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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 23.03.2006
Aktenzeichen: 4 L 281/05
Rechtsgebiete: KAG LSA, BauNVO


Vorschriften:

KAG LSA § 6c II
KAG LSA § 6c II 1
BauNVO § 3
BauNVO § 3 IV
1. Unterlässt es das Verwaltungsgericht, auf eine teilweise Rücknahme der Klage das Verfahren entsprechend einzustellen, können die (deklaratorisch wirkende) Teileinstellung des Verfahrens und die Kostenentscheidung durch das Rechtsmittelgericht nachgeholt werden.

2. Zur Abgrenzung des Wohnens von anderen Nutzungsformen sind im Rahmen des § 6c Abs. 2 Satz 1 KAG LSA die einschlägigen Regelungen der Baunutzungsverordnung heranzuziehen und es ist auf die bau(planungs)rechtliche Auslegung der Wohnnutzung abzustellen.

3. Der Begriff des "Wohnens" umfasst auch den dauerhaften Aufenthalt alter Menschen in Wohnheimen, bei denen - wie in einem Altenpflegeheim i.S.d. §§ 23 bis 27 Heimmindestbauverordnung - die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises gegenüber der Betreuung und Pflege der Bewohner in den Hintergrund tritt. Solche Altenpflegeheime sind nur dann keine Wohngebäude nach § 3 Abs. 4 BauNVO und dienen nicht i.S.d. § 6c Abs. 2 KAG LSA vorwiegend Wohnzwecken, wenn das jeweilige Heim auf die medizinische Erkennung und auf die Rehabilitierung zielende Behandlung von Patienten unter dauerhafter ärztlicher Leitung und Aufsicht ausgerichtet ist.

4. Eine satzungsrechtliche Regelung, wonach die Begrenzung für übergroße Wohngrundstücke i.S.d. § 6c Abs. 2 KAG nicht anzuwenden ist, wenn die Übergröße des Wohngrundstücks in der Art der Bebauung und Nutzung ihre Rechtfertigung findet, beispielsweise bei einer Bebauung des Grundstücks mit mehreren Wohnhäusern oder einem Mehrfamilienwohnhaus, so dass insgesamt mehr als drei separate, eigenständige Wohnungen auf dem Grundstück vorhanden sind, oder bei einer Bebauung mit einem Wohnblock, stellt eine Abweichung von der zwingenden Vorschrift des § 6c Abs. 2 Satz 1 KAG LSA dar, so dass die Bestimmung nichtig ist.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 4 L 281/05

Datum: 23.03.2006

Tatbestand:

Der Kläger betreibt auf dem 3.087 qm großen Grundstück K-Weg 16 in S-Stadt (Flur A, FlSt. 1) ein Alten- und Pflegeheim. Mit Bescheid vom 19. August 2003 setzte der Beklagte einen Beitrag für den Anschluss an die zentrale Entwässerung in Höhe von 24.720,70 € fest. Der Beklagte legte der Beitragsberechnung die gesamte Grundstücksfläche zugrunde und wandte die Regelung des § 6c Abs. 2 KAG LSA nicht an. Den gegen den Bescheid erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2004 zurück.

Der Kläger hat am 26. Februar 2004 beim Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben und in der mit einem Klageantrag versehenen Klageschrift unter Angabe des gesamten Beitrages als Streitwert die Aufhebung des Beitragsbescheides begehrt. Zur Begründung hat er vorgetragen, das Grundstück diene i.S.d. § 6c Abs. 2 KAG LSA vorwiegend Wohnzwecken. Das Heim sei im Januar 2005 von 2 Personen ohne Pflegestufe, 37 Personen mit Pflegestufe I, 44 Personen mit Pflegestufe II und 3 Personen mit Pflegestufe III bewohnt worden.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 19. August 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2004 insoweit aufzuheben, als ein Beitrag von mehr als 6.296,29 € festgesetzt war.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Klage im Einzelnen entgegen getreten und hat geltend gemacht, der Aufenthalt der Bewohner von Alten- und Pflegeheimen erfülle wesentliche Elemente des Wohnens nicht.

Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat den angefochten Bescheid mit Urteil vom 6. Juli 2005 aufgehoben, soweit darin ein Beitrag von mehr als 6.296,29 € festgesetzt war, und die Kosten des Verfahrens dem Beklagten auferlegt.

