007
Aktenzeichen: 4 L 229/06
Rechtsgebiete: KAG LSA


Vorschriften:

KAG LSA § 6 Abs. 1
KAG LSA § 6 Abs. 6 S. 3
1. Hat eine Kommune nach Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes eine Abwasserbeseitigungsanlage übernommen und den bei der Übernahme an diese Einrichtung angeschlossenen Altanschlussnehmern zur Nutzung zur Verfügung gestellt, kann eine solche Vorteilslage nur in den Fällen angenommen werden, in denen den angeschlossenen bzw. anschließbaren Grundstücken mit der vor dem 15. Juni 1991 geschaffenen Anlage eine dauerhafte Entsorgungsmöglichkeit geboten wurde. Dies ist allerdings nicht der Fall, sofern es sich bei der Anlage lediglich um ein Provisorium handelt (Anschluss an OVG LSA, Urt. v. 4. Dezember 2003 - 1 L 226/03 -).

2. Bei der Feststellung, ob dem Beitragspflichtigen mit der vor dem 15. Juni 1991 hergestellten Anlage bereits eine dauerhafte Entsorgungsmöglichkeit geboten wurde, ist nicht allein auf den Willen des Planungsträgers im Zeitpunkt der Herstellung der Anlage abzustellen. Hinzukommen muss vielmehr, dass dieser Wille auch noch im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Kommunalabgabengesetzes am 15. Juni 1991 fortbestand; denn es steht grundsätzlich im pflichtgemäßem Ermessen der Gemeinde bzw. des Verbandes, unter Berücksichtigung seines Entwässerungskonzepts zu bestimmen, ob die von ihm übernommene Abwasserbeseitigungsanlage provisorischen Charakter trägt und damit eine Beitragserhebung nach § 6 Abs. 1 KAG LSA rechtfertigt.


Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einem Beitrag für die (erstmalige) Herstellung der Anlage für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung.

In der Gemeinde C-Stadt existierten ausweislich des Entwässerungskonzepts des ehemaligen Abwasserzweckverbandes "Untere Mulde", dessen Rechtsnachfolger der Beklagte seit dem 1. Januar 2002 ist, vor dem Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes im Jahre 1991 fünf Mischwasser-Einleitstellen in den Strengbach. Das Abwasser wurde hierbei über Hauskläranlagen mit Überlauf in den Mischwasserkanal eingeleitet und zum Strengbach geführt. In den Jahren 1992 bis 1995 wurde fast der gesamte Ortskern im Trennsystem erschlossen. Die restliche Ortslage von C-Stadt wird bis auf wenige Straßenzüge über ein Mischwasserkanalnetz entsorgt.

Der Kläger ist Eigentümer des 1361 m² großen Wohngrundstücks C-Straße, Flur 13, Flurstück 16/2, der Gemarkung C-Stadt. Auch das auf seinem Grundstück anfallende Abwasser wurde über eine grundstückseigene Kleinkläranlage im Überlauf in einen sog. Bürgermeisterkanal - ohne weitere Reinigungsmaßnahmen in öffentlichen Anlagen - in den Strengbach als Vorfluter entsorgt. Im Jahre 1994 wurde in der A-Straße ein Trennkanalsystem errichtet, über das Abwässer auf dem klägerischen Grundstück nunmehr in das Gemeinschaftsklärwerk A-Stadt/W. abgeleitet werden.

