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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 23.04.2009
Aktenzeichen: 4 L 458/08
Rechtsgebiete: LSA-KAG


Vorschriften:

LSA-KAG § 6 Abs. 2
Für die Annahme einer Aufwandspaltung i.S.d. § 6 Abs. 2 KAG LSA ist ein diese Absicht offenbarendes Handeln des zuständigen Organs der Gemeinde erforderlich, das dessen Willen zu einer gesonderten Erhebung von Straßenausbaubeiträgen hinsichtlich des Grunderwerbs, der Freilegung oder der nutzbaren Teileinrichtungen der Verkehrsanlage deutlich bekundet. Es handelt sich um eine innerdienstliche Ermessensentscheidung, die keiner besonderen Bekanntmachung und keiner speziellen satzungsrechtlichen Grundlage bedarf. Für die Wirksamkeit der Entscheidung über die Aufwandspaltung und die Entstehung der sachlichen (Teil)Beitragspflicht ist es allerdings nicht erforderlich, dass die Entscheidung gegenüber den Beitragspflichtigen "kundbar" gemacht wird, auch wenn dies - spätestens im Rahmen der Beitragsfestsetzung - zwangsläufig geschehen muss.
Gründe:

Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

1. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, die (Teil)Beitragspflicht für die streitbefangenen Teileinrichtungen sei mit Ablauf des 31. Dezember 2007 entstanden, weil erst im Juni 2007 der nach der Beitragssatzung vom 12. Januar 2006 insoweit zuständige Fachausschuss eine Entscheidung über die Aufwandspaltung getroffen habe. Vor Inkrafttreten dieser Zuständigkeitsregelung habe die Beklagte keine wirksame Entscheidung über eine Aufwandspaltung im Hinblick auf die in Rede stehenden Teileinrichtungen getroffen, insbesondere nicht durch die zeitlich aufeinanderfolgende Ausschreibung, Vergabe und Bezahlung der einzelnen teileinrichtungsbezogenen Bauleistungen. Es habe sich dabei um eine Maßnahme der Planung gehandelt, die nichts zu tun habe mit den beitragsrechtlichen Anforderungen und Zwecken einer Aufwandspaltung. Vielmehr wäre es dazu notwendig gewesen, die Entscheidung über eine Aufwandspaltung gegenüber den Beitragspflichtigen "kundbar" zu machen, was hier nicht geschehen sei.

Für die Annahme einer Aufwandspaltung ist - worauf das Verwaltungsgericht ebenfalls abgestellt hat - ein diese Absicht offenbarendes Handeln des zuständigen Organs der Gemeinde erforderlich, das dessen Willen zu einer gesonderten Erhebung von Straßenausbaubeiträgen hinsichtlich des Grunderwerbs, der Freilegung oder der nutzbaren Teileinrichtungen der Verkehrsanlage deutlich bekundet. Es handelt sich um eine innerdienstliche Ermessensentscheidung, die keiner besonderen Bekanntmachung und keiner speziellen satzungsrechtlichen Grundlage bedarf (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 12. August 2004 - 2 L 157/01 - zit. nach JURIS m.w.N.; vgl. auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. A., § 38 Rdnr. 5 i.V.m. § 20 Rdnr. 11). Für die Wirksamkeit der Entscheidung über die Aufwandspaltung und die Entstehung der sachlichen (Teil)Beitragspflicht ist es allerdings nicht erforderlich, dass die Entscheidung gegenüber den Beitragspflichtigen "kundbar" gemacht wird, auch wenn dies - spätestens im Rahmen der Beitragsfestsetzung - zwangsläufig geschehen muss.

