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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 16.02.2005
Aktenzeichen: 4 M 455/04
Rechtsgebiete: LSA-GO, LSA-KAG, VwGO


Vorschriften:

LSA-GO § 6 II 2
LSA-GO § 6 III 1
LSA-KAG § 6 VI 1
VwGO § 80 V
1. Sieht das Verkündungsrecht der Gemeinde außer der normalen Bekanntmachung in drei Aus-hangkästen auch Regeln für die sog. "Ersatz-Bekanntmachung" vor, so wirken sich evtl. Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Regeln nicht aus, wenn die Ausbaubeitragssatzung regulär bekannt gemacht worden ist.

2. Eine Ausbaumaßnahme ist auch dann tatsächlich beendet, wenn Teil-Einrichtungen entsprechend dem Bauprogramm nicht auf ganzer Länge verbessert worden sind, weil insoweit keine Verbesserung erforderlich war.

3. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat nicht bereits deshalb Erfolg, weil die Maßnahme evtl. statt nach Ausbaubeitragsrecht nach Erschließungsbeitragsrecht abzurechnen wäre. Das Verwaltungsgericht kann die genaue Prüfung vielmehr dem Hauptsache-Verfahren vorbehalten, weil der Anlieger den Beitrag jedenfalls in Höhe des "billigeren" Ausbaubeitragsrechts schuldet.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 4 M 455/04

Datum: 16.02.2005

Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 146 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. der Novellierung v. 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO -, diese in der jeweils gültigen Fassung, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf §§ 47 Abs. 1; 52 Abs. 1 und 3; 53 Abs. 3 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. des Art. 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes v. 05.05.2004 (BGBl I 718) - GKG - <Streitwert>.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das nach einer gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 3 VwGO im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis, der Bescheid der Antragsgegnerin über die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag vom 18.11.2002 in Gestalt des verbösernden Widerspruchsbescheids vom 08.12.2003 begegne keinen ernstlichen Zweifeln, ist auf der Grundlage der Darlegungen des Antragstellers, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nicht zu beanstanden:

1. Das Verwaltungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Heranziehung des Antragstellers zu einem Straßenausbaubeitrag für die Verkehrsanlage "A-Straße / E-Platz" auf der Grundlage der Straßenausbausatzung der Antragsgegnerin - SBS - vom 28.07.1998, veröffentlicht durch Aushang in drei Schaukästen im August 1998 und November 2000, erfolgen konnte; insbesondere genügten die Bekanntmachungen den Anforderungen der maßgeblichen Bekanntmachungsvorschrift der Hauptsatzung - HS - (§ 12) in der Fassung vom 18.12.1997 und vom 13.07.2000. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kommt es - worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat - nicht darauf an, ob die Vorschriften über die Ersatzbekanntmachung nach § 12 Abs. 1 Satz 2 HS wirksam sind. Selbst wenn die genannte Bestimmung, jedenfalls soweit sie für umfangreichere Satzungstexte (ersatzweise) die Bekanntmachung durch Auslegung vorsieht, mit § 6 Abs. 3 Satz 1 der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt - GO LSA - vom 05.10.1993 (LSA-GVBl., S. 568), zuletzt geändert durch Art. 3 d. G. z. Neuordnung d. Finanzkontrolle vom 28.04.2004 (LSA-GVBl., S. 246) unvereinbar ist (vgl. VG Dessau, Urt. v. 15.01.1998 - A 1 K 1433/96 -, LKV 1998, 366 ff.) und die in § 12 Abs. 1 Satz 2 HS getroffene Bekanntmachungsregelung darüber hinaus - wie der Antragsteller einwendet - unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit rechtlichen Bedenken begegnete, wäre dies vorliegend nicht entscheidungserheblich; denn die Bekanntmachung der SBS erfolgte nicht im Wege der Ersatzbekanntmachung, sondern - wie von § 12 Abs. 1 Satz 1 HS vorgesehen - durch Aushang in drei Schaukästen. Demzufolge kommt es entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht darauf an, ob sich der bekannt zu machende (Satzungs-)Text nicht in vollem Wortlaut zur Bekanntmachung eignet oder die Satzung über einen Bestandteil oder einen Zusatz verfügt, der aufgrund seines Umfangs auszulegen ist. Die Bekanntmachung durch Aushang genügt den Anforderungen des Rechtsstaatsgebots, wonach sich der Betroffene zuverlässig soll unterrichten können, eher als die an Amtsstunden gebundene Auslegung.

