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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 09.12.1998
Aktenzeichen: A 4 S 1/98
Rechtsgebiete: DO LSA, BG LSA, GemO, StPO, GO LSA


Vorschriften:

DO LSA § 9 Abs. 3 Satz 2
DO LSA § 25
DO LSA § 41 Abs. 4
DO LSA § 48 Abs. 1
DO LSA § 67
DO LSA § 74 Abs. 1
DO LSA § 72 Abs. 4
DO LSA § 116 Abs. 2
BG LSA § 3 Abs. 2 Satz 2
BG LSA §§ 52 ff.
BG LSA § 52 Abs. 1 Satz 2
BG LSA § 54 Satz 2
BG LSA § 54 Satz 3
BG LSA § 55 Satz 2
BG LSA § 77 Abs. 1
GemO § 101 Abs. 1 Satz 1
GemO § 101 Abs. 1
StPO § 331
StPO § 331 Abs. 1
GO LSA § 61
GO LSA § 62 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: A 4 S 1/98

Datum: 09.12.1998

Gründe:

Der Beamte absolvierte nach Abschluß der Grundschule eine Lehre als Bauschlosser, an die sich ein Ingenieur-Studium in N., später ein Fernstudium in M. anschlossen. Von 1965 bis 1990 war er als Konstrukteur tätig.

Die Gemeindevertretung H. wählte ihn im Jahre 1990 erstmals zum Bürgermeister und berief ihn im Jahre 1992 als hauptamtlichen Bürgermeister in ein Beamtenverhältnis auf Zeit. Nach seiner Wiederwahl ernannte der Vorsitzende des Gemeinderates ihn am 6. Juli 1994 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von sieben Jahren erneut zum hauptamtlichen Bürgermeister der Gemeinde H.. Der Beamte ist zugleich Leiter der Verwaltungsgemeinschaft H.. Er erhält Dienstbezüge aus der Besoldungsgruppe A 14. Der Beamte ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder, die nicht mehr in seinem Haushalt leben. Er ist disziplinarrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten.

Im Zusammenhang mit einer Unternehmensbeteiligung der Gemeinde H., der Auszahlung eines Darlehens sowie der Bestellung einer Grundschuld an kommunalen Grundstücken ergab sich der Verdacht eines Dienstvergehens des Beamten. Die Aufsichtsbehörde teilte mit Schreiben an die Gemeinde sowie den Beamten vom 8. Juli 1996 und 10. Juli 1996 mit, sie ziehe die Ausübung der disziplinarrechtlichen Befugnisse gem. § 116 Abs. 2 DO LSA an sich. Mit Verfügung vom 18. Juli 1996 ordnete sie die Durchführung von Vorermittlungen an und bestimmte einen Ermittlungsführer. Dieser gab Gelegenheit zur Anhörung, die der Beamte am 26. August 1996 wahrnahm. Im Ermittlungsbericht vom 12. November 1996 faßte der Ermittlungsführer das wesentliche Ergebnis der Vorermittlungen zusammen. Dem Verteidiger des Beamten wurde auf dessen Antrag vom 20. Februar 1997 Akteneinsicht gewährt.

Mit Einleitungsverfügung vom 4. März 1997 leitete die Aufsichtsbehörde als Einleitungsbehörde das förmliche Disziplinarverfahren gegen den Beamten ein und bestellte einen Untersuchungsführer. Die Einleitungsverfügung stützt sich auf den Verdacht, der Beamte habe durch die Vergabe eines Darlehens an die Recycling-Center H. GmbH (im folgenden: RCH) und die Bestellung einer Grundschuld an kommunalen Wohngrundstücken gegen seine Dienstpflichten verstoßen. Der Verteidiger des Beamten nahm mit Schreiben vom 20. März 1996 zu den Vorwürfen Stellung. Der Untersuchungsführer teilte mit Schreiben vom 4. April 1997 mit, er halte den Zweck der Untersuchung für erreicht. Der Beamte habe Gelegenheit, sich abschließend schriftlich oder mündlich zu äußern. Der Verteider des Beamten erklärte mit Schreiben vom 15. April 1997, er sehe für eine weitere schriftliche oder mündliche Anhörung des Beamten keine Notwendigkeit und wolle zur Zeit auch keine Beweisanträge stellen. Der Untersuchungsführer fertigte einen Untersuchungsbericht und legte diesen der Einleitungsbehörde vor.

