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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 02.09.2008
Aktenzeichen: 4 L 642/04
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 242 Abs. 9 S. 1
BauGB § 242 Abs. 9 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag für die Herstellung der Teileinrichtungen Fahrbahn, Straßenentwässerung, Parkflächen und Grünanlagen der B-straße in der Gemeinde C-Stadt. Die B-straße befindet sich im Ortsteil H. und verbindet die Straße "Am Fuchsberg" mit der Bundesstraße 184 (K. Straße). Sie verläuft parallel zur B. Straße (Bundesstraße 1) auf einer Gesamtlänge von ungefähr 580 m.

Der Kläger ist Eigentümer eines an diese Straße angrenzenden, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks mit der Flurstücksbezeichnung 18/2 der Flur A in der Gemarkung C-Stadt. Ein Bebauungsplan besteht für das Gebiet nicht.

Nach den Angaben der Beklagten verfügte die B-straße am 3. Oktober 1990 über eine Fahrbahn, die lediglich auf der Teillänge zwischen der Einmündung in die K. Straße bis zum Ende der letzten Bebauung (ungefähr 240 m) - Südabschnitt - mit (Mineral-)Schotter und im Übrigen unbefestigt war. Der Gehweg war auf diesem Abschnitt einseitig vorhanden und mit Gehwegplatten befestigt. Das anfallende Oberflächenwasser versickerte und verdunstete im unbefestigten Seitenraum. Als Straßenbeleuchtung waren freistehende Straßenleuchten installiert.

Nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik wurde die B-straße in den Jahren 1999, 2000 und 2001 ausgebaut. Dabei wurde auf dem Südabschnitt die Fahrbahn mit einem frostsicheren Unterbau und einer Tragdeckschicht aus Bitumen befestigt. Beidseitig der Fahrbahn wurde ein Gehweg mit Seitenraumbefestigung angelegt und mit Betonsteinpflaster versehen. Zusätzlich wurden östlich der Fahrbahn Parkbuchten und Grünflächen neu angelegt. Die Fahrbahnentwässerung erfolgt nach dem Ausbau auf dieser Teillänge über eine neu angelegte Rohrrigole.

Die Baumaßnahmen waren im Jahre 2001 beendet. Die letzte in den beitragsfähigen Aufwand eingestellte Unternehmerrechnung ging am 21. März 2001 bei der Beklagten ein.

Mit Bescheid vom 23. September 2002 erhob die Beklagte auf der Grundlage ihrer Erschließungsbeitragssatzung vom 1. März 1999 in der Fassung der Änderungssatzung vom 8. Juli 1999 von dem Kläger einen Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der Teileinrichtungen Fahrbahn, Straßenentwässerung, Parkflächen und Grünanlagen der B-straße in Höhe von 6.962,62 €.

Für die Teileinrichtung Gehweg wurde der Kläger ferner durch vorliegend nicht streitgegenständlichen Bescheid vom 23. September 2002 zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von 1.165,17 € veranlagt.

Mit seiner am 13. Juni 2003 erhobenen (Untätigkeits)-Klage hat der Kläger im Wesentlichen gerügt, dass die Umlegung der Kosten für den Ausbau der Teileinrichtungen Fahrbahn, Straßenentwässerung, Parkflächen und Grünanlagen zu Unrecht auf das Erschließungsbeitragsrecht gestützt worden sei, weil diese Teileinrichtungen im südlichen Teil der B-straße, an dem sein Grundstück angrenze, bereits hergestellt gewesen seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2003 hat die Beklagte den Heranziehungsbescheid vom 23. September 2002 aufgehoben, soweit darin ein Erschließungsbeitrag von mehr als 6.419,24 € festgesetzt worden ist, und den Widerspruch des Klägers im Übrigen zurückgewiesen. Hinsichtlich der Teilaufhebung haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Durch Urteil vom 30. September 2004 hat das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben, weil die Erschließungsbeitragssatzung wegen Bekanntmachungsmängeln nicht wirksam geworden sei.

Nach Zulassung der Berufung hat der Senat mit Urteil vom 23. Januar 2006 die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 18. Oktober 2006 - BVerwG 9 B 6.06 - das Urteil des Senats aufgehoben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 2. Kammer - vom 30. September 2004, berichtigt durch Beschluss vom 15. Oktober 2004, zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und der Beklagten vollumfänglich die Kosten aufzuerlegen.

Er macht geltend, dass nach wie vor keine wirksame Erschließungsbeitragssatzung vorliege. Im Hinblick auf die Notwendigkeit einer ordnungsgemäßen Bekanntmachung könne von einem Bürger nicht verlangt werden, ein Verkündungsorgan käuflich zu erwerben. Es sei weiterhin nicht zumutbar, jeden Monat den "Biederitzer Buschfunk" zu erwerben, nur damit der Bürger eine sich möglicherweise hierin befindliche Bekanntmachung nicht übersehe. Ohnehin sei angesichts der geringen Auflage des Blattes eine Bekanntmachung gegenüber jedem volljährigen Bürger nicht gewährleistet. Des Weiteren sei nach § 16 Abs. 2 der dritten Änderungssatzung der Hauptsatzung der Beklagten vom 4. Dezember 1996 eine Bekanntmachung durch Aushang auch im Bekanntmachungskasten in H. gefordert. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Ferner ergebe sich aus der in § 16 Abs. 2 der Hauptsatzung vorgesehenen Veröffentlichung im Gemeindeblatt nicht eindeutig, in welchem Gemeindeblatt Veröffentlichungen oder Bekanntmachungen vorzunehmen seien. Der "Biederitzer Buschfunk" sei im Übrigen kein offizielles Organ der Beklagten.

