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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 20.09.2005
Aktenzeichen: 4 M 295/05
Rechtsgebiete: KAG LSA


Vorschriften:

KAG LSA § 6 V 5
Der Begriff "Zuschüsse" Dritter i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 5 KAG-LSA bezieht sich im Grundsatz auf sämtliche Arten von (Förder)Mitteln, welche der Gemeinde von Dritten zur Verfügung gestellt werden. Der Wortlaut der Regelung zwingt nicht zu der Annahme, dass nur Zuschüsse im haushaltsrechtlichen Sinne betroffen sein sollen.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 4 M 295/05

Datum: 20.09.2005

Gründe:

Die statthafte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Der Einwand der Antragsgegnerin gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, auf dessen Prüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), gibt zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung keinen Anlass.

Entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin handelt es sich bei der ihr zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes gewährten Zuweisung (Dorferneuerungsmittel) um Zuschüsse Dritter i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 5 KAG LSA.

Der Begriff "Zuschüsse Dritter" in dieser Bestimmung bezieht sich im Grundsatz auf sämtliche Arten von (Förder)Mitteln, welche der Gemeinde von Dritten zur Verfügung gestellt werden (vgl. OVG LSA, Urteile v. 17. Oktober 2002 - 2 L 119/01 -; v. 6. März 2003 - 1 L 318/02 - und v. 7. September 2000 - 1 K 14/00 -, NVwZ-RR 2001, 471 ff.; VG Dessau, Beschl. v. 28. Juli 2000 - 1 B 241/00 -, VwRR-MO 2001, 164, 166; Driehaus, Kommunalabgabenrecht Bd. II, § 8 RdNr. 385; ders. Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. A., § 34 Rdnr. 37). Der Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 5 KAG LSA zwingt nicht zu der Annahme, dass nur Zuschüsse im haushaltsrechtlichen Sinne betroffen sein sollen. Denn der Begriff "Zuschüsse" wird nicht nur im allgemeinen Sprachgebrauch und in anderen Rechtsgebieten, sondern gerade auch im Beitragsrecht - wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat - in einem umfassenden Sinn benutzt. Dies gilt sowohl für die beitragsrechtliche Literatur (vgl. z.B. Driehaus, Kommunalabgabenrecht Bd. II, § 8 RdNr. 383 ff.; ders. Erschließungs- und Ausbaubeiträge 7. A., § 34 Rdnr. 35 ff.; Rosenzweig/Freese, NdsKAG, § 6 Rdnr. 106) als auch für die Rechtsprechung (vgl. OVG Niedersachsen, Beschl. v. 2. Dezember 1986 - 9 B 97/86 -, KStZ 1987, 94; OVG Brandenburg, Beschl. v. 2. August 2002 - 2 A 682/01.Z -, LKV 2003, 92, 93; OVG Thüringen, Beschl. v. 30. Juni 2003 - 4 EO 206/96 -, zit. nach JURIS; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8. November 1976 - 6 A 48/75 -, DVBl. 1977, 388 ff.).

Falls nicht - wie in den von der Antragsgegnerin genannten Kommunalabgabengesetzen anderer Länder - eine ausdrückliche Klarstellung erfolgt, bedarf vor diesem Hintergrund die Annahme, es sollte im Beitragsrecht mit dem Begriff "Zuschüsse" auf das Haushaltsrecht verwiesen werden, daher einer besonderen Rechtfertigung. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Landesgesetzgeber in § 6 Abs. 5 Satz 5 KAG LSA an die haushaltsrechtlichen Begrifflichkeiten anknüpfen wollte, bestehen jedoch nicht. Vielmehr wurde in der Gesetzesbegründung (LT-DrS 1/304 S. 46) zu § 6 Abs. 5 Satz 5 KAG LSA i.d.F. vom 11. Juni 1991 (GVBl. S. 105, 106), wonach Zuschüsse Dritter noch, soweit der Zuschussgeber nicht anderes bestimmt hatte, zunächst zur Deckung des Gemeindeanteils zu verwenden waren, ausdrücklich ausgeführt, dass dies insbesondere für Zuweisungen einer anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaft gelte, die regelmäßig der finanziellen Entlastung des Maßnahmeträgers diente. Auch die Verwaltungsvorschriften zu § 6 KAG LSA (Runderlass des Ministeriums des Innern v. 24. November 1993 in MBl. 1994, S. 2) I. Nr. 11 beziehen den Begriff "Zuschüsse Dritter" ausdrücklich auf Zuweisungen und Zweckzuweisungen des Bundes und des Landes.