Das Grundstück des Klägers diene nach der tatsächlichen Nutzung zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides (überwiegend) Wohnzwecken, so dass der Beitragsbescheid jedenfalls teilweise rechtswidrig sei. Der Gesetzgeber habe mit § 6c Abs. 2 KAG LSA an die Art der Grundstücksnutzung angeknüpft, um die Wohnnutzung insbesondere von der gewerblichen Nutzung abzugrenzen. Für die Abgrenzung verschiedener Nutzungsarten seien aber die Vorschriften der BauNVO von Bedeutung. Weiterhin müssten die für die Prüfung einer Wohnnutzung bestimmenden Umstände in einer den Sachverhalt pauschalierenden Weise Berücksichtigung finden. Sonst würde auch die Anwendung der Vorschrift in einer vom Gesetzgeber offensichtlich nicht beabsichtigten Weise erschwert werden. Es könne deshalb nicht außer Betracht bleiben, dass § 3 Abs. 4 BauNVO 1990 zu den Wohngebäuden auch solche zähle, die ganz oder teilweise Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienten. In Anbetracht dessen handele sich unter Berücksichtigung der vorgelegten Heimverträge bei dem Grundstück des Klägers um ein Wohngrundstück. Die Personen in dem Alten- und Pflegeheim hätten dort ihren Aufenthalt unter Aufgabe ihres bisherigen Wohnsitzes gewählt, um dort auf Dauer zu wohnen. Der zum Straßenausbaubeitragsrecht ergangene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 19. November 2004 (- 2 M 337/04 -) stehe dem nicht entgegen.

§ 11 Abs. 1 Satz 6 (wohl Satz 7) der Beitragssatzung des Beklagten, wonach die Regelungen für übergroße Wohngrundstücke nicht gelten würden, wenn die Übergröße in der Art der Bebauung und Nutzung seine Rechtfertigung finde, sei auf Grund der zwingenden Regelung des § 6c Abs. 2 KAG LSA nicht anwendbar.

Der Beklagte hat fristgerecht die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Er macht zur Begründung zunächst geltend, der Kläger habe durch die Reduzierung seines Antrages in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht die Klage teilweise zurückgenommen.

Weiterhin diene das klägerische Grundstück nicht, jedenfalls nicht überwiegend, dem Wohnen. Es gebe schon keine Anhaltspunkte dafür, dass § 6c Abs. 2 KAG LSA die Wohnnutzung insbesondere von der gewerblichen Nutzung abgrenzen wolle. Auch fände sich weder in der Entstehungsgeschichte der Norm noch nach Sinn und Zweck des Gesetzes ein Anhaltspunkt, weshalb bei der Auslegung vornehmlich auf die Art der Nutzung eines Grundstückes vor dem Hintergrund des Bauplanungsrechts abzustellen sei. Dort gehe es um bodenrechtliche Aspekte bzw. die planerische Konfliktbewältigung, vorliegend um Billigkeitsfragen. Gerade die unterschiedslose Geltung der Regelung im Anschluss- als auch im Ausbaubeitragsrecht spreche dafür, dass nicht auf bauplanungsrechtliche Aspekte, sondern vielmehr auf die beitragsprägende Vorteilslage abgestellt werden müsse. Denn eine bloße bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer Wohnnutzung führen gleichwohl nicht zur Anwendung der Billigkeitsregelung, wenn von dieser Nutzung kein Gebrauch gemacht werde. Deshalb erleichtere die Bezugnahme auf die BauNVO die Anwendung der Norm nicht. Der Aufgabenträger müsse trotz bauplanungsrechtlich eindeutiger Einordnung in jedem Einzelfall prüfen, ob das Grundstück zum einen dem Wohnen diene und zum anderen die Wohnnutzung anderen Nutzungen gegenüber überwiege.

Gerade die Novellierung der BauNVO im Jahr 1990 zeige, dass der Begriff des Wohnens an sich nicht die Konstellation umfasse, in der die Pflege überwiege. Andernfalls hätte es der Novellierung nicht bedurft. Im Übrigen habe das Bundesverwaltungsgericht entgegen eines Zitates des Verwaltungsgerichts gerade nicht ausgeführt, dass eine Gebäudenutzung selbst bei vollständiger Pflege und Betreuung als Wohnen zu werten sei. Es habe lediglich entschieden, dass eine gewisse Betreuung und Pflege dem Begriff des Wohnens im Sinne von § 3 BauNVO 1968 dann nicht ausschließe, wenn gleichwohl noch die das Wohnen prägenden Merkmale im Grundsatz erhalten blieben. Dabei anzuwendende Kriterien seien eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, die eigene Gestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie die Freiwilligkeit des Aufenthalts. Damit sei das Wohnen von anderen Nutzungsformen, etwa der Unterbringung, dem Verwahren unter gleichzeitiger Betreuung, der bloßen Schlafstätte oder anderen Einrichtungen, die nicht als Wohngebäude, sondern als soziale Einrichtungen einzustufen seien, abzugrenzen. Der Verordnungsgeber habe sich in § 3 Abs. 4 BauNVO 1990 für eine Fiktion entschieden. Es bleibe daher auch nach dieser Regelung dabei, dass Pflegeheime, in denen nicht das Wohnen, sondern die Pflege alter und kranker Menschen Hauptzweck sei, unter Einrichtungen für soziale und/oder gesundheitliche Zwecke gefasst würden. Insgesamt habe das Verwaltungsgericht unberücksichtigt gelassen, dass durch die bauliche Einteilung des klägerischen Alten- und Pflegeheimes den Bewohnern eine selbstständige Versorgung und Lebensführung gerade nicht ermöglicht werde. Die bauliche Anlage weise nicht die typischen Merkmale eines Wohngebäudes auf, denn es handele sich um Einheiten, die nicht mit einer eigenen Küche ausgestattet seien. Dies sei jedoch bei Wohnungen nach § 50 Abs. 4 Satz 1 BauO LSA erforderlich.

