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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 06.03.2007
Aktenzeichen: 4 L 321/06
Rechtsgebiete: KAG LSA


Vorschriften:

KAG LSA § 5 Abs. 5 S. 1
KAG LSA § 5 Abs. 3
KAG LSA § 5 Abs. 3 S. 1
KAG LSA § 5 Abs. 3 S. 2
KAG LSA § 5 Abs. 3 S. 5
Dass sich der Maßstab bei der Abwassergrundgebühr an der Zahl der auf dem Grundstück lebenden Personen orientiert, ist nicht zu beanstanden.

Der Personenmaßstab für die Privatwohnnutzung ist grundsätzlich auch nicht deshalb unwirksam, wenn die Satzung auf die tatsächlichen Verhältnisse vor dem Erhebungszeitraum abstellt. Die vom Beklagten angenommene Wahrscheinlichkeit, dass die Anzahl der zum 30. Juni des Vorjahres "auf diesem Grundstück/Wohnung mit Wohnsitz gemeldeten Personen" der Anzahl der gemeldeten Personen im Erhebungszeitraum entsprechen werde, ist nicht so fernliegend, dass damit § 5 Abs. 3 Satz 2 KAG LSA verletzt ist.

Eine Satzungsregelung ist unwirksam, wenn sie die Erhebung der Grundgebühr auch für solche Grundstücke vorsieht, die lediglich über einen Hausanschlussschacht verfügen (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 8. September 2006 - 4 L 346/06 -). Denn der Benutzungstatbestand für eine Grundgebühr ist bei einer leitungsgebundenen öffentlichen Einrichtung (erst) ab dem Zeitpunkt erfüllt, von dem der Gebührenpflichtige einen betriebsbereiten Anschluss an das Leitungsnetz unterhält.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 4 L 321/06

Datum: 06.03.2007

Tatbestand:

Der Beklagte zog den Kläger mit einem Gebührenbescheid vom 26. Februar 2004 für das Kalenderjahr 2003 zur Zahlung von Abwassergebühren von insgesamt 605,98 € (Verbrauchsgebühr und Grundgebühr) für sein Wohngrundstück heran. Die mengenabhängige Gebühr betrug 487,20 € für 140 m3 Verbrauch. Für den Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2003 betrug die Grundgebühr auf der Grundlage von drei Personenwerten anteilig 27,- €.

Der Kläger hat gegen die Heranziehung nach erfolgloser Durchführung des Vorverfahrens am 26. Mai 2004 beim Verwaltungsgericht Halle Klage erhoben, das den Gebührenbescheid mit Urteil vom 6. Juli 2006 insgesamt aufgehoben hat. Für den Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2003 fehle es der Gebührensatzung - unabhängig von weiteren teilrechtswidrigen oder zweifelhaften Regelungen - an einem wirksamen Grundgebührenmaßstab. Bei der Bemessung der Grundgebühr nach Personenwerten werde auf die melderechtlichen Verhältnisse des Grundstücks zu einem Zeitpunkt abgestellt, der deutlich außerhalb des Erhebungszeitraumes liege. Es bestehe damit kein hinreichender Zusammenhang zwischen Nutzungsumfang und Gegenleistung; die Regelung sei willkürlich. Angesichts des langen Zeitraums zwischen Bemessungszeitpunkt und Entstehen der Gebührenschuld könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Anzahl der Wohneinheiten, die nach einem zu keinem Zeitpunkt den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Personenwert bemessen werde, auf zu vernachlässigende Einzelfälle beschränke. Da es keine Korrekturmöglichkeiten gebe, verstoße der Grundgebührenmaßstab gegen das Äquivalenzprinzip. Die Unwirksamkeit des Grundgebührenmaßstabes ziehe auch für diesen Zeitraum die Nichtigkeit der Satzung hinsichtlich der Verbrauchsgebühr nach sich.