Mit Anschuldigungsschrift vom 24. Juni 1997, beim Verwaltungsgericht eingegangen am 30. Juni 1997, schuldigte die Vertreterin der Einleitungsbehörde den Beamten an, dadurch ein Dienstvergehen nach § 77 Abs. 1 BG LSA begangen zu haben, daß er entgegen der Anordnung des Landkreises O. vom 23. September 1993 mit dem Inhalt, ein Darlehen von 250.000,00 DM an die RCH GmbH H. nicht auszuzahlen, sowie entgegen der Beanstandung des Beschlusses Nr. 276/28(I)93 zum 2. Nachtragshaushaltsplan der Gemeinde H. am 21. Juli 1994 die Darlehenssumme in Höhe von 250.000,00 DM an die RCH GmbH überwiesen hat, entgegen der Versagung vom 30. Juni 1994 durch den Landkreis O. bezüglich einer Genehmigung einer Grundschuldbestellung in Form von Grundpfandrechten an kommunalen Wohngrundstücken am 13. Juli 1994 die notarielle Beurkundung der Belastung der Grundstücke veranlaßt hat, obwohl ihm die genannte Versagung am 12. Juli 1994 zugegangen und der die Grundschuld betreffende Beschluß des Gemeinderates vom 25. Mai 1994 Nr. 045-5(I)94 durch den Landkreis mit gleichem Schreiben (30.6.1994) beanstandet worden war.

Entschuldigungsgründe lägen nicht vor. Der Beamte habe der Arbeitslosigkeit in der Gemeinde sowie wirtschaftlichen und politischen Zwängen nur mit rechtsstaatlichen Mitteln begegnen dürfen. Ihm sei bekannt gewesen, daß der Betrieb einer Recyclinganlage nicht zu den gemeindlichen Aufgaben gehöre. Die Rückführung des Darlehens könne ihn nicht entlasten. Sie sei auf Betreiben der Aufsichtsbehörde erfolgt. Erschwerend wirke sich vielmehr aus, daß der Bruder und der Schwiegersohn des Beamten an der RCH beteiligt seien und von dem Engagement der Gemeinde profitiert hätten.

Der Beamte habe nach der Versagung der Genehmigung auch keine Grundschuld an kommunalen Wohngrundstücken bestellen dürfen. Der Beamte habe vorsätzlich gegen seine Dienstpflichten verstoßen, indem er haushaltsrechtliche Vorschriften sowie die Anordnungen der Aufsichtsbehörde mißachtet habe.

Die Vertreterin der Einleitungsbehörde hat beantragt,

den Beamten aus dem Dienst zu entfernen.

Der Beamte hat die Verhängung einer Geldbußen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, für ausreichend angesehen.

Er hat unter Bezug auf seine Stellungnahme vom 20. März 1997 im wesentlichen ausgeführt, die Gemeinde H. sei nach der Wende durch den Wegfall von Arbeitsplätzen in eine tiefe Krise geraten. Diese habe durch die Errichtung der Recyclinganlage gemildert werden sollen. Es habe sich bald herausgestellt, daß nur bei einer Beteiligung der Gemeinde die notwendigen Kredite hätten beschafft werden können. Regierungspräsidium und Landkreis hätten in dieser kritischen Situation nicht mit der nötigen Beschleunigung und Entschiedenheit reagiert. Bei der Bestellung und Eintragung der Grundschuld hätten sich sowohl der Notar als auch das Grundbuchamt pflichtwidrig verhalten. Er habe sich davon leiten lassen, Schaden von der Gemeinde abzuwenden. Er habe sich in einer notstandsähnlichen Situation befunden. Vorteile für sich selbst oder Angehörige habe er nie im Auge gehabt.

Die Bedenken gegen den Eintritt der Gemeinde in ein Recyclingunternehmen habe er damals nicht überblickt. Die weitere Entwicklung sei mehr oder weniger zwangsläufig verlaufen. Es sei vertretbar gewesen, das Darlehen der Gemeinde auszureichen, statt sich verklagen zu lassen. Der Gemeinde sei infolge der Rückzahlung auch kein Schaden entstanden. Es sei auch befremdlich, daß man im Zusammenhang mit der Bestellung der Grundschuld zunächst Zurückhaltung geübt habe, solange die RCH noch bestanden habe und diese erst nach deren Untergang als Unternehmen aufgegeben habe. Schließlich sei der ordnungsgemäße Gang des Untersuchungsverfahrens zu bezweifeln.

Die Disziplinarkammer hat den Beamten mit Urteil vom 15. Dezember 1997 eines zweifachen Dienstvergehens für schuldig befunden und gegen ihn eine Gehaltskürzung von Januar 1998 bis Juni 2001 in Höhe von einem Fünftel der Dienstbezüge verhängt. Zur Begründung hat die Disziplinarkammer ausgeführt, der Beamte habe bei der Gewährung des Darlehens an die RCH gegen die kommunalaufsichtlichen Beanstandungen und gegen zwingendes Haushaltsrecht verstoßen. Die Beanstandungen der Aufsichtsbehörde seien ihm bekannt gewesen. Mit der Bestellung von Sicherheiten ohne Genehmigung habe er gegen § 101 Abs. 1 Satz 1 Gemeindeordnung verstoßen.

Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sei zu berücksichtigen, daß der Beamte vorsätzlich gegen grundlegende Vorschriften der Gemeindeordnung und des Gemeindehaushaltsrechts verstoßen habe. Gegenüber diesen Verstößen könne er sich nicht auf mangelnde Erfahrung oder schlechte Beratung berufen. Die Bedenken der Aufsichtsbehörde seien ihm bekannt gewesen. Als belastender Umstand sei auch die Beteiligung von Familienangehörigen an der RCH zu werten. Zu Gunsten des Beamten werte die Kammer, daß er bisher disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei und die Vorwürfe einräume. Es bedürfe - auch aus generalpräventiven Gründen - einer auf ein gewisse Dauer angelegten und spürbaren Gehaltskürzung.

