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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 02.04.2004
Aktenzeichen: 5 L 10/03
Rechtsgebiete: LSA-PersVG, BPersVG, GG, ArbGG


Vorschriften:

LSA-PersVG § 61 III 7
LSA-PersVG § 61 V
LSA-PersVG § 99
BPersVG § 77 II
GG Art. 5 III
ArbGG § 85 III
ArbGG § 83
1. Zum Rechtsschutzbedürfnis für die Überprüfung einer vorläufigen Regelung gem. § 61 Abs. 5 PersVG LSA im Beschlussverfahren gem. § 83 ArbGG.

2. Der Personalrat kann die Zustimmung zur Einstellung einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin an einer Universität aus jedem sachlichen Grund verweigern, der im Aufgaben- und Pflichtenkreis des Personalrats eine Grundlage findet. Die Freiheit von Forschung und Lehre gem. Art. 5 Abs. 3 GG entbindet nicht von der Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens.

3. Die Begründung für eine vorläufige Regelung gem. § 61 Abs. 5 Satz 2 PersVG LSA kann nicht nachgeholt werden.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 5 L 10/03

Datum: 02.04.2004

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer vorläufigen Regelung gem. § 61 Abs. 5 PersVG LSA anlässlich der Einstellung der Frau ... als wissenschaftliche Mitarbeiterin in europäischen Dokumentationszentrum - EDZ - der juristischen Fakultät der Martin-Luther-Universität.

Die Beteiligte beantragte erstmals mit Formularantrag vom 13. Oktober 2001 die Zustimmung des Antragstellers zur Einstellung der Frau ..., die der Antragsteller am 25. Oktober 2001 verweigerte. Mit einem zweiten Antrag vom 19. November 2001 beantragte die Beteiligte erneut die Zustimmung, die der Antragsteller am 26. November 2001 wiederum verweigerte. Auch zu einem entsprechenden dritten Antrag vom 29. Januar 2002 verweigerte der Antragsteller am 07. Februar 2002 die Zustimmung. Das Verfahren endete im Stufenverfahren mit der Rücknahme des Antrags auf Zustimmung durch den Kultusminister am 06. Juni 2002. Schließlich beschloss der Antragsteller auf den Antrag der Beteiligten auf Zustimmung vom 31. Juli 2002 am 16. August 2002 "Fristablauf". Die Beteiligte setze sich zwar über tarifrechtliche Vereinbarungen zum Schutz der bestehenden Arbeitsverhältnisse hinweg, doch solle deswegen kein Beschlussverfahren eingeleitet werden.

Nach Abstimmung mit dem Kultusministerium (Schreiben vom 07.02.2002 und 11.02.2002, Beiakte A) teilte die Beteiligte dem Antragsteller mit Schreiben vom 25. Februar 2002 mit, man habe gem. § 61 Abs. 5 PersVG LSA mit Frau ... ab 20. Februar 2002 einen Arbeitsvertrag mit dem Vorbehalt abgeschlossen, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats ende, in dem die Einigungsstelle die fehlende Zustimmung nicht durch einen entsprechenden Beschluss ersetze. Eine Begründung war dieser Mitteilung nicht beigefügt. Jedoch reichte die Beteiligte anlässlich des Antrags vom 31. Juli 2002 zwecks Begründung der vorläufigen Regelung den Schriftwechsel mit dem Kultusministerium (Schr. v. 07.02.2002 und v. 11.02.2002) nach.

In seiner Sitzung vom 30. Mai 2002 beschloss der Antragsteller die gerichtliche Überprüfung der vorläufigen Regelung und teilte dies der Beteiligten mit Schreiben vom 04.Juni 2002 mit. Am 12. August 2002 hat der Antragsteller den Antrag auf gerichtliche Überprüfung gestellt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, die vorläufige Regelung gem. § 61 Abs. 5 PersVG LSA setze voraus, dass die Maßnahme keinen Aufschub dulde. Dies sei nicht der Fall gewesen. Die Stellensituation im EDZ habe sich seit langem abgezeichnet. Die Beteiligte habe diese Situation durch eine verzögerliche Stellenausschreibung im Übrigen selbst geschaffen. Die Beteiligte habe die vorläufige Regelung auch nicht begründet.

Der Antragsteller hat beantragt,

festzustellen dass die Beteiligte sein Mitbestimmungsrecht im Zusammenhang mit der vorläufigen Einstellung von Frau ... verletzt hat.