Mit Beschluss vom 30. November 2006 hat der erkennende Senat die Berufung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen, soweit der Gebührenbescheid für den Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2003 aufgehoben worden ist.

Der Beklagte macht zur Begründung seiner fristgerecht eingelegten Berufung geltend, es sei nicht zu beanstanden, dass der Grundgebührenmaßstab nach Personenwerten als Wahrscheinlichkeitsmaßstab auf einen Zeitraum vor Beginn des Erhebungszeitraumes abstelle. Auch der Grundsatz der Typengerechtigkeit spreche für die Haltbarkeit dieses Maßstabes.

Er beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle - 9. Kammer - vom 6. Juli 2006 abzuändern, soweit damit sein Gebührenbescheid für den Zeitraum 1. Oktober bis 2003 aufgehoben worden ist, und die Klage insoweit abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, die Gegenseite wolle den Inhalt des Wahrscheinlichkeitsmaßstabes immer mehr zu einer Fiktion verkommen lassen. Dies widerspreche auch der Verwaltungsgerichtsordnung, wonach Tatsachen die Entscheidungsgrundlage bilden müssten. In jedem Fall sei der Weg, die wirklichen Verhältnisse zur tragfähigen Gebührenbemessung werden zu lassen, hier satzungsgemäß versperrt. Vor diesem Hintergrund sei die ausschließliche Bezugnahme auf frühere Erhebungsdaten rechtlich nicht haltbar. Auch im Steuerrecht könne nicht die Steuerfestsetzung auf der Basis früherer Einkommensverhältnisse durchgeführt werden. Im Gebührenrecht müsse ebenfalls der Grundgedanke der Echtzeitbewertung gelten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben (vgl. § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Anfechtungsklage für den Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2003 zu Unrecht stattgeben. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 26. Februar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2004, mit dem für diesen Zeitraum anteilig eine Abwassergebühr von 148,80 € erhoben wurde, ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtgrundlage für die Gebührenerhebung ist § 1 der ab dem 1. Oktober 2003 geltenden Abwassergebührensatzung des Beklagten vom 4. September 2003 - AGS 2003 -, wonach der Beklagte Abwassergebühren erhebt, die gem. § 2 Abs. 1 AGS 2003 aus einer Grundgebühr und einer Mengengebühr bestehen.

1. Die Erhebung der Grundgebühr für den streitbefangenen Zeitraum ist entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden.

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA erheben Landkreise und Gemeinden als Gegenleistung die für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen erforderlichen Benutzungsgebühren, soweit nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. Die nach § 5 Abs. 3 Satz 5 KAG LSA zulässige Grundgebühr stellt eine Form der Benutzungsgebühr dar, die für die Inanspruchnahme der Liefer- und Betriebsbereitschaft einer öffentlichen Einrichtung (hier der Abwasserbeseitigung) erhoben wird. Sie dient zur Deckung derjenigen verbrauchsunabhängigen Betriebskosten (auch Fixkosten oder invariable Kosten genannt), die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Einrichtung entstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 1. August 1986 - 8 C 112.84 -, KStZ 1987, 11; OVG LSA, Beschl. v. 4. Dezember 2000 - 3 M 368/00 -; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 26. August 2002 - 9 LA 305/02 -). Nach § 5 Abs. 3 KAG LSA erfolgt die Bemessung der Gebühren unter Berücksichtigung von Art und Umfang der Inanspruchnahme der Einrichtung (Satz 1). Sie kann nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab erfolgen; seine Anwendung darf nicht dazu führen, dass die Gebühr in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der damit abgegoltenen Leistung steht (Satz 2). Diese landesgesetzliche Ausprägung des Äquivalenzprinzips gilt auch für die Erhebung der verbrauchsunabhängigen Grundgebühr (vgl. OVG LSA, Urt. v. 1. April 2004 - 1 K 93/03 -).