Die Systematik des Gesetzes steht einer vom Haushaltsrecht losgelösten Auslegung nicht entgegen. Zwar wurde mit Gesetz vom 13. Juni 1996 (LSA-GVBl. S. 200) in § 5 Abs. 2 KAG LSA a.F. durch die Änderung des Satzes 4 und die Einfügung eines Satzes 6 hinsichtlich der Kostenermittlung der Begriff "Zuschüsse" durch den Begriff Zuwendungen ersetzt. Auch in dem mit Gesetz vom 15. August 2000 (LSA-GVBl. S. 525, 526) eingefügten § 5 Abs. 2 Buchst. a KAG LSA wird in Satz 2 HS 2 sowie in Satz 5 von Zuwendungen Dritter gesprochen. Demgegenüber blieb in dem mit Gesetz vom 13. Juni 1996 ebenfalls geänderten § 6 Abs. 5 Satz 5 KAG LSA der Begriff "Zuschüsse" enthalten. Die Ersetzung innerhalb des § 5 Abs. 2 KAG LSA a.F. hatte jedoch ersichtlich seinen Grund darin, dass im Rahmen der aus anderem Anlass vorgenommenen Gesetzesänderung insoweit eine Klarstellung erfolgen sollte. Dass dies nicht auch in § 6 Abs. 5 Satz 5 KAG LSA geschah, ist darauf zurückzuführen, dass die Änderung dieser Bestimmung erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens auf Vorschlag des Ausschusses für Inneres (vgl. LT-DrS 2/2071 neu S. 7) eingefügt wurde.

Schließlich sprechen Sinn und Zweck des § 6 Abs. 5 Satz 5 KAG LSA ebenfalls für die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung. Eine Deutung im Sinne der Antragsgegnerin würde der Norm - wie sie selbst einräumt - kaum noch einen Anwendungsbereich eröffnen. Dass private Mittel für Maßnahmen i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA zur Verfügung gestellt werden und darüber hinaus der Mittelgeber keine Zweckbestimmung über deren Anrechenbarkeit trifft, ist nahezu ausgeschlossen. Es hätte deshalb auch gar keinen Anlass für die mit Gesetz vom 13. Juni 1996 vorgenommene Änderung des § 6 Abs. 5 Satz 5 KAG LSA gegeben. Der Einwand der Antragsgegnerin, es sei nicht nachvollziehbar, dass nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts öffentliche Mittel zu 50 % der Senkung der Beitragslast der Beitragspflichtigen dienen sollten, verkennt, dass diese Rechtsfolge nur dann eintritt, wenn weder eine ausdrückliche noch durch Auslegung zu ermittelnde Zweckbestimmung des Mittelgebers vorliegt. Ob die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums vom 8. Februar 2001, insbesondere deren Anlage D sowie die in Nr. 6.2 genannten allgemeinen Nebenbestimmungen, tatsächlich keine Zweckbestimmung über die gewährten Mittel i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 5 KAG LSA enthält, kann im Hauptsacheverfahren vertieft geprüft werden. Da die Antragsgegnerin gegen diese Feststellung des Verwaltungsgerichts keinen Einwand erhoben hat, ist das Beschwerdegericht an einer Überprüfung in diesem Punkt gehindert.

Soweit sich die Antragsgegnerin gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts wendet, als Zuschussgeber i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 5 KAG LSA sei allein die Körperschaft anzusehen, deren Behörde den Zuschuss bewilligt, so legt sie nicht in ausreichender Weise dar, inwieweit eine unterstellte Fehlerhaftigkeit dieser Rechtsansicht zu einer anderen Auslegung des Begriffs "Zuschüsse Dritter" zwingt. Sollte sie den Schluss ziehen wollen, die von ihr vertretene Auslegung sei praktikabler, weil die Vorstellungen des Mittelgebers dann in keinem Fall zu ermitteln wären, so trifft dies schon nicht zu. Auch bei Eingreifen einer Vermutung muss geprüft werden, ob nicht doch eine abweichende Zweckbestimmung des Mittelgebers vorliegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und erfolgte in Anlehnung an den sog. Streitwertkatalog 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.) Nr. 1.5 Satz 1.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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