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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 28.01.2008
Aktenzeichen: 4 L 357/05
Rechtsgebiete: BauGB, BGB, VwVfG LSA, VOB/B


Vorschriften:

BauGB § 124 Abs. 4
BGB § 638
VwVfG LSA a.F. § 57
VwVfG LSA a.F. § 59 Abs. 1
VwVfG LSA a.F. § 59 Abs. 3
VOB/B § 12 Nr. 5
1. Fehlerhafte Beweiswürdigung als Zulassungsgrund i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

2. Verjährung des erschließungsvertraglichen Erfüllungsanspruchs.

3. Zu den Voraussetzungen der Wirksamkeit eines Erschließungsvertrages.


Gründe:

Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

1. Die vom Beklagten geltend gemachten ernstlichen Zweifel i. S. des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung werden zum Teil schon den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht gerecht und liegen, soweit sie in diesem Sinne dargelegt sind, im Übrigen nicht vor.

1.1 Die vom Beklagten gerügte Beweiswürdigung der Vorinstanz, wonach die genehmigte Ausführungsplanung nachträglich nicht geändert worden sei, vermag keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung zu begründen. Wird eine fehlerhafte Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt, ist der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erst dann erfüllt, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts wahrscheinlich nicht zutreffen oder doch ernsthaft zweifelhaft sind. Es reicht daher nicht aus, wenn eine andere Bewertung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme zwar möglich erscheint, für die Unrichtigkeit der das Urteil des Verwaltungsgerichts tragenden Begründung aber keine beachtliche Wahrscheinlichkeit spricht (OVG LSA, Beschl. v. 30.03.2006 - 4 L 330/05 -, zitiert nach juris, Rdnr. 3 m. w. N.).

Die Würdigung des erstinstanzlichen Gerichts, die Aussage des Zeugen I., wonach die Ausführungsplanung mündlich geändert worden sei, entspreche nicht der Wahrheit, ist nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit unrichtig. Denn der Zeuge I. hat die Beweisfrage nur ganz pauschal beantwortet. Die Straße sei so errichtet worden, wie es damals vereinbart worden sei. An wesentliche Fragen der Bauausführung (Einbau der Tiefborde, Art der Bepflasterung und Gefälle der östlichen Stichstraße zum Wendehammer), über die das Verwaltungsgericht gerade Beweis erhoben hat, konnte der Zeuge sich nicht erinnern. Es ist sogar sehr zweifelhaft, ob der Zeuge die Behauptung des Beklagten, die genehmigte Ausführungsplanung sei geändert worden, überhaupt bestätigt hat. Der Einwand des Beklagten, man könne sich nach so langer Zeit an solche Details nicht mehr erinnern, vermag die berechtigten Zweifel der ersten Instanz an der Richtigkeit der Aussage des Zeugen I. nicht zu erschüttern. Soweit der Zeuge sich an wesentliche Fragen der Bauausführung nicht mehr erinnern kann, so mag das wegen der langen Zeit zwischen der Bauausführung und der Zeugenvernehmung verständlich sein. Es fragt sich dann aber, weshalb der Zeuge I. zu der Wertung kommt, die Straße sei vereinbarungsgemäß errichtet worden. Folgerichtig hätte er sich dieser Wertung wegen seiner Erinnerungslücken ebenfalls enthalten müssen. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch deshalb Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage des Zeugen I., weil er sich nicht an bestimmte Termine, deren Teilnehmer, Gesprächsinhalte und ungefährer Zeitraum der Straßenarbeiten nicht erinnern konnte; denn bei diesen aufklärungsfähigen Tatsachen handelt es sich bezogen auf das Beweisthema nicht lediglich um unwesentliche Detailfragen, die die Erinnerungslücken des Zeugen I. rechtfertigen könnten, sondern um wesentliche Einzelheiten der unter Beweis gestellten Behauptungen des Beklagten, die dem Zeugen auch nach zehn Jahren noch ansatzweise in Erinnerung sein müßten. Auch widerspricht die Aussage des Zeugen I., der Bauleiter der Stadt D. (Herr S.) habe nie darüber gesprochen, dass Tiefborde in der Mitte der Straße errichtet werden sollten, dem Aktenvermerk des Bauleiters vom 02.07.1996. Zweifel an der Richtigkeit des Aktenvermerkes sind weder ersichtlich noch von dem Beklagten substanziiert aufgezeigt worden. Es ist nicht zu beanstanden, dass die erste Instanz die Aussage des Zeugen I. auch deshalb als nicht wahrheitsgemäß angesehen hat, weil sie der glaubhaften Aussage des Zeugen K. widerspricht. Denn sie hat die Aussage des Zeugen K. hinsichtlich der Errichtung der Tiefborde allein schon deshalb als glaubhaft angesehen, weil sie dem Aktenvermerk vom 02.07.1996 entspricht. Angesichts dieser Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen des Zeugen I. spielen die persönlichen Verhältnisse der Zeugen zu den Verfahrensbeteiligten keine entscheidende Rolle. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Stadt C. von ihren Mitarbeitern erwartet, zu ihren Gunsten vor Gericht wahrheitswidrige Aussagen zu machen oder der Zeuge K. einer solchen vermeintlichen Erwartungshaltung entsprechen wollte. Der Umstand, dass etwaige Gewährleistungsansprüche gegen den Zeugen I. mittlerweile verjährt sein könnten, vermag angesichts der Erinnerungslücken des Zeugen und des Widerspruchs zum Aktenvermerk vom 02.07.1996 die berechtigten Zweifel des erstinstanzlichen Gerichts am Wahrheitsgehalt der Aussage des Zeugen I. nicht zu erschüttern. Zutreffend ist auch das Argument des Verwaltungsgerichts, der Beklagte habe bei den Verhandlungen über die Mängelbeseitigung nie auf von der genehmigten Ausführungsplanung abweichende Vereinbarungen hingewiesen. Die Behauptung des Beklagten im Zulassungsantrag, bei den Verhandlungen sei es um ganz andere Fragen gegangen, trifft nicht zu. Mit Schreiben vom 05.07.1996 hat die Stadt D. gerade das Fehlen der Tiefborde gerügt.

