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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 19.04.2006
Aktenzeichen: 4 L 421/05
Rechtsgebiete: KAG LSA


Vorschriften:

KAG LSA § 5 I 1
KAG LSA § 5 III 5
Der Benutzungstatbestand für eine Grundgebühr ist bei einer leitungsgebundenen öffentlichen Einrichtung ab dem Zeitpunkt erfüllt, von dem der Gebührenpflichtige einen betriebsbereiten Anschluss an das Leitungsnetz unterhält. Für einen solchen Anschluss muss bei der Abwasserbeseitigung auf einem bebauten Grundstück zumindest eine Anbindung zwischen den als Grundleitungen bezeichneten Hauptabwasserleitungen des Gebäudes und dem Revisionsschacht bzw. dem Hauptkanal bestehen.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 4 L 421/05

Datum: 19.04.2006

Gründe:

Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

Entgegen der Auffassung des Beklagten bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, es könne keine Grundgebühr erhoben werden, weil das klägerische Grundstück in dem streitbefangenen Zeitraum nicht an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossen gewesen sei, ist nicht zu beanstanden.

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA erheben Landkreise und Gemeinden als Gegenleistung die für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen erforderlichen Benutzungsgebühren, soweit nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. Die nach § 5 Abs. 3 Satz 5 KAG LSA zulässige Grundgebühr stellt eine Form der Benutzungsgebühr dar, die für die Inanspruchnahme der Liefer- und Betriebsbereitschaft einer öffentlichen Einrichtung (hier der Abwasserbeseitigung) erhoben wird. Sie dient zur Deckung derjenigen verbrauchsunabhängigen Betriebskosten (auch Fixkosten oder invariable Kosten genannt), die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Einrichtung entstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 1. August 1986 - 8 C 112.84 -, KStZ 1987, 11; OVG LSA, Beschl. v. 4. Dezember 2000 - 3 M 368/00 -; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 26. August 2002 - 9 LA 305/02 -).

Der Benutzungstatbestand für eine Grundgebühr ist bei einer leitungsgebundenen öffentlichen Einrichtung ab dem Zeitpunkt erfüllt, von dem der Gebührenpflichtige einen betriebsbereiten Anschluss an das Leitungsnetz unterhält. Von diesem Zeitpunkt an kommen ihm die Vorhalteleistungen in Gestalt der Unterhaltung eines öffentlichen Leitungsnetzes voll zugute, weil er über den vorhandenen Anschluss und das ständig lieferbereit gehaltene Leitungsnetz jederzeit die Leistungen der öffentlichen Einrichtung (hier: Abwasserbeseitigung) abrufen kann (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25. August 1995 - 9 A 3907/93 -, NVwZ-RR 1996, 700; vgl. weiter OVG LSA, Beschl. v. 4. Dezember 2000 - 3 M 368/00 -; Driehaus, Kommunalabgabenrecht Bd. I, § 6 Rdnr. 221c; Bd. II Rdnr. 755a; Forst, KStZ 2001, 141, 147; zweifelnd: OVG Niedersachsen, Beschl. v. 12. September 1990 - 9 L 119/89 -). Dementsprechend entsteht die Grundgebühr gem. § 17 Satz 3 der Abwasserbeseitigungsabgabensatzung des Rechtsvorgängers des Beklagten vom 14. Oktober 2002 - ABAS - erstmals mit dem Tage, an dem der Anschluss tatsächlich hergestellt worden ist.

Für einen solchen Anschluss muss bei der Abwasserbeseitigung grundsätzlich eine Grundstücksentwässerungsanlage (vgl. § 12 Abwasserbeseitigungssatzung des Rechtsvorgängers des Beklagten vom 15. Oktober 2001 - ABS -) vorhanden sein, die an die vom Verband herzustellenden Bestandteile der öffentlichen Einrichtung anzubinden ist. Diese Grundstücksentwässerungsanlage ist nach der ABS bei einem bebauten Grundstück die (Abwasser)Verbindung vom Gebäude über einen Revisionsschacht zum Grundstücksanschlusskanal (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1, 2 und 3 ABS) oder - in Ausnahmefällen - direkt zum Hauptkanal (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1, 4 und 5 ABS). Eine solche Verbindung bestand auf dem klägerischen Grundstück nicht und war auch nicht in der Kanalverbindung von der Grundstücksgrenze in eine Grube innerhalb des auf dem klägerischen Grundstücks befindlichen (unbewohnten) Gebäudes zu sehen. Es muss dafür zumindest eine Anbindung zwischen den als Grundleitungen bezeichneten Hauptabwasserleitungen des Gebäudes (vgl. dazu auch § 6 Abs. 2 Buchst. e Satz 2 ABS) und dem Revisionsschacht bzw. dem Hauptkanal bestehen. Nur dann ist ein betriebsbereiter Anschluss vorhanden. In diesem Sinne ist auch das verwaltungsgerichtliche Urteil zu verstehen, wonach die in dem Gebäude befindlichen sanitären Anlagen mit dem Grundstücksanschluss verbunden sein müssen.

Weiterhin ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass vorliegend dieser Anschluss ohne größeren technischen Aufwand hergestellt werden und deshalb als bestehend fingiert werden konnte.

Es kann danach offen bleiben, welche Auswirkungen es hat, dass ein Revisionsschacht, der gem. § 12 Abs. 1 Satz 3 ABS zur vom Eigentümer herzustellenden Grundstücksentwässerungsanlage gehört und gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 ABS auf dem zu entwässernden Grundstück - nur ausnahmsweise außerhalb des Grundstücks (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 ABS) - zu errichten ist, wohl noch nicht hergestellt worden ist. Bei einer Grube innerhalb eines auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes dürfte es sich kaum um einen Revisionsschacht i.S.d. ABS handeln.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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