Selbst wenn man davon ausginge, dass die Heimbewohner in dem Heim wohnten, führe dies nicht automatisch dazu, dem klägerischen Grundstück auch bei objektiver Betrachtungsweise den Charakter eines Wohngrundstücks zusprechen zu müssen. Entscheidend sei, ob auf dem jeweiligen Grundstück das Wohnen überwiege oder aber - ohne dass eine Wohnnutzung ignoriert oder verneint würde - eine andere Nutzung als überwiegend anzusehen sei. Nicht ersichtlich sei, weshalb es in diesem Zusammenhang nicht auf die Anzahl der der jeweiligen Pflegegruppe zuzuordnenden Personen ankommen solle. In diesem Zusammenhang seien auch die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts in dem Beschluss vom 19. November 2004 verwertbar. Der 2. Senat habe zutreffend ausgeführt, dass nur bei dem Altenwohnheim der Wohncharakter eindeutig im Vordergrund stehe. Bei der Kategorie des reinen oder überwiegenden Altenpflegeheims, das - wie hier - der Aufnahme von vornherein oder voraussehbar auf Dauer pflegebedürftiger alter Menschen diene, ohne dass schon von einer Unterbringung ausgegangen werden müsse, trete das Wohnelement stark hinter den Versorgungs-, Pflege- und Betreuungscharakter der Einrichtung zurück. Dabei sei auch auf die Heimverträge abzustellen, die keinen miet- oder eigentumsrechtlichen Charakter hätten, sondern es stehe eindeutig der Heimcharakter und die Pflege im Vordergrund.

Nicht ignoriert werden könne schließlich, dass § 6c Abs. 2 Satz 2 KAG LSA, der zunächst lediglich von (allen) Wohngrundstücken gehandelt und deshalb möglicherweise auch Altenpflegeheime umfasst habe, 1997 dahingehend modifiziert worden sei, dass es auf die überwiegende Wohnnutzung ankomme.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 9. Kammer - vom 6. Juli 2005 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht geltend, unter Berücksichtigung der Vorgaben aus der BauNVO sei auch ein Altenpflegeheim als Wohngebäude anzusehen. Ergänzend werde insoweit auf die vom Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt bekannt gemachte Pflegekonzeption "Wege in eine neue Pflegelandschaft" verwiesen. Darin habe der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er auch den dauerhaften Aufenthalt von alten und pflegebedürftigen Personen in Altenpflegeheimen als Akt des Wohnens ansehe. Nur bei einer nicht mehr selbstbestimmten Unterbringung oder Nutzung als Schlafstelle könne dies anders sein. Den dafür notwendigen krankenhausähnlichen Charakter weise jedoch das Heim nicht auf. Zudem gehe das Heim hinsichtlich der Anforderungen an die Wohnung deutlich über die Vorgaben der Heimmindestbauverordnung hinaus. Es verfüge nur über Einzelzimmer, die nicht nur in ihrer Größe die Vorgaben übertreffen würden, sondern auch alle über ein eigenes Bad verfügten. Dadurch werde der Wohncharakter noch zusätzlich bestärkt. Schließlich sei auch die Pflege in den drei Pflegestufen nicht ausnahmslos auf medizinische Versorgung ausgerichtet, sondern auch auf Hilfe bei allgemeinen, dem Wohnen zuzuordnenden Tätigkeiten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Verfahren war zunächst in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO teilweise einzustellen.