Der Bescheid sei aber vor allem auch deshalb unwirksam, weil hier keine Erschließung vorgenommen worden sei. Sämtliche Teilanlagen des Teils der B-straße zwischen der K. Straße und dem Bebauungsende seien gemäß § 242 Abs. 9 BauGB bereits hergestellt gewesen, weil dieser selbständige Abschnitt der Straße bereits in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts grundlegend hergestellt worden sei.

Die gesamte Straße sei ausgekoffert, Bordsteine gesetzt und Fußwege angelegt worden. Der Straßenkörper selbst sei mit einer Grundschicht aus Kies und einer Tragschicht aus Splitt - verstärkt mit Pflastersteinen - versehen worden. Als Deckschicht sei ein Mineralgemisch aufgebracht worden.

Auch sei die Straße mit einem Straßenentwässerungssystem versehen worden. Entlang der Bordsteine sei ursprünglich ein Rinnstein vorhanden gewesen. An der tiefsten Stelle der Straße sei beidseitig in den Bordsteinen ein Gitter eingelassen worden, wodurch das von beiden Seiten einfließende Wasser in einem Versickerungsschacht aufgenommen worden sei. Etwa in der Mitte der Straße seien zwei Sickerungsschächte eingebracht worden. Der Straßenkörper selbst sei so hergestellt gewesen, dass er sich von beiden Seiten aus leicht zu diesen Schächten hingeneigt habe, so dass das Regenwasser in die mit Metallplatten bedeckten Schächte fließen und im dort vorhandenen Sandboden habe versickern können.

Ergänzend werde darauf verwiesen, dass es sich bei den an der Straße und der Regenwasserkanalisation durchgeführten Maßnahmen nicht um eine über den bloßen Unterhalt oder die Reparatur hinausgehende Verbesserung gehandelt habe.

Auch sei die B-straße keine Anliegerstraße, weil durch den dort befindlichen Friedhof, das Altenheim und das Gewerbegrundstück ein erhöhtes Verkehrsaufkommen zu verzeichnen sei.

Die Beklagte habe sich zudem offensichtlich nicht an das Gebot der Wirtschaftlichkeit gehalten und dadurch augenfällig Mehrkosten verursacht, welche sachlich schlechthin unvertretbar seien. Da bereits ein fester Fahrbahnkörper vorhanden gewesen sei, hätte es genügt, die oberste Schicht um einige Zentimeter abzutragen und nach erneuter Verfestigung eine bituminöse Tragschicht aufzubringen. Insbesondere die Straßenentwässerung sei in der ausgebauten Form nicht erforderlich gewesen; anstelle der aufwändigen Entwässerungseinrichtung hätte es ausgereicht, einfache Sickerschächte anzubringen oder die vorhandenen zu nutzen. Wären die Parkflächen wie die Fahrbahn mit einer bituminösen Tragschicht statt mit Betonpflaster versehen worden, hätten sich die Kosten um die Hälfte gemindert. Zudem habe die Rechnung vom 13. Dezember 2000 das Angebot der Firma (...) Straßen- und Tiefbau AG vom 25. Mai 2000 um etwa 20 % überschritten. Des Weiteren seien im streitgegenständlichen Beitragsbescheid Kosten enthalten, welche nicht geltend gemacht werden könnten. Da sämtliche Grundstückseigentümer des Abschnittes der B-straße über einen eigenen Parkplatz bzw. eine Garage auf ihrem Grundstück verfügten, würden die auf der Straße befindlichen Parkflächen nicht von ihnen genutzt. Die angelegten Grünflächen dienten nur der Verschönerung des Ortsbildes, böten den Grundstückseigentümern aber keinerlei nutzbaren Vorteil.

Am 2. März 2000 habe schließlich in H. eine Bürgerversammlung stattgefunden, in welcher der Bürgermeister der Beklagten versichert habe, dass die Maßnahme für jeden einzelnen Anlieger nicht höhere Beiträge auslösen werde als die "Kanalbaubeiträge". Die Verwaltung habe somit einen Vertrauenstatbestand geschaffen, an welchen sie sich entsprechend dem Grundsatz von Treu und Glauben auch zu halten habe. Somit habe auch keine ordnungsgemäße Anhörung mit Beteiligung der Grundstückseigentümer stattgefunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist teilweise - in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang - begründet.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht in vollem Umfang stattgegeben. Der Heranziehungsbescheid der Beklagten vom 23. September 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2003 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I. Die streitgegenständliche Veranlagung findet, wie der Kläger zu Recht einwendet, entgegen der Auffassung der Vorinstanz ihre Rechtsgrundlage in den §§ 2 und 6 des Kommunalabgabengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Dezember 1996 (GVBl. LSA S.405) - KAG LSA -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 2003 (GVBl. LSA S. 370), i. V. m. der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 28. März 2001, zuletzt geändert durch die Erste Änderungssatzung vom 8. August 2001 - SBS 2001 -.