Mit Bescheid vom 3. Dezember 2003 zog der Beklagte den Kläger auf der Grundlage der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Abwasserzweckverbandes "Untere Mulde" vom 10. Juni 1999 - BGS-EWS - zu einem Herstellungsbeitrag in Höhe von 3.222,45 Euro heran. Dem hiergegen unter dem 17. Dezember 2003 erhobenen Widerspruch gab der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2004 insoweit statt, als ein Beitrag von mehr als 2.889,97 Euro gefordert wurde; im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Der Kläger hat am 3. Juni 2004 bei dem Verwaltungsgericht Dessau Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, dem angefochtenen Bescheid ermangele es bereits an einer Rechtsgrundlage, da die Beitragssatzung vom 10. Juni 1999, auf die der Beklagte seine Beitragserhebung stütze, mit Inkrafttreten der Beitragssatzung vom 19. März 2001 außer Kraft getreten sei. Da der Bescheid aber noch auf die Beitragssatzung vom 10. Juni 1999 Bezug nehme, leide er jedenfalls an einem Begründungsmangel im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG LSA i. V. m. § 121 AO. Darüber hinaus sei die Erhebung eines Herstellungsbeitrages auch materiell rechtswidrig, da in der A-Straße bereits ein Schmutzwasserkanal existiert habe, über den sein Grundstück entsorgt worden sei. Auch könne nicht von einer beitragsfähigen Verbesserung ausgegangen werden. Gegenstand der Beitragserhebung sei ausschließlich der Abwasserkanal und nicht das Gemeinschaftsklärwerk A-Stadt/W.. Da jedoch ein Abwasserkanal dem streitgegenständlichen Grundstück bereits seit dem Jahre 1922 und damit vor den Baumaßnahmen zur Verfügung gestanden habe, sei nicht einmal ansatzweise erkennbar, worin für sein Grundstück eine Verbesserung liegen solle. Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 3. Dezember 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2004 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat ausgeführt, vor dem Neubau der Kanalisation in der Gemeine C-Stadt habe es kein qualifiziertes Abwassersystem gegeben. Es habe lediglich sog. Bürgermeisterkanäle gegeben, an die der Überlauf der grundstückseigenen Kleinkläranlagen angeschlossen gewesen sei. Über diese Bürgermeisterkanäle sei das auf den Grundstücken vorgeklärte Abwasser ohne Nutzung einer öffentlichen Reinigungsanlage in die Vorflut (Strengbach) eingeleitet worden. Somit sei die alte Kanalisation lediglich dazu bestimmt gewesen, dass auf den Grundstücken anfallende Schmutzwasser in die Vorflut abzuleiten.

Mit Urteil vom 17. März 2006 hat das Verwaltungsgericht Dessau der Klage stattgegeben und den angefochtenen Bescheid aufgehoben, soweit der darin geforderte Beitrag einen Betrag von 2.166,78 Euro übersteigt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der satzungsmäßige Abgabentatbestand der "Herstellung" sei nicht erfüllt.

Der Rechtsvorgänger des Beklagten betreibe gemäß § 1 Abs. 1 der Entwässerungssatzung im Bereich der zentralen Entsorgung zwei jeweils rechtlich selbständige Abwasseranlagen als öffentliche Einrichtung, nämlich a) eine Anlage für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung in eine biologisch arbeitende Kläranlage und b) für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung mit vor- und/oder nachgeschalteter mechanischer Reinigung. Aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BGS-EWS und dem Entwässerungskonzept des Abwasserzweckverbandes "Untere Mulde" ergebe sich wiederum, dass die "Herstellung" die Einrichtung nach § 1 Abs. 1 Buchst. a) der Entwässerungssatzung des Abwasserzweckverbandes "Untere Mulde" vom 10. Juni 1999 - EWS - betreffe. Dagegen erfasse die "Verbesserung" trotz ihres missverständlichen Wortlauts nicht beide Einrichtungen, sondern ausschließlich die Einrichtung nach § 1 Abs. 1 Buchst. b) EWS; denn zum einen werde die Verbesserungsmaßnahme in der der BGS-EWS zugrunde liegenden Kalkulation (Stand: Juni 1999) ausdrücklich als "Umstellung der vorhandenen Mischwasserkanäle in qualifizierte Trennsysteme und Behandlung des Schmutzwassers in einer biologisch arbeitenden Kläranlage" definiert und zum anderen habe der Satzungsgeber seinen Willen im Rahmen der Neufassung der BGS-EWS vom 19. November 2001 in § 5 Abs. 3 ausdrücklich zum Ausdruck gebracht und damit nachträglich klargestellt, dass der Verbesserungsbeitrag in Höhe von 7,67 Euro dann erhoben werde, wenn ein bisher an eine öffentliche Abwasseranlage mit vor- und/oder nachgeschalteter mechanischer Abwasserreinigung angeschlossenes Grundstück oder ein Grundstück, was die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Anlage gehabt habe, an einen Trennkanal (Schmutzwasser) und eine biologische Kläranlage angeschlossen werden könne. Die Entwässerungssituation des klägerischen Grundstücks erfülle danach den satzungsmäßigen Tatbestand zur Erhebung eines Verbesserungsbeitrages, denn es sei vor der Fertigstellung des Trennkanals in der A-Straße bereits an einen Kanal mit vor- und/oder nachgeschalteter mechanischer Abwasserreinigung angeschlossen gewesen. Insoweit genüge es, dass dem Anschluss bzw. der Anschlussmöglichkeit an ein zentrales Mischwassersystem mit Einleitung in den Vorfluter eine mechanische Vorklärung in Form einer grundstückseigenen Kleinkläranlage vorgeschaltet gewesen sei. Einer im öffentlichen Raum errichteten Kleinkläranlage für mehrere Grundstücke und/oder eines mechanischen Klärwerks bedürfe es hingegen nicht. Im Übrigen habe der Rechtsvorgänger des Beklagten auch in der Vergangenheit tatsächlich Verbesserungsbeiträge erhoben und in der Kalkulation ausdrücklich einen Verbesserungsaufwand in allen Mitgliedsgemeinden ausgewiesen.

