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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 29.10.2008
Aktenzeichen: 4 L 261/07
Rechtsgebiete: LSA-KAG, LSA-StrG


Vorschriften:

LSA-KAG § 6 Abs. 1 S. 2
LSA-StrG § 9
LSA-StrG § 2
LSA-StrG § 42 Abs. 5
1. Die Ausschlusswirkung des § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA erstreckt sich nur auf Maßnahmen, die auf der Grundlage der Straßenbaulast durchgeführt worden sind.

2. Die Straßenbeleuchtung ist als eine selbständige öffentliche Aufgabe im Rahmen der Daseinsvorsorge und damit als Selbstverwaltungsangelegenheit anzusehen, die nicht in der Straßenbaulast der Gemeinde liegt mit der Folge, dass der Beitragsausschluss des § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA diese Teileinrichtung nicht erfassen kann.

3. Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen für die Verbesserung der Gehwegentwässerung ist wegen der speziellen Regelungen in § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA i. V. m. § 42 Abs. 5 Satz 1 StrG LSA ausgeschlossen; denn gemäß § 42 Abs. 5 Satz 1 StrG LSA erstreckt sich die Straßenbaulast der Gemeinde für die Ortsdurchfahrten ausschließlich auf die Gehwege und Parkplätze, während sie im Übrigen - also auch für die Entwässerungsanlagen im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 StrG LSA - dem Land oder den Landkreisen obliegt.


Gründe:

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag für die Verbesserung der Nebenanlagen der Hauptstraße (Gehwege mit Straßenbegleitgrün, Straßenbeleuchtung und Gehwegentwässerung) im Ortsteil M. der Beklagten.

Bei der Hauptstraße, die bereits vor dem 3. Oktober 1990 in allen ihren Teileinrichtungen (Fahrbahn, Gehweg, Straßenbeleuchtung, Straßenentwässerung) auf gesamter Länge hergestellt war, handelt es sich um die Ortsdurchfahrt der Kreisstraße K 1346, die am OD-Stein in Richtung R. beginnt und am OD-Stein in Richtung S. endet. Etwa auf der Mitte dieser Strecke mündet von Süden die W. Straße, Ortsdurchfahrt K 1329, in die Hauptstraße ein. In Richtung Osten ist die Hauptstraße für einen Teilbereich Ortsdurchfahrt beider Kreisstraßen (K 1346 und K 1329).

Bereits im Jahr 1998 begann die Beklagte mit den Baumaßnahmen an der Hauptstraße, die vom OD-Stein R. bis zum OD-Stein S. in insgesamt vier Bauabschnitten durchgeführt wurde. Der vierte und letzte Bauabschnitt wurde im Jahre 2005 bautechnisch fertig gestellt; die letzte Unternehmerrechnung ging am 8. November 2005 bei der Beklagten ein. Für den 2. Bauabschnitt vom OD-Stein S. bis zur Einmündung zur Kreisstraße K 1329 (W. Straße), den die Beklagte als selbständige Verkehrsanlage eingestuft hatte, wurden bereits im Jahre 2002 bei den Anliegern dieses Bauabschnitts Straßenausbaubeiträge erhoben.