1. In dem für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts maßgeblichen Zeitpunkt fehlte es zwar an einer rechtswirksamen, ortsrechtlichen Rechtsgrundlage der Beklagten für die Erhebung von Ausbaubeiträgen, weil die vorhandenen Straßenausbaubeitragssatzungen wegen Bekanntmachungsmängeln jeweils nicht wirksam geworden sind. Die im Oktober 2004 erfolgte Neubekanntmachung der SBS 2001 nebst ihren Änderungen im Gemeindeblatt "Biederitzer Buschfunk" der Beklagten vom Oktober 2004 (Nr. 10, Ausgabe 169) lässt indes keine Rechtsfehler erkennen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2007 - BVerwG 9 C 5.06 -, BVerwGE 129, 100-116).

Die demgegenüber von dem Kläger geltend gemachten Einwände greifen nicht durch. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urt. v. 11.07.2007, a. a. O.) hat zu der entsprechend bekannt gemachten Erschließungsbeitragssatzung ausgeführt:

Die EBS 1999 ist nicht deswegen nichtig, weil das Bekanntmachungsorgan "Biederitzer Buschfunk" nicht in einer für alle Satzungsbetroffenen ausreichenden Auflagenstärke gedruckt wird und zudem nur käuflich zu erwerben ist. Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), das der Kläger dadurch verletzt sieht, gebietet lediglich, dass Rechtsnormen so zu verkünden (bekanntzumachen) sind, dass die Betroffenen sich vom Erlass und vom Inhalt der Rechtsnorm verlässlich Kenntnis verschaffen können und dass diese Möglichkeit der Kenntnisnahme nicht in unzumutbarer Weise erschwert sein darf (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2. April 1963 - 2 BvL 22/60 - BVerfGE 16, 6 <17> und vom 22. November 1983 - 2 BvL 25/81 - BVerfGE 65, 283 <291>). Dabei enthält das Rechtsstaatsprinzip keine in allen Einzelheiten eindeutig bestimmten Gebote und Verbote. Es bedarf vielmehr der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten, wie hier durch die Bekanntmachungsvorschriften des Landes- und Ortsrechts. Danach ist dem Rechtsstaatsprinzip grundsätzlich auch bei einer Bekanntmachung von kommunalem Satzungsrecht in nur einer Zeitung Genüge getan, sofern sichergestellt ist, dass diese Zeitung von interessierten Bürgern erworben werden kann (vgl. Urteil vom 13. Dezember 1985 - BVerwG 8 C 66.84 - NVwZ 1986, 925 <927>). Dies schließt ein, dass es grundsätzlich keine unzumutbare Erschwernis darstellt, diese Zeitung käuflich zu erwerben. Hinsichtlich der Auflagenstärke des Bekanntmachungsorgans ist offensichtlich, dass es nicht in einer Auflage erscheinen muss, die der Zahl der potentiellen Rechtsbetroffenen (auch nur annäherungsweise) entspricht. Es liegt vielmehr auf der Hand, dass eine Auflagenstärke ausreichend ist, die sich an dem mutmaßlichen Bedarf und Erwerbsinteresse der Rechtsbetroffenen orientiert. Dass das Berufungsgericht dies bei einer Einwohnerzahl der Gemeinde von 12 000 Personen und einer Auflagenzahl von 600 Exemplaren bejaht hat, ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. den Beschluss des Senats vom 18. Oktober 2006 - BVerwG 9 B 6.06 -, NVwZ 2007, S. 216).

Entgegen der Ansicht des Klägers liegt ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip auch nicht darin, dass das Berufungsgericht die dritte Änderungssatzung zur Hauptsatzung der Beklagten vom 4. Dezember 1996, wonach Veröffentlichungen durch Aushang in zwei Bekanntmachungskästen erfolgen, nämlich am Rathaus C-Stadt und am Einkaufszentrum im Ortsteil H., für nichtig erachtet hat, weil es einen Bekanntmachungskasten an dem erwähnten Einkaufszentrum nie gegeben habe.

Das steht mit den vorbezeichneten Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips in Einklang. Es stellt eine unzumutbare Erschwernis für die Bürger dar, sich vom Erlass und vom Inhalt des bekanntzumachenden Rechts verlässlich Kenntnis verschaffen zu können, wenn das vorgesehene Bekanntmachungsorgan von Anfang an, also bereits bei Erlass der Bekanntmachungsnorm, nie existiert hat. Für den Fall einer nachträglich eintretenden tatsächlichen Unmöglichkeit der Bekanntmachung in einem von zwei kumulativ vorgeschriebenen Bekanntmachungsorganen kann es zwar mit dem Publizitätsgebot des Rechtsstaatsprinzips für eine Übergangszeit vereinbar sein, wenn die Bekanntmachung nur in dem einen verbliebenen Organ erfolgt. Dies ist allerdings verbunden mit der Pflicht der Gemeinde, ihr Bekanntmachungsrecht an die geänderten tatsächlichen Verhältnisse alsbald anzupassen (vgl. Urteil vom 11. Oktober 2006 - BVerwG 10 CN 2.05 - BVerwGE 126, 388 <392 ff.>). Davon unterscheidet sich die hier gegebene Fallkonstellation der anfänglichen tatsächlichen Unmöglichkeit der neuen Bekanntmachungsform. Denn zum einen fällt es in die originäre Verantwortung des Satzungsgebers, dafür Sorge zu tragen, dass beim Erlass neuen Bekanntmachungsrechts ein von ihm selbst ausgewähltes Bekanntmachungsorgan auch tatsächlich existiert; zum anderen kann der Bürger über die Gültigkeit des bekanntzumachenden Ortsrechts in besonderer Weise irritiert sein, wenn der Satzungsgeber ein von Anfang an nicht vorhandenes Bekanntmachungsorgan bestimmt.

