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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 11.01.2007
Aktenzeichen: 4 L 732/04
Rechtsgebiete: GO-LSA, GKG LSA 1996, GKG LSA 1997


Vorschriften:

GO-LSA § 140
GKG LSA 1996 § 19a Abs. 3
GKG LSA 1997 § 8a Abs. 3
Zu dem Austritt einer Gemeinde aus einen (Wasser/Abwasser)Zweckverband.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 4 L 732/04

Datum: 11.01.2007

Gründe:

Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Es bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

1. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Genehmigungsfiktion des § 140 GO LSA gem. § 19a Abs. 3 Satz 3 GKG LSA i.d.F. des am 10. Juli 1996 in Kraft getretenen sog. 1. Heilungsgesetzes vom 4. Juli 1996 - GKG LSA 1996 - bei der Feststellung von Verbandsaustritten keine Anwendung (mehr) fand. Durch § 19a Abs. 3 Satz 3 GKG LSA 1996 (fortgeführt in § 8a Abs. 3 Satz 3 GKG LSA i.d.F. des 2. Heilungsgesetzes vom 6. Oktober 1997 - GKG LSA 1997 -) wurde für die Feststellung des Austritts aus einem Zweckverband die allgemeine Verweisung auf die Vorschriften für Gemeinden in § 27 Abs. 1 Satz 1 GKG LSA 1996 verdrängt. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass das 1. Heilungsgesetz nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 3. Juli 1997 (- LVG 1/97 -) die auf der Grundlage der Kommunalverfassung der DDR bis zum In-Kraft-Treten des GKG LSA in Sachsen-Anhalt gegründeten (Wasser- und Abwasser-)Zweckverbände nicht erfasst habe. Da die Klägerin mit ihrem Hauptantrag ausweislich der Klageschrift ausdrücklich die Feststellung eines Austritts nach § 8a Abs. 3 Satz 1 GKG LSA 1997 begehrt, gilt insoweit auch die einschränkende Regelung des § 19a Abs. 3 Satz 3 GKG LSA 1996 bzw. § 8a Abs. 3 Satz 3 GKG LSA 1997. Es macht weiterhin im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin juristisch durchaus einen Unterschied, ob die Feststellung eines Austritts nach § 8a Abs. 3 Satz 1 GKG LSA 1997 oder die Genehmigung einer Kündigung i.S.d. § 25 Abs. 3 GKG LSA i.d.F des Gesetzes vom 3. Februar 1994 (vgl. dazu OVG LSA, Beschl. v. 6. März 2000 - A 2 S 364/98 -) verfolgt wird.

2. Soweit die Klägerin geltend macht, sie sei dem Beigeladenen nach Inkrafttreten des GKG LSA nicht wirksam beigetreten und deshalb niemals Mitglied des Beigeladenen geworden, legt sie nicht dar, wie dieser Umstand ihrem auf Feststellung des Austritts gerichteten Hauptantrag zum Erfolg verhelfen könnte. Vielmehr stellt sie selbst dar, dass ihrem Begehren Rechnung getragen würde, wenn ihre Klage deshalb als unzulässig abgewiesen werden würde. Damit kann eine Zulassung der Berufung aber nicht erreicht werden.

Im Übrigen erfasst die Heilungswirkung des § 8a GKG LSA 1997 auch die Mitgliedschaft solcher Gemeinden in einem Zweckverband, die ihren Beitritt zu dem Verband vor Inkrafttreten des GKG LSA erklärt haben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23. Juli 2002 - 2 BvL 14/98 -, zit. nach JURIS; OVG LSA, Urt. v. 12. Dezember 2002 - A 2 S 464/98 -).