Denn durch die Beschränkung seines Klageantrages in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger seine Klage zurückgenommen, soweit mit ihr der streitbefangene Bescheid in einer Höhe von mehr als 18.424,41 € angegriffen wurde. Die von dem anwaltlich vertretenen Kläger erhobene Klage war nach der Klageschrift vom 26. Februar 2004 dahingehend auszulegen, dass der gesamte Beitragsbescheid angefochten werden sollte. Nicht nur wurde der vollständige Beitrag als Streitwert angegeben, sondern auch der formulierte Klageantrag richtet sich darauf, "den Erhebungsbescheid vom 19. 08. 2003 und den Widerspruchsbescheid vom 29. 01. 2004 aufzuheben". Aus der in der Klageschrift gegebenen Begründung ergibt sich ebenfalls nicht in hinreichender Weise, dass der Beitragsbescheid nur teilweise Gegenstand der Anfechtungsklage sein sollte. Zwar wird darin erläutert, dass es für den Kläger nicht nachvollziehbar sei, warum der endgültige Beitragsbescheid von einer vorher gegebenen Kostenschätzung in Höhe von 20.407,20 DM abweiche, und dass es voraussichtlich um die Rechtsfrage gehe, ob das Seniorenheim als Wohnbebauung anzusehen sei. Jedoch wird daraus nicht deutlich, dass und in welcher Höhe der Kläger nur einen Teil des Beitrages entrichten wollte. Die (deklaratorisch wirkende) Teileinstellung des Verfahrens und die Kostenentscheidung können durch das Rechtsmittelgericht nachgeholt werden (vgl. VGH Hessen, Urt. v. 31. Oktober 1974 - VII OE 45/74 -, LS zit. nach JURIS; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 92 Rdnr. 76).

Im Übrigen ist die zulässige Berufung unbegründet, weil das Verwaltungsgericht der vom Kläger mit seinem Antrag in der mündlichen Verhandlung verfolgten Klage zu Recht stattgeben hat. Denn der Beitragsbescheid des Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist - soweit er angefochten ist - rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten handelte es sich bei dem mit einem Alten- und Pflegeheim bebauten Grundstück des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. OVG LSA, Urt. v. 6. Dezember 2001 - 1 L 321/01 -) um ein übergroßes Wohngrundstück i.S.d. §§ 6c Abs. 2 Satz 1 KAG LSA, 11 Abs. 1 der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Abwasserbeseitigung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes H-Stadt v. 11. Dezember 2002 - BGS -, das nur begrenzt für die Beitragserhebung heranzuziehen war.

1. Das Heim auf dem streitbefangenen Grundstück ist zwar unstreitig als Altenpflegeheim i.S.d. §§ 23 bis 27 Heimmindestbauverordnung - HeimMindBauVO - einzustufen. Das Grundstück diente aber trotzdem i.S.d. §§ 11 Abs. 1 Satz 1 BGS, 6c Abs. 2 Satz 1 KAG LSA nach seiner tatsächlichen Nutzung vorwiegend Wohnzwecken.

Mit Wohnen ist nach dem sprachgebräuchlichen Verständnis der Inbegriff des häuslichen Lebens umschrieben, der die unterschiedlichen, gegenüber anderen Lebensbereichen abgrenzbaren Wohnbedürfnisse und üblichen Wohngewohnheiten umfasst. Dabei ist Wohnen anders als die Unterbringung oder die Schlafstätte geprägt von einer auf Dauer angelegten Häuslichkeit, die die selbstbestimmte Gestaltung des häuslichen Wirkungskreises einschließt. Das Wohnen in diesem Sinne wird u.a. durch die Merkmale des Ausruhens, der Feierabend- und Wochenendbeschäftigung, aber auch des aktiven Kräftesammelns ausgefüllt (so OVG LSA, Urt. v. 6. Mai 2003 - 1 L 498/02 -; vgl. auch Fickert/Fieseler, BauNVO 10. A., § 3 Rdnr. 1).