Ob aus der danach anzunehmenden Nichtigkeit der dritten Änderungssatzung zur Hauptsatzung der Beklagten folgt, dass das bisherige Bekanntmachungsrecht fortgalt (wie das Berufungsgericht annimmt), kann dahinstehen. Für den Streitfall ist dies unerheblich, weil die den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegende EBS 1999 nach allen in Betracht kommenden Bekanntmachungsmodalitäten veröffentlicht worden ist, die im fraglichen Zeitraum Geltung beansprucht haben (können). Denn sie ist sowohl im Gemeindeblatt "Biederitzer Buschfunk" (gemäß § 16 Abs. 2 der vom Berufungsgericht als maßgeblich erachteten Hauptsatzung vom 21. September 1994) als auch in dem Bekanntmachungskasten am Rathaus C-Stadt (als - wegen Nichtexistenz des anderen - einzig verbliebenen Bekanntmachungsorgan gemäß der dritten Änderungssatzung vom 4. Dezember 1996 zu dieser Hauptsatzung) als auch in allen sechs später bestimmten Bekanntmachungskästen (gemäß § 15 Abs. 2 der Hauptsatzung vom 1. März 1999 in der Fassung der zweiten Änderungssatzung vom 5. Januar 2000) als auch im Amtsblatt des Landkreises vom 24. Januar 2001 (gemäß § 15 Abs. 1 der Hauptsatzung in der Fassung der dritten Änderungssatzung vom 7. Dezember 2000) veröffentlicht worden.

Diese Grundsätze, denen sich der Senat uneingeschränkt anschließt, sind auf die Bekanntgabe der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten übertragbar, so dass diese im Oktober 2004 wirksam veröffentlicht worden ist.

2. Der Veranlagung des Klägers liegt zutreffend der Ausbau des Südabschnitts der B-straße zugrunde. Die ca. 240 m lange Erschließungsanlage "B-straße" (Südabschnitt) beginnt an der Einmündung der "K. Straße" und endet ausweislich des vorgelegten Lageplans und eines Fotos (vgl. Bl. 214 der Beiakte A) mit dem Ende der Bebauung an dem Flurstück 19/3; denn die anschließend bis zu dem nördlichen Abschnitt der B-straße zwischen dem Seniorenheim und der Einmündung der Straße "Am Fuchsberg" im Außenbereich verlaufende Teilstrecke der B-straße spaltet die bei natürlicher Betrachtungsweise einheitliche Verkehrsanlage rechtlich in drei Teilstrecken. Der ca. 150 m lange, beidseitig nicht anbaubare (mittlere) Abschnitt ist als "ins Gewicht fallend" (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.12.1996 - BVerwG 8 C 32.95 -, BVerwGE 102, 294 [298 ff.]) zu qualifizieren und vermittelt somit den insoweit erschließungsbeitragsrechtlich erforderlichen Eindruck einer gewissen Selbständigkeit, weil ein Verhältnis von mehr als einem Fünftel zu der Gesamtlänge der B-straße (ca. 580 m) besteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.12.1996, a. a. O.). Darüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

3. Die SBS 2001 ist hinsichtlich der in der B-straße an den Teileinrichtungen Fahrbahn, Straßenentwässerung, Parkflächen und Grünanlagen durchgeführten Baumaßnahmen auch auf der Grundlage des landesrechtlichen Kommunalabgabenrechts anwendbar, weil die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit von (bundesrechtlichem) Erschließungsbeitragsrecht nach den §§ 127 ff. des Baugesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1997 (BGBl. I S. 2141) - BauGB - insoweit nicht vorliegen.

In welchen Fällen Erschließungsbeitragsrecht in den neuen Bundesländern anwendbar ist, bestimmt allein die Überleitungsvorschrift des § 242 Abs. 9 BauGB. Danach sind Erschließungsbeiträge für die Kosten eines nach dem 3. Oktober 1990 erfolgten Ausbaus einer Teileinrichtung zu erheben, wenn weder diese Teileinrichtung noch die betreffende Erschließungsanlage in allen ihren seinerzeit angelegten Teileinrichtungen bis zum 3. Oktober 1990 insgesamt bereits hergestellt war (BVerwG, Urt. v. 18.11.2002 - BVerwG 9 C 2.02 -, LKV 2003, 227; Urt. v. 11.07.2007, a. a. O.). Bereits hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen sind die einem technischen Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend fertig gestellten Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen in ihrer gesamten Ausdehnung (vgl. schon OVG LSA, Urt. v. 18.12.2000 - 2 L 104/00 -, ZMR 2002, 629).