Die Klägerin ist Eigentümerin des 999 m² großen, mit einem eingeschossigen Wohnhaus bebauten Grundstücks C-Straße, Flur A, Flurstück 1240/253, der Gemarkung M.. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2005 zog die Beklagte sie auf der Grundlage der Satzung über die Erhebung von einmaligen Straßenausbaubeiträgen vom 16. Dezember 2004, veröffentlicht im W. Amtsblatt vom 29. Januar 2005, für die Verbesserung des Gehwegs mit Straßenbegleitgrün, der Straßenbeleuchtung und der Gehwegentwässerung der Hauptstraße (K 1346) zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 884,29 Euro heran.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin unter dem 7. Januar 2006 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2006 zurückwies. Am 16. Februar 2006 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die sachliche Beitragspflicht sei mit Beendigung des ersten Bauabschnitts im Jahre 1999 entstanden, so dass Rechtsgrundlage für die Festsetzung eines Straßenausbaubeitrags die Satzung der Beklagten vom 29. Juli 2000 sei mit der Folge, dass die Festsetzungsverjährung für den ersten Bauabschnitt am 31. Dezember 2004 eingetreten sei. Die Erweiterung des Abrechnungsgebietes im Jahre 2005 sei rechtswidrig, weil zu diesem Zeitpunkt der Beitragsanspruch gegen sie bereits erloschen gewesen sei. Schließlich habe die Beklagte übersehen, dass die Hauptstraße im Ortsteil M. nach der Einmündung in die Kreisstraße K 1329 im Osten bis zum Ortsausgang Richtung S. weiter führe. Deshalb sei die gesamte Hauptstraße in M. eine öffentliche Verkehrsanlage im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA, die nicht weiter unterteilt werden dürfe; insbesondere habe die Einmündung in die W. Straße keinen trennenden Charakter. Der Verkehrsfluss werde hier nicht unterbrochen, weil die K 1329 nicht dominant sei. Für den östlichen Teil der Hauptstraße vom Ortseingang in Richtung S. bis zum Einmündungsbereich der Kreisstraße K 1329 habe die Beklagte aber bereits im Jahre 2002 Straßenausbaubeiträge separat abgerechnet, obwohl die Hauptstraße (K 1346) sich vom OD-Stein in Richtung R. bis zum OD-Stein in Richtung S. erstrecke. Letztlich sei der Aufwand für die Teileinrichtungen Straßenbeleuchtung und Gehwegentwässerung nicht umlagefähig.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Bescheid der Beklagten vom 9. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2006 aufzuheben,

2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und im Wesentlichen ausgeführt, bei der Hauptstraße vom westlichen Ortseingang in Richtung R. bis zur Einmündung der Kreisstraße 1329 handele es sich um eine Verkehrsanlage im Sinne des § 6 Abs. 1 KAG LSA. Insoweit habe sie das Abrechnungsgebiet nicht weiter unterteilen dürfen oder eine Abschnittsbildung beschließen müssen; letzteres sei nicht erfolgt. Da die Beitragspflicht mit Eingang der letzten Unternehmerrechnung im Jahre 2005 entstanden sei, sei der Beitragsanspruch auch noch nicht verjährt. Auch habe sie nicht rechtswirksam auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verzichtet. Die Anlieger seien im Vorfeld über den Straßenbau informiert, und Einwohnerversammlungen seien durchgeführt worden. Einer Berücksichtigung der Kosten der Straßenbeleuchtung und der Gehwegentwässerung stehe § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA nicht entgegen; insbesondere sei die Straßenbeleuchtung nicht Gegenstand der Straßenbaulast. Diese sei regelmäßig kein Teil der Straße, wie sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 StrG LSA ergebe.

Mit Urteil vom 30. August 2007 hat das Verwaltungsgericht Magdeburg den angefochtenen Bescheid teilweise mit der Begründung aufgehoben, die Hauptstraße vom OD-Stein in Richtung R. bis zum OD-Stein in Richtung S. sei aufgrund ihres Verlaufs in der Ortschaft M. und der Ausstattung der einzelnen Teileinrichtungen als selbständige Verkehrsanlage im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA zu qualifizieren mit der Folge, dass diese Verkehrsanlage auf ganzer Länge als eine Anlage abzurechnen sei. Des Weiteren sei der Aufwand für die Teileinrichtungen Straßenbeleuchtung und Gehwegentwässerung bei der Ortsdurchfahrt einer Kreisstraße wegen § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA i. V. m. § 42 Abs. 5 StrG LSA nicht beitragsfähig.