Gegen dieses ihm am 29. Dezember 1997 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. Januar 1998 eingegangene Berufung des Beamten. Zur Begründung trägt er vor, die Darlehensverpflichtung sei bereits lange vor der Beanstandung des Nachtragshaushalts und vor seiner Berufung in das Beamtenverhältnis begründet worden. Die Beanstandung habe ihn nicht hindern können, eine eingegangene Rechtsverpflichtung zu erfüllen. Bei einer Klage der RCH wären nur weitere Kosten entstanden. Bei der Bestellung der Grundschuld sei er davon ausgegangen, daß die Beanstandung im Rechtsbehelfsverfahren keinen Bestand haben werde. Er habe aus Sorge um den Erhalt von Arbeitsplätzen gehandelt und sei aus mangelnder Erfahrung den damit verbundenen Problemen nicht gewachsen gewesen. Familiäre Interessen hätten überhaupt keine Rolle gespielt. Der Notar habe sich vor der Eintragung und Bestellung der Grundschuld über die aufsichtsrechtliche Genehmigung vergewissern müssen. Das gleiche gelte für den Sicherungsgläubiger. Generalpräventive Erwägungen gingen im Hinblick auf die Situation des Jahres 1993/1994 fehl. Die Kürzung der Dienstbezüge sei hinsichtlich Dauer und Höhe unverhältnismäßig.

Der Beamte beantragt,

das Urteil der Disziplinarkammer bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg vom 15. Dezember 1997 aufzuheben und auf eine Disziplarmaßnahme unterhalb einer Gehaltskürzung zu erkennen.

Die Vertreterin der Einleitungsbehörde beantragt,

das Urteil der Disziplinarkammer bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg vom 15. Dezember 1997 aufzuheben und gegen den Beamten eine Gehaltskürzung in Höhe von einem Fünftel der Dienstbezüge für die Dauer von 42 Monaten gerechnet ab Rechtskraft des Urteils zu verhängen.

Sie trägt vor, der Beamte habe das Darlehen an die RCH nach der kommunalaufsichtlichen Beanstandung nicht zur Auszahlung gelangen lassen dürfen. Eine Einsicht des Beamten in sein Fehlverhalten sei nicht feststellbar. Die Gemeinde sei erst auf Betreiben der Kommunalaufsichtsbehörde wieder aus der RCH ausgeschieden. Auch die Rückführung des Darlehens sei hierauf zurückzuführen.

Die Bestellung der Grundschuld trotz Versagung der Genehmigung sei keine nur geringfügige Verfehlung. Sie zeige, daß der Beamte sich an seine Dienstpflichten nicht gebunden fühle, indem er die Anweisungen der Kommunalaufsicht geflissentlich mißachte. Er zeige auch bis heute kein Unrechtsbewußtsein. Die Beteiligung von Familienmitgliedern an der RCH habe den Eindruck familiärer Rücksichtnahmen erwecken können, den der Beamte habe vermeiden müssen. Der Beamte habe auch die Berichtigung des Grundbuchs nicht selbst, sondern erst auf wiederholte Anweisung der Kommunalaufsicht veranlaßt. Es beständen erhebliche Zweifel, ob der Beamte künftig seinen Dienstpflichten nachkommen werde.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird ergänzend auf die Schriftsätze des Verteidigers des Beamten und der Vertreterin der Einleitungsbehörde sowie die Sachakten der Aufsichtsbehörde, die Untersuchungsakte, die Auszüge aus dem Zivilrechtsstreit der Volksbank H. e. G. gegen die Gemeinde H. einschließlich des Urteils des Oberlandesgerichts Naumburg vom 18. Februar 1998 - 5 U 1705/97 - und den Personalvorgang des Beamten (Beiakten A - E) Bezug genommen.

II.

Die uneingeschränkt eingelegte Berufung des Beamten ist nur zum Teil begründet. Die Disziplinarkammer hat den Beamten zu Recht eines Dienstvergehens für schuldig befunden und eine Disziplinarmaßnahme in Form einer Gehaltskürzung gegen ihn verhängt. Diese ist lediglich in ihrer Dauer zu ändern.