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, insbesondere auf der Grundlage einer Erörterung der Fotos (Bl. 76 Bd. II der Gerichtsakte OVG und Bl. 62 der Gerichtsakte VG) verfügte die Breitscheidstraße (hiernach) in den 30er Jahren bzw. jedenfalls vor dem 3. Oktober 1990 über eine hinreichend befestigte Fahrbahn, eine Straßenentwässerung sowie - nach Auswertung entsprechender Archivunterlagen (Beiakte C) - über eine Straßenbeleuchtung. Es ist zu Lasten der Beklagten und nach der gebotenen Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Aufklärungsmöglichkeiten nicht erwiesen, dass die B-straße insgesamt oder zumindest die Teileinrichtungen Fahrbahn und Straßenentwässerung nach § 242 Abs. 9 S. 1 und 2 BauGB bis zum maßgeblichen Zeitpunkt am 3. Oktober 1990 nicht bereits hergestellt waren.

3.1 Im Hinblick darauf, ob eine in der Örtlichkeit vorhandene Anbaustraße im Rechtssinne am 3. Oktober 1990 "bereits hergestellt" war, ist zu prüfen, ob der Zustand dieser Anbaustraße bzw. Teileinrichtung irgendwann vor dem 3. Oktober 1990 den Anforderungen eines aus dieser Zeit stammenden, technischen Ausbauprogramms entsprochen hat (BVerwG, Urt. v. 11.07.2007, a. a. O.; vgl. OVG LSA, Beschl. v. 18.01.2000 - A 2 S 525/99 -). Das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 11.07.2007, a. a. O.) hat hierzu ausgeführt:

Mit dem Merkmal des technischen Ausbauprogramms greift der Gesetzgeber einen Begriff auf, der von der Rechtsprechung im Zusammenhang mit der gemäß § 132 Nr. 4 BauGB in der Satzung der Gemeinde vorzunehmenden Festlegung der Merkmale der endgültigen Herstellung entwickelt wurde und von dort bekannt ist (BVerwG, Urt. v. 11.07.2007, a. a. O.). Wie durch das Beiwort "technisch" verdeutlicht wird, ist darunter ein Plan zu verstehen, der Vorgaben zur bautechnischen Herstellung der Erschließungsanlage oder deren Teile enthält. Er muss sich mit Fragen des kunstmäßigen Ausbaus der Straße oder ihrer Teileinrichtungen befassen, also z.B. mit der Art der Befestigung der Fahrbahn, etwa dahin, ob sie mit Pflaster, Schwarzdecke, Beton oder Platten oder mit ähnlichem Material ausgestattet sein soll. Aus dem "Plan"-Erfordernis folgt weiter, dass das technische Ausbauprogramm in irgendeiner Form schriftlich niedergelegt worden sein muss, etwa in einem Beschlussprotokoll, Aktenvermerk, oder in einer Anweisung an die ausführende Stelle; seine Existenz kann dann aber auch durch Zeugen bewiesen werden (BVerwG, Urt. v. 11.07.2007, a. a. O.).

Die Beklagte hat indes nicht dargetan, dass schriftlich niedergelegte bautechnische Vorgaben über den Ausbauzustand der B-straße insgesamt oder jedenfalls einzelner Teileinrichtungen vorgelegen haben. Auch der Kläger trägt nicht vor, dass dem von ihm aufgezeigten Ausbau ein technisches Ausbauprogramm zugrunde gelegen hat. Dass der frühere Ausbauzustand der B-straße dem seinerzeitigen Standard in der Gemeinde und damit einem konkludent festgelegten Ausbauprogramm entsprach (vgl. noch zurückverweisenden Beschl. v. 18.10.2006, a. a. O., S. 14), genügt nach den vorstehend aufgezeigten Grundsätzen insoweit nicht.

3.2 Ebenso ist nicht feststellbar, ob der Ausbauzustand der Teileinrichtungen Fahrbahn und Straßenentwässerung oder der Erschließungsanlage insgesamt in allen ihren bis zum 3. Oktober 1990 angelegten Teileinrichtungen den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprach. Das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 11.07.2007, a. a. O.) hat zu dem Merkmal der "örtlichen Ausbaugepflogenheiten" ausgeführt:

Gepflogenheiten" sind nach allgemeinem Sprachverständnis ein Verhalten, das über einen längeren Zeitraum feststellbar sein muss und das auch mit den Synonymen "üblich" oder "Übung" umschrieben werden kann. Der Begriff "örtliche Ausbaugepflogenheiten" bezeichnet demgemäß ein über einen längeren Zeitraum feststellbares Verhalten der Gemeinde bei der bautechnischen Herstellung von Erschließungsanlagen. Daraus folgt, dass ein bloßes Nichtstun oder "Liegenlassen" nicht ausreicht. Das Hinnehmen von Provisorien oder das Sich-Abfinden mit einem notdürftigen Zustand, weil ein höherwertiger, an sich zu fordernder oder angestrebter Ausbauzustand nicht zu verwirklichen war (z.B. wegen des Fehlens von Baumaterialien), kann keine "Ausbaugepflogenheiten" begründen. Vielmehr geht es wie bei der ersten Alternative des § 242 Abs. 9 Satz 2 BauGB auch hier um die aktive technische Ausgestaltung der Erschließungsanlagen oder ihrer Teile. Danach setzen die Ausbaugepflogenheiten einen Grundbestand an kunstmäßigem Ausbau voraus. Die Erschließungsanlagen oder ihre Teileinrichtungen müssen durch künstliche Veränderung der Erdoberfläche planvoll straßenbautechnisch bearbeitet worden sein; das bloße Ausnutzen und grobe Herrichten natürlicher Geländegegebenheiten ist nicht ausreichend (z.B. das bloße Verfestigen und "Hobeln" einer vorhandenen "Sandpiste"). Erforderlich ist danach ein Mindestmaß an bautechnischer Herrichtung, nämlich das Vorhandensein einer hinreichend befestigten Fahrbahn (wofür z.B. auch eine Schotterdecke genügen kann), einer - wenn auch primitiven - Form von Straßenentwässerung (ein bloßes Versickernlassen wäre dagegen nicht ausreichend) sowie einer eigenen Straßenbeleuchtung, die einen ungefährdeten Haus-zu-Haus-Verkehr ermöglicht (zu diesen Mindestanforderungen vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge [EAB], 8. Aufl. 2007, § 2 Rn. 35 m.w.N., dort bezogen auf § 242 Abs. 1 BauGB und die vor dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes im Gebiet des ehemaligen Preußen ggf. Geltung beanspruchende Rechtslage).

