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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 15.01.2008
Aktenzeichen: 4 M 269/07
Rechtsgebiete: LSA-GO
Vorschriften:
LSA-GO § 92 |
Gründe:
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Einwände gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung keinen Anlass.
Die noch an den Landkreis Quedlinburg, dessen Rechtsnachfolger der Antragsteller ist, gerichtete Verfügung des Antragsgegners vom 24. April 2007 erweist sich bei der im auf § 80 Abs. 5 VwGO gestützten vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung als rechtswidrig mit der Folge, dass das Suspensivinteresse des Antragstellers, von der mit der Anordnung des Sofortvollzugs versehenen Verfügung des Antragsgegners vorläufig verschont zu bleiben, gegenüber dem von dem Antragsgegner geltend gemachten öffentlichen Vollzugsinteresse als vorrangig anzusehen ist.
Rechtsgrundlage für die angegriffene Beanstandung des Antragsgegners ist § 68 Abs. 6 LKO LSA i. V. m. § 136 Abs. 1 Satz 1 GO LSA. Danach kann die Kommunalaufsichtsbehörde Beschlüsse und Anordnungen des Landkreises, die das Gesetz verletzen, beanstanden.
In Anwendung dieser Regelung ist unstreitig, dass der ehemalige Landkreis Quedlinburg angesichts eines Fehlbedarfs im Verwaltungshaushalt für das Jahr 2007 in Höhe von 19.934.700 € jedenfalls gegen § 68 Abs. 6 LKO LSA i. V. m. § 90 Abs. 3 GO LSA, wonach der Haushalt in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen ist, verstoßen hat und damit die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 136 Abs. 1 Satz 1 GO LSA gegeben sind.
Die damit nach § 136 Abs. 1 Satz 1 GO LSA eröffnete Ermessensausübung ("kann") des Antragsgegners ist jedoch zu beanstanden. Der Antragsgegner stützt seine Ermessenserwägung im angefochtenen Bescheid maßgeblich auf die "Einhaltung der Bindungswirkung beschlossener Konsolidierungsmaßnahmen". Eine in diesem Sinne von dem Antragsgegner angenommene "Bindungswirkung" kommt dem für das Haushaltsjahr 2007 noch von dem Landkreis Quedlinburg beschlossenen Haushaltskonsolidierungskonzept 2006 jedoch voraussichtlich nicht zu.
In Übereinstimmung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts kommt im Wortlaut des § 92 Abs. 3 GO LSA nicht hinreichend bestimmt zum Ausdruck, dass die Regelungsabsicht des Gesetzgebers auf eine die Gemeinde bzw. den Landkreis bindende Wirkung des Haushaltskonsolidierungskonzeptes in dem vorliegend relevanten Sinne zielt, dass ein Vorjahreskonzept (hier: Haushaltskonsolidierungskonzept 2006) zwingend im nächsten Haushaltsjahr (2007) umzusetzen ist. So ist zunächst in § 92 Abs. 3 Satz 2 GO LSA lediglich der von den Kommunen allgemein zu beachtende Programmsatz aufgezeigt, dass das Haushaltskonsolidierungskonzept zum Ziel hat, die künftige, dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde zu erhalten. Auch soweit in Absatz 3 Satz 3 dieser Vorschrift die Forderung aufgestellt wird, den Haushaltsausgleich zum "nächstmöglichen" Zeitpunkt wiederherzustellen, wird durch diese (zeitlich) offene Formulierung, die Raum für die planerische Verantwortlichkeit der Kommune lässt, keine zwingende Verpflichtung begründet, ein - wie vorliegend - der Haushaltssatzung 2007 vorhergehendes Konzept (schon) im Haushaltsjahr 2007 umsetzen zu müssen. Auch soweit in § 92 Abs. 3 Satz 3 GO LSA weiter die Forderung aufgestellt ist, den Haushaltsausgleich spätestens im fünften auf das letzte Finanzplanungsjahr folgenden Jahr wiederherzustellen, folgt hieraus für die vorliegende Fallgestaltung, die durch die Frage nach der Erheblichkeit eines Vorjahreskonzeptes gekennzeichnet ist, keine abweichende Beurteilung.