Die Beteiligte hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, die wiederholte Nichterteilung der Zustimmung zur Einstellung der Frau ... durch den Antragsteller sei rechtlich unbeachtlich. Der Antragsteller sei nicht befugt, die Eignung der Frau ... für den vorgesehenen Dienstposten selbst zu beurteilen. Die Nichterteilung der Zustimmung lasse sich keinem der gesetzlichen Mitbestimmungstatbestände zuordnen.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 21. Januar 2003 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller stütze die Verweigerung der Zustimmung auf Gründe, die nicht seiner Mitbestimmung unterlägen. Zwar dürfe er prüfen, ob eine tarifvertragsähnliche Regelung zwischen der Landesregierung und der Gewerkschaft ver.di im Einzelfall beachtet sei. Soweit dort die vorrangige Berücksichtigung des vorhandenen Personals bei der Stellenbesetzung vorgesehen sei, gehe dies aber nicht so weit, dass die Beteiligte die Mitarbeiter zu Bewerbungen zu veranlassen habe.

Gegen diesen ihm am 07. Februar 2003 zugestellten Beschluss richtet sich die am 07. März 2003 eingegangene Beschwerde des Antragstellers. Er trägt vor, er habe sich bei der Nichterteilung der Zustimmung zur Einstellung der Frau ... im Rahmen seiner Befugnisse gehalten. Im Übrigen wiederholt er die Ausführungen des ersten Rechtszugs.

Der Antragsteller beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Halle - Fachkammer für Landespersonalvertretungsrecht - vom 21. Januar 2003 festzustellen, dass die anlässlich der Einstellung der Frau ... getroffene vorläufige Regelung gem. § 61 Abs. 5 PersVG LSA rechtswidrig war.

Die Beteiligte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, dass Mitbestimmungsrecht des Antragstellers sei nicht verletzt. Die für die Verweigerung der Zustimmung zur Einstellung der Frau ... angeführten Gründe lägen außerhalb des Schutzbereichs des Mitbestimmungsrechts.

Der Antragsteller könne im Rahmen der Mitbestimmung gem. § 67 Abs. 1 Nr. 1 PersVG LSA prüfen, ob die beabsichtigte Einstellung den gesetzlichen Vorschriften entspreche. Er müsse im Übrigen aber das Auswahl- und Beurteilungsermessen der Dienststelle respektieren. Es gehöre auch nicht zu seinen Aufgaben, arbeitspolitische Zielsetzungen bei der Beschäftigung von Mitarbeitern der sog. B-Struktur (wegfallende Arbeitsplätze) zu verwirklichen.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird ergänzend auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den Verwaltungsvorgang der Martin-Luther-Universität (Beiakte A) verwiesen.

II.

Die gem. § 78 Abs. 2 PersVG LSA i. V. m. § 87 ArbGG zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Die auf § 61 Abs. 5 PersVG LSA gestützte vorläufige Einstellung der Frau ... als Mitarbeiterin im EDZ der juristischen Fakultät der Beteiligten war rechtswidrig. Dies ist unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses vom 21. Januar 2003 antragsgemäß festzustellen.

Vorab ist klarzustellen, dass der Verfahrensgegenstand im vorliegenden Falle allein die vorläufige Regelung der Beteiligten betreffend die Einstellung der Frau ... ist, dem Antragsteller mitgeteilt im Schreiben der Beteiligten vom 25. Februar 2002. Das mit Antrag vom 29. Januar 2002 eingeleitete Verfahren wegen Mitbestimmung gem. § 67 Abs. 1 Nr. 1 PersVG LSA wie auch die weiteren Mitbestimmungsverfahren sind mangels eines entsprechend Antrags des Antragstellers nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung. Das Verwaltungsgericht hat diese notwendige verfahrensrechtliche Differenzierung nicht vorgenommen, jedenfalls lässt der angefochtene Beschluss dies nicht erkennen.

Ein Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte gerichtliche Überprüfung ist anzuerkennen. Das anlassgebende konkrete Verfahren hat sich allerdings erledigt. Das Kultusministerium hat im Stufenverfahren den Antrag auf Zustimmung zur Einstellung der Frau ... zurückgenommen. Die Rücknahme hat zur Folge, dass auch die auf der Grundlage des § 61 Abs. 5 PersVG LSA getroffene vorläufige Regelung entfällt (Fischer/Goeres, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, K § 69 Rdnr. 36 e). Das Rechtsschutzbedürfnis im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren ist jedoch anders als im Verwaltungsprozessrecht nicht notwendig daran gebunden, dass die abschließende Entscheidung des konkreten Falles noch offen ist. Im Beschlussverfahren geht es regelmäßig nicht um individuelle Ansprüche, sondern um die Abgrenzung der kollektivrechtlichen Befugnisse des Personalrats von der mitbestimmungsfreien Organisationsgewalt der Dienststelle. Den Verfahren kommt insoweit eine über den konkreten Streitfall hinausgehende Bedeutung zu. Dies kann ein Bedürfnis für die gerichtliche Klärung auch nach Erledigung des konkreten Streitfalles begründen.