Aus dem Tatbestandsmerkmal "örtlich" folgt, dass grundsätzlich auf den gesamten Ort abzustellen ist (so zutreffend OVG Magdeburg, Urteil vom 18. Dezember 2000 - 2 L 104/00 - ZMR 2002, 629; OVG Weimar, Beschluss vom 27. April 2006 - 4 EO 1089/04 - KStZ 2007, 11 <12>), bei größeren Städten (z.B. Ost-Berlin) ggf. auf Ortsbezirke, wenn diese für den Straßenbau zuständig waren. ...

Dabei können auch Unterschiede in der Funktion der betreffenden Straßen von Bedeutung sein (so zutreffend OVG Weimar a. a. O. S. 13). Dies folgt aus einer parallelen Betrachtung der beiden Alternativen des § 242 Abs. 9 Satz 2 BauGB: In einem technischen Ausbauprogramm in Sinne der ersten Alternative können unterschiedliche Ausbaustandards berücksichtigt sein, gemäß denen die Straßen je nach ihrer Funktion herzustellen waren. Das legt es nahe, auch bei dem Merkmal der örtlichen Ausbaugepflogenheiten jedenfalls grobe Funktionsunterschiede zu berücksichtigen wie die, ob eine Straße nur als Anliegerstraße diente und damit nur einen begrenzten Ziel- und Quellverkehr zu bewältigen hatte oder ob sie auch oder vorwiegend den überörtlichen Durchgangsverkehr aufzunehmen bestimmt war, was sich ggf. in einem unterschiedlichen Ausbaustandard niederschlagen konnte.

"Örtliche Ausbaugepflogenheiten" im Sinne eines über einen längeren Zeitraum feststellbaren Verhaltens der Gemeinde bei der bautechnischen Herstellung von Anliegerstraßen im zeitlichen Zusammenhang mit der zu betrachtenden Herstellungsmaßnahme lassen sich vorliegend indes nicht feststellen. Denn die Beklagte hat lediglich eine in den 1920er bzw. 1930er Jahren errichtete Anliegerstraße ermittelt (Beiakte B), die allein eine "übliche" (Ausbau-)Gepflogenheit der jeweiligen Teileinrichtungen schon nicht zu begründen vermag.

Da es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 11.07.2007, a. a. O.) der Gemeinde obliegt darzutun, dass erst und gerade die nach dem Stichtag durchgeführten Baumaßnahmen die - vorher noch unfertige - Straße erstmalig hergestellt haben, wenn sie hierfür Erschließungsbeiträge fordern will, und daher bei Nichterweislichkeit der Voraussetzungen des § 242 Abs. 9 Sätze 1 und 2 BauGB die materielle Beweislast grundsätzlich bei der Gemeinde liegt, ist die B-straße nach den Beweislastregeln so zu behandeln, als wäre sie bis zum 3. Oktober 1990 insgesamt in allen ihren bis zum 3. Oktober 1990 angelegten Teileinrichtungen den ortsüblichen Gepflogenheiten entsprechend fertig gestellt worden, mit der Folge, dass sie insgesamt aus dem Erschließungsbeitragsrecht entlassen ist (BVerwG, Urt. v. 18.11.2002. a. a. O.), also auch hinsichtlich der neu hinzugefügten Teileinrichtungen (unselbständige) Parkflächen und Grünstreifen.

II. Die Ausbaumaßnahmen der Beklagten sind auch beitragsfähig.

Die Herstellung einer bituminösen und witterungsbeständigen Fahrbahn, die zuvor mit einer Schotterschicht versehen und ohne Frostschutzschicht errichtet worden war, ist als Verbesserung der Teileinrichtung "Fahrbahn" zu qualifizieren (Driehaus, EAB, a. a. O. § 32 Rdnr. 62). Ebenso stellt die Neuerstellung der Oberflächenentwässerungsanlage eine Verbesserung der Straße dar, weil durch die erstmalige Anlegung einer unterirdischen Kanalisation ein schnelleres oder sonst besseres Abfließen des Wassers bewirkt wird (vgl. OVG NW, Urt. v. 15.02.2000 - 15 A 4167/96 -, ZMR 2000, 643). Das erstmalige Anlegen eines Parkstreifens stellt eine Verbesserung der (ganzen) Anlage dar, da die funktionale Aufteilung der Gesamtfläche der Straße durch Schaffung einer zusätzlichen Teilanlage vorteilhaft verändert wird (Driehaus, a. a. O., § 32 Rdnr. 73). Auch die Anlegung eines sog. unselbständigen Grünstreifens (Straßenbegeleitgrün) zwischen Gehweg und Fahrbahn bewirkt eine Verbesserung der Straße als Ganzes, weil die funktionale Aufteilung der Teileinrichtungen untereinander deutlicher zutage tritt (Driehaus, a. a. O., § 32 Rdnr. 74).

