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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 25.02.2008
Aktenzeichen: 4 L 298/07
Rechtsgebiete: KAG LSA


Vorschriften:

KAG LSA § 6 Abs. 6 Satz 1
KAG LSA § 6a Abs. 6 Satz 1
Die Vorschrift des § 6 Abs. 6 Satz 1 KAG LSA in der bis zum 22.04.1999 geltenden Fassung und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt, wonach die sachliche Beitragspflicht erst mit der ersten wirksamen Beitragssatzung entsteht, ist auf die Entstehung der wiederkehrenden Beitragsschuld nicht anwendbar.
Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen für die Jahre 1996 bis 1999.

Er ist Eigentümer des Grundstückes "B-Straße" in B-Stadt. Die Beklagte zog ihn mit Bescheid vom 27.12.2004 für die o. g. Jahre zunächst zu Beiträgen in Höhe von 4,65 €; 35,02 €; 27,40 € und 136,03 € heran. Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhob der Kläger Klage. Nach Aufhebung des Widerspruchsbescheides erklärten die Beteiligten das Verfahren für erledigt und die Vorinstanz stellte das Verfahren ein. Mit (neuem) Widerspruchsbescheid vom 28.08.2006 ermäßigte die Beklagte die Straßenausbaubeiträge für die jeweiligen Jahre auf 4,10 €; 30,90 €; 24,17 € und 120,02 €. Hierauf hat der Kläger erneut Klage erhoben und zur Begründung u. a. vorgetragen, die rückwirkende Inkraftsetzung der Beitragssatzung sei unzulässig und die Beitragsschuld sei verjährt.

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 27.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.08.2006 aufzuheben.

Die Beklagte hat unter Verteidigung des angefochtenen Bescheides beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht Halle hat mit Urteil vom 29.10.2007 den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen mit der Begründung aufgehoben, dass wiederkehrende Beiträge nicht für solche Kalenderjahre erhoben werden könnten, für welche am jeweiligen 31.12. keine gültige Beitragssatzung in Kraft gewesen sei und sich die Rückwirkung der einschlägigen Beitragssatzung nicht auf die vorliegend abgerechneten Jahre 1996 bis 1999 erstrecke.

Die Vorinstanz hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO) zugelassen.

Am 15.11.2007 hat die Beklagte Berufung eingelegt und macht zur Begründung geltend, die Regelung des § 6 Abs. 6 KAG LSA (a. F.), wonach die sachliche Beitragspflicht erst mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Beitragssatzung entstehe, gelte auch für wiederkehrende Beiträge. Hierdurch werde auch die Stichtagsregelung des § 6 a Abs. 6 Satz 1 KAG nicht bedeutungslos, weil damit das Datum für die Zuordnung der entstandenen Kosten festgelegt werde.

Die Beklagte hat im Berufungsverfahren keinen ausdrücklichen Antrag gestellt.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des beigezogenen Verwaltungsvorganges verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung durch Beschluss nach § 130 a Satz 1 VwGO, weil er sie einstimmig für unbegründet und bei geklärtem Sachverhalt keine mündliche Verhandlung für erforderlich hält. Die Beteiligten wurden dazu angehört (§ 130 a Satz 2 i. V. m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Berufung bereits nach § 124 a Abs. 3 Satz 4 und Satz 5 VwGO unzulässig ist, weil ihre Begründung keinen ausdrücklichen Antrag enthält. Die Berufung ist jedenfalls unbegründet.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Klage als begründet angesehen. Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.08.2006 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Beklagte kann die streitigen Beitragserhebungen nicht auf ihre Satzung über die Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge vom 08.11.2004 (WBS 04) stützen. Denn die WBS 04 erfasst nicht die Jahre 1996 bis 1999, für welche die streitigen Beiträge festgesetzt worden sind. Sie tritt gemäß deren § 11 erst (rückwirkend) zum 26.02.2000 in Kraft. Wiederkehrende Beiträge können - wie die Vorinstanz unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichts ausführt (vgl. OVG LSA, B. v. 13.10.2004 - 2 M 264/04 -) - nur für solche Kalenderjahre erhoben werden, für die am jeweiligen 31.12. eine gültige Beitragssatzung in Kraft war. Anders als bei einmaligen Beiträgen entsteht nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 6 a Abs. 6 Satz 1 KAG LSA die Beitragsschuld zu einem kalendermäßig bestimmten Datum, nämlich jeweils mit Ablauf des 31.12. für das abgelaufene Kalenderjahr. Da eine Beitragsschuld aber nur dann entstehen kann, wenn eine wirksame Satzung in Kraft ist, weil sonst eine wiederkehrende Beitragspflicht auslösende Vorteilslage nicht bestehen kann und die Höhe des Beitrages nicht ermittelbar ist, muss bereits zum gesetzlich genau festgelegten Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld eine wirksame Beitragssatzung (ggf. durch eine zulässige Rückwirkungsanordnung) in Kraft sein (OVG LSA, B. v. 13.10.2004, a. a. O.). Die Vorschrift des § 6 Abs. 6 Satz 1 KAG LSA (a. F.) und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts (vgl. u. a. Beschl. v. 03.09.1998 - B 2 S 337/98 -), wonach die sachliche Beitragspflicht erst mit der ersten wirksamen Satzung entsteht, ist auf die Entstehung der wiederkehrenden Beitragsschuld nicht anwendbar. § 6 a Abs. 6 Satz 1 KAG LSA enthält hierzu eine spezielle Regelung, die eine entsprechende Anwendung der für den einmaligen Beitrag geltenden Vorschrift nicht zulässt. Der Satzungsgeber kann die Entstehung der wiederkehrenden Beitragsschuld auch nicht über den 31.12. des jeweiligen Kalenderjahres hinausschieben. Denn § 6 a Abs. 6 Satz 1 KAG LSA enthält keine dem § 6 Abs. 6 Satz 4 KAG LSA entsprechende Regelung.

Entgegen der Ansicht der Beklagten würde eine teleologische Reduktion des § 6 a Abs. 6 Satz 1 KAG LSA zu einer bloßen Stichtagsregelung für die Investitionskosten dem Wortlaut der Vorschrift nicht gerecht werden. Auch für die bis zum 22.04.1999 geltende Rechtslage sollte die Beitragsschuld hiernach mit dem 31.12. des jeweiligen Kalenderjahres entstehen.

Auch auf ihre Satzung vom 31.01.2000 (WBS 2000) kann die Beklagte die streitigen Beitragserhebungen nicht stützen. Denn sie hat mit § 11 WBS 04 die WBS 2000 außer Kraft gesetzt und die WBS 2000 kann ebenso wenig wie die WBS 2004 die Jahre 1996 bis 1999 erfassen, weil sie erst am 26.02.2000 in Kraft getreten ist (vgl. § 12 WBS 2000).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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