2. Ohne Erfolg wendet der Antragsteller weiter ein, der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht für die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen stehe bereits entgegen, dass die Teileinrichtungen Fahrbahn, Gehwege und Straßenbeleuchtung nicht auf der Gesamtlänge der Verkehrsanlage ausgebaut worden seien, weil selbst für den Fall, dass das Bauprogramm den Ausbau, wie er tatsächlich erfolgt sei, vorgesehen habe, die Abgrenzung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt und daher willkürlich wäre. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht nicht voraussetzt, dass alle vom Bauprogramm vorgesehenen flächenmäßigen Teileinrichtungen auch auf voller Länge in völlig gleicher Ausstattung vorhanden und ausgebaut sein müssen, weil der Gemeinde bei der Wahl der Ausbaumöglichkeit ein weiter Ermessensspielraum zusteht. Wie der Antragsteller selbst einräumt, ist das Entstehen sachlicher Beitragspflichten auch dann nicht vom Ausbau der gesamten Länge einer Teileinrichtung abhängig, wenn sich die beitragsfähige Maßnahme nach dem Bauprogramm deshalb auf eine Teillänge beschränkt, weil ein weitergehender Ausbaubedarf nicht besteht (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl., § 37 RdNr. 5). Es würde die Gemeinden zu unnötigen, dem Grundsatz von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung widersprechenden Ausbauentscheidungen verleiten, wenn man für eine Verbesserungsmaßnahme eine bis auf untergeordnete Teile vollständige räumliche Erfassung der Anlage fordern würde, weil die Gemeinden dann aus Gründen der Herbeiführung der Beitragsfähigkeit einer Verbesserungsmaßnahme zu räumlich weiteren Bauprogrammen als der Sache nach erforderlich geneigt sein könnten (OVG NW, Urt. v. 08.12.1995 - 15 A 2402/93 -, NWVBl. 1996, 144 f). Die Antragsgegnerin hat in dem erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 07.06.2004 auf die Rüge des Antragstellers, dass Teile des Gehwegs und der Fahrbahn im Bereich der Kirche nicht erneuert worden seien, ausgeführt, dass diese Bereiche bereits in einem ordnungsgemäßen Zustand vorhanden gewesen seien und - entsprechend dem von dem Stadtrat beschlossenen Bauprogramm - ein Ausbau daher hier nicht zu einer Verbesserung geführt hätte. Der Antragsteller legt in seiner Beschwerdeschrift nicht substantiiert dar, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch für den Gehweg und die Fahrbahn im Bereich der Kirche ein weitergehender Ausbaubedarf bestanden habe. Der pauschale Hinweis, dass ein Qualitätsvorsprung des nicht ausgebauten Teils nicht ersichtlich sei, weil sich der Gehweg auf der Höhe der Kirche in dem gleichen schlechten Zustand befinde, der zuvor auf der gesamten Länge der Anlage bestanden habe, genügt insoweit nicht.

3. Soweit der Antragsteller rügt, dass die Erhebung eines Erschließungsbeitrages derzeit unrechtmäßig wäre, vermag sein Einwand die erstinstanzliche Entscheidung schon deshalb nicht in Frage zu stellen, weil das Gericht nicht - wie der Antragsteller meint - angenommen hat, dass die ausgebaute Anlage nicht nach Straßenausbaubeitragsrecht, sondern nach Erschließungsbeitragsrecht hätte abgerechnet werden müssen. Die Vorinstanz hat vielmehr entscheidungstragend darauf abgestellt, dass der Antragsteller durch den geltend gemachten Straßenausbaubeitrag weder dem Grunde noch der Höhe nach beschwert ist, und die Frage, ob möglicherweise - bei Anwendung des bundesrechtlichen Erschließungsbeitragsrechts - ein erheblich höherer Beitrag festgesetzt werden könnte, der näheren Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.

4. Der Einwand des Antragstellers schließlich, es bestünden auch deshalb ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, weil die Verteilungsfläche nicht zutreffend bestimmt worden und der Beitragssatz daher zu hoch sei, bedarf bereits deshalb im vorliegenden Beschwerdeverfahren keiner näheren Prüfung, weil dieser Einwand - erstmalig - mit Schriftsatz vom 08.12.2004 und damit nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist am 6. August 2004 geltend gemacht worden ist.

Ende der Entscheidung

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