Darüber hinaus sind etwaig vereinbarte Abweichungen von der genehmigten Ausführungsplanung, die vorliegend nur mündlich getroffen sein können, mangels Beachtung der gem. §§ 124 Abs. 4 BauGB, 57 VwVfG LSA a. F. erforderlichen Schriftform nach § 59 Abs. 1 VwVfG LSA a. F. nichtig. Bei der am 20. Februar/10. März 1995 geschlossenen Vereinbarung und der genehmigten Ausführungsplanung handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Erschließungsvertrag. Auch die Änderung einer derartigen Vereinbarung stellt ihrerseits einen öffentlich-rechtlichen Erschließungsvertrag dar und bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (vgl. HessVGH, Urt. v. 30.09.1993 - 6 UE 2129/91 -, zitiert nach juris, Rdnr. 78). Es kann dahinstehen, ob man für solche mündlichen Absprachen, die nicht in die Vertragsurkunde aufgenommen worden sind, eine Ausnahme machen kann, wenn sie aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung als vom schriftlichen Vertragsinhalt umfasst betrachtet werden können (so Hennecke in: Knack, VwVfG, Kommentar, 8. Aufl. 2003, § 57, Rdnr. 8). Denn eine solche Ausnahme liegt nicht vor, da die vom Beklagten behaupteten mündlichen Absprachen gerade im Widerspruch zur schriftlich fixierten Ausführungsplanung stehen.

1.2 Der Beklagte hat nicht i. S. von § 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO hinreichend dargelegt, weshalb die Wertung des Verwaltungsgerichts nicht zutrifft, der Beklagte sei zur vertragsgemäßen Herstellung der im Miteigentum der Bauherrengemeinschaft stehenden Erschließungsflächen im Stande. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass nicht zu erwarten ist, die Bauherrengemeinschaft werde der vertragsgemäßen Herstellung der Erschließungsanlagen nicht zustimmen und sich auf Verjährung etwaiger Erfüllungsansprüche berufen. Diese Wertung der ersten Instanz hat der Beklagte nicht entkräftet. Seine "vorsorgliche" Behauptung, die Bauherrengemeinschaft sei mit der Mängelbeseitigung nicht einverstanden, hat er nicht belegt.