Wesentliche Verfahrensmängel des Disziplinarverfahrens, die gem. § 74 Abs. 1 i. V. m. § 72 Abs. 4 DO LSA zur Rückgabe der Anschuldigungsschrift führen, lassen sich nicht feststellen. Dem Beamten ist im Untersuchungsverfahren ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden. Der Untersuchungsführer hat ihm nach Abschluß der Untersuchung Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme gem. § 48 Abs. 1 DO LSA eingeräumt. Der Beamte hat diese Gelegenheit mit Schriftsatz vom 15. April 1994 wahrgenommen. Die Rüge des Beamten, ihm sei mit "gewagten Konstruktionen" keine Gelegenheit gegeben worden, zum Untersuchungsbericht Stellung zu nehmen, geht fehl. Der Untersuchungsbericht ist ein interner Vorgang der Einleitungsbehörde, der dem Beamten nicht zur Kenntnis gegeben werden muß (Claussen/Janzen, Bundesdisziplinarordnung 8. Aufl., Rdnr. 6 zu § 64). Dem Verteidiger des Beamten ist im übrigen im gerichtlichen Verfahren Einsicht in alle dem Gericht vorliegenden Vorgänge einschließlich des Untersuchungsberichts und der nach dem Schriftsatz des Beamten vom 15. April 1994 eingegangenen Stellungnahme der Einleitungsbehörde vom 22. April 1994 gewährt worden.

Der Beamte kann nachträglich auch nicht mehr geltend machen, der Untersuchungsführer sei wegen Mitwirkung im aufsichtsbehördlichen Verfahren möglicherweise befangen gewesen. Bei Besorgnis der Befangenheit hätte er den Untersuchungsführer alsbald ablehnen müssen (Claussen/Janzen, a. a. O., Rdnr. 7 zu § 56). Die Mitwirkung des Untersuchungsführers im Aufsichtsverfahren begründete auch keinen Ausschließungsgrund gem. § 25 DO LSA i. V. m. § 41 Abs. 4 DO LSA.

In der Hauptverhandlung haben sich die folgenden Feststellungen zum Sachverhalt ergeben:

a) Die Gemeindevertretung H. beschloß in ihrer Sitzung vom 7. Juli 1993 zwecks Förderung der regionalen Wirtschaft die Errichtung einer Recyclinganlage für Plastikabfälle auf dem Gelände einer ehemaligen Zuckerfabrik. Die Anlage sollte in der Rechtsform einer GmbH betrieben werden, an der die Gemeinde mehrheitlich zu beteiligen war. Die Gemeinde sollte zugleich ein Darlehen in Höhe von 250.000,00 DM gewähren. Die Gesellschaft wurde entsprechend dem Beschluß vom 7. Juli 1993 als Recycling-Center H. GmbH gegründet und im Handeslregister eingetragen. Zu den Gesellschaftern zählte neben der Gemeinde auch der Bruder des Beamten, Herr Dr. ......... Geschäftsführer war der Schwiegersohn des Beamten, Herr Frank P.

Mit Schreiben vom 13. August 1993 unterrichtete der Vertreter des Beamten die Aufsichtsbehörde von der beabsichtigten Beteiligung. Die Aufsichtsbehörde untersagte mit Verfügung vom 23. September 1993 die Auszahlung des Darlehens und beanstandete mit Verfügung vom 3. November 1993 den Beschluß vom 7. Juli 1993. Der Beschluß sei rückgängig zu machen. Die Beteiligung der Gemeinde an der RCH sei unabhängig von der haushaltsrechtlichen Seite bereits deshalb zu beanstanden, weil die Entsorgung von Kunststoffabfällen nach dem Abfallgesetz Aufgabe des Landkreises sei.

Mit weiterer Verfügung vom 18. November 1993 beanstandete die Aufsichtsbehörde auch den Beschluß der Gemeindevertretung vom 21. Okotber 1993 über einen zweiten Nachtragshaushalt, in dem mit Rücksicht auf die Unternehmensbeteiligung weitere 300.000,00 DM in Ansatz gebracht worden waren. Der zweite Nachtragshaushalt führe zu einem unzulässigen Defizit im Vermögenshaushalt. Mit Schreiben an die Aufsichtsbehörde vom 17. Februar 1994 teilte der Beamte mit, die Gemeindevertretung habe den beanstandeten Beschluß vom 7. Juli 1993 aufgehoben.

In ihrer Sitzung vom 25. Mai 1994 beschloß die Gemeindevertretung, daß die Darlehenssumme von 250.000,00 DM ausgezahlt werden solle. Die Aufsichtsbehörde beanstandete diesen Beschluß mit Schreiben vom 30. Juni 1994, bei der Gemeinde eingegangen am 12. Juli 1994. Gleichwohl wies der Beamte die Kämmerin an, das Darlehen in Höhe von 250.000,00 DM zur Auszahlung zu bringen, was am 31. Juli 1994 geschah.

Am 6. September 1994 verkaufte die Gemeinde H. ihren Gesellschafteranteil an der RCH sowie die Darlehensforderung für insgesamt 300.000,00 DM an einen Dritten. Der Kaufpreis wurde im Dezember 1994 beglichen und die Gemeinde schied aus der RCH aus. Die RCH stellte am 15. März 1996 den Antrag auf Gesamtvollstreckung.

b) Mit Schreiben an die Aufsichtsbehörde vom 17. Mai 1994 teilte der Beamte mit, die Mitgesellschafter seien bisher nicht bereit gewesen, die Gemeinde aus der GmbH zu entlassen. Für Verarbeitungsanlagen und Ausrüstungen seien ca. 3,8 Mio DM aufgewendet worden. Für die Gemeinde verbleibe eine noch zu übernehmende Bürgschaft von 1,5 Mio DM. Es bestehe auch die Möglichkeit, kommunale Wohnungsgrundstücke zu belasten. Es werde um Genehmigung gebeten. Die Gemeindevertretung beschloß in der Sitzung vom 25. Mai 1994, drei kommunale Wohnungsgrundstücke zur Kreditsicherung zu belasten.

