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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 20.03.2007
Aktenzeichen: 4 L 397/06
Rechtsgebiete: VwZG LSA, GO LSA


Vorschriften:

VwZG LSA § 5
GO LSA § 75
GO LSA § 77
GO LSA § 137
GO LSA § 138
§ 75 Abs. 5 Satz 1 GO LSA regelt die verwaltungsmäßige Behandlung der von der Verwaltungsgemeinschaft für ihre Mitgliedsgemeinden zu besorgenden Aufgaben. Nach dieser Vorschrift werden in Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft die Aufgaben der Gemeindeverwaltung ausschließlich vom gemeinsamen Verwaltungsamt erledigt. Mithin obliegt allein der Verwaltungsgemeinschaft als "Servicebetrieb" die verwaltungsmäßige Vorbereitung, Abwicklung und Ausführung von Aufgaben im eigenen Wirkungskreis der Mitgliedsgemeinden - also auch die Sachbearbeitung der für die Mitgliedsgemeinden eingehenden Post. Diese Kompetenzzuweisung erfolgt unmittelbar kraft Gesetzes und bedarf keiner weiteren Umsetzung in einer von den Mitgliedsgemeinden zu beschließenden Gemeinschaftsvereinbarung. Diese können sich folglich auch keine "eigenen Besorgungskompetenzen" gegenüber der Verwaltungsgemeinschaft vorbehalten.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 4 L 397/06

Datum: 20.03.2007

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Antragsschrift benennt schon keinen der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO, welche allein rechtfertigen, eine Berufung zuzulassen. Aber selbst wenn der Zulassungsantrag seinem Inhalt nach dahin verstanden werden könnte, die Klägerin berufe sich auf "ernstliche Zweifel" i. S. des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, ist der Antrag nicht begründet; denn solche Zweifel sind nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Der Senat lässt offen, ob die Klägerin in diesem Verfahren, in dem sie die Aufhebung der von dem Beklagten mit Bescheid vom 18. Januar 2005 verfügten kommunalaufsichtlichen Ersatzvornahme gemäß § 138 GO LSA begehrt, noch Einwendungen gegen die Anordnungsverfügung des Beklagten vom 3. Januar 2005 erheben kann; denn das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die kommunalaufsichtliche Anordnungsverfügung jedenfalls mangels Einlegung eines Rechtsbehelfs bestandskräftig geworden ist.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die kommunalaufsichtliche Anordnung vom 3. Januar 2005 am 4. Januar 2005 zu Recht der Verwaltungsgemeinschaft "Südliches Anhalt" gegen Empfangsbekenntnis (vgl. § 5 VwZG LSA) zugestellt worden; denn entsprechend ihrer allgemeinen Stellung als "Servicebetrieb" für die Mitgliedsgemeinden besorgt die Verwaltungsgemeinschaft gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 GO LSA grundsätzlich alle Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Mitgliedsgemeinden. Im Rahmen dieses Besorgungsverhältnisses hat die Verwaltungsgemeinschaft die Mitgliedsgemeinden bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen, während die Mitgliedsgemeinden ihrerseits der Pflicht unterliegen, sich in Angelegenheiten von grundsätzlicher oder besonderer wirtschaftlicher Bedeutung der fachlichen Beratung durch die Verwaltungsgemeinschaft zu bedienen (§ 77 Abs. 1 Satz 2 GO LSA).

Des Weiteren regelt § 75 Abs. 5 Satz 1 GO LSA die - hier bedeutsame - verwaltungsmäßige Behandlung der von der Verwaltungsgemeinschaft für ihre Mitgliedsgemeinden zu besorgenden Aufgaben. Nach dieser Vorschrift werden in Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft die Aufgaben der Gemeindeverwaltung ausschließlich vom gemeinsamen Verwaltungsamt erledigt. Mithin obliegt allein der Verwaltungsgemeinschaft die verwaltungsmäßige Vorbereitung, Abwicklung und Ausführung von Aufgaben im eigenen Wirkungskreis der Mitgliedsgemeinden - also auch die Sachbearbeitung der für die Mitgliedsgemeinden eingehenden Post. Diese Kompetenzzuweisung erfolgt unmittelbar kraft Gesetzes und bedarf keiner weiteren Umsetzung in einer von den Mitgliedsgemeinden zu beschließenden Gemeinschaftsvereinbarung. Diese können sich folglich auch keine "eigenen Besorgungskompetenzen" gegenüber der Verwaltungsgemeinschaft vorbehalten (Klang/Gundlach, Gemeindeordnung und Landkreisordnung für das Land Sachsen-Anhalt, 2. Aufl., § 77 RdNr. 2), mit der Folge, dass eine unmittelbare Zustellung der kommunalaufsichtlichen Verfügungen an den Bürgermeister der Klägerin von vornherein nicht in Betracht kam.