1.3 Der Anspruch der Klägerin auf vertragsgemäße Herstellung der Erschließungsflächen ist entgegen der Ansicht des Beklagten nicht verjährt. Gemäß § 638 BGB a. F. beginnt die Verjährung mit der Abnahme des Werkes, hilfsweise mit endgültiger Verweigerung der Abnahme. Die nach § 7 Abs. 3 des Erschließungsvertrages vereinbarte förmliche Abnahme hat bislang noch nicht stattgefunden. Nach § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB, der am 01.05.2000 in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt wurde, ist zwar auch eine fingierte Abnahme möglich. Für vor dem 01.05.2000 abgeschlossene Verträge gilt die Vorschrift aber nur nach Maßgabe des Art. 229 § 1 Abs. 2 Satz 3 EGBGB. Hiernach kann die Abnahme erst nach dem 01.05.2000 fingiert werden und beginnt die Verjährung erst nach diesem Datum zu laufen. Mit der Erhebung der Leistungsklage vor dem Verwaltungsgericht am 19.12.2003 ist der Ablauf der fünf Jahre betragenden Verjährungsfrist (§ 638 Abs. 1 BGB) gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB a. F. (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) gehemmt. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist eine fingierte Abnahme nach § 12 Nr. 5 VOB/B nicht möglich, weil die VOB/B nach § 7 Abs. 2 Satz 1 des Durchführungsvertrages nur für die erst nach der Abnahme eingreifende Gewährleistung vereinbart worden ist. Darüber hinaus kommt, wenn wie vorliegend eine förmliche Abnahme vereinbart worden ist, weder eine fiktive noch eine konkludente Abnahme in Betracht (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 8. Aufl. 1996, Rdnr. 1354, 1387). Zwar kann auf eine förmliche Abnahme verzichtet werden (Werner/Pastor a. a. O., Rdnr. 1354). Die Beteiligten haben hierauf aber nicht verzichtet. Den diesbezüglichen Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts ist der Beklagte im Zulassungsantrag nicht entgegengetreten. Darauf, ob die Klägerin wegen wesentlicher Mängel die Abnahme verweigern durfte (§ 12 Nr. 3 VOB/B) kommt es demzufolge nicht an. Der Beklagte hat nicht ausreichend dargelegt, dass entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts eine endgültige Abnahmeverweigerung vorliegt; insbesondere ist das Verlangen einer vermeintlich geschuldeten Nachbesserung keine endgültige Abnahmeverweigerung (vgl. BGH, U. v. 13.09.1999 - VII ZR 162/97 -, zitiert nach juris, Rdnr. 14).

1.4 Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Durchführungsvertrag auch nicht insgesamt nichtig.

1.4.1 Der Beklagte hat bereits nicht ausreichend dargelegt (§ 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), weshalb der Vertrag wegen der Nichtigkeit einzelner Regelungen insgesamt nichtig sein soll und die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung deshalb ernstlichen Zweifeln (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) begegnet. Denn nach Auffassung des Verwaltungsgerichts bleibt der Durchführungsvertrag wegen der Teilwirksamkeitsklausel nach dessen § 12 Abs. 3 trotz der Nichtigkeit einzelner Regelungen im Übrigen wirksam. Mit dieser Ansicht der ersten Instanz hat sich der Beklagte im Zulassungsantrag schon nicht auseinandergesetzt.

1.4.2 Dem Beklagten ist zwar insoweit zu folgen, dass die Übereignung der Erschließungsgrundstücke in § 10 Abs. 1 des Vertrages wegen der fehlenden notariellen Beurkundung (§§ 313, 125 BGB a. F.) nichtig ist. Die Nichtigkeit dieser Regelung führt aber nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Durchführungsvertrages, weil der Vertrag insoweit teilbar ist.

Die Herstellung der Erschließungsanlagen, Übernahme der Unterhaltung und Zahlung der vereinbarten Vergütung setzen - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat - keinen Eigentumswechsel an den Erschließungsanlagen voraus. Insbesondere können die in Betracht kommenden Straßen auch ohne Eigentumserwerb durch die Klägerin in deren Straßenbaulast übergehen und dem öffentlichen Verkehr gewidmet werden, § 6 Abs. 3 StrG LSA.

