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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 08.05.2009
Aktenzeichen: 4 L 272/07
Rechtsgebiete: LSA-EigBetrG, LSA-GO, VwGO
Vorschriften:
LSA-EigBetrG § 7 | |
LSA-EigBetrG § 7 Abs. 1 S. 1 | |
LSA-EigBetrG § 7 Abs. 2 S. 1 | |
LSA-GO § 57 Abs. 2 | |
VwGO § 62 Abs. 3 |
2. Als Bedienstete i.S.d. § 7 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 EigBetrG LSA sind nur bei dem Eigenbetrieb beschäftigte Bedienstete einer Gemeinde i.S.d. § 11 EigBetrG LSA anzusehen.
Gründe:
Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung ist unzulässig.
Die (ehemalige) Leiterin des Rechtsamtes der Beklagten, die den Antrag auf Zulassung der Berufung unterzeichnet hat, ist nicht prozessfähig i.S.d. § 62 Abs. 3 VwGO gewesen. Danach handeln für Vereinigungen sowie für Behörden ihre gesetzlichen Vertreter, Vorstände oder besonders Beauftragte. Die Regelung findet auch Anwendung auf juristische Personen des öffentlichen Rechts wie Gemeinden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. A., § 62 Rdnr. 14).
Vorliegend wird die für Gemeinden geltende Vertretungsregelung des § 57 Abs. 2 GO LSA durch die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Eigenbetriebsgesetz Sachsen-Anhalt - EigBetrG LSA - überlagert. Danach vertritt die Betriebsleitung des Eigenbetriebes die Gemeinde in den Angelegenheiten des Eigenbetriebes. Diese Vorschrift ist entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht nur dann anwendbar, wenn der Eigenbetrieb Beklagter des Rechtsstreits wäre. Schon aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 EigBetrG LSA ergibt sich, dass eine Vertretung der Gemeinde in Rede steht, also gerade nicht eine Vertretung des Eigenbetriebes. Darüber hinaus hat ein Eigenbetrieb gem. § 1 EigBetrG LSA keine eigene Rechtspersönlichkeit, so dass der Regelung in der von der Beklagten vertretenen Auslegung kaum ein Anwendungsbereich zukäme. In der Vorinstanz war dementsprechend als Vertreter der Gemeinde der Betriebsleiter des Eigenbetriebes aufgetreten, der gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 der Eigenbetriebssatzung der Beklagten vom 16. Dezember 2004/27. Januar 2005 zur Leitung des Eigenbetriebes bestellt ist. Dass die Vorinstanz als Vertreter der Beklagten in den Tenor des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft den Oberbürgermeister aufgenommen hat, lässt die zwingende Geltung der Regelung des Eigenbetriebsgesetzes unberührt.
Keine prozessuale Bedeutung hat es, dass der Betriebsleiter im Oktober 2007 die Leiterin des Rechtsamtes bevollmächtigt hatte, "in ihrer Eigenschaft als Leiterin des Rechtsamtes der Stadt A. Erklärungen im Namen und mit Wirkung für den Eigenbetrieb abzugeben", und diese "Vollmacht" auf Rechtsstreitigkeiten hinsichtlich der vom Eigenbetrieb im Name der Beklagten erlassenen Abwassergebührenbescheide erstreckt hatte.
Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 EigBetrG kann die Betriebsleitung Bedienstete in bestimmtem Umfang mit ihrer Vertretung beauftragen (Alt. 1) und in einzelnen Angelegenheiten rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilen (Alt. 2). Bei der erteilten "Vollmacht" handelte es sich vorliegend trotz dieser Bezeichnung nicht um eine rechtsgeschäftliche Vollmacht i.S.d. § 7 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 EigBetrG für einzelne Angelegenheiten, sondern um eine Beauftragung i.S.d. § 7 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 EigBetrG LSA.