a) Zur Abgrenzung des Wohnens von anderen Nutzungsformen sind im Rahmen des § 6c Abs. 2 Satz 1 KAG LSA die einschlägigen Regelungen der Baunutzungsverordnung - BauNVO - i.d.F. der Bekanntmachung vom 23. Januar 1990, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. April 1993, heranzuziehen. Zwar gilt die BauNVO - von Einzelnormen abgesehen - nicht unmittelbar gegenüber dem Bürger und regelt außerdem nur die bau(planungs)rechtliche Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben. Im Rahmen des § 6c Abs. 2 KAG LSA ist aber auf die bau(planungs)rechtliche Auslegung der Wohnnutzung abzustellen. Der Zweck der Regelung, die im Anschluss- und Ausbaubeitragsrecht gleichermaßen Anwendung findet, besteht darin, der Erfahrungstatsache Rechnung zu tragen, dass das Maß, in dem einem Grundstück ein Vorteil i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA entsteht, ab einer bestimmten Grundstücksgröße nicht mehr proportional zur Grundstücksfläche zunimmt (vgl. OVG LSA, Urteile v. 6. Dezember 2001 - 1 L 321/01 - und v. 6. Mai 2003 - 1 L 498/02 - zum Anschlussbeitragsrecht; vgl. auch Kirchmer/Schmidt/Haack, KAG LSA 2. A., § 6c S. 355 f.). Der Landesgesetzgeber beschränkte den Anwendungsbereich in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf die der (vorwiegenden) Wohnnutzung dienenden Grundstücke, weil er einerseits der verbreiteten Großflächigkeit solcher Grundstücke, die historisch bedingt ist, Rechnung tragen wollte, und andererseits davon ausging, dass andere Nutzungsarten - insbesondere die Industrie- und Gewerbenutzung - in der Regel stets einen mit der Grundstücksgröße proportional zunehmenden Vorteil erlangen. Weil § 6c Abs. 2 KAG LSA daher als Billigkeitsregelung (vgl. OVG LSA, Beschlüsse v. 27. Juli 2000 - 1 M 188/00 - und v. 25. November 2004 - 2 M 561/04 -) grundsätzlich die Wohnnutzung privilegieren soll und in pauschalierender Weise zwischen dieser Nutzung und den anderen Nutzungsarten differenziert, ist es geboten, an die bau(planungs)rechtliche Einstufung dieser Nutzungsarten anzuknüpfen. Schon wegen der grundsätzlichen Verbindungen zwischen dem Beitragsrecht und dem Bau(planungs)recht auf Grund der Ausgestaltung des Vorteilsbegriffes des § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA liegt eine solche Heranziehung nahe. Darüber hinaus bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass § 6c Abs. 2 KAG LSA eine spezifisch beitragsrechtliche und vom Bau(planungs)recht abweichende Auslegung der Wohnnutzung enthält. Die Entstehungsgeschichte der Norm gibt dafür von vornherein keine belastbaren Hinweise. Sinn und Zweck des § 6c Abs. 2 KAG LSA, nämlich die Privilegierung der Wohnnutzung, sprechen jedenfalls nicht gegen eine Heranziehung des Bau(planungs)rechts. Dass im Gesetzgebungsverfahren vor allem bestimmte Konstellationen, nämlich Grundstücksstrukturen in ländlichen Gebieten mit großen Grundstücksflächen und im Verhältnis dazu geringem Maß an Bebauung, als Anwendungsfall des § 6c Abs. 2 KAG LSA angesehen worden waren (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 6. Mai 2003 - 1 L 498/02 -), hat insoweit keine besondere Bedeutung. Gerade auch der Umstand, dass die Vorschrift sowohl im Anschluss- als auch im Ausbaubeitragsrecht Geltung entfaltet, spricht gegen eine vom Bau(planungs)recht abweichende Auslegung der Wohnnutzung. Ein weiterer entscheidender Gesichtspunkt ist nämlich die Überlegung, dass ansonsten die Anwendung des § 6c Abs. 2 KAG LSA - worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat - in erheblichem Maße erschwert würde. Denn bei dieser Vorschrift handelt es sich angesichts der Massenerscheinungen im Abgaberecht um eine typisierende Regelung, die dementsprechend vor allem praktikabel ausgestaltet sein muss. Gerade das vorliegende Verfahren zeigt entgegen der Einschätzung des Beklagten, dass eine Heranziehung der BauNVO die Anwendung des § 6c Abs. 2 KAG LSA durchaus erleichtert. Dass in anderen Rechtsgebieten, z.B. dem Einkommenssteuerrecht (vgl. BFH, Urt. v. 30. September 2003 - IX R 7/03 -, zit. nach JURIS), eine abweichende Auslegung des Begriffes der Wohnnutzung gilt, ist auf die unterschiedliche Zweckbestimmung der heranzuziehenden Normen sowie der Besonderheiten in diesen Rechtsgebieten zurückzuführen und steht daher dem hier gefundenen Ergebnis nicht entgegen.

Die vom Beklagten ansonsten erhobenen Einwendungen sind nicht durchgreifend. Der von ihm verwandte Begriff der "beitragsprägenden Vorteilslage" ist für die Frage, was als Wohnnutzung anzusehen ist, nicht weiterführend. Dass immer geprüft werden muss, ob die tatsächliche Nutzung mit der bau(planungs)rechtlichen Einordnung übereinstimmt, ergibt sich aus dem Zusatz "nach der tatsächlichen Nutzung" in § 6c Abs. 2 Satz 1 KAG LSA. Müsste - wie der Beklagte meint - der Wohncharakter ohnehin schon wegen dem Tatbestandsmerkmal "vorwiegend Wohnzwecken dienen oder dienen werden" im Einzelfall immer nach bestimmten Kriterien anhand der tatsächlichen Nutzung geprüft werden, bedürfte es außerdem des zusätzlichen Abstellens auf die tatsächliche Nutzung nicht.