Entgegen der Auffassung des Beklagten sprechen die Gesamtumstände hier dafür, dass die Vertragsparteien den Vertrag auch ohne Übereignung der Straßen geschlossen hätten (§ 59 Abs. 3 VwVfG LSA a. F.). Hauptzweck des Vertrages ist die Schaffung der erschließungsmäßigen Voraussetzungen für den Bau von Einfamilienhäusern im Plangebiet. Gegenüber diesem vorrangigen Vertragszweck hätte die Übereignung des Eigentums an den Erschließungsflächen nur dann eine entscheidende Bedeutung, wenn die Vorhaben und Erschließungsträger auch nach Durchführung der Erschließung mit der Unterhaltung und der Verkehrssicherungspflicht belastet geblieben wären. Eine solche Folge hat aber die Nichtigkeit der Vereinbarung zum Eigentumsübergang an den Erschließungsflächen gerade nicht. Denn nach § 1 Abs. 2 i. V. m. § 8 des Vertrages hat die Klägerin sich verpflichtet, die abgenommenen Erschließungsanlagen unabhängig von den Eigentumsverhältnissen in ihre Unterhaltung und Verkehrssicherungspflicht zu übernehmen (vgl. OVG RP, Urt. v. 02.05.1977 - 6 A 52/75 -, DÖV 1978, 444; OVG NW, Urt. v. 29.06.1992 - 3 A 1079/91 -, NVwZ-RR 1993, 507 [508]). Hinzu kommt, dass die Vorhaben- und Erschließungsträger gem. § 13 Abs. 2 StrG LSA vom Straßenbaulastträger den Erwerb des Eigentums an den Straßen verlangen können (vgl. zum dortigen Landesrecht: OVG RP, a. a. O.).

1.4.3 Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Vertrag nicht gegen das Kopplungsverbot verstößt; insbesondere die in § 2 Abs. 1 des Vertrages geregelte Alleebepflanzung als eine zulässige Kompensationsmaßnahme anzusehen ist. Das vom Erschließungsvertrag erfasste Plangebiet ist Bestandteil des Denkmalschutzgebietes "Dessau-Wörlitzer Kulturlandschaft" und des Biosphärenreservates "Mittlere Elbe". Nach der fachplanerischen Wertung des Grünflächenamtes der Klägerin muss deshalb auf die Erhaltung des Landschaftsbildes und die landschaftsverträgliche Einordnung des Bauvorhabens besonderer Wert gelegt werden. Ein weiteres Zusammenwachsen der Ortsteile Törten und der Siedlung Hagenbreite über dieses Vorhaben hinaus ist zu verhindern. Deshalb ist als Ausgleichsmaßnahme die Alleebepflanzung entlang der Möster Straße zwischen Dorfteich und Rampe zur Autobahn zu realisieren. Entsprechend dieser fachplanerischen Wertung, der der Beklagte nicht entgegengetreten ist, kommt es auf den vor der Durchführung der Baumaßnahme im Plangebiet vorhandenen Baumbestand nicht an.

1.4.4 Die fehlende öffentliche Bekanntmachung des Vorhaben- und Erschließungsplanes steht der Wirksamkeit des Vertrages nicht entgegen. Der Vertrag wird nach seinem § 12 Abs. 1 erst wirksam, wenn die Satzung über den Vorhaben- und Erschließungsplan in Kraft tritt oder wenn eine Baugenehmigung nach § 33 BauGB erteilt wird. Vorliegend hat die Klägerin die Baugenehmigung für die Wohnhäuser im Plangebiet auf der Grundlage des § 33 BauGB erteilt. Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es bei der Baugenehmigung nach § 33 BauGB nicht darauf an, ob der Bebauungsplan wirksam veröffentlicht und in Kraft getreten ist (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB). Denn nach § 33 BauGB ist das Vorhaben schon während der Aufstellung des Bebauungsplanes nach Durchführung der Öffentlichkeits- und Bürgerbeteiligung zulässig.

1.4.5 Schließlich setzt sich der Beklagte mit seinem schlichten Hinweis auf das Schriftformerfordernis einer Vollmacht nicht einmal ansatzweise mit der Auffassung des Verwaltungsgerichts auseinander, die fehlende Beifügung einer schriftlichen Vollmacht führe nicht zur Nichtigkeit, sondern nach § 177 Abs. 1 BGB allenfalls zur schwebenden Unwirksamkeit des Vertrages.