Entscheidend stehe der Erhebung eines Herstellungsbeitrags jedoch die Einrichtungsbestimmung des Abwasserzweckverbands "Untere Mulde" entgegen. Dieser habe nach allen seit März 1999 erlassenen Fassungen der Entwässerungssatzung zwei jeweils rechtlich selbständige Abwasseranlagen als öffentliche Einrichtung betrieben. Ginge man davon aus, dass die Schmutzwasserkanäle, in die nach einer Vorklärung in grundstückseigenen Kleinkläranlagen in den Vorfluter abgeleitet werde, nicht unter die Einrichtung des § 1 Abs. 1 b) EWS fielen, hätte der Rechtsvorgänger des Beklagten diese Entsorgungsanlagen überhaupt nicht als öffentliche Einrichtung betrieben. Dass die Einrichtung i. S. d. § 1 Abs. 1 Buchst. b) EWS auch diese Entsorgungsform erfasse, lasse sich zudem den gebührenrechtlichen Vorschriften entnehmen.

Dem Beklagten sei allerdings zuzugeben, dass die Schaffung der Anschlussmöglichkeit an ein Trennkanalsystem mit Ableitung in ein biologisch arbeitendes Klärwerk regelmäßig als "Herstellung" angesehen werde, wenn die auf den Grundstücken anfallenden Abwässer zuvor nur in einer Kleinkläranlage vorgeklärt und sodann ohne weitere Abwasserbehandlung in den Vorfluter gelangten. Bei dem hier vorliegenden sog. Bürgermeisterkanal handele es sich regelmäßig nur um ein Provisorium, der keine dauerhafte Anschlussmöglichkeit biete und dessen Ersetzung damit keine Verbesserungsmaßnahme darstelle. Dass der Beklage den Beitragstatbestand möglicherweise fehlerhaft als "Verbesserung" statt als "(besondere) Herstellung" bezeichnet habe, sei lediglich eine Frage der Bezeichnung, nicht aber seiner Anwendbarkeit.

Mit Beschluss vom 8. November 2006 hat der Senat auf den fristgerechten Antrag des Beklagten die Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen.