Nach § 3 BauNVO dienen reine Wohngebiete dem Wohnen (Abs. 1), darin zulässig sind Wohngebäude (Abs. 2). Gemäß § 3 Abs. 4 BauNVO gehören zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen. Dabei handelt es sich im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten nicht um eine Fiktion, mit der lediglich die Zulässigkeit der Gebäude i.S.d. § 3 Abs. 4 BauNVO in bestimmten Gebieten der BauNVO festgestellt, ihr Charakter als Anlagen für gesundheitliche bzw. soziale Zwecke aber nicht verändert wird. Vielmehr wird durch § 3 Abs. 4 BauNVO festgelegt, dass solche Gebäude Wohngebäude sind, also dem Wohnen dienen.

Unter Berücksichtigung dieser Vorgabe umfasst der Begriff des "Wohnens" auch den dauerhaften Aufenthalt alter Menschen in Wohnheimen, bei denen - wie in einem Altenpflegeheim - die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises gegenüber der Betreuung und Pflege der Bewohner in den Hintergrund tritt. Denn auch dann werden die in dem Heim befindlichen Personen nicht ohne eigene Mitwirkung durch behördliche und ärztliche Anordnung eingewiesen, haben - wenn auch möglicherweise in einem engen, räumlichen Umfeld - noch ein Mindestmaß an eigenständiger Gestaltung ihres Lebensbereiches und sind auf Grund des Heimvertrages grundsätzlich einer umfassenden Verfügungsgewalt Dritter entzogen. Vor allem sind sie der jederzeitigen Möglichkeit einer drittbestimmten Umquartierung innerhalb des Gebäudes oder einer Ausquartierung aus dem Gebäude entzogen. Erst dann, wenn eine krankenhausähnliche Unterbringung vorliegt, kann nicht mehr von einem Wohnen gesprochen werden. Grundlegende Voraussetzung dafür ist aber, dass das jeweilige Heim auf die medizinische Erkennung und auf die Rehabilitierung zielende Behandlung von Patienten unter dauerhafter ärztlicher Leitung und Aufsicht ausgerichtet ist (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 27. April 2004 - 2 Bs 108/04 -, NVwZ-RR 2005, 396 m.w.N.; OVG Niedersachsen, Urt. v. 21. August 2002 - 1 LB 140/02 -, zit. nach JURIS m.w.N.; vgl. auch König/Roeser/Stock, BauNVO 2. A., § 3 Rdnr. 4, 23, 30; Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht 6. A., Rdnr. 1455 i.V.m. Rdnr. 1447; Boeddinghaus, BauNVO 5. A., § 3 Rdnr. 6; Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB BauNVO 3. A., § 3 Rdnr. 12; vgl. weiter VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 27. Juli 2001 - 5 S 1093/00 -, zit. nach JURIS). Auch Pflegeheime, die als "Langzeitkrankenhäuser" der Unterbringung hochgradig pflegebedürftiger alter Menschen dienen, sind danach der Wohnnutzung zuzurechnen, wenn keine dauerhafte ärztliche Leitung und Aufsicht vorhanden ist (vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 13. Mai 2002 - 4 B 86.01 -, NVwZ 2002, 1384: "wohnähnliche Nutzung"; a.M. wohl Fickert/Fieseler, a.a.O., Rdnr. 11.7, 20.2; Knaup/Stange, BauNVO 8. A., § 2 Rdnr. 60, § 3 Rdnr. 21).

Diese Auffassung wird zusätzlich durch den Wortlaut des - auch für Altenpflegeheime geltenden - Heimgesetzes sowie der Heimmindestbauverordnung gestützt. Das Heimgesetz regelt ausdrücklich, dass Heime i.S.d. Gesetzes Einrichtungen sind, die dem Zweck dienen, älteren Menschen oder pflegebedürftigen oder behinderten Volljährigen u.a. "Wohnraum" zur Verfügung zu stellen (§ 1 Abs. 1 Satz 2). Weiterhin wird in dem Heimgesetz durchgängig von "Bewohnerinnen und Bewohnern" gesprochen. Auch in den §§ 23 bis 27 HeimMindBauVO, welche die baulichen Mindestanforderungen von (Alten)Pflegeheimen regeln, wird trotz der Bezugnahme auf "Pflegeplätze" in § 23 Abs. 1 Satz 1 ansonsten von "Wohnschlafräumen", "Wohnflächen" und "Bewohnern" gesprochen. Dem lässt sich entnehmen, dass Gesetz- und Verordnungsgeber gerade nicht angenommen haben, dass alte Menschen in Altenpflegeheimen untergebracht werden und dort nicht wohnen.