Auch das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren dient allerdings nicht dazu, abstrakte Rechtsfragen zu klären. Rechtsfragen sind nur dann zu beantworten, wenn sie hinter einem anlassgebenden Vorgangs stehen. Es muss sich um verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen handeln, die sich an einem konkreten Vorgang ausrichten, durch ihn ausgelöst und auch begrenzt werden. Sie müssen sich auf künftige vergleichbare oder gleichartige Sachverhalte beziehen, die in ihren Grundzügen dem Sachverhalt des anlassgebenden konkreten Vorgangs entsprechen (BVerwG, Beschl. v. 23.03.1999 - 6 P 10.97 -, Beschl. des Senats v. 08.12.1999 - A 5 S 3/98 -). Rechtsfragen sind hiervon ausgehend nur zu beantworten, wenn sie sich auch im anlassgebenden Streitfall gestellt hätten. Und auch dann besteht nach Erledigung des konkreten Streitfalles ein Rechtsschutzbedürfnis nur, wenn sich die Rechtsfragen mit einiger, mehr als nur geringfügiger Wahrscheinlichkeit zwischen den selben Verfahrensbeteiligten erneut stellen werden (BVerwG, Beschl. v. 14.06.1995 - 6 P 43.93 -, PersV 96, 182 p und Beschl. v. 29.01.1996 - 6 P 45.93 -, PersV 97, 106; Fischer/Goeres, a. a. O., Anh. 1 zu K § 83 Rdnr. 39,41).

Die Klärung von Streitfragen im Zusammenhang mit der vorläufigen Regelung gem. § 61 Abs. 5 PersVG LSA anlässlich der Einstellung der Frau ... erweist sich nicht schon deshalb als obsolet, weil die Zustimmung des Antragstellers gem. § 61 Abs. 3 Satz 7 PersVG LSA als erteilt zu gelten hätte und die vorläufige Regelung gem. § 61 Abs. 5 PersVG LSA damit ins Leere ginge. Soweit die Beteiligte in Betracht zieht, dass die Zustimmung gem. § 61 Abs. 3 Satz 7 PersVG LSA als erteilt zu gelten hat, weil die Verweigerung der Zustimmung auf Gründe außerhalb des Mitbestimmungsverfahrens gestützt worden sei, ist dem nicht zu folgen. Es entspricht allerdings gefestigter Rechtssprechung, dass die Verweigerung der Zustimmung unbeachtlich ist, wenn die dafür angeführten Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung liegen. Die Gründe für die Verweigerung müssen sich den gesetzlichen Mitbestimmungstatbeständen, deren Inhalt sowie Sinn und Zweck zuordnen lassen. Ist diese Zuordnung offensichtlich nicht möglich, verweigert der Personalrat die Zustimmung ohne einen vom Gesetz gebilligten Grund. Die Verweigerung ist rechtsmissbräuchlich und begründet keine Verpflichtung zur Einleitung des Einigungsverfahrens (BVerwG, Beschl. v. 27.09.1993 - 6 P 4.93 -, PersV 94, 106 n. w. N.). Eine in dieser Weise rechtsmissbräuchliche Verweigerung der Zustimmung ist dem Antragsteller nicht vorzuwerfen.