Auf den Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 10. März 2008 die Berufung auf der Grundlage des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen. Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, das Verwaltungsgericht habe die unterschiedliche Ausstattung mit Teileinrichtungen und den geradlinigen Verlauf der Hauptstraße überbewertet, die Verkehrsfunktion aber nicht zutreffend gewürdigt bzw. ins Verhältnis zu den anderen Kriterien gesetzt. Aus dem Foto Nr. 7 des Aktenvorgangs werde erkennbar, dass sich im Einmündungsbereich K 1329 das Zeichen 205 StVO "Vorfahrt gewähren" mit einem Zusatzschild befinde, das den Verlauf der Vorfahrtsstraße zeige. Die Beschilderung sei den tatsächlichen Verhältnissen angepasst, um die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu gewährleisten. Den Ortsteil M. durchquerten zwei Kreisstraßen, die sich dabei kreuzten. Es entstehe auf diese Weise ein Straßenabschnitt, der doppelt belegt sei, nämlich als K 1329 und als K 1346. Im Kreuzungsbereich Hauptstraße/W. Straße habe jedoch nicht die K 1346, sondern die K 1329 Vorrang, d. h. sie sei Hauptstraße im Sinne der StVO. Der Verkehrsfluss der Verkehrsanlage "Hauptstraße West" werde hier auf jeden Fall unterbrochen, wofür auch die Doppelbelegung zwischen W. Straße und Krugberg spreche, die ein erhöhtes Verkehrsaufkommen nach sich ziehe. Auch stehe der Beitragserhebung nicht § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA i. V. m. § 42 Abs. 5 StrG LSA entgegen. Der Gesetzgeber habe mit dieser Regelung nur die Verbindung zwischen Beitragserhebungspflicht (bzw. Abgabenhoheit) und der Straßenbaulast hervorheben wollen. Möglicherweise könne § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA auch dahin verstanden werden, dass diese Vorschrift lediglich einen Beitragsausschluss für Maßnahmen außerhalb der Ortsdurchfahrten von Kreisstraßen regele. Auch werde das von dem Verwaltungsgericht gefundene Auslegungsergebnis nicht dem Sonderstatus der Straßenbeleuchtung gerecht, auf die sich die Straßenbaulast nicht erstrecke. Das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis verstoße gegen das vom Gleichheitsgrundsatz herrührende Prinzip der Vorteilsgerechtigkeit, wenn von den Anliegern einer Kreisstraße lediglich Beiträge für den Ausbau des Gehwegs und der Parkflächen verlangt werden dürften, während Grundstückseigentümer, deren Grundstücke an Anlieger- oder Landesstraßen grenzten, sich auch an der Refinanzierung der Straßenbeleuchtung zu beteiligen hätten. Aus beitragsrechtlicher Sicht sei diese Differenzierung völlig willkürlich; insbesondere sei nicht ersichtlich, warum die vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit einer Kreisstraße weniger ausgeprägt sein solle als die einer Landesstraße, die in aller Regel in noch größerem Umfang von der Allgemeinheit genutzt werde als eine Kreisstraße. Ähnlich willkürlich falle ein Vergleich zwischen Anliegerstraße und Kreisstraße aus, sofern bei der Anliegerstraße die Straßenbeleuchtung mit 60 bis 70% berücksichtigt werde und bei der Kreisstraße mit 0%. Insofern sei eine verfassungskonforme Interpretation des § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA dahingehend geboten, dass auch bei Kreisstraßen die Straßenbeleuchtung beitragsfähig sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 2. Kammer - vom 30. August 2007 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt aus, das Verwaltungsgericht habe die Ausstattung der Hauptstraße mit Teileinrichtungen und den geradlinigen Verlauf der Hauptstraße richtig bewertet und die Verkehrsfunktion nach einer eingehenden Ortsbesichtigung zutreffend gewürdigt; insbesondere komme es nicht darauf an, ob im Einmündungsbereich K 1329 das Zeichen 205 StVO mit einem Zusatzschild stehe. Die festgestellte Vorrangfunktion der K 1346 entspreche den tatsächlichen Verhältnissen. Im Übrigen sei auch der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA i. V. m. § 42 Abs. 5 StrG LSA eindeutig, so dass für eine extensive Auslegung des Anwendungsbereichs auf weitere Teileinrichtungen (Entwässerung, Straßenbeleuchtung) auch im Ergebnis einer logischen Interpretation der Norm kein Raum sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Die Unterlagen sind Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht teilweise stattgegeben; allerdings ist der angefochtene Heranziehungsbescheid der Beklagten vom 9. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2006 entgegen der Auffassung der Vorinstanz nur in Höhe eines Teilbetrages von 70,06 Euro rechtswidrig und verletzt die Klägerin insoweit in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I. Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 6 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Sachsen-Anhalt - KAG LSA - i. V. m. der Satzung der Beklagten über die Erhebung von einmaligen Straßenausbaubeiträgen (Straßenausbaubeitragssatzung) - SABS - vom 16. Dezember 2004, die entsprechend § 3 Abs. 8 der Hauptsatzung der Beklagten ordnungsgemäß im Amtsblatt der Stadt A. vom 29. Januar 2005 veröffentlicht wurde und am 30. Januar 2005 in Kraft trat. Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit von (bundesrechtlichem) Erschließungsbeitragsrecht nach den §§ 127 ff. des Baugesetzbuchs - BauGB - liegen nicht vor, weil die abgerechnete Verkehrsanlage unstreitig im Sinne des § 242 Abs. 9 S. 1 und 2 BauGB bereits vor dem 3. Oktober 1990 hergestellt war.