Soweit der Beklagte demgegenüber darauf verweist, dass es sich bei dem Heim auf dem klägerischen Grundstück um eine stationäre Pflegeeinrichtung (Pflegeheim) i.S.d. § 71 Abs. 2 SGB XI handele, in dem die Pflegebedürftigen nach § 71 Abs. 2 Nr. 2 SGB XI ausdrücklich untergebracht seien, stellt dies die Annahme, dass Personen in Pflegeheimen wohnen, nicht in Frage. Vielmehr wird der Begriff in dieser Norm gerade nicht in einer die Nutzungsart konkretisierenden Weise benutzt, sondern nur als Oberbegriff, aus dem für die hier zu entscheidende Frage nichts abgeleitet werden kann. Denn nicht nur ist in anderen Regelungen des SGB XI, mit dem in umfassender Weise die soziale Pflegeversicherung als eigenständiger Zweig der Sozialversicherung geregelt wird, von (pflegebedürftigen) Heimbewohnern die Rede (vgl. z.B. §§ 80a Abs. 4, 87a SGB XI), sondern in § 114 Abs. 2 Satz 3 SGB XI wird sogar ausdrücklich festgelegt, dass Räume, soweit sie einem Wohnrecht der Heimbewohner unterliegen, ohne deren Zustimmung nur betreten werden dürfen, soweit dies zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes) werde insoweit eingeschränkt.

Der Hinweis des Beklagten auf § 50 Abs. 4 Satz 1 BauO LSA i.d.F. vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 20. Dezember 2005 - BauO LSA a.F. - (jetzt § 47 Abs. 1 Satz 1 BauO), wonach jede Wohnung u.a. eine Küche oder Kochnische haben muss, ist ebenfalls nicht durchgreifend. Dadurch wird nur festgelegt, welche Vorgaben eine Wohnung i.S.d. BauO LSA erfüllen muss. Daraus folgt aber nicht, dass man nicht auch in Räumlichkeiten wohnen kann, welche diese Vorgaben nicht erfüllen.

Der zum (Straßen)Ausbaubeitragsrecht ergangenen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 19. November 2004 (- 2 M 337/04 -) lässt sich nicht entnehmen, dass Altenpflegeheime zur Unterbringung alter Menschen dienten und keine Wohngebäude seien. Zwar wurde darin ausgeführt, dass das Wohnelement in einem solchen Heim stark hinter den Versorgungs-, Pflege- und Betreuungscharakter zurücktrete. Wie oben dargelegt, ist damit aber jedenfalls nach der seit 1990 geltenden Fassung der BauNVO eine Einstufung als Wohngebäude nicht mehr ausgeschlossen. Im Übrigen dienten diese Erwägungen in der Entscheidung allein der Prüfung, ob das betreffende Grundstück einer gewerblichen Nutzung im engeren Sinne darin ähnlich sei, dass sie wie diese eine im Vergleich zur Wohnnutzung deutlich intensivere In-Anspruch-Nahme der Anbaustraße auslöste. Eine Prüfung der Wohnnutzung i.S.d. § 6c Abs. 2 KAG LSA wurde in dieser Entscheidung also nicht vorgenommen, die deshalb auch Altenheime i.S.d. §§ 14 bis 18 HeimMindBauVO im Rahmen der Prüfung eines Gewerbezuschlages nach dem Ausbaubeitragsrecht der gewerblichen Nutzung zurechnete.

Unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze handelte es sich bei dem - auch als solches tatsächlich genutzten - Alten- und Pflegeheim auf dem klägerischen Grundstück um ein Wohngebäude i.S.d. § 3 Abs. 4 BauNVO, so dass das Grundstück i.S.d. §§ 11 Abs. 1 Satz 1 BGS, 6c Abs. 2 Satz 1 KAG LSA nach seiner tatsächlichen Nutzung vorwiegend Wohnzwecken diente. Es ist weder ersichtlich noch substanziiert vorgetragen, dass das Heim zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt einer krankenhausähnlichen Unterbringung gedient hat. Dass die in dem Heim lebenden, pflegebedürftigen Personen unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegekraft i.S.d. § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI gepflegt worden sind, stellt keine dauerhafte ärztliche Leitung und Aufsicht dar.

b) Darüber hinaus diente das Grundstück nach Auffassung des Senats auch dann i.S.d §§ 11 Abs. 1 Satz 1 BGS, 6c Abs. 2 Satz 1 KAG LSA nach seiner tatsächlichen Nutzung vorwiegend Wohnzwecken, falls man mit dem Beklagten nicht auf § 3 Abs. 4 BauNVO zurückgreift, sondern - ausgehend von den Umständen des Einzelfalls - auf die Kriterien zur Prüfung einer Wohnnutzung in einem Pflegeheim nach der vor der BauNVO 1990 geltenden Rechtslage (eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts) abstellt und darauf, ob - trotz der Betreuung und Pflege - noch die für das "Wohnen" konstituierenden Merkmale erfüllt sind (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 25. März 1996 - 4 B 302.95 -, DÖV 1996, 746 f.; Fickert/Fieseler, a.a.O., § 3 Rdnr. 1).