Nach § 3 AGS 2003 wird die Grundgebühr nach Personenwerten erhoben (Abs. 1). Bei Privatwohnnutzung richtet sich der Personenwert nach der Anzahl der zum 30. Juni des Vorjahres auf diesem Grundstück/Wohnung mit Wohnsitz gemeldeten Personen (Abs. 2). Bei Leerstand bzw. unbebauten jedoch gem. § 2 Abs. 2 AGS 2003 angeschlossenen Grundstücken/Wohnungen erfolgt die Berechnung der Grundgebühr nach der durchschnittlichen Anzahl der zum 30. Juni des Vorjahres gemeldeten Personen im Verbandsgebiet (Abs. 3 Satz 1).

a) Dass sich der Maßstab bei der Abwassergrundgebühr an der Zahl der auf dem Grundstück lebenden Personen orientiert, ist nicht zu beanstanden (vgl. OVG Sachsen, Urt. v. 29. November 2001 - 5 D 25/00 -, zit. nach JURIS; Forst, KStZ 2001, 141, 154; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 12. August 1981 - 8 B 20.81 -, KStZ 1982, 31; OVG LSA, Urt. v. 30. Januar 2003 - 1 L 362/01 -). Denn das mögliche Maß der Inanspruchnahme der Einrichtung und damit die vom Beklagten vorzuhaltende Höchstlastkapazität steigt mit der Zahl der auf einem Grundstück lebenden Personen. Darüber hinaus wird sogar ein Maßstab für zulässig erachtet, der sich nach der Zahl der Wohneinheiten auf dem Grundstück richtet (so OVG LSA, Urt. v. 1. April 2004 - 1 K 93/03 -; vgl. auch OVG Brandenburg, Urt. v. 22. Mai 2002 - 2 D 78/00.NE -; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 22. September 1994 - 2 L 93/93 -; differenzierend: VGH Bayern, Urt. v. 6. Dezember 2001 - 23 B 01.1017 und 1018 -, BayVBl 2002, 635 f.).

b) Der vom Beklagten verwendete Personenmaßstab für die Privatwohnnutzung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil § 3 Abs. 2 AGS 2003 auf die tatsächlichen Verhältnisse vor dem Erhebungszeitraum abstellt. Die vom Beklagten mit § 3 Abs. 2 AGS 2003 angenommene Wahrscheinlichkeit, dass die Anzahl der zum 30. Juni des Vorjahres "auf diesem Grundstück/Wohnung mit Wohnsitz gemeldeten Personen" der Anzahl der gemeldeten Personen im Erhebungszeitraum entsprechen werde, ist nicht so fernliegend, dass damit § 5 Abs. 3 Satz 2 KAG LSA verletzt ist. Denn diese Regelung verlangt gerade nicht die Anwendung eines Wirklichkeitsmaßstabes oder eines möglichst wirklichkeitsnahen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes (vgl. dazu OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19. Januar 1970 - II A 1218/68 -, ZMR 1970, 342, S. 343). Für die Bestimmung eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabes ist dem Satzungsgeber vielmehr ein weites Ermessen eingeräumt, so dass nicht gefordert werden kann, dass der zweckmäßigste, vernünftigste, gerechteste oder wahrscheinlichste Maßstab angewendet wird; der Maßstab ist jedenfalls dann nicht willkürlich, wenn die Höhe der Grundgebühr zu dem möglichen Umfang der Benutzung in eine, wenn auch nur annähernde, Beziehung gesetzt ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12. August 1981 - 8 B 20.81 -, KStZ 1982, 31, 32). Dabei ist auch zu beachten, dass Unterschiede zwischen dem Personenwert im Erhebungszeitraum und dem des Vorjahres grundsätzlich dadurch ausgeglichen werden, dass der tatsächliche Personenwert im nächsten Erhebungszeitraum angesetzt wird. Unbillige Benachteiligungen des Gebührenpflichtigen durch einen Eigentümerwechsel oder andere tatsächliche Entwicklungen, auf die das Verwaltungsgericht verwiesen hat, sind durch eine Anwendung der einschlägigen Billigkeitsregelungen (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 4 Bucht. b KAG LSA i.V.m. § 163 Satz 1 und 3 AO; § 13a Abs. 1 Satz 5 KAG LSA i.V.m. § 227 AO) zu verhindern. Dementsprechend ist in Literatur und Rechtsprechung hinsichtlich der Erhebung von an den Frischwasserverbrauch gekoppelten verbrauchsabhängigen Leistungsgebühren anerkannt, dass der Verbrauch aus dem Vorjahr, möglicherweise sogar aus dem Vorvorjahr, zugrunde gelegt werden darf (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19. Januar 1970 - II A 1218/68 -, ZMR 1970, 342, 343; OVG Niedersachsen, Urt. v. 11. Mai 1999 - 9 L 3634/98 -, Nds. Rpfl. 1999, 372, 373; Driehaus, Kommunalabgabenrecht Bd. 1, § 6 Rdnr. 372; Bd. 2, § 6 Rdnr. 757, 769 jeweils m.w.N.; vgl. auch OVG LSA, Beschl. v. 15. Januar 2003 - 1 M 480/02 -, NVwZ-RR 2003, 525).