Richtig ist in diesem Zusammenhang, dass nach § 92 Abs. 3 Satz 4 GO LSA im Haushaltskonsolidierungskonzept (zwingend) der Zeitraum festzulegen ist, innerhalb dessen der Haushaltsausgleich wieder erreicht werden kann, wobei entsprechende Maßnahmen darzustellen sind (Satz 5). Aber auch dadurch wird von Gesetzes wegen keine Verpflichtung begründet, ein im Vorjahr erstelltes Haushaltskonsolidierungskonzept (zwingend) im Folgejahr umzusetzen. Vielmehr legt sich das Gesetz in § 92 Abs. 3 Satz 4 und 5 GO LSA selbst Zurückhaltung bei der Umsetzung des Konzeptes auf ("erreicht werden kann; vermieden werden soll") und dürfte damit dem Gestaltungsspielraum der Kommune im Hinblick auf veränderte Rahmenbedingungen Rechnung tragen.
Gestützt wird das vorstehende Auslegungsergebnis schließlich durch die allgemeine Wortbedeutung des Begriffs "Konzept", dem hiernach lediglich die Bedeutung eines ersten Entwurfs und nicht einer uneingeschränkt verbindlichen Vorgabe bzw. Festlegung zukommt.
Etwas Anderes lässt sich schließlich auch nicht der Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Haushaltsführung der Kommunen (LT-Drucksache 4/1202) entnehmen. Diese verweist zwar darauf, dass rechtspolitischer Anlass für die Regelung des § 92 Abs. 3 GO LSA der Hinweis des Rechnungshofes gewesen sei, dass sich Kommunen an ihre Konsolidierungsbeschlüsse nicht gebunden fühlten. Eine auf eine - wie vorstehend ausgeführt - strikte Bindungswirkung gerichtete (mögliche) Regelungsabsicht des Gesetzgebers findet in der weiteren Begründung indes keinen hinreichenden Ausdruck. Vielmehr soll es nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers den Kommunen über eine Verlängerung des Konsolidierungszeitraums sogar "erleichtert" werden, die notwendige Konsolidierung unter Verzicht auf sofort einschneidende und in der Regel kommunalpolitisch nicht zeitnah durchsetzbare Strukturänderungen in einem längeren Zeitraum zu organisieren. Die von dem Antragsgegner aus § 92 Abs. 3 GO LSA hergeleitete Bindung an ein einmal beschlossenes Haushaltskonsolidierungskonzept würde dieser Intention des Gesetzgebers, die den Kommunen einen weiten Gestaltungsspielraum zuspricht, indes entgegenstehen.
Insgesamt ist damit eine Bindungswirkung des Haushaltskonsolidierungskonzeptes (2006) im Sinne der vom Antragsgegner seiner Ermessensbetätigung zugrunde gelegten Auffassung, die ausweislich der der Verfügung beigegebenen Begründung in unzutreffender Weise von einer nach dem Gesetz zwingend gebotenen Umsetzung des im Jahre 2006 von dem Landkreis Quedlinburg fortgeschriebenen Haushaltskonsolidierungskonzeptes im Haushaltsjahr 2007 ausgeht ("Verstoß gegen die Bindungswirkung"), nicht gegeben. Mithin ist der Antragsgegner bei seiner Ermessensentscheidung von falsch gedeuteten rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen, die die von ihm getroffene Beanstandung fehlerhaft macht.
Im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes kann nach alledem auch die von dem Antragsgegner nach den § 68 Abs. 6 LKO i. V. m. § 137 GO LSA ausgesprochene Anordnung keinen Bestand haben. Dies dürfte jedenfalls deshalb gelten, weil sich bei dieser Entscheidung die fehlerhafte Annahme des Antragsgegners über die Bindungswirkung des vorjährigen Haushaltskonsolidierungskonzeptes im Rahmen seiner Ermessensausübung fortsetzt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 52 Abs. 1; 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG sowie in Anlehnung an Nr. 1.5, 22.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.), der für jede kommunalaufsichtliche Maßnahme einen Streitwert von 15.000 Euro (nicht 10.000 Euro) zugrunde legt. Die abweichende Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts ist von Amts wegen zu ändern (§ 63 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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