Die Aufsichtsbehörde versagte mit dem schon erwähnten Schreiben vom 30. Juni 1994 die Genehmigung zur Bestellung von Grundpfandrechten an kommunalen Wohnungsgrundstücken und beanstandete den Beschluß der Gemeindevertretung vom 25. Mai 1994. Die Gemeinde legte Widerspruch ein, den das Regierungspräsidium Magdeburg mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 1996 zurückwies.

Am 13. Juli 1994 bestellte der Beamte als Vertreter der Gemeinde eine Grundschuld zugunsten der Volksbank H. e. G. in Höhe von 1,5 Mio DM in einer Verhandlung vor dem Notar Dr. Schneider, Dortmund. Die Grundschuld wurde am 20. Juli 1994 im Grundbuch eingetragen. Auf Anordnung der Aufsichtsbehörde betrieb der Beamte ein Verfahren zwecks Grundbuchberichtigung, das zur Löschung der Grundschuld im Jahre 1997 führte. Das OLG Naumburg verurteilte die Gemeinde mit Urteil vom 11. März 1998 unter Abänderung eines Urteils des Landgerichts Magdeburg zur Zahlung von 682.629,84 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28. Juni 1997 an die Volksbank H. e. G. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluß zu. Der Bürgermeister der Gemeinde habe offenlegen müssen, daß die Genehmigung für die Bestellung der Grundschuld nicht vorgelegen habe und auch nicht erreichbar gewesen sei.

Der Beamte hat durch die Auszahlung des Darlehens in Höhe von 250.000,00 DM an die RCH seine Dienstpflichten aus § 55 Satz 2 BG LSA (Gehorsamspflicht), § 54 Satz 2 BG LSA (Pflicht zur uneigennützigen Verwaltung seines Amts) sowie aus § 54 Satz 3 BG LSA (Pflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten) verstoßen.

Der Beamte hat dem auf § 67 Kommunalverfassung gestützten ausdrücklichen Verbot der Aufsichtsbehörde vom 23. September 1993 zuwider gehandelt, das Darlehen an die RCH auszuzahlen. Er hat damit seine Gehorsamspflicht gem. § 55 Satz 2 BG LSA verletzt. Die Aufsichtsbehörde ist befugt, dem Beamten Weisungen zu erteilen. Sie ist damit gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 BG LSA Vorgesetzter i. S. des § 55 Satz 2 BG LSA.

Der (weitere) Beschluß der Gemeindevertretung vom 25. Mai 1994, das Darlehen zur Auszahlung zu bringen, ändert an dem Verstoß gegen die Gehorsamspflicht nichts. Die Gemeindevertretung konnte sich über das Verbot der Aufsichtsbehörde vom 23. September 1993 nicht hinwegsetzen. Das Verbot war zeitlich nicht begrenzt und wirkte im Zeitpunkt des Beschlusses vom 25. Mai 1994 fort. Der Beschluß vom 25. Mai 1994 war deshalb rechtswidrig. Der Beamte hätte diesen Beschluß gem. § 24 Abs. 3 Kommunalverfassung beanstanden müssen und ihn nicht vollziehen dürfen. Es kann bei dieser Sachlage auf sich beruhen, ob der Beamte den Beschluß vom 25. Mai 1994 auch deshalb nicht vollziehen durfte, weil die Aufsichtsbehörde ihn mit Verfügung vom 30. Juni 1994 wiederum beanstandet hatte, ohne daß die Gemeinde das seit dem Inkrafttreten der Gemeindeordnung am 1. Juli 1994 allein zulässige Rechtsmittel der Klage ergriffen hätte.

Der Pflichtenverstoß ist auch nicht dadurch ausgeräumt, daß die Darlehensschuld ungeachtet der internen haushaltsrechtlichen Vorgaben nach bürgerlichem Recht wirksam begründet war. Die Aufsichtsbehörde war nicht gehindert, trotz der wirksamen Zahlungsverpflichtung der Gemeinde ein Zahlungsverbot auszusprechen. Sie handelte damit keineswegs willkürlich, sondern trug ihren grundsätzlichen Bedenken gegen die Beteiligung der Gemeinde an einem Unternehmen der Abfallwirtschaft Rechnung. Diese Bedenken waren dem Beamten bekannt. Es oblag ihm deshalb, unverzüglich in Verhandlungen mit der RCH mit Ziel einzutreten, das Ausscheiden der Gemeinde aus der Gesellschaft zu erreichen. Hingegen war es ihm nach dem Verbot der Aufsichtsbehörde verwehrt, die Verpflichtungen aus dem Gesellschaftsvertrag wie vorgesehen zu erfüllen.

Es liegt ferner ein Verstoß gegen die Pflicht zur uneigennützigen Verwaltung des Amts und zu einem achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes vor.