Zwar sieht die Satzung keine besonderen Vorschriften für die Fälle vor, in denen es zu kurzfristigen Änderungen in der Personenzahl auf dem Grundstück zwischen den Stichtagen kommt. Es ist auch zumindest problematisch, ob bei einer dadurch entstehenden Benachteiligung des Gebührenpflichtigen insoweit über die Billigkeitsregelungen ein Ausgleich herbeizuführen ist. Selbst wenn die Billigkeitsregelungen aber nicht anwendbar wären, ist diese Satzungsgestaltung angesichts der eher sehr geringen Zahl solcher Fälle durch den Grundsatz der Praktikabilität gerechtfertigt. Es ist allgemein anerkannt, dass im Bereich der Gebührenbemessung Typisierungen und Pauschalierungen erfolgen dürfen. Im Übrigen können kurzfristige Änderungen in der Personenzahl zwischen den Stichtagen auch Vorteile für den Gebührenpflichtigen zur Folge haben, nämlich dann, wenn die Personenzahl erhöht war.

Dass die Gebühr hier erst zum Ende des Erhebungszeitraumes entsteht (§ 9 Abs. 2 AGS 2003), führt zu keiner anderen Beurteilung. Eine Anknüpfung an tatsächliche Verhältnisse vor dem Erhebungszeitraum ist nicht nur dann zulässig, wenn - wie durch § 5 Abs. 4 Satz 1 KAG LSA ausdrücklich ermöglicht - die Jahresgebühr schon zu Beginn des Erhebungszeitraumes entsteht (vgl. dazu Driehaus, a.a.O. Bd. 1, § 6 Rdnr. 372; Bd. 2, § 6 Rdnr. 757, 769). Ebenfalls unschädlich ist, dass für die Mengengebühr gem. § 4 Abs. 2 AGS 2003 die tatsächlichen Verhältnisse im Erhebungszeitraum herangezogen werden. Es liegt im Entscheidungsspielraum des Satzungsgebers, wenn er für den personengebundenen Maßstab der verbrauchsunabhängigen Grundgebühr an einen anderen Zeitraum anknüpft als für den Maßstab der Verbrauchsgebühr.

c) Es bestehen für die hier streitige Heranziehung keine durchgreifenden Zweifel an der Bestimmtheit des § 3 Abs. 2 AGS 2003. Auch wenn die Bezugnahme auf "Grundstück/Wohnung" für die Ermittlung des Personenwertes zumindest missverständlich ist, ergibt sich doch aus der Systematik der AGS 2003 sowie aus Sinn und Zweck des § 3 Abs. 2 AGS 2003, dass bei der Heranziehung des Grundstückseigentümers gem. § 5 Abs. 5 Satz 2 KAG LSA i.V.m. § 7 Abs.1 Satz 2 AGS 2003 der Personenwert nach sämtlichen auf dem jeweiligen Grundstück mit Wohnsitz gemeldeten Personen ermittelt wird. Es kann dabei im Ergebnis dahinstehen, ob auf das Grundstück oder die Wohnungen abgestellt wird.