1.5 Entgegen der Ansicht des Beklagten muss der Erschließungsvertrag auch kein detailliertes Leistungsverzeichnis enthalten, das das Bausoll im Einzelnen festlegt. Die Einzelheiten der Bauausführung können die Parteien auch im Rahmen der Ausführungsplanung regeln. Nach § 5 Abs. 6 des Durchführungsvertrages erteilt die Klägerin den Vorhaben- und Erschließungsträgern die Genehmigung zur Herstellung der öffentlichen Erschließungsanlagen erst, wenn die Ausführungsplanung beim Tiefbauamt eingereicht und als genehmigungsfähig geprüft wurde (vgl. auch § 4 Abs. 2 des Vertrages zur Vergabe der Bauleistungen). Weil die Vorhaben- und Erschließungsträger die Ausführungsunterlagen bei der Klägerin selbst eingereicht haben, ist eine einseitige Festlegung der Bauausführung durch die Klägerin im Rahmen der Ausführungsplanung nicht feststellbar.

2. Die vom Beklagten geltend gemachten Verfahrensmängel i. S. von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegen nicht vor.

2.1 Zunächst hat der Beklagte nicht hinreichend im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO dargelegt, dass die unterbliebene Beiladung der Bauherrengemeinschaft sich auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hat.

2.2 Auch die unterlassene Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob das Gefälle der östlichen Stichstraßen zum Wendehammer den anerkannten Regeln der Technik entspreche, ist entgegen der Ansicht des Beklagten kein Verfahrensmangel i. S. von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO. Ob das Verwaltungsgericht verfahrensfehlerhaft gehandelt hat, muss stets aus dem Blickwinkel seines materiell-rechtlichen Standpunktes beurteilt werden, auch wenn dieser Standpunkt vom Oberverwaltungsgericht nicht geteilt wird (BVerwG, Beschl. v. 23.08.1996 - 11 OB 150.95 -, zitiert nach juris, Rdnr. 2). Aus Sicht des Verwaltungsgerichts war es nicht erheblich, ob das Gefälle der östlichen Stichstraße in Richtung Wendehammer den anerkannten Regeln der Baukunst entspricht. Seiner Auffassung nach war die mit dem Gefälle zum Wendehammer errichtete Stichstraße allein deshalb fehlerhaft, weil das Bauwerk nicht der zwischen den Parteien vereinbarten Ausführungsplanung entspricht. Darüber hinaus kann sich ein anwaltlich vertretener Beteiligter grundsätzlich nicht auf die Verletzung der Aufklärungspflicht berufen, wenn er - wie vorliegend - keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat (OVG LSA, Beschl. v. 31.05.2006 - 4 L 35/05 -, S. 5 d. BA).

2.3 Die angefochtene Entscheidung stellt keine den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzende Überraschungsentscheidung dar, wenn das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung feststellt, dass das Bauwerk bereits wegen der Abweichung des Istzustands vom vereinbarten Sollzustand mangelhaft ist. Die Vorinstanz war nicht verpflichtet, die seine Entscheidung tragende Auffassung schon vor der abschließenden Entscheidungsfindung festzulegen und mit dem Beteiligten zu erörtern. Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt eine solche Pflicht nicht. Das rechtliche Gehör wird erst dann verletzt, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassung - nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (BVerfG, Beschl. v. 29.05.1991 - 1 BvR 1383/90 -, zitiert nach juris, Rdnr. 7). Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung nicht auf eine überraschende Rechtsansicht gestützt. Vielmehr entsprach seine Auffassung, dass Bauwerk sei bereits wegen seiner abredewidrigen Herstellung fehlerhaft, der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Werner/Pastor, a. a. O., Rdnr. 1456 m. w. N.). Ein anwaltlich vertretener Beteiligter muss die einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung kennen. Eines besonderen Hinweises hierauf bedarf es nicht. Durch seine Prozessführung, insbesondere durch die Vernehmung der Zeugen hat das Verwaltungsgericht hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass es nach seiner Ansicht lediglich auf die Abweichungen der Bauausführung von der vertraglichen Vereinbarung ankommt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Das Gericht hat in Übereinstimmung mit der Vorinstanz und seinem Beschluss vom 11.01.2006 - 4 O 35/06 - das Interesse des Beklagten an der Verfolgung seines Antrages mit 100.000,00 €, den voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung, bemessen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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