Das Vorliegen einer innerdienstlichen Ermessensentscheidung zur Aufwandspaltung ist hier weder ersichtlich noch von der Klägerin substanziiert geltend gemacht. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Teilausbaumaßnahmen seien "für den vorliegenden Bereich in den Jahren 1995 und 1997 abgeschlossen" worden, eine Aufwandspaltung sei "mithin spätestens im Jahre 1997 erfolgt" und eine andere Sichtweise widerspreche "logischen Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen", weil üblicherweise bei der Planung einer Baumaßnahme auch darüber entschieden werde, wie diese abgerechnet werden solle. Planung und Ausführung von Straßenausbaumaßnahmen, die nur Teileinrichtungen einer Verkehrsanlage betreffen, lassen nicht ohne weiteres darauf schließen, dass ein Wille des zuständigen Organs der Gemeinde für eine Aufwandspaltung i.S.d. § 6 Abs. 2 KAG LSA besteht. Ohne eine zusätzliche, konkret auf eine gesonderte Beitragserhebung bezogene Willensäußerung kann eine Aufwandspaltung dann nicht angenommen werden. Entsprechendes gilt für die Ausschreibung und Vergabe von Baumaßnahmen für solche Teileinrichtungen. Daher lässt sich auch einem nur auf einzelne Teileinrichtungen bezogenen Bauprogramm der Gemeinde allein keine Entscheidung i.S.d. § 6 Abs. 2 KAG LSA entnehmen (a.M. wohl OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 12. August 2004 - 2 L 157/01 -, a.a.O.).

Der Verweis darauf, dass die Beklagte die betroffenen Grundstückseigentümer "vor Maßnahmebeginn und während der Maßnahme schriftlich über die abschnittsweise- und spartenweise Ausführung unterrichtet" habe, ist ebenfalls nicht genügend. Dem Vorbringen der Klägerin lässt sich nicht entnehmen, dass in der Unterrichtung über eine Information zum technischen Verlauf der Bauarbeiten hinaus zum Ausdruck gekommen ist, dass im Sinne des Beitragsrechts eine gesonderte Abrechnung von Teileinrichtungen durchgeführt werden sollte.

Im Übrigen sind die Teileinrichtungen Straßenentwässerung, Gehweg, Radweg und Parkflächen ohnehin erst im Jahre 2002 bzw. 2003 und damit innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist fertig hergestellt worden. Denn unstreitig ist der nördliche Fahrbahnseitenbereich erst im Jahre 2002 (Straßenentwässerung) bzw. 2003 (Gehweg, Radweg und Parkflächen) ausgebaut worden. Eine Abschnittsbildung i.S.d. § 6 Abs. 4 KAG LSA konnte für die südliche Straßenseite von vornherein nicht erfolgen, weil es sich dabei nicht um eine Straßenteilstrecke (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 28. Februar 2005 - 4 L 233/01 -, zit. nach JURIS) handelt.

2. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die formellen Anforderungen an eine Entscheidung zur Aufwandspaltung sind nicht in einem Berufungsverfahren klärungsbedürftig. Für die Annahme einer Aufwandspaltung ist - wie oben dargelegt - ein diese Absicht offenbarendes Handeln des zuständigen Organs der Gemeinde erforderlich, das dessen Willen deutlich bekundet. Ob diese Anforderung erfüllt ist, ist eine Frage des Einzelfalls, die sich rechtsgrundsätzlicher Klärung entzieht.

3. Der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensmangel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt schließlich ebenfalls nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat nicht die Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der insoweit erhobene Einwand der Klägerin, das Gericht habe sich das "Bauprogramm der Beklagten zu der streitgegenständlichen Ausbaumaßnahme nicht vorlegen lassen", ist nicht durchgreifend. Die Gemeinde entscheidet grundsätzlich nach ihrem Ermessen darüber, wer in welcher Form das Bauprogramm aufstellt. Da sich das Bauprogramm aus der Satzung, Ratsbeschlüssen, formlosen Entscheidungen der Verwaltung, konkludent aus dem Abschluss von Verträgen oder sogar aus der vorgenommenen Planung ergeben kann (vgl. Driehaus, a.a.O., § 33 Rdnr. 5), ist das (isolierte) Verlangen nach Vorlage des Bauprogramms an sich nicht sachgerecht. Vielmehr entspricht es dem Amtsermittlungsgrundsatz in straßenausbaubeitragsrechtlichen Verfahren, wenn das Gericht - wie hier - die Gemeinde mit der Eingangsverfügung auffordert, ihre vollständigen Unterlagen im Original vorzulegen und diese Aufforderung auch konkretisiert. Der Aufforderung des Gerichts kam die Beklagte in dem Parallelverfahren der Klägerin (- 2 A 119/08 MD -) nach. Die Klägerin trägt aber nicht vor, dass diese Unterlagen unvollständig waren und welche Aufklärungsmaßnahmen das Verwaltungsgericht weiter hätte durchführen sollen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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