Das Personalvertretungsgesetz des Landes sieht anders als § 77 Abs. 2 BPersVG keinen geschlossenen Katalog der zulässigen Verweigerungsgründe vor. Der Personalrat ist insbesondere nicht auf eine reine Rechtskontrolle beschränkt. Die Ablehnung kann sich inhaltlich auf jeden sachlichen Grund stützen, der in dem Aufgaben- und Pflichtenkreis des Personalrats eine Grundlage findet (BVerwG, Beschl. v. 27.09.1993 - 6 P 4.93 -, a. a. O.; Fischer/Goeres, a. a. O., K § 69 Rdnr. 12 e). Der Antragsteller hat die Zustimmung zur Einstellung der Frau ... mit der Begründung verweigert, im Hinblick auf die Vorgaben in der Übereinkunft mit der Europäischen Kommission betreffend das EDZ und der geplanten Reduzierung des vorhandenen Bibliothekspersonals dränge sich eine interne Besetzung auf. Auch verlange die Tätigkeit im EDZ bibliothekarische Vorkenntnisse, die bei Frau ... nicht vorhanden seien. Der Antragsteller hat sich damit am Schutz der bestehenden Arbeitsverhältnisse orientiert und die Frage nach der nötigen Vorbildung für den Dienstposten gestellt. Beides hält sich im Rahmen seiner Aufgabe als Interessenvertretung der Mitarbeiter. Zwar ist es aus Rechtsgründen durchaus zweifelhaft, ob die vorgebrachten Bedenken sich gegenüber der Freiheit von Forschung und Lehre gem. Art. 5 Abs. 3 GG letztlich durchzusetzen vermögen, auch wenn es hier nicht um das Personal i. S. des § 99 PersVG LSA geht. Offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung des Personalrats bewegen sich die Verweigerungsgründe aber nicht, so dass der formale Gang des Mitbestimmungsverfahrens einzuhalten ist (vgl. Beschl. v. d. Senats v. 22.11.2002 - A 5 S 13/99 -: Kunstfreiheit; Reich, PersVG LSA, 2. Aufl., § 99 Rdnr. 1).

Die Klärung von Streitfragen zur vorläufigen Regelung gem. § 61 Abs. 5 PersVG LSA im Falle der Frau ... erübrigt sich auch nicht deshalb, weil der Antragsteller durch das Ergebnis des bisherigen Verfahrens "saturiert" wäre, d. h. bereits das erhalten hätte, was er begehrt hat (vgl. Fischer/Goeres, a. a. O., Anh. 1 zu K § 63 Rdnr. 37,41). Die Rücknahme des Antrags auf Zustimmung durch den Kultusminister im Stufenverfahren hat lediglich dazu geführt, dass die Zustimmung zur Einstellung der Frau ... gem. Antrag der Beteiligten vom 29. Januar 2002 endgültig nicht erteilt ist. Damit ist nicht zugleich die weitere Streitfrage, ob die Beteiligte zu einer vorläufigen Regelung gem. § 61 Abs. 5 PersVG LSA befugt war, im Sinne des Antragstellers geklärt. Die vorläufige Regelung gem. § 61 Abs. 5 PersVG LSA folgt eigenen Verfahrensregeln, deren Beachtung unter den Beteiligten auch nach Abschluss des Stufenverfahrens weiterhin streitig ist.

Es besteht auch eine mehr als nur geringfügige Wahrscheinlichkeit, dass im Zusammenhang mit personellen Maßnahmen an der Martin-Luther-Universität erneut vorläufige Regelungen zu treffen sind und Streit über deren rechtliche Voraussetzungen gem. § 61 Abs. 5 PersVG LSA entsteht. Die Einstellung der Frau ... als auslösende personelle Maßnahme gibt Anlass, diese Voraussetzungen jedenfalls hinsichtlich der formalen Anforderungen an die Begründungspflicht gem. § 61 Abs. 5 Satz 2 PersVG LSA zu klären. Das fortbestehende rechtliche Interesse an der Klärung dieser Anforderungen wird auch nicht dadurch berührt, dass der Antragsteller auf ein Verfahren zwecks Erlass einer einstweiligen Verfügung gem. § 85 Abs. 3 ArbGG verzichtet hat. Das Verfahren gem. § 85 Abs. 3 ArbGG schließt das Beschlussverfahren gem. § 83 ArbGG nicht aus (vgl. Dembowski/Ladwig/Sellmann, Landespersonalvertretungsgesetz Niedersachsen, § 74 Rdnr. 31). Der Antragsteller ist auch aktiv legitimiert, denn die vorläufige Regelung gem. § 61 Abs. 5 PersVG LSA ist ungeachtet des Standes des Stufenverfahrens stets auf der Ebene der örtlichen Dienststelle zu treffen.