3. Dass ein Austritt aus einem (Wasser- und Abwasser-)Zweckverband vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig gemacht werden darf, ist in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt geklärt (vgl. Urt. v. 13. Januar 2005 - 4 L 241/03 -; Urt. v. 12. Dezember 2002 - A 2 S 464/98 -). Ebenfalls in dieser Rechtsprechung geklärt ist, dass - worauf das Verwaltungsgericht entscheidungstragend abgestellt hat - der Feststellung jedenfalls dann ein wichtiger Grund entgegen steht, wenn die austrittswillige Gemeinde kein wasserwirtschaftlich und wirtschaftlich vertretbares und finanzierbares Alternativkonzept zur Abwasserbeseitigung vorlegen kann. Der Umfang des den Gemeinden bei der Organisation der Abwasserbeseitigung sonst eingeräumten Entscheidungsspielraums führt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht dazu, dass der Gemeinde auch im Rahmen der streitbefangenen Feststellung ein solcher Spielraum eingeräumt ist. Denn in Rede steht nicht die Organisation der Abwasserbeseitigung durch die Gemeinde als pflichtige Selbstverwaltungsangelegenheit an sich, sondern der Austritt dieser Gemeinde aus einem für die Abwasserbeseitigung zuständigen Zweckverband. An einen solchen Austritt sind hohe Anforderungen zu stellen, weil ein Zweckverband für die von ihm zu erfüllende Aufgabe auf Dauer angelegt ist (vgl. dazu im Einzelnen OVG LSA, Urt. v. 12. Dezember 2002 - A 2 S 464/98 -). Zudem ist der wichtige Grund i.S.d. § 8a Abs. 3 Satz 2 GKG LSA nicht nur unter Berücksichtigung der Interessen des Zweckverbandes und der übrigen Mitglieder, sondern insbesondere auch des Allgemeininteresses an einer dauerhaft gesicherten, umweltverträglichen Abwasserbeseitigung auszulegen (vgl. OVG LSA, Urt. v. 13. Januar 2005 - 4 L 241/03 -).

4. Die auf der Grundlage eines vom Verwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachtens getroffene Feststellung des Gerichts, die Klägerin sei nicht in der Lage, ein wirtschaftlich vertretbares Alternativkonzept vorzulegen, weil die durch eine eigene Abwasserbeseitigung entstehenden Gebührenbelastungen für ihre Einwohner unzumutbar seien, hat die Klägerin nicht hinreichend erschüttert. Der Vortrag, "weder die Kapazitätsbetrachtungen noch die Verpreisung" seien "auch nur halbwegs im Vorwege griffig gewesen", stellt eine Behauptung dar, die nicht einmal ansatzweise substanziiert wird. Mit dem bloßen Hinweis auf die Ungewissheit von Prognosen im Kostenbereich lässt sich die Fehlerhaftigkeit der Berechnungen des Sachverständigen, die vom Verwaltungsgericht überprüft und ergänzt worden sind, ebenfalls nicht belegen.

Soweit die Klägerin der Auffassung ist, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit Prognosen befassen dürfen, es sei allein ihre Aufgabe, zentrale oder dezentrale oder Mischformen der Abwasserentsorgung in ihrem Gemeindegebiet zu etablieren und es sei allenfalls eine kommunalaufsichtsrechtliche Aufgabe, sie zur Erstellung eines bestimmten Konzepts zu bewegen, wendet sie sich im Ergebnis gegen die Auslegung des wichtigen Grundes i.S.d. § 8a Abs. 3 Satz 2 GKG LSA durch das Verwaltungsgericht. Diese Auslegung ist jedoch - wie oben dargelegt - nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 GKG. In Anlehnung an den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (NVwZ 2004, 1327) II. Nr. 22.5 ist bei kommunalaufsichtsrechtlichen Streitigkeiten, mit denen das vorliegende Verfahren hinsichtlich der Feststellung des Austritts aus einem Zweckverband vergleichbar ist, regelmäßig ein Streitwert von 15.000,- € anzunehmen (vgl. auch OVG LSA, Urt. v. 13. Januar 2005 - 4 L 241/03 -). Der Wert der beiden Hilfsanträge, für den jeweils der Auffangstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG von 5.000,- € anzusetzen ist, ist in Anlehnung an den Streitwertkatalog 2004 II. Nr. 1.1.2 i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG mit dem Wert für den Hauptantrag zu addieren. § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG, wonach der Streitwert durch den Wert des Streitgegenstandes des ersten Rechtszuges begrenzt wird, steht der Festsetzung eines höheren Streitwerts für das Antragsverfahren nicht entgegen. Denn die Vorschrift vermittelt keinen Vertrauensschutz zugunsten eines Klägers erster Instanz, der zugleich Rechtsmittelführer ist (vgl. dazu BSG, Beschl. v. 19. September 2006 - B 6 KA 30/06 B -, zit. nach JURIS m.w.N.).

Die Änderung der abweichenden vor instanzlichen Wertbestimmung erfolgte gem. § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG; dabei war allerdings für die Hilfsanträge die Festsetzung des Auffangstreitwertes des GKG a.F. (4.000,- €) in Ansatz zu bringen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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