II. Zutreffend geht das angefochtene Urteil davon aus, dass die Hauptstraße vom OD-Stein R. bis zum OD-Stein S. aufgrund ihres Verlaufs in der Ortschaft M. und der Ausstattung der einzelnen Teileinrichtungen als selbständige Verkehrsanlage im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA zu qualifizieren ist. Die dagegen vorgetragenen Argumente der Beklagten führen zu keiner anderen Bewertung.

Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. nur OVG LSA, Urt. v. 15.05.2007 - 4 L 512/07 -) ist beitragsfähige Verkehrsanlage - wie im Erschließungsbeitragsrecht - die Straße in ihrer gesamten Ausdehnung. Für die Beantwortung der Frage, ob eine Straße eine einzelne Verkehrsanlage ist oder aus mehreren Anlagen besteht, kommt es regelmäßig nicht auf eine einheitliche Straßenbezeichnung an. Vielmehr ist, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, maßgeblich auf das Erscheinungsbild der Verkehrsanlage (z. B. Straßenführung, Straßenbreite, Straßenlänge, Straßenausstattung, Zahl der erschlossenen Grundstücke), die Verkehrsfunktion sowie vorhandene Abgrenzungen (Kreuzungen, Einmündungen), die eine Verkehrsfläche augenfällig als ein eigenständiges Element des Straßennetzes erscheinen lassen, abzustellen, d. h. auf den Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln (BVerwG, Urt. v. 22.04.1994 - BVerwG 8 C 18.92 -, KStZ 1995, 209, v. 22.03.1996 - BVerwG 8 C 17.94 -, BVerwGE 101, 12 und v. 07.06.1996 - BVerwG 8 C 30.94 -, DÖV 1997, 294; vgl. auch OVG LSA, Urt. v. 12.08.2004 - 2 L 157/01 -). Unterscheiden sich Straßenteile nach dieser Betrachtungsweise derart, dass die Unterschiede jeden Straßenteil zu einem abgegrenzten Element des Straßennetzes machen, ist jeder dieser Straßenteile als eine eigene Erschließungsanlage anzusehen (vgl. auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 12 Rdnr. 10). Ausschlaggebend ist dabei der Zustand nach Abschluss der nach dem Bauprogramm auszuführenden Arbeiten (Driehaus, Kommunalabgabenrecht Bd. 2, § 8 Rdnr. 97c, 111a m. w. N.; OVG LSA, Beschl. v. 09.08.2004 - 2 M 256/03 -), wobei die gebotene Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse nicht zwingend eine Augenscheinseinnahme voraussetzt (BVerwG, Urt. 30.05.1997 - BVerwG 8 C 6.95 -, zit. nach juris).

Das Verwaltungsgericht hat auf der Grundlage seiner Ortsbesichtigung und der vorgelegten Unterlagen, insbesondere den bei den Akten befindlichen Kartenauszügen und Lageplänen sowie den Baubeschreibungen und Fotografien plausibel dargelegt, welcher Verkehr im Ortsteil M. auf den sich kreuzenden Kreisstraßen K 1329 (W. Straße) und K 1346 (Hauptstraße), die sich nach der Kreuzung in Richtung S. zum Teil überlappen, stattfindet, wie die Verkehrsströme verlaufen und welche Verkehrsfunktion dabei den einzelnen Straßenabschnitten der Hauptstraße und der W. Straße zukommt. Danach ist die Hauptstraße auf ihrer gesamten Länge als Durchgangsstraße einzuordnen, die dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr und dem überörtlichen Durchgangsverkehr zu dienen bestimmt ist und diese ihr zugewiesene Verkehrsfunktion auch erfüllt. Auch nach den Angaben der Beklagten kommt der Hauptstraße die Aufgabe zu, durchgehende Verkehrsströme aufzunehmen, zu bündeln und zu untergeordneten Verkehrsanlagen weiterzuleiten. Die vorgelegten Lichtbilder bestätigen diesen Eindruck, so dass der Senat von einer weiteren Ortsbesichtigung abgesehen hat.