Bei der rechtlichen Überprüfung der vorläufigen Regelung gem. § 61 Abs. 5 PersVG LSA ist das Personalvertretungsgesetz des Landes vom 10. Februar 1993 (GVBl. Seite 56), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30.03.1999 (GVBl. 120) zugrunde zulegen. Die Neufassung durch das 2. Änderungsgesetz vom 17. Juni 2002 (GVBl. 126) findet keine Anwendung, denn die streitige vorläufige Regelung wurde noch unter der Geltung der bisherigen Gesetzesfassung getroffen. Auf die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Ausgestaltung des Mitbestimmungsverfahrens in der bisherigen Form (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 25.05.1995, BVerfG E 93, 37 ff), die nunmehr zur Neufassung des Gesetzes geführt haben, kommt es nicht an. Das Gesetz kann in seiner bisherigen Fassung verfassungskonformen in der Weise angewendet werden, dass es bei dem bisherigen Stufenverfahren mit der Maßgabe bleibt, dass die Einigungsstelle sich in den Mitbestimmungsfällen der §§ 66, 67 PersVG LSA auf eine Empfehlung beschränkt (vgl. Beschl. des Senats v. 30.08.00, A 5 S 10/99 - sowie Albers, PersR 95, 501, 504). Das Verfahrensstadium vor der Einigungsstelle ist im vorliegenden Falle nicht erreicht worden.

§ 61 Abs. 5 Satz 1 PersVG LSA räumt der Dienststelle die Befugnis für vorläufige Regelungen bei Maßnahmen ein, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden. Die formalrechtlichen Anforderungen ergeben sich aus § 61 Abs. 5 Satz 2 PersVG LSA: die Dienststelle hat dem Personalrat die vorläufige Regelung mitzuteilen, sie zu begründen und unverzüglich das Mitbestimmungsverfahren einzuleiten oder fortzusetzen. Die Einstellung der Frau ... im Wege der vorläufigen Regelung gem. § 61 Abs. 5 PersVG LSA erweist sich danach bereits deshalb als rechtswidrig, weil die Beteiligte die formalen Anforderungen des § 61 Abs. 5 Satz 2 PersVG LSA nicht beachtet hat. Sie hat die vorläufige Regelung zwar mit Schreiben an den Antragsteller vom 25. Februar 2002 mitgeteilt. Dem Schreiben war jedoch die gesetzliche gebotene Begründung nicht beigefügt. Wie sich aus dem Antrag auf Zustimmung vom 31. Juli 2002 ergibt, hat die Beteiligte den Antragsteller erst zu diesem Zeitpunkt durch Übersendung des Schriftwechsels mit dem Kultusministerium über die Gründe für die vorläufige Regelung unterrichtet. Auf diesen formalen Mangel, der bereits im Stufenverfahren gerügt wurde, (Schreiben den AHPR an den Kultusminister vom 24.04.2002, Beiakte A), verweist der Antragsteller zurecht. Er ist auch durch die nachträgliche Unterrichtung anlässlich des Antrags vom 31. Juli 2002 nicht geheilt worden. Ein Nachschieben der vorgeschriebenen Begründung ist bei Berücksichtigung des Gesetzeszwecks unzulässig. Die vorläufige Regelung gem. § 61 Abs. 5 PersVG LSA hat den Charakter einer Sofortmaßnahme, die nur ausnahmsweise unter den in Satz 1 genannten Voraussetzungen zulässig ist. Die Begründungspflicht nötigt die Dienststelle, sich diese Voraussetzungen vor Augen zu führen, zugleich versetzt sie den Personalrat in die Lage, angemessen zu reagieren und wenn nötig rechtliche Schritte einzuleiten. Sie soll damit dazu beitragen, dass nicht ohne Not vollendete Tatsachen geschaffen werden. Mit dieser Funktion der Begründungspflicht wäre es unvereinbar, wenn die Begründung unbegrenzt nachgeschoben werden könnte. Sie ist vielmehr als notwendiger formaler Bestandteil der vorläufigen Regelung anzusehen, bei dessen Fehlen die vorläufige Regelung rechtswidrig ist (Fischer/Goeres, a. a. O., K § 69 Rdnr. 36 d; vgl. auch Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Auflage § 80 Rdnr. 27 a: Begründungspflicht gem. § 80 Abs. 3 VwGO).

Der Senat hat nach allem antragsgemäß entschieden. Auf die weiteren materiell-rechtlichen Voraussetzungen der vorläufigen Regelung gem. § 61 Abs. 5 Satz 1 PersVG LSA kommt es angesichts der fehlenden Begründung gem. § 61 Abs. 5 Satz 2 PersVG LSA nicht mehr an. Der Senat ist insbesondere gehindert, die Unaufschiebbarkeit der Maßnahme von Amts wegen festzustellen.

Einer Kostenentscheidung im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren bedarf es mangels prozessualer Kostentragungspflichten nicht. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erübrigt sich mangels einer vollstreckungsfähigen Entscheidung (Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 2. Auflage, § 91 Rdnr. 13, § 84 Rdnr. 29, § 85 Rdnr. 3).

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 72 Abs. 2 ArbGG bezeichneten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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