Der Bruder des Beamten, Herr Dr. B. , war Mitgesellschafter der RCH. Geschäftsführer war der Schwiegersohn des Beamten, Herr P. Der Beamte hätte in seiner Eigenschaft als Bürgermeister nicht in einer Angelegenheit tätig werden dürfen, durch die nahe Angehörige begünstigt wurden (vgl. § 68 i. V. m. § 31 GO LSA).

Der Hinweis des Beamten auf lautere Motive wie die Stärkung der regionalen Wirtschaft und die Verringerung der Arbeitslosigkeit berührt diesen Pflichtenverstoß nicht. Das Engagement der Gemeinde kam den Familienangehörigen des Beamten zugute und hätte ihnen bei günstiger Entwicklung auch zum wirtschaftlichen Vorteil gereichen können. Der Beamte hat dadurch nicht nur den "bösen Schein" einer Vermengung von dienstlichen und persönlichen Interessen gesetzt. Es ist tatsächlich zu dieser Vermengung gekommen. Der Beamte hat damit zugleich ein Verhalten an den Tag gelegt, daß der Achtung und dem Vertrauen, die sein Beruf erfordert, nicht gerecht wurde. Die politische Unterstützung, die der Beamte im Gemeinderat und in der Bevölkerung gefunden haben will, ist für die Bewertung seines Verhaltens aus dienstrechtlicher Sicht unerheblich.

Der Beamte hat auch mit der Bestellung der Grundschuld an drei kommunalen Wohnungsgrundstücken zugunsten der Volksbank H. e. G. in mehrfacher Hinsicht gegen seine Dienstpflichten verstoßen. Nach § 101 Abs. 1 GemO darf die Gemeinde keine Sicherheiten zugunsten Dritter bestellen. Die Kommunalaufsichtsbehörde kann Ausnahmen zulassen. Die Grundschuld zugunsten der Volksbank H. e. G. war eine Sicherheit zugunsten Dritter i. S. dieser Vorschrift und hätte daher der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedurft. Die Genehmigung war nicht erteilt. Indem der Beamte die Grundschuld ohne Genehmigung bestellte, mißachtete er seine aus der Gemeinwohlbindung des § 52 Abs. 1 Satz 2 BG LSA folgende Dienstpflicht zu gesetzmäßigem Handeln. Des weiteren sind die Dienstpflichten zu einem uneigennützigen und achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten gem. §§ 54 Satz 2, 3 BG LSA verletzt. Der Beamte hätte sich im Hinblick auf die familiären Beziehungen zu einem Mitgesellschafter und zum Geschäftsführer der RCH auch in diesem Zusammenhang jeder dienstlichen Tätigkeit enthalten müssen.

Der Beamte hat in der Schuldform des Vorsatzes gehandelt. Die Anordnung der Aufsichtsbehörde, das Darlehen nicht zur Auszahlung zu bringen, war ihm bekannt. Der Beamte wußte auch, daß es zur Bestellung von Sicherheiten durch die Gemeinde der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedurfte. Er hatte die Genehmigung selbst beantragt. Zudem lag bei der notariellen Verhandlung vom 13. Juli 1994 bereits die Verfügung der Aufsichtsbehörde vom 30. Juni 1994 vor, mit der die Genehmigung versagt wurde. Der Beamte hat somit gem. § 77 Abs. 1 BG LSA ein Dienstvergehen begangen. Dieses ist nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens im förmlichen Disziplinarverfahren einheitlich zu beurteilen (vgl. Claussen/Janzen, a. a. O., Einleitung B, Rdnr. 6 a).

Die Bemessung der Disziplinarmaßnahme hat davon auszugehen, daß sie ein Mittel zur Aufrechterhaltung der Dienstordnung ist. Der Beamte soll dazu angehalten werden, seine Dienstpflichten zukünftig beanstandungsfrei wahrzunehmen. Die Beurteilung hat sich aber auch darauf zu erstrecken, wie sich die disziplinare Entscheidung auf die Beamtenschaft allgemein auswirkt, sei es durch die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme, sei es durch das Unterbleiben einer disziplinaren Reaktion. In diesem Rahmen können auch generalpräventive Erwägungen eine Rolle spielen (Claussen/Janzen, a. a. O., Einleitung D, Rdnr. 1 a, 1 b). Im Vordergrund steht das Eigengewicht des Dienstvergehens. Die gewählte Disziplinarmaßnahme muß der Art und Schwere des Dienstvergehens entsprechen (sog. Einstufungsfunktion der Disziplinarmaßnahme, Claussen/Janzen, a. a. O., Einleitung D, Rdnr. 3 a).

Hiervon ausgehend kommt als disziplinare Reaktion eine Maßnahme unterhalb einer Gehaltskürzung nicht in Betracht. Ob als schärfere Reaktion auch eine Entfernung aus dem Dienst möglich gewesen wäre, ist nicht zu beurteilen. Der Senat darf die angefochtene Entscheidung im Berufungsverfahren gem. § 25 DO LSA i. v. m. § 331 StPO nicht zu Ungunsten des Rechtsmittelführers ändern (Verbot der reformatio in peius, Claussen/Janzen, a. a. O., Rdnr. 8 vor § 79).