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die "B-straße" (Südabschnitt) von der Beklagten zu Recht als Anliegerstraße eingestuft worden. Bei der Frage, ob eine Straße als Anliegerstraße zu qualifizieren ist, ist nicht in erster Linie die tatsächliche Nutzung maßgeblich, sondern die der Straße zugewiesene Funktion (OVG LSA, Beschl. v. 29.06.2000 - 2 M 48/00 -). Für die Funktion einer Straße wiederum sind die Verkehrsplanung der Gemeinde und der auf dieser Planung beruhende Ausbauzustand von Bedeutung (OVG LSA, Beschl. v. 19.02.1998 - B 2 S 141/97 -). Nach dem in dem (rechtskräftigen) und den Beteiligten bekannten sowie in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Parallelverfahren 4 L 643/04 - Streitgegenstand war hier die Erhebung eines Straßenausbaubeitrags für die an der Teileinrichtung "Gehweg" durchgeführten Baumaßnahmen - vorgelegten "Verkehrskonzept" der Beklagten kommt dem Südabschnitt der "B-straße" nur eine untergeordnete Funktion zu. Sie soll in ihrem weiteren Verlauf auch in Zukunft nicht als Durchgangsstraße genutzt werden; es wurde lediglich eine fußläufige Verbindung zum Nordabschnitt der B-straße geschaffen. Ungeachtet dessen ist sie als Sackgasse angelegt, so dass ihr schon keine Verbindungsfunktion für andere Straßen und Baugebiete zukommt.

Bei den durch den Gartenbaubetrieb und den gemeindeeigenen Friedhof ausgelösten Verkehrsbewegungen handelt es sich um Anliegerverkehr (Driehaus, a. a. O., § 34 Rdnr. 32). Das Seniorenheim befindet sich auf dem - vorliegend nicht streitgegenständlichen - Abschnitt der B-straße zwischen der Straße "Am Fuchsberg" und der im Außenbereich verlaufenden Teilstrecke. Auch hier handelt es sich um eine Sackgasse, die über den Südabschnitt der "B-straße" lediglich zu Fuß erreichbar ist.

III. Schließlich begegnet die Höhe der Beitragsforderung auch nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil die Beklagte gegen den im Beitragsrecht geltenden Grundsatz der Erforderlichkeit verstoßen hat.

Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, dass eine qualitativ andere Ausführung der an den Teileinrichtungen Fahrbahn, Parkflächen und Straßenentwässerung durchgeführten Baumaßnahmen geringere Kosten verursacht hätte, führt dies nicht zur Kürzung des beitragsfähigen Aufwands.

Der Grundsatz der Erforderlichkeit ist ausgerichtet zum einen sowohl auf die Erforderlichkeit der Baumaßnahme schlechthin als auch auf die Art ihrer Durchführung (sog. anlagebezogene Erforderlichkeit) und zum anderen auf die Angemessenheit und in diesem Sinne die Erforderlichkeit der angefallenen Kosten (sog. kostenbezogene Erforderlichkeit). Durch den Begriff der Erforderlichkeit wird eine äußerste Grenze markiert, die erst überschritten ist, wenn die von der Gemeinde im Einzelfall gewählte Lösung sachlich schlechthin unvertretbar ist (BVerwG, Urt. v. 14.12.1979 - BVerwG 4 C 28.76 -, BVerwGE 59, 249 [253]), wenn es also nach Lage der Dinge mit Blick vor allem auf die durch diese Anlage bevorteilten Grundstücke keine sachlichen Gründe für eine Abwälzung der angefallenen Kosten in dem von der Gemeinde für richtig gehaltenen Umfang gibt.

Das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles ist hier nicht erkennbar. Der Kläger hat insbesondere nicht dargetan, dass sachliche Gründe gegen Art und Umfang der von der Beklagten veranlassten Baumaßnahmen sprechen, zumal die von dem Kläger vorgeschlagene Bauausführung offenbar weder einen frostsicheren Unterbau der Fahrbahn noch ein Rohrsystem an der Entwässerungseinrichtung vorsieht. Der Hinweis allein, die Beklagte habe sich offensichtlich nicht an das Gebot der Wirtschaftlichkeit gehalten und dadurch augenfällig Mehrkosten verursacht, welche sachlich schlechthin unvertretbar seien, genügt insoweit nicht. Gleiches gilt für den pauschalen Einwand des Klägers, dass die Rechnung der Firma (...) vom 13. Dezember 2000 deren Angebot um etwa 20 % überschritten habe.

IV. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die Veranlagung des Klägers zu Unrecht erfolgt ist. Insbesondere ist auch eine Verjährung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 b KAG LSA i. V. m. § 169 AO nicht eingetreten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des 2. Senats des OVG LSA (u. a. Urt. v. 17.10.2002 - 2 L 119/01 -; Beschl. v. 04.11.2002 - 2 M 175/02 -), der sich der erkennende Senat anschließt, entsteht die sachliche Beitragspflicht im Straßenausbaubeitragsrecht in Sachsen-Anhalt für vor dem 22. April 1999 begonnene Straßenbaumaßnahmen - wie hier -, wenn eine beitragsfähige Maßnahme tatsächlich beendet ist, der Aufwand festgestellt werden kann und eine wirksame Beitragssatzung vorliegt.