Der Vortrag der Beklagten, die kreuzende K 1329 (W. Straße) sei als vorfahrtsberechtigt ausgeschildert, betrifft nicht die entscheidungserheblichen Kennzeichen einer bei natürlicher Betrachtungsweise einheitlichen Verkehrsanlage. Hat eine Verkehrsanlage eine einheitliche Verkehrsfunktion sowie eine dieser Funktion gerecht werdende durchgehende Ausstattung und wird sie - wie hier - entsprechend ihrer Funktion auch von den Verkehrsteilnehmern genutzt, vermag eine den Verkehrsfluss kurzzeitig unterbrechende und der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs dienende straßenverkehrsrechtliche Beschilderung - hier durch das Zeichen 205 StVO - oder eine Verkehrsampel allein den Gesamteindruck einer einheitlichen Verkehrsanlage nicht zu beeinträchtigen (so auch BayVGH, Beschl. v. 20.07.2007 - 6 ZB 04.465 -, zit. nach juris).

Hinzu kommt, dass die Beklagte entsprechend den Plänen des Landkreises A. von Anfang an den Ausbau der gesamten Ortsdurchfahrt "Hauptstraße", beginnend mit dem 1. Bauabschnitt am OD-Stein R. bis zur Einmündung in die Bahnhofstraße, folgend mit dem 2. Bauabschnitt am OD-Stein S. bis zur Kreuzung W. Straße, dem 3. Bauabschnitt von der Kreuzung W. Straße bis zur Kreuzung Krugberg und schließlich abschließend mit dem 4. Bauabschnitt von der Einmündung Krugberg bis zur Kreuzung Bahnhofstraße, beabsichtigt und entsprechend der Bewilligung von Fördermitteln auch umgesetzt hat. Eine Abschnittsbildung wurde zu keinem Zeitpunkt beschlossen; insbesondere hat die Erneuerung oder Verbesserung von Ortsstraßen auf der Basis von Bauabschnitten, die sich an technischen Erfordernissen orientieren, mit der Bildung von Abschnitten im beitragsrechtlichen Sinne, die äußerlich erkennbaren Merkmalen sowie Unterschieden bei den Herstellungskosten zu folgen hat, nichts zu tun.

III. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht der Heranziehung der Klägerin zu Straßenausbaubeiträgen für die Verbesserung der Straßenbeleuchtung § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA i. V. m. § 42 Abs. 5 des Straßengesetzes für das Land Sachsen-Anhalt - StrG LSA - nicht entgegen.

1. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA dürfen für Kreisstraßen mit Ausnahme der in § 42 Abs. 5 StrG LSA genannten Einrichtungen ("Gehwege und Parkplätze") keine Straßenausbaubeiträge erhoben werden. Bereits der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA, aber auch die systematische Stellung des § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA im Kontext zur Beitragserhebungspflicht der Gemeinden und innerhalb der Rechtsordnung ließen damit - so das Verwaltungsgericht - nur den Schluss zu, dass andere Teileinrichtungen von Ortsdurchfahrten grundsätzlich nicht der Straßenausbaubeitragspflicht unterliegen.

Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Norminterpretation wird indes dem Regelungsgehalt der §§ 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA, 42 Abs. 5 StrG LSA nicht gerecht. § 42 StrG LSA regelt für das Land Sachsen-Anhalt, wer Träger der Straßenbaulast für die Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen ist. Für Kreisstraßen - wie hier - sind gemäß § 42 Abs. 1 Satz 2 StrG LSA die Landkreise bzw. kreisfreien Städte Träger der Straßenbaulast, die sich allerdings für die Ortsdurchfahrten gemäß § 42 Abs. 5 Satz 1 StrG LSA nicht auf die Gehwege und Parkplätze erstreckt. Insoweit ist die Gemeinde Trägerin der Straßenbaulast und kann dementsprechend gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA für den Ausbau dieser Teileinrichtungen Straßenausbaubeiträge erheben. Ausgehend von dieser Systematik und der gesetzlich verankerten Verknüpfung von straßenrechtlichen und beitragsrechtlichen Normen erstreckt sich die Ausschlusswirkung des § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA nur auf Maßnahmen, die auf der Grundlage der Straßenbaulast durchgeführt worden sind.

Gemäß § 9 Abs. 1 StrG LSA umfasst die Straßenbaulast alle mit dem Bau und der Unterhaltung der öffentlichen Straßen im Sinne des § 2 StrG LSA zusammenhängenden Aufgaben. Gemäß § 2 Abs. 1 StrG LSA sind öffentliche Straßen diejenigen Straßen, Wege und Plätze, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind. Zu ihnen gehört gemäß § 2 Abs. 2 StrG LSA u. a. der Straßenkörper (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 StrG LSA; z. B. Fahrbahn, Entwässerungsanlagen, Geh- und Radwege, Parkstreifen), der Luftraum über dem Straßenkörper (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 StrG LSA), das Zubehör (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 StrG LSA; z. B. Verkehrszeichen und Straßenbeleuchtung, soweit sie zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht erforderlich ist) und die Nebenanlagen (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 StrG LSA; z. B. Straßenmeistereien).

2. Es ist allerdings seit jeher anerkannt, dass die Herstellung und Unterhaltung der Straßenbeleuchtung nicht aufgrund einer der Gemeinde obliegenden Straßenbaulast erfolgt, sondern es sich dabei um eine davon zu trennende selbständige öffentliche Aufgabe handelt, die die Gemeinde unabhängig davon, wer Straßenbaulastträger ist, wahrzunehmen hat (BVerwG, Urt. v. 15.09.1989 - BVerwG 8 C 4.88 -, zit. nach juris; OVG RP, Urt. v. 27.09.1983 - 6 A 63/82 -, DÖV 1984, 596 [597]).

Die Straßenbeleuchtung stellte ursprünglich eine Aufgabe der Gefahrenbeseitigung dar, die von dem Träger der örtlichen "Polizeilasten", der Gemeinde, wahrzunehmen war, deren Erfüllung der Überwachung durch die zuständigen Staatsorgane (Ortspolizeibehörde) unterlag und erforderlichenfalls auch im Aufsichtswege durchgesetzt werden konnte. Diese an dem Gesichtspunkt der (polizeilichen) Gefahrenabwehr orientierte Begründung der allgemeinen Straßenbeleuchtung erscheint nach den heutigen Verhältnissen aber zu eng. Die allgemeine Beleuchtung ist, je größer die Gemeinde ist, desto mehr ein Mittel zur Förderung des gemeindlichen Lebens, zur Belebung der wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Bestrebungen, zur Hebung der Bequemlichkeit der Bürger und des Ansehens der Stadt. Die Straßenbeleuchtung ist daher über die ihr ursprünglich allein innewohnende polizeiliche Bedeutung hinausgewachsen zu einer jener Angelegenheiten, deren Regelung in eigener Verantwortung der örtlichen Gemeinschaft verfassungsrechtlich gewährleistet ist (Art. 28 Abs. 2 GG). Die Straßenbeleuchtung ist mithin als eine selbständige öffentliche Aufgabe im Rahmen der Daseinsvorsorge und damit als Selbstverwaltungsangelegenheit anzusehen, die nicht in der Straßenbaulast der Gemeinde liegt (vgl. zum Ganzen: Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Aufl., Kapitel 41, Rdnrn. 41 bis 43; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rdnr. 327 m. w. N.; OVG NW, Beschl. v. 01.07.2004 - 15 A 2188/04 -, zitiert nach juris; OVG RP, Urt. v. 27.09.1983, a. a. O.) mit der Folge, dass der Beitragsausschluss des § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA diese Teileinrichtung nicht erfassen kann.