Es ist schon fraglich, ob eine derart generelle Beauftragung angesichts der inhaltlichen Begrenzung der Ermächtigungsnorm ("in bestimmtem Umfang") noch zulässig ist. Jedenfalls aber sind als Bedienstete i.S.d. § 7 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 EigBetrG LSA nur bei dem Eigenbetrieb beschäftigte Bedienstete einer Gemeinde i.S.d. § 11 EigBetrG LSA anzusehen (so wohl auch Zeiß, Das Recht der gemeindlichen Eigenbetriebe, 4. A., Rdnr. 168 S. 77, für die vergleichbare Regelung des § 6 Abs. 2 EigBG BW), so dass die Leiterin des Rechtsamtes einer Gemeinde nicht unter diesen Personenkreis fällt. Auch wenn es der Wortlaut des § 7 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 EigBetrG LSA nicht ausschließt, als "Bedienstete" sämtliche Gemeindebedienstete i.S.d. § 73 GO LSA anzusehen, folgt aus der Systematik des Eigenbetriebsgesetzes sowie Sinn und Zweck des Gesetzes, dass diese Regelung einschränkend auszulegen ist. Das Eigenbetriebsgesetz stellt in mehreren Vorschriften auf die bei dem Eigenbetrieb beschäftigten Bediensteten ab (§§ 8 Abs. 3 Satz 1; 11 Abs. 2 Satz 2 und 3) und unterscheidet in § 11 Abs. 2 Satz 4 bei Umsetzungen ausdrücklich zwischen der allgemeinen Gemeindeverwaltung und dem Eigenbetrieb. Schon diese Trennung spricht dafür, den ohne nähere Umschreibung verwendeten Begriff "Bedienstete" in § 7 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 EigBetrG LSA auch nur auf die von dem Eigenbetriebsgesetz unmittelbar erfassten Bediensteten des Eigenbetriebes zu erstrecken. Darüber hinaus lässt sich dem Eigenbetriebsgesetz entnehmen, dass einem Eigenbetrieb trotz fehlender Rechtspersönlichkeit als Anstalt des öffentlichen Rechts eine weitgehende organisatorische Selbständigkeit innerhalb der Gemeinde zukommen soll. Neben der Bestimmung einer Betriebsleitung und der Unterscheidung zwischen allgemeiner Gemeindeverwaltung und Eigenbetrieb sieht das Eigenbetriebsgesetz einen speziellen Betriebsausschuss (§§ 8, 9 EigBetrG LSA) vor und ordnet an, dass der Eigenbetrieb als Sondervermögen der Gemeinde zu verwalten und nachzuweisen ist (§ 12 Abs. 1 EigBetrG LSA). Gerade diese Selbständigkeit des Eigenbetriebes innerhalb der Gemeinde führt dazu anzunehmen, dass ohne besondere gesetzliche Anordnung die Erteilung der Vertretungsbefugnis i.S.d. § 7 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 GO LSA nicht auf solche Gemeindebedienstete erfolgen soll, die mit dem Eigenbetrieb an sich nichts zu tun haben. Zudem ist im Gegensatz zu den Eigenbetriebsvorschriften einiger anderer Bundesländer (vgl. § 5 Abs. 2 EigAnVO RP; § 3 Abs. 2 EigVO NRW; § 4 Abs. 3 Satz 1 EigV SH; § 6 Abs. 2 Satz 2 EigV BrB; § 3 Abs. 5 Satz 1 EigBGes He) eine öffentliche Bekanntmachung der zur Vertretung Befugten bzw. der Beauftragten nicht vorgesehen, so dass auch deshalb eine restriktive Auslegung geboten erscheint. Dass in manchen Bundesländern die Beauftragung ausdrücklich auf Bedienstete des Eigenbetriebes bzw. Betriebsangehörige beschränkt ist (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 1 EigV BrB; § 4 Abs. 2 EigV SH; § 4 Abs. 2 EigBetrVO Nds; § 4 Abs. 2 EigVO MV; § 6 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 SächsEigBetrG; § 3 Abs. 3 EigBG He), hat dagegen für die Auslegung des § 7 Abs. 2 Satz 1 EigBetrG LSA keine durchgreifende Bedeutung.
Soweit die Beklagte darauf verweist, für prozessuale Handlungen, die das Verwaltungsgerichtsverfahren beträfen, werde § 7 Abs. 1 Satz 1 EigBetrG LSA durch die Verwaltungsgerichtsordnung - gemeint ist wohl § 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO in der bis 30. Juni 2008 geltenden Fassung - verdrängt, ist dem nicht zu folgen. Bei dieser Vorschrift wie auch der Vorschrift des § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO handelt es sich um Regelungen zur Postulationsfähigkeit, die zusätzliche Vorgaben für den nach § 62 Abs. 3 VwGO prozessfähigen Vertreter der juristischen Person des öffentlichen Rechts aufstellen.
Auch dass nach § 6 der Eigenbetriebssatzung der Beklagten bei ihrem Eigenbetrieb kein eigenes Personal vorgehalten wird, lässt die gesetzliche Beschränkung unberührt.
Offen bleiben kann danach, welche Rechtswirkungen es hat, dass die Leiterin des Rechtsamtes entgegen § 7 Abs. 2 Satz 2 EigBetrG LSA nicht unter dem Namen des Eigenbetriebes gezeichnet hat.
Ob und in welcher Weise die fehlende Prozessfähigkeit im Berufungszulassungsverfahren durch eine Genehmigung nach Ablauf der Zulassungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO geheilt werden könnte, muss nicht entschieden werden. Eine solche Genehmigung ist weder ausdrücklich noch konkludent erfolgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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