Die SBS 2001 ist nach der nunmehr ordnungsgemäß erfolgten Veröffentlichung im Oktober 2004 zwar mit Rückwirkung zum 1. März 1999 in Kraft getreten. Die letzte Unternehmerrechnung ging bei der Beklagten allerdings erst am 21. März 2001 ein, so dass die Beitragserhebung mit Bescheid vom 23. September 2002 innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist erfolgt ist.

V. Soweit der Kläger schließlich die fehlerhafte Unterrichtung der Beitragspflichtigen über die zu erwartende Kostenbelastung auf der Bürgerversammlung im März 2000 durch den Bürgermeister rügt, bleibt sein Einwand ebenfalls ohne Erfolg. Da das Gesetz vom 15. August 2000 (GVBl. LSA S. 526 f.), mit dem § 6 d KAG LSA geändert und die Rechte der Beitragspflichtigen verstärkt worden sind, keine Rückwirkungsanordnung enthält, gilt § 6 d KAG LSA nur für beitragsauslösende Maßnahmen, die nach dem In-Kraft-Treten der Vorschrift (am 20. August 2000) beabsichtigt sind. Die Nichtbeachtung der besonderen Beteiligungsregelung des vorliegend noch anwendbaren § 6 d KAG LSA 1996 führt indes nicht zur Rechtswidrigkeit der Beitragsbescheide, weil es sich bei dieser Pflicht lediglich um eine sanktionslose Obliegenheit der Gemeinden handelt, deren Verletzung für die Beitragserhebung ohne Bedeutung ist (VG Magdeburg, Beschl. vom 24.11.1998 - B 2 K 635/98 - ). Eine Zusage des Bürgermeisters dahingehend, dass die Maßnahme für jeden einzelnen Anlieger nicht höhere Beiträge auslösen werde als die Kanalbaubeiträge, hätte schon vom Ansatz her zu ihrer Wirksamkeit gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA der schriftlichen Form bedurft.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Senat nicht gehindert, die rechtsfehlerhaft auf das Erschließungsbeitragsrecht gestützte Veranlagung als Straßenausbaubeitragsbescheid aufrecht zu erhalten. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, ein Heranziehungsbescheid sei zu Unrecht auf das Erschließungsbeitragsrecht gestützt, ist es gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verpflichtet, durch "schlichte" Anwendung der einschlägigen Vorschriften des Straßenausbaubeitragsrechts zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Bescheid mit Blick auf diese Vorschriften aufrechterhalten werden kann, wobei es hierfür auch keiner Umdeutung bedarf (BVerwG, Urteil vom 11.08.1993 - BVerwG 8 C 13/93 -, NVwZ 1994, 297). Gemäß § 86 Abs. 1 i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind die Verwaltungsgerichte grundsätzlich verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen und deshalb die Höhe, in der ein Abgabenbescheid aufrechterhalten bleiben kann, selbst festzustellen und diesen Bescheid nur aufzuheben, soweit er rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist (BVerwG, Urt. v. 18.11.2002, a. a. O.).

Der Straßenbaubeitrag beträgt - wie aus der von der Beklagten vorgelegten Alternativberechnung (Bl. 81 u. 82 Bd. II der Gerichtsakte OVG) ersichtlich - 5.171,16 €: Der beitragsfähige Aufwand in Höhe von 144.650,81 € ist um den auf die Gemeinde entfallenden Anteil (25 %) zu kürzen. Der verbleibende umlagefähige Aufwand (Anliegeranteil) in Höhe von 108.488,12 €, dividiert durch die Summe der Nutzungsflächen im Abrechnungsgebiet - 19.133,25 m² -, ergibt einen Beitrag in Höhe von 5,6701354 Euro/m². Hieraus errechnet sich - multipliziert mit der anrechenbaren Grundstücksfläche (912 m²) und dem Nutzungsfaktor für ein Vollgeschoss - der festzusetzende Beitrag.

Die Kostenentscheidung beruht - unter Berücksichtigung der kostenmäßig zu Lasten der Beklagten gehenden Teilerledigung im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens (§ 161 Abs. 2 VwGO) - auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

§ 155 Abs. 4 VwGO, wonach die Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, diesem auferlegt werden können, ist vorliegend nicht anwendbar. Denn Voraussetzung der Haftung ist, dass ein Beteiligter unter Außerachtlassung der erforderlichen und ihm zumutbaren Sorgfalt durch eigenes Verhalten einen anderen Beteiligten oder das Gericht zu Prozesshandlungen oder Entscheidungen veranlasst hat, die an sich nicht erforderliche Kosten verursachen (vgl. Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Auflage 2004, § 155 Rdnr. 5). Entgegen der Auffassung des Klägers, der sich auf die in seinem Bescheid aufgezeigte fehlerhafte Rechtsgrundlage bezieht, ist hiernach schon ein Verschulden der Beklagten nicht erkennbar. Auch ist nicht ersichtlich, dass durch ein Verhalten der Beklagten zusätzliche, ausscheidbare (Mehr-)Kosten entstanden sind. Der Erlass eines (teilweise) rechtswidrigen Verwaltungsaktes allein genügt insoweit nicht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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