Das Dienstvergehen weist auch bei Berücksichtigung der besonderen Stellung der kommunalen Wahlbeamten im Grenzbereich von Kommunalrecht und Beamtenrecht (vgl. dazu BVerfGE 7, 155, 162) ein beträchtliches Gewicht auf. Der Bürgermeister einer Gemeinde wird bei der Erfüllung seiner Aufgaben im Rahmen der Selbstverwaltung der Gemeinde weitgehend frei und schöpferisch tätig. Er ist dabei allerdings auf eine Gleichgestimmtheit mit der Gemeindevertretung angewiesen, von der er im Hinblick auf das Abwahlverfahren gem. § 61 GO LSA politisch abhängig ist. Seine Stellung unterscheidet sich damit grundlegend von der des herkömmlichen Verwaltungsbeamten, dem innerhalb einer Behörde ein bestimmter Aufgabenbereich zur weisungsgemäßen Bearbeitung zugewiesen ist. Dies darf jedoch nicht den Blick darauf verstellen, daß der Bürgermeister eben auch Beamter ist. Die Einbindung in das besondere Dienst- und Treueverhältnis des Beamten soll den Bürgermeister neben der Sicherung seiner persönlichen Unabhängigkeit auch dem Pflichtenkatalog der § 52 ff. BG LSA unterwerfen. Im Widerstreit der kommunalpoltischen Interessen soll er stets dem Wohl der Allgemeinheit verpflichtet bleiben (§ 52 Abs. 1 BG LSA). Die strikte Beachtung der Gesetze ist wesentlicher Bestandteil dieser beamtenrechtlichen Kernpflicht. Der Bürgermeister wird damit zum Garanten der rechtsstaatlichen Ordnung der Gemeinde. Die Kommunalaufsicht kann ihm diese Aufgabe nicht abnehmen. Sie kann nur ergänzend und korrigierend eingreifen, um Mißstände zu verhindern. Ein Bürgermeister, der diese Seite seines Amts hartnäckig ignoriert, verfehlt eine seiner wesentlichen Aufgaben und ist in seinem Amt nicht tragbar. Er gibt zudem ein äußerst negatives Beispiel mangelnder Rechtstreue, welches das Vertrauen der Bürger in eine rechtsstaatliche Verwaltung erschüttern und sie ermuntern kann, auch die eigenen Interessen nach Gutdünken zu verfolgen.

Durchgreifende Milderungsgründe kann der Beamte nicht für sich in Anspruch nehmen. Es besteht kein Anlaß, seine guten Absichten anzuzweifeln. Der Beamte mußte jedoch erkennen, daß er diese Absichten nicht wie geplant umsetzen konnte. Dem standen insbesondere die Sicherungen des kommunalen Haushaltsrechts entgegen, die ebenfalls dem Gemeinwohl dienen und ihre Berechtigung gerade im vorliegenden Fall bewiesen haben. Der Beamte befand sich auch nicht in einer notstandsähnlichen Situation. Der Ermittlungsvorgang läßt erkennen, daß die Bestellung der Grundschuld letztlich die Voraussetzung für den Rückzug der Gemeinde aus der RCH war. Sie war unter dem Gesichtspunkt der Schadensbegrenzung auch von der Aufsichtsbehörde in Betracht gezogen worden. Die Bereitschaft der Aufsichtsbehörde war jedoch an Bedingungen geknüpft, die zum damaligen Zeitpunkt nicht eingetreten waren. Es war der Gemeinde insbesondere noch nicht gelungen, sich aus der RCH zu lösen. Die Bereitschaft der Aufsichtsbehörde bezog sich zudem nicht auf kommunale Wohngrundstücke, sondern auf das gemeindeeigene Betriebsgrundstück der RCH. Dem Beamten war all dies bekannt. Er war in dieser Situation nicht frei, die Bestellung der Grundschuld als das "kleinere Übel" zum Schutz höherrrangiger Rechtsgüter in Kauf zu nehmen. Er war an die Vorgaben des Gesetzes und der Aufsichtsbehörde gebunden. Indem er zum wiederholten Male seine eigenen Vorstellungen durchsetzte, hat er zu erkennen gegeben, daß er die Rechtsordnung gering achtet. Dieses Fehlverständnis wird durch die Bedenkenlosigkeit bestätigt, mit der der Beamte seine Dienstgeschäfte mit den Interessen seiner Familienangehörigen verband.

Zu Unrecht beruft der Beamte sich auch auf mangelnde Erfahrung in haushaltsrechtlichen Angelegenheiten und falsche Beratung. Die Weisungen der Aufsichtsbehörde waren eindeutig. Es konnte für den Beamten keinen Zweifel geben, wie ein korrektes Verhalten aussehen mußte. Die teilweise zögerlichen Entscheidungsprozesse in der Aufsichtsbehörde mußte er darauf zurückführen, daß auch diese Behörde zugleich wirtschaftspolitische Belange zu bedenken hatte, die für den Erhalt der RCH sprechen konnten. Nachdem die Entscheidung aber aus Rechtsgründen gegen das Engagement der Gemeinde gefallen war, mußte der Beamte dies akzeptieren.