Der Beklagte macht zur Begründung seiner Berufung im Wesentlichen geltend, der von seinem Rechtsvorgänger geschaffene Anschluss des klägerischen Grundstücks an ein Trennkanalsystem mit anschließender vollbiologischer Reinigung im Gemeinschaftsklärwerk erfülle den Beitragstatbestand der "Herstellung". Dem Verwaltungsgericht sei schon im Ansatz nicht zu folgen, dass § 1 Abs. 1 Buchst. a) EWS nur die "Herstellung", § 1 Abs. 1 b) EWS dagegen stets die "Verbesserung" betreffe. Denn die Beitragssätze für die Bereitstellung des Anschlusses an die vollbiologische Reinigung einschließlich Trennkanalsystem könnten schon denklogisch keinen konkreten Einrichtungstypus "betreffen", sondern beschrieben lediglich den Aufwand, der notwendig und dementsprechend zu refinanzieren sei, um dem betroffenen Grundstück die Anschlussmöglichkeit an die Einrichtung gemäß § 1 Abs. 1 Buchst. a) EWS zu ermöglichen. Der "Herstellungsbeitrag" für Schmutzwasser (vollbiologische Reinigung) falle also immer dann an, wenn diese zentrale öffentliche Abwasseranlage i. S. d. § 2 Abs. 1 BGS-EWS, § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG-LSA gänzlich neu geschaffen worden sei, weil vorher entweder überhaupt kein Anschluss vorhanden gewesen sei oder es lediglich einen bloß provisorischen verrohrten oder unverrohrten Abwasserabfluss (Bürgermeisterkanal) gegeben habe. Dagegen betreffe der "Verbesserungsbeitrag" die als sog. besonderer Herstellungsbeitrag diskutierten Fälle, deren Besonderheit es sei, dass vor Inkrafttreten des KAG-LSA die in § 5 Abs. 3 BGS-EWS benannte "öffentliche zentrale Abwasseranlage" als faktische Dauerlösung im Anschlussverlauf des Grundstückseigentümers vorhanden gewesen sei. Hierunter falle allerdings keine auf dem privaten Grundstück befindliche, dezentrale Kleinklärgrube. Im Übrigen führe die fehlerhafte Bezeichnung dieses Beitrags als Verbesserung nicht zur Nichtigkeit der Satzung. Auch der Umstand, dass die der BGS-EWS 1999 zugrunde liegende Kalkulation fälschlicherweise das klägerische Grundstück als ein Grundstück bezeichne, für das ein Verbesserungsbeitrag zu erheben sei, hindere den Beklagten nicht, den zutreffenden "Herstellungsbeitrag" zu erheben, zumal dieser Fehler in den nachfolgenden Kalkulationen behoben worden sei und eine Verletzung des Aufwandsüberschreitungsverbots nicht vorliege. Die Abwasserbeitragstatbestände seien auch nicht im Hinblick auf die 2. Nachfolgesatzung der BGS-EWS vom 19.11.2001 (BGS-EWS 2001) anders zu interpretieren; denn auch § 5 Abs. 3 BGS-EWS 2001 knüpfe an die Öffentlichkeit der die Privilegierung des § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG-LSA auslösenden Anlage an, die eine bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Kommunalabgabengesetzes abgeschlossene Investition voraussetze. Letztlich könnten entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch die übrigen Satzungsbestimmungen des Rechtsvorgängers des Beklagten dem herstellungspflichtigen Sachverhalt nicht entgegengehalten werden, weil das klägerische Grundstück unzweifelhaft keine dauerhaft gesicherte Möglichkeit der Abwasserbeseitigung gehabt habe.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Dessau - 2. Kammer - vom 17. März 2006 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er führt aus, der von dem Beklagten in seiner Satzung bestimmte Einrichtungsbegriff erfasse nur das Kanalnetz, nicht aber die Abwasserbehandlung im Gemeinschaftsklärwerk A-Stadt/W., d. h. Gegenstand der Beitragspflicht könne allein der Transport entweder in den Vorfluter oder aber in das Klärwerk sein. Es gehe definitiv nicht darum, dass in den klar eingegrenzten Einrichtungen des Beklagten Abwässer in irgendeiner Form behandelt werden sollen. Ersichtlich seien auch die jeweiligen Beitragstatbestände der Herstellung bzw. Verbesserung genau auf diese Einrichtungstypen ausgelegt. Dabei sei davon auszugehen, dass der von dem Beklagten verwendete Einrichtungstyp der Abwasserableitung in den Vorfluter keine dauerhafte Lösung sei. Dieser Einrichtungstyp sei ersichtlich nur auf eine Übergangszeit hin angelegt, nämlich solange bis alle im Verbandsgebiet in Frage kommenden Grundstücke an das biologisch arbeitende Klärwerk angeschlossen seien. Demzufolge sei nur konsequent und folgerichtig, wenn Grundstückseigentümer, die an diese nur noch für eine Übergangszeit zu betreibende Einrichtung lediglich mit einem Verbesserungs- und nicht mit einem Herstellungsbeitrag belastet würden. Denn der Vorteil, den ein Grundstück, welches bislang nicht an eine öffentliche Abwasseranlage angeschlossen sei, im Vergleich zu dem Grundstück, welches an eine Abwasseranlage des Übergangstypus angeschlossen sei, erfahre, sei bei einem Anschluss an das biologische Klärwerk deutlich höher, so dass es gerechtfertigt erscheine, einem bislang überhaupt nicht angeschlossenen Grundstück einen Herstellungsbeitrag und dem bereits angeschlossenen Grundstück lediglich einen Verbesserungsbeitrag aufzuerlegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 3. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung des Beklagten ist § 2 Abs. 1 der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Abwasserzweckverbandes "Untere Mulde" - BGS-EWS - vom 10. Juni 1999.