Nach unbestrittener Darlegung des Klägers handelt es sich bei sämtlichen Räumen in dem Heim um Einzelzimmer mit eigenem Bad. Die dort lebenden Personen erhalten die Zimmerschlüssel und dürfen die Räume mit eigenen Gegenständen ausstatten. Zwar sind die Zimmer nicht mit Küchen(zeilen) ausgestattet. Allerdings besteht neben der (freiwilligen) Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung u.a. die Möglichkeit, in drei Küchen das Essen selbst zuzubereiten und in den Zimmern einzunehmen. Weiterhin ist davon auszugehen, dass zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt ein Großteil der in dem Heim lebenden Personen in den Pflegestufen I und II eingruppiert war. Soweit in der baurechtlichen Literatur aber noch auf die oben angeführten Kriterien zurückgegriffen wird, werden nur "echte Pflegeheime", in denen sich Personen mit schlaganfallbedingter totaler Bettlägerigkeit, Ausfall bestimmter Körperfunktionen, hochgradigem Verwirrtheitszustand oder Alzheimerscher Krankheit befinden, bei denen die übliche (allgemein zu leistende) Pflege versagt, nicht mehr als Wohngebäude angesehen (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 3 Rdnr. 11.7; 20.2). Eine Abgrenzung zwischen "Wohnen" und "Unterbringung" danach, ob pflegebedürftige oder nicht pflegebedürftige Personen in dem Heim leben, ist jedenfalls angesichts der tatsächlichen Entwicklungen bei der Gestaltung von Alten(pflege)heimen und der fließenden Übergänge des Wohnens im Alter (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 3 Rdnr. 11.3 - 11.5; 20.1) zu strikt. Dass das Heim als "echtes Pflegeheim" zum streitentscheidenden Zeitpunkt überwiegend solche Schwerstpflegebedürftige beherbergte, die in den Zimmern ihre Lebensführung nicht mehr eigenständig gestalten konnten, ist weder ersichtlich noch hinreichend substanziiert geltend gemacht.

Soweit der Beklagte meint, das Grundstück diene auch dann nicht i.S.d. § 6c Abs. 2 KAG LSA vorwiegend dem Wohnen, wenn die Heimbewohner in dem Heim zwar wohnten, aber Pflege und Betreuung überwögen, dringt er damit nicht durch. Das Merkmal "vorwiegend" in § 6c Abs. 2 Satz 1 KAG LSA dient nicht der Bestimmung, um welche Nutzungsform es sich konkret handelt, sondern soll nur sicher stellen, dass bei verschiedenen Nutzungsformen auf dem Grundstück die Wohnnutzung jedenfalls überwiegt (vgl. auch OVG LSA, Beschl. v. 20. Dezember 2004 - 1 L 132/03 -; Beschl. v. 6. September 2002 - 1 M 44/02 -). Dass die jetzt geltende Regelung des § 6c Abs. 2 Satz 1 KAG LSA eine vorherige Fassung abgelöst hat, in der nur "Wohngrundstücke" erfasst waren, lässt keine anderen Rückschlüsse zu.

2. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht weiter entschieden, dass § 11 Abs. 1 Satz 7 BGS keine Anwendung findet. Nach dieser Vorschrift gilt § 11 Abs. 1 Satz 6 BGS nicht, wenn die Übergröße des Wohngrundstücks in der Art der Bebauung und Nutzung ihre Rechtfertigung finde, beispielsweise bei einer Bebauung des Grundstücks mit mehreren Wohnhäusern oder einem Mehrfamilienwohnhaus, so dass insgesamt mehr als drei separate, eigenständige Wohnungen auf dem Grundstück vorhanden sind, oder bei einer Bebauung mit einem Wohnblock. Es handelt sich dabei um eine Abweichung von der zwingenden Regelung des § 6c Abs. 2 Satz 1 KAG LSA, so dass die Bestimmung nichtig ist (vgl. auch OVG LSA, Urt. v. 6. Mai 2003 - 1 L 498/02 -).

Der Beitragsbescheid war danach aufzuheben, soweit er vom Kläger noch angefochten wurde. Aus den Regelungen des § 11 Abs. 1 Satz 6 BGS i.V.m. Satz 3 Nr. 4, Satz 4, Satz 5 Nr. 4 BGS, deren Rechtmäßigkeit auf Grund der nur teilweisen Anfechtung nicht zu überprüfen ist, ergibt sich, dass das klägerische Grundstück lediglich in einer Größe von 786,25 m2 heranzuziehen war, woraus sich ein Beitrag von 6.296,29 € ergibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat lässt die Revision nicht zu, weil keine Revisionsgründe (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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