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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 13.10.2008
Aktenzeichen: 4 L 354/06
Rechtsgebiete: BauGB, LSA-StrG


Vorschriften:

BauGB § 34
LSA-StrG § 5 Abs. 1 S. 2
LSA-StrG § 5 Abs. 1 S. 3
LSA-StrG § 47
LSA-StrG § 50
Der Begriff der geschlossenen Ortslage, der in § 5 Abs. 1 S. 2 und 3 StrG LSA definiert ist, ist aus straßenrechtlicher und nicht bauplanungsrechtlicher Sicht zu beurteilen; insbesondere ist es angesichts der unterschiedlichen Gesetzeszwecke verfehlt, den straßenrechtlichen Begriff "geschlossene Ortslage" in enger Anlehnung an § 34 BauGB auszulegen.

Die richtige Betrachtungsweise muss von der Straße her ansetzen und die sich in der Nähe befindliche Bebauung in den Blick nehmen; dabei ist ein weitläufiger Betrachtungsrahmen zugrunde zu legen.


Gründe:

Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

1. Entgegen der Auffassung der Kläger bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Zwischen den Beteiligten ist allein streitig, ob das Grundstück der Kläger innerhalb der geschlossenen Ortslage im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 der Straßenreinigungssatzung - StrRS - der Beklagten vom 24.10.2001 liegt; nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung können den Grundstückseigentümern die Straßenreinigungspflicht und im Fall der Wahrnehmung der Reinigungsaufgabe durch die Gemeinde Straßenreinigungsgebühren auferlegt werden (§§ 47, 50 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 StrG LSA i. V. m. §§ 2 Abs. 1 Satz 1 der Straßenreinigungsgebührensatzung - GebS - vom 22.09.2004, 1 Abs. 4 StrRS). Die Kläger wenden gegen das angefochtene Urteil ein, das Verwaltungsgericht habe die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die Beurteilung einer geschlossenen Ortslage verkannt und fehlerhaft nicht den bauplanungsrechtlichen Begriff des Innenbereichs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zugrunde gelegt. Mit diesem Vorbringen können ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht begründet werden.

In Anlehnung an die obergerichtliche Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Begriff der geschlossenen Ortslage, der in den §§ 14 Abs. 4, 47 und 50 StrG LSA enthalten, in § 5 Abs. 1 S. 2 und 3 StrG LSA definiert und in § 1 Abs. 1 Satz 1 StrRS wortgleich übernommen worden ist, aus straßenrechtlicher und nicht bauplanungsrechtlicher Sicht zu beurteilen ist; insbesondere ist es angesichts der unterschiedlichen Gesetzeszwecke verfehlt, den straßenrechtlichen Begriff "geschlossene Ortslage" in enger Anlehnung an § 34 BauGB auszulegen. Das würde nämlich dazu führen, dass aus der Perspektive der einzelnen Anliegergrundstücke geprüft werden müsste, ob sie in einem Bebauungszusammenhang stehen. Im Straßen- und Wegerecht geht es jedoch nicht um die konkrete Bebaubarkeit einzelner Grundstücke im Rahmen der städtebaulichen Ordnung, sondern um die Verteilung der Straßenbaulast. Ausgehend von der in § 5 Abs. 1 S. 2 und 3 StrG LSA enthaltenen Definition muss die richtige Betrachtungsweise folglich von der Straße her ansetzen und die sich in der Nähe befindliche Bebauung in den Blick nehmen; dabei ist ein weitläufiger Betrachtungsrahmen zugrunde zu legen (BVerwG, Urt. v. 03.04.1981 - BVerwG IV C 41.77 -, BVerwGE 62, 143 [145]; Urt. v. 18.03.1983 - BVerwG 4 C 10/80 -, BVerwGE 67, 79 [81]). Diesem Ansatz ist das Verwaltungsgericht zutreffend gefolgt und hat das Grundstück der Kläger unter Berücksichtigung des von der Beklagten vorgelegten Kartenmaterials und der Luftbildaufnahme im Hinblick auf die Zugehörigkeit zur westlich vorhandenen zusammenhängenden Wohnbebauung entlang der Berliner Chaussee der geschlossenen Ortslage zugerechnet. Dass diese Bewertung fehlerhaft ist, legen die Kläger nicht substanziiert dar; insbesondere steht ihrer Heranziehung zu Straßenreinigungsgebühren nicht entgegen, dass ihr Grundstück möglicherweise nicht Bestandteil der Stadtrandsiedlung ist; denn nach sachsen-anhaltischem Recht kommt es grundsätzlich nur darauf an, ob das streitgegenständliche Grundstück innerhalb der geschlossenen Ortslage an der Straße anliegt. Dies ist nach § 5 Abs. 1 Satz 2 StrG LSA und § 1 Abs. 1 Satz 1 StrRS der Teil des Gemeindegebiets, der - wie hier - in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist; insbesondere unterbrechen einzelne unbebaute Grundstücke, zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände oder einseitige Bebauung den Zusammenhang nicht (§ 5 Abs. 1 Satz 3 StrG LSA). Schließlich ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte eine im südlichen Bereich gelegene Kleingartenanlage an der Berliner Chaussee nicht berücksichtigt hat; denn ausweislich der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 StrRS unterliegt die Berliner Chaussee auf ihrer gesamten Länge der Reinigungspflicht.

2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Über die geltend gemachten "ernstlichen Zweifel" hinaus ist dieser Zulassungsgrund nicht dargelegt worden. Die Voraussetzungen dieses Zulassungsgrunds können nicht allein mit der Behauptung begründet werden, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von einer Gebührenpflichtigkeit der Kläger ausgegangen. 3. Schließlich kommt der von den Klägern problematisierten Frage zur Geltung des bauplanungsrechtlichen Innenbereichsbegriffs im Straßenreinigungs- und -gebühren recht unter Berücksichtigung der in § 5 Abs. 1 S. 2 und 3 StrG LSA enthaltenen Defini tion der "geschlossenen Ortslage" nicht die ihr beigemessene grundsätzliche Bedeu tung i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu. Diese Frage ist nach den vorstehenden Ausführungen entweder in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt oder auf der Grundlage der angeführten Regelung ohne weiteres beantwortbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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