Nach welcher satzungsrechtlichen Grundlage der Beitrag zu bemessen ist, richtet sich nach dem im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht geltenden Recht. Die Beitragspflicht entsteht gemäß § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der Satzung. Da nach den von dem Kläger nicht in Zweifel gezogenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts die Satzung des Rechtsvorgängers des Beklagten vom 10. Juni 1999 die erste wirksame Satzung zur Erhebung von Beiträgen ist, ist die sachliche Beitragspflicht - trotz einer zuvor schon bestehenden Anschlussmöglichkeit - erst mit dem rückwirkenden Inkrafttreten dieser Satzung zum 1. Januar 1999 entstanden. Diese Satzung ist auch nicht mit dem Inkrafttreten der Beitrags- und Gebührensatzung des Beklagten vom 19. März 2001 - BGS-EWS 2001 - rückwirkend außer Kraft getreten.

§ 29 BGS-EWS 2001 bestimmt vielmehr, dass die Beitrags- und Gebührensatzung vom 10. Juni 1999 ausdrücklich erst am Tag nach der Veröffentlichung der Beitrags- und Gebührensatzung vom 19. März 2001, also am 31. März 2001, außer Kraft tritt, so dass sie im für die Beitragserhebung allein maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht am 1. Januar 1999 noch in Kraft war.

Der Beitrag ist auch nicht gemäß §§ 170 Abs. 1 AO, 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) KAG LSA verjährt; denn nach diesen Vorschriften beginnt die vierjährige Festsetzungsverjährung erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist, also vorliegend am 1. Januar 2000, so dass der Beitragsbescheid vom 3. Dezember 2003 noch innerhalb der Festsetzungsfrist ergangen ist.

2. Der Beklagte hat sein Satzungsrecht auch zutreffend angewandt.

a) Zu Recht hat der Beklagte den Kläger zu einem (allgemeinen) Herstellungsbeitrag i. S. d. § 2 Abs. 1 BGS-EWS herangezogen, selbst wenn sein Grundstück - wie das Verwaltungsgericht meint - bereits vor dem Anschluss an die biologisch arbeitende Kläranlage i. S. d. § 1 Abs. 1 Buchst. a) der Entwässerungssatzung des Abwasserzweckverbandes "Untere Mulde" - EWS - vom 10. Juni 1999 an eine rechtlich selbständige Abwasseranlage als öffentliche Einrichtung für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung mit vor- und/oder nachgeschalteter mechanischer Reinigung i. S. d. § 1 Abs. 1 Buchst. b) EWS angeschlossen war; denn diese vormals vorhandene Abwasseranlage war nicht i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA i. V. m. § 2 Abs. 1 BGS-EWS hergestellt.

aa) § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA ermächtigt die Gemeinden, Beiträge zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung ihrer öffentlichen leitungsgebundenen Einrichtungen zu erheben. Ob eine Maßnahme als Herstellung oder als Verbesserung i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA anzusehen ist, ist anhand eines Vergleichs zu bestimmen, bei dem darauf abgestellt werden muss, ob das Grundstück vor dem Beginn der Maßnahme, deren Kosten nunmehr durch Beiträge refinanziert werden sollen, bereits endgültig an eine öffentliche Einrichtung im Rechtssinne angeschlossen gewesen ist (OVG LSA, Urt. v. 4. Dezember 2003 - 1 L 226/03 -). Bei der satzungsrechtlichen Bestimmung dessen, was die öffentliche Einrichtung i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA ist, die Gegenstand einer beitragsfähigen Maßnahme sein soll, hat der Gesetzgeber den Kommunen einen Ermessensspielraum belassen.