d) Dass die Berechnung des Personenwertes nach § 3 Abs. 3 AGS 2003 für (teilweise) leer stehende oder unbebaute "Grundstücke/Wohnungen" deshalb sehr problematisch ist, weil - wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen dargelegt hat - das Abstellen auf "Wohnungen" bei ganz oder teilweise leer stehenden Mehrfamilienhäusern bzw. ganz oder teilweise leer stehenden Eigenheimen mit getrennten Wohneinheiten die Grundgebühr erhöht, muss nicht abschließend geklärt werden. Da vorliegend ein Grundstück mit einem Einfamilienhaus betroffen ist und darüber hinaus zum Stichtag des Vorjahres kein Leerstand vorhanden war, kommt es auf diese Vorschrift von vornherein nicht an. Auswirkungen zu Lasten der Beitragspflichtigen bei der Festsetzung des Gebührensatzes können nicht entstehen, weil allenfalls die Zahl der in der Kalkulation verwendeten Personenwerte überhöht wäre. Denn der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht unwidersprochen dargelegt, er habe bei der Auslegung des § 3 Abs. 3 AGS 2003 auf "Wohneinheiten" abgestellt.

e) Zwar ist die Regelung des § 2 Abs. 2 AGS 2003 unwirksam, soweit sie die Erhebung der Grundgebühr auch für solche Grundstücke vorsieht, die lediglich über einen Hausanschlussschacht verfügen (OVG LSA, Beschl. v. 8. September 2006 - 4 L 346/06 -). Denn der Benutzungstatbestand für eine Grundgebühr ist bei einer leitungsgebundenen öffentlichen Einrichtung (erst) ab dem Zeitpunkt erfüllt, von dem der Gebührenpflichtige einen betriebsbereiten Anschluss an das Leitungsnetz unterhält. Von diesem Zeitpunkt an kommen ihm die Vorhalteleistungen in Gestalt der Unterhaltung eines öffentlichen Leitungsnetzes voll zugute, weil er über den vorhandenen Anschluss und das ständig lieferbereit gehaltene Leitungsnetz jederzeit die Leistungen der öffentlichen Einrichtung (hier: Abwasserbeseitigung) abrufen kann (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 19. April 2006 - 4 L 421/05 -, m.w.N.). Das Bestehen eines Hausanschlussschachts allein ist daher nicht ausreichend. Allerdings hat die teilweise Unwirksamkeit dieser Regelung keine Auswirkungen auf die Grundgebührenpflicht für die Grundstücke, die über einen betriebsbereiten Anschluss verfügen. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf verwiesen, dass trotz der teilweisen Unwirksamkeit des § 2 Abs. 2 AGS 2003 eine sinnvolle Restregelung für diese Grundstücke verbleibt, von der - auch angesichts der Regelungen in §§ 1, 8 Abs. 1 Satz 1 AGS 2003 - auszugehen ist, dass der Satzungsgeber sie bei Kenntnis der Teilunwirksamkeit erlassen hätte. Auswirkungen zu Lasten der Beitragspflichtigen bei der Festsetzung des Gebührensatzes können nicht entstehen, weil allenfalls die Zahl der in der Kalkulation verwendeten Zahl der angeschlossenen Grundstücke überhöht wäre.

f) Sonstige Fehler bei der Bemessung der Grundgebühr sind weder ersichtlich noch vom Kläger geltend gemacht worden.

2. Durchgreifende Einwendungen gegen die Erhebung der Mengengebühr hat der Kläger nicht erhoben; Fehler insoweit sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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