Auch § 2 Abs. 2 Nr. 3 StrG LSA steht dem nicht entgegen; denn nach dieser Vorschrift kann die Straßenbeleuchtung als Zubehör einer öffentlichen Straße nur dann Gegen-stand der Straßenbaulast sein, wenn sie zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht erforderlich ist, d. h. die Straßenbeleuchtung muss, um der Verkehrssicherungspflicht und damit zugleich der Straßenbaulast der Gemeinde zu unterfallen, der Abwehr von Gefahren dienen, die aus der Zulassung des Verkehrs auf öffentlichen Wegen entstehen können. Eine Beleuchtungspflicht in diesem Sinne besteht also nur, soweit sich eine Gefahrenlage aus dem baulichen Zustand der Straße oder aus dem Fehlverhalten der Verkehrsteilnehmer ergibt, das der Anlage und der Beschaffenheit der Straße zuzurechnen ist. Nur für diesen Fall unterliegt die Straßenbeleuchtung der Straßenbaulast und kann folgerichtig aufgrund des Ausschlusstatbestands des § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA i. V. m. § 42 Abs. 5 StrG LSA von der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ausgenommen sein.

Die von der Beklagten errichtete Straßenbeleuchtung erfolgte aber nach den vorliegenden Unterlagen nicht in Wahrnehmung ihrer Verkehrssicherungspflichten, sondern in Erfüllung ihrer allgemeinen Beleuchtungspflicht für öffentliche Verkehrsflächen, die - wie oben bereits erläutert - gerade nicht Teil der Straßenbaulast ist. IV. Mit Blick auf die oben (vgl. III. 1.) aufgezeigten Grundsätze hat das Verwaltungsgericht allerdings zu Recht festgestellt, dass die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen für die Verbesserung der Gehwegentwässerung wegen der speziellen Regelungen in § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA i. V. m. § 42 Abs. 5 Satz 1 StrG LSA ausgeschlossen ist; denn gemäß § 42 Abs. 5 Satz 1 StrG LSA erstreckt sich die Straßenbaulast der Gemeinde für die Ortsdurchfahrten ausschließlich auf die Gehwege und Parkplätze, während sie im Übrigen - also auch für die Entwässerungsanlagen im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 StrG LSA - dem Land oder den Landkreisen obliegt.

Die Kosten für die Verbesserung der Gehwegentwässerung sind auch nicht als Kosten für den Ausbau der Teileinrichtung "Gehweg" beitragsfähig; denn nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 1 StrG LSA sind die "Entwässerungsanlagen", d. h. Straßengräben, Rohrdurchlässe, Kanalisationen und Sickerungen, von den "Gehwegen" zu unterscheiden, so dass Aufwendungen für den Ausbau der Gehwegentwässerung nicht gleichsam Aufwendungen für den Ausbau des Gehwegs sind.

Mit diesem Verständnis des § 6 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA ist auch kein Verstoß gegen die gesetzlich verankerte Beitragserhebungspflicht (§ 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA i. V. m. § 91 Abs. 1 und 2 GO LSA) der Gemeinde verbunden; denn Voraussetzung für die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ist, dass die ausgebaute Verkehrsanlage oder die betreffende Teileinrichtung - mit Ausnahme der Straßenbeleuchtung - in der Straßenbaulast der Gemeinde liegt. Dies ist gemäß § 42 Abs. 5 Satz 1 StrG LSA für die Straßenentwässerung aber gerade nicht der Fall.

Demnach ergibt sich nunmehr - ausgehend von einem umlagefähigen Aufwand für die gesamte Verkehrsanlage von 109.537,96 Euro und einer Gesamtbeitragsfläche von 161.272,9 m² (vgl. die von der Beklagten bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte 2. Hilfsberechnung, Bl. 48 der Gerichtsakte) - ein Beitragssatz von 0,6792 €/m², so dass die Klägerin bei einer anrechenbaren Grundstücksfläche von 1.198,8 m² (999 m² Grundstücksfläche + 20 % Geschosszuschlag) für die Verbesserung der Gehwege mit Straßenbegleitgrün und der Straßenbeleuchtung einen Straßenausbaubeitrag in Höhe von 814,24 Euro zu zahlen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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