Von dem ihm eingeräumten Ermessen hat der Beklagte mit den §§ 2 Satz 1, 1 Satz 2a) BGS-EWS Gebrauch gemacht. Danach erhebt der Beklagte Abwasserbeiträge für die Herstellung der öffentlichen zentralen Abwasseranlagen zur Abgeltung der durch die Inanspruchnahme oder die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Leistungen entstehenden Vorteile. Zentrale öffentliche Abwasseranlage in diesem Sinne ist gemäß § 1 Abs. 1 Buchst. a) EWS neben der zentralen Schmutzwasserbeseitigungsanlage mit vor- und/oder nachgeschalteter mechanischer Reinigung und der Niederschlagswasserbeseitigungsanlage (vgl. § 1 Abs. 1 Buchst. b und c EWS) die zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage in eine biologisch arbeitende Kläranlage. Da der Beklagte diese öffentliche Einrichtung für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung in eine biologisch arbeitende Kläranlage i. S. d. § 1 Abs. 1 Buchst. a) EWS, an die das Grundstück des Klägers unstreitig im Jahre 1999 angeschlossen worden ist, als kommunale Einrichtung erst geschaffen hat, unterliegen grundsätzlich alle Anschlussnehmer dem Herstellungsbeitrag, weil eine Anlage einer Verbesserung nicht zugänglich ist, solange sie noch nicht hergestellt ist.

Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, der von dem Beklagten in seiner Satzung bestimmte Einrichtungsbegriff erfasse nur das Kanalnetz, nicht aber die Abwasserbehandlung im Gemeinschaftsklärwerk A-Stadt/W., so schließt sich der Senat seinen Erwägungen nicht an; denn § 1 Abs. 1 Buchst. a EWS nimmt ausdrücklich Bezug auf die biologisch arbeitende Kläranlage - also das Gemeinschaftsklärwerk -, in die die Schmutzwasserbeseitigung zu erfolgen hat, so dass der in der Satzung bestimmte Einrichtungsbegriff auch die Abwasserbehandlung umfasst. § 1 Abs. 3 EWS, der bestimmt, dass zu den öffentlichen Einrichtungen des AZV im Sinne dieser Vorschrift die öffentlichen Kanäle und Anschlusskanäle gehören, hat demgegenüber und in Abgrenzung zu den Grundstücksentwässerungsanlagen lediglich klarstellende Funktion, bestimmt aber selbst nicht den für das Verbandsgebiet allein maßgeblichen Einrichtungsbegriff. bb) Vorliegend besteht allerdings die Besonderheit, dass der Beklagte neben der zentralen Abwasseranlage zur Schmutzwasserbeseitigung in einer biologisch arbeitenden Kläranlage i. S. d. § 1 Abs. 1 Buchst. a) EWS eine weitere zentrale Abwasseranlage zur Schmutzwasserbeseitigung mit vor- und/oder nachgeschalteter mechanischer Reinigung betreibt, an die das Grundstück des Klägers vor der Fertigstellung des Trennkanalsystems, über den die Möglichkeit der Ableitung der Abwässer zum biologisch arbeitenden Gemeinschaftsklärwerk A-Stadt/W. besteht, angeschlossen war.

Selbst wenn mit dem Kläger davon ausgegangen wird, dass bereits mit der Herstellung der Wasserleitung in den Jahren 1922/23 (auch) die Abwasserentsorgung in der Gemeinde C-Stadt hergestellt worden ist, insbesondere eine Zuführung des Abwassers in eine zentrale Kläranlage nicht beabsichtigt war, und alle Grundstücke der A-Straße spätestens 1928 an den Abwasserkanal angeschlossen wurden, wurde hierdurch dem klägerischen Grundstück eine die Erhebung eines (allgemeinen) Herstellungsbeitrages i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA i. V. m. § 2 Abs. 1 BGS-EWS sperrende Vorteilslage nicht geboten.