Gegen die Bestandskraft der kommunalaufsichtlichen Anordnung mit Ablauf des 4. Februar 2005 kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg einwenden, ihr Widerspruch vom 1. Februar 2005, der Beklagten zugegangen am 3. Februar 2005, sei als Widerspruch gegen die Ersatzvornahme und zugleich als Widerspruch gegen noch nicht bestandskräftige vorangegangene Anordnungsverfügungen zu werten gewesen; denn der Widerspruch vom 1. Februar 2005 bezieht sich ausdrücklich nur "gegen die im Betreff (15 15 4/EV GemV "Südliches Anhalt) genannte Ersatzvornahme", so dass dem Schreiben ein Widerspruch auch gegen die Anordnungsverfügung vom 3. Januar 2005 (Aktenzeichen 15 15 4/AO GemV) nicht zu entnehmen ist.

Schließlich wendet die Klägerin zu Unrecht ein, die Ersatzvornahme vom 18. Januar 2005 weiche von der Anordnungsverfügung vom 3. Januar 2005 ab, so dass sie auch isoliert angegriffen werden könne. Soweit sie ihren Anfechtungsanspruch daraus herleitet, die Androhung der Ersatzvornahme unter Nr. 3 der Verfügung nehme fehlerhaft Bezug auf die unter Nr. 1 verfügte Rücknahme der Anordnung vom 13. Dezember 2004, so dass schon keine ordnungsgemäße Androhung der unter Nr. 2 verfügten kommunalaufsichtlichen Anordnung vorliege, so führt dieser Einwand schon deswegen nicht zum Erfolg, weil es sich bei der Bezugnahme auf Nr. 1 der Verfügung um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 42 VwVfG handelt, den die Beklagte jederzeit berichtigen könnte.

Auch der Einwand der Klägerin, weder der Text der Anordnungsverfügung noch die Androhung der Ersatzvornahme verhielten sich nicht zu der in § 3 Satz 2 der 1. Änderung der Gemeinschaftsvereinbarung der Verwaltungsgemeinschaft "Südliches Anhalt" vorgesehenen Einrichtung von Bürgerämtern in der Stadt G. und der Gemeinde Q., geht fehl. Die Anordnung, bis zum 17. Januar 2005 die Gemeinschaftsvereinbarung der Verwaltungsgemeinschaft "Südliches Anhalt" vom 16. März 2004 (...) im Hinblick auf die Gemeinden H. und W. und die Städte G. und R. anzupassen, umfasst nicht nur die förmliche Aufnahme dieser Städte und Gemeinden in die neu gebildete Verwaltungsgemeinschaft als Mitgliedsgemeinden, sondern weist darüber hinaus alle Mitgliedsgemeinden an, auch die weiteren Angelegenheiten der neu hinzukommenden Gemeinden, so z. B. die Einrichtung von Bürgerämtern, in einer (neuen) Gemeinschaftsvereinbarung zu regeln. Zudem war der kommunalaufsichtlichen Verfügung vom 3. Januar 2005 zum einen ausweislich Nr. 3 der Entwurf der 1. Änderung der Gemeinschaftsvereinbarung beigefügt, aus der sich u. a. die Einrichtung eines Bürgeramts in der Stadt G. ergibt, und zum anderen wird die Entscheidung, dass anstelle der Gemeinde E. die Stadt G. ein Bürgeramt erhalte, auf S. 4/5 der Anordnungsverfügung vom 3. Januar 2005 ausführlich begründet, so dass bei Zugrundelegung des gesamten Inhalts des Verwaltungsakts entgegen der Auffassung der Klägerin sowohl der Text der Anordnungsverfügung vom 3. Januar 2005 als auch die Androhung der Ersatzvornahme, die inhaltlich aufeinander Bezug nehmen, sich zur Einrichtung eines Bürgeramts in G. verhalten. Diese bestandskräftige Anordnung und Androhung der Ersatzvornahme setzt die angegriffene kommunalaufsichtliche Ersatzvornahme vom 18. Januar 2005 um.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 GKG sowie in Anlehnung an Nr. 22.5 des sog. Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.)

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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