Es ändert an dem Dienstvergehen auch nichts, daß die Begründung der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der RCH aus einer Zeit datiert, zu der das - derzeitige - Beamtenverhältnis noch nicht begründet war. Mit der erneuten Ernennung gehörte es zu den Dienstpflichten des Beamten, die Weisungen der Aufsichtsbehörde zu beachten. Als entlastender Umstand kommt dem Beamten auch nicht zugute, daß er in Vollzug von Beschlüssen des Gemeinderats tätig wurde. Diese Beschlüsse waren für ihn nicht bindend, soweit sie gegen geltendes Recht und die Weisungen der Aufsichtsbehörde verstießen. Der Beamte hätte diesen Beschlüssen gem. § 62 Abs. 3 GO LSA widersprechen müssen. Es entlastet den Beamten schließlich nicht, daß das Darlehen zurückgeführt und die Eintragung der Grundschuld im Grundbuch berichtigt werden konnte. Beides geschah erst auf die massive Intervention der Aufsichtsbehörde hin.

Eine Disziplinarmaßnahme unterhalb der Gehaltskürzung würde bei dieser Sachlage dem Gewicht des Dienstvergehens nicht gerecht werden. Es bedarf angesichts der hartnäckigen Verweigerungshaltung des Beamten als Pflichtenmahnung einer Maßnahme mit statusminderndem Charakter. Eine Geldbuße ist für leichtere Dienstvergehen vorgesehen. Sie würde die Einstufungsfunktion der Disziplinarmaßnahme verfehlen.

Der Maßnahmeausspruch der Disziplinarkammer bedarf im Rechtsmittelverfahren gleichwohl der Korrektur. Die Disziplinarkammer konnte die Dauer der Gehaltskürzung nicht an den Zeitraum Januar 1998 bis Juni 2001 binden. Nach § 9 Abs. 3 Satz 2 DO LSA beginnt der Zeitraum für eine Gehaltskürzung mit der Unanfechtbarkeit der Maßnahme. Die Vorverlegung dieses Zeitpunkts findet im Gesetz keine Stütze. Die Disziplinarkammer kann die Dauer der Gehaltskürzung nur abstrakt bestimmen. Die konkrete Laufzeit kann sie im Hinblick auf den ungewissen Zeitpunkt der Rechtskraft nicht festlegen. Sie ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.

Der hiervon abweichende Maßnahmeausspruch der Disziplinarkammer ist rechtswidrig und aufzuheben. Dem Senat ist es andererseits im Hinblick auf das Verbot der reformatio in peius gem. § 25 DO LSA i. V. m. § 331 Abs. 1 StPO verwehrt, den Beginn der Gehaltskürzung mit der bisherigen Laufzeit von 42 Monaten auf den Eintritt der Rechtskraft zu verschieben. Die Laufzeit der Gehaltskürzung würde damit über den von der Disziplinarkammer bestimmten Zeitraum hinausreichen. Hierin läge ein unzulässiger Nachteil für den Beamten, der sich nur dadurch vermeiden läßt, daß die Dauer der Gehaltskürzung auf den verbleibenden Zeitraum ab Rechtskraft der Entscheidung, mithin auf 30 Monate reduziert wird.

Eine Änderung des Maßnahmeausspruchs zu Lasten des Beamten ist auch nicht mit Rücksicht auf den Antrag der Vertreterin der Einleitungsbehörde aus der Hauptverhandlung vor dem Senat möglich. Ihr Antrag, die Laufzeit der Maßnahme mit der bisherigen Dauer von 42 Monaten mit dem Eintritt der Rechtskraft beginnen zu lassen, stellt sich der Sache nach als Anschlußberufung dar. Dieses Rechtsmittel ist in der landesrechtlichen Regelung gem. § 67 DO LSA grundsätzlich vorgesehen. Die Anschließung muß jedoch spätestens bis zum Ende der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung erklärt werden. Dieser letztmögliche Zeitpunkt ist versäumt. Die Vertreterin der Einleitungsbehörde hat ihren Antrag erst im Rahmen ihres Schlußvortrags gestellt. Die Anschlußberufung ist deshalb zu verwerfen.

Hinsichtlich der Höhe der Gehaltskürzung haben sich in der Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Abweichung von der Entscheidung der Disziplinarkammer rechtfertigen. Der Beamte hat erklärt, daß er keine größeren laufenden Belastungen zu tragen hat und daß seine Ehefrau ebenfalls einer Berufstätigkeit nachgeht. Die Kürzung der Dienstbezüge um ein Fünftel bedeutet bei dieser Sachlage keine Einschränkung, die der Beamte nicht tragen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 101 Abs. 2, 102 Abs. 5 DO LSA.

Diese Entscheidung ist mit der Verkündung rechtskräftig, § 77 DO LSA.

Ende der Entscheidung

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