Hat eine Kommune nach Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes - wie hier - eine Abwasserbeseitigungsanlage übernommen und den bei der Übernahme an diese Einrichtung angeschlossenen Altanschlussnehmern zur Nutzung zur Verfügung gestellt, kann eine solche Vorteilslage nur in den Fällen angenommen werden, in denen den angeschlossenen bzw. anschließbaren Grundstücken mit der vor dem 15. Juni 1991 geschaffenen Anlage eine dauerhafte Entsorgungsmöglichkeit geboten wurde. Dies ist allerdings nicht der Fall, sofern es sich bei der Anlage lediglich um ein Provisorium handelt (OVG LSA, Urt. v. 4. Dezember 2003 - 1 L 226/03 -).

Unabhängig davon, dass im Bereich der Schmutzwasserentsorgung nur eine fachgerecht installierte Kanalisation mit einer Reinigungsanlage als funktionsgerecht hergestellte öffentliche Einrichtung zu qualifizieren ist und diesen Anforderungen ein sog. Bürgermeisterkanal grundsätzlich nicht gerecht wird (Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rdnr. 973b), ist das im Jahre 1922 hergestellte Kanalnetz in der Gemeinde C-Stadt einschließlich der später auf dem klägerischen Grundstück errichteten vorgeschalteten Kleinkläranlage nach Auffassung des Senats nur als Provisorium zu qualifizieren, mittels dessen die Grundstücksentwässerung für eine Übergangszeit bis zur Erschließung der Grundstücke durch ein Zentralklärwerk sichergestellt wurde. Denn entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht allein auf den Willen des damaligen Planungsträgers im Zeitpunkt der Herstellung der Anlage abzustellen. Dieser mag in den Jahren 1922/23 tatsächlich davon ausgegangen sein, dass er nach den damals geltenden technischen Standards eine endgültige Abwasserbeseitigungsanlage geschaffen hatte. Insoweit konnte der Senat die von dem Kläger unter Beweis gestellten Tatsachen auch als wahr unterstellen.

Hinzukommen muss vielmehr, dass dieser Wille auch noch im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Kommunalabgabengesetzes am 15. Juni 1991 fortbestand; denn es steht grundsätzlich im pflichtgemäßem Ermessen der Gemeinde bzw. des Verbandes, unter Berücksichtigung seines Entwässerungskonzepts zu bestimmen, ob die von ihm übernommene Abwasserbeseitigungsanlage provisorischen Charakter trägt und damit eine Beitragserhebung nach § 6 Abs. 1 KAG LSA rechtfertigt.

Ein solcher Wille ist vorliegend nicht erkennbar. Schon aus Nr. 1.1 der Fachbereichsstandards TGL 7762 vom Mai 1965 und Juli 1979 ergibt sich, dass Kleinkläranlagen "Behelfsanlagen und nur dort anzuwenden sind, wo der Anschluss an ein Entwässerungsnetz mit zentraler Kläranlage nicht möglich ist" (vgl. OVG LSA, Urt. v. 4. September 2003 - 1 L 493/02 -) bzw. "wenn der Anschluss an ein Entwässerungsnetz mit zentraler Abwasserbehandlungsanlage erforderlich ist und diese Abwasserbehandlungsanlage vorerst nicht realisiert werden kann" (TGL 7762 in der Fassung vom März 1987). Der Anwendung dieses technischen Regelwerks steht nicht entgegen, dass die Kleinkläranlage auf dem klägerischen Grundstück bereits vor dessen Inkrafttreten errichtet worden ist; denn die TGL 7762 bezieht sich nicht nur auf neu zu errichtende Kleinkläranlagen, sondern verlangt auch für bereits vorhandene Anlagen, dass diese auf der Grundlage wasserrechtlicher Nutzungsgenehmigungen und wasserwirtschaftlicher Entwicklungskonzeptionen als Abwasserbehandlungsanlage "betrieben" werden.

Dass dieses Provisorium bis zum Anschluss an das Gemeinschaftsklärwerk A-Stadt/W. Bestand hatte, ändert nichts daran, dass es sich nach dem Willen des Beklagten nicht um eine dauerhafte Entsorgungsmöglichkeit, sondern nur um eine Behelfslösung handeln sollte (OVG LSA, Urt. v. 4. September 2003 - 1 L 518/02 -). Denn das Entwässerungskonzept des ehemaligen Abwasserzweckverbandes "Untere Mulde" beschreibt die Zielstellung des Verbandes auf Seite 15 wie folgt:

"Die Planung des Verbandes sieht in erster Linie vor, das häusliche und gewerbliche Schmutzwasser der Verbandsgemeinden zu sammeln und dem Gemeinschaftsklärwerk A-Stadt-W. zuzuführen.

Langfristige Zielstellung dabei ist, vorhandene Mischwasserkanäle (mit Ausnahme der Anhaltsiedlung in der Stadt A-Stadt und im nördl. Teil der Gemeinde H.) in qualifizierte Trennsysteme umzuwandeln, und ausschließlich den Trockenwetterabfluss dem Gemeinschaftsklärwerk zuzuführen...

Zur Ableitung des Schmutzwassers aus den Ortslagen sind überörtliche Hauptleitungen vorgesehen, größtenteils als Druckleitungen geplant bzw. bereits realisiert. Die Entsorgung erfolgt entsprechend aufgeführter schematischer Darstellung über 2 Hauptstränge.

Zur Weiterleitung zwischen den einzelnen Ortsnetzen sind im Verbandsgebiet sechs Schmutzwasserpumpstationen vorgesehen bzw. fertig gestellt...

Im Gemeinschaftsklärwerk wird das Schmutzwasser entsprechend den a.a.R.d.T. biologisch-chemisch gereinigt."

Im Ergebnis dieser Planungsziele hat der Abwasserzweckverband bei der Ermittlung der Anschlusswerte und Abwassermengen für das Gemeinschaftsklärwerk im Jahr 2015 auch für jedes Ortsnetz die Einwohner und Einwohnerwerte ermittelt, die am Gemeinschaftsklärwerk (schon) angeschlossen sind, (noch) über Kleinkläranlagen in die Vorflut entwässern bzw. über eine dezentrale Entwässerung verfügen.

Dem Entwässerungskonzept lässt sich damit zweifelsfrei entnehmen, dass es zukünftig mit dem Gemeinschaftsklärwerk A-Stadt-W. nur eine Verbandskläranlage geben soll und die anderen Kläranlagen lediglich Übergangslösungen darstellen.

Dem steht nicht entgegen, dass der Senat in einer Berufungszulassungsentscheidung vom 26. Oktober 2005 (4 L 183/05) entschieden hat, der in § 5 Abs. 3 Satz 1 der Neufassung der Satzung des Abwasserzweckverbands "Untere Mulde" über die Erhebung von Anschlussbeiträgen für die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen zentralen Abwasseranlagen und über die Kostenerstattung für Anschlusskanäle vom 19. November 2001 geregelte Tatbestand erfülle die Vorgaben an eine Verbesserung im Sinne des Beitragsrechts. Unabhängig davon, dass diese Entscheidung zu einem anderen Satzungsrecht ergangen ist, wurde damit keine Aussage zu der Frage getroffen, ob die in § 1 Abs. 1 Buchst. b) EWS geregelte Einrichtung fertig hergestellt und einer Verbesserung zugänglich war. Auf Grund fehlender Darlegung entsprechender Zulassungsgründe (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) war der Senat an einer dahingehenden Überprüfung gehindert.

b) Der Kläger hat entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch keinen Anspruch darauf, wegen § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA nach Maßgabe eines niedrigeren besonderen Herstellungsbeitrages herangezogen zu werden (vgl. dazu OVG LSA, Urt. v. 4. Dezember 2003 - 1 L 226/03 -); denn die Anwendung dieser Vorschrift kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil dem an eine grundstückseigene Klärgrube angeschlossenen Grundstück - wie oben bereits erläutert - eine die Erhebung eines Herstellungsbeitrages i. S. d. § 6 Abs. 1 KAG LSA sperrende Vorteilslage nicht geboten wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Angesichts der Kostenlastentscheidung bleibt für eine Entscheidung im Sinne des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO zugunsten des Klägers kein Raum.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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