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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 13.02.2007
Aktenzeichen: 3 BS 86/06
Rechtsgebiete: Richtlinie 91/439 EWG, StVG, FeV, VwGO


Vorschriften:

Richtlinie 91/439 EWG Art. 1 Abs. 2
Richtlinie 91/439 EWG Art. 8 Abs. 2
Richtlinie 91/439 EWG Art. 8 Abs. 4
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 11 Abs. 8
FeV § 13 Nr. 2 c
FeV § 28 Abs. 1 S. 1
FeV § 46 Abs. 1 S. 1
VwGO § 80 Abs. 5
Zur Prüfung der Vereinbarkeit der Entziehung einer EU-Fahrerlaubnis mit Art. 1 Abs. 2 der EU-Führerscheinrichtlinie im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 3 BS 86/06

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Entzug der Fahrerlaubnis; Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Ullrich, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald und den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein

am 13. Februar 2007

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 6. März 2006 - 14 K 2740/05 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ergeben nicht, dass es das Verwaltungsgericht es zu Unrecht abgelehnt hat, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Entziehung der ihm - nach Ablauf der mit Urteil des Amtsgerichts Weißwasser vom 11.9.2000 verhängten Wiedererteilungssperre von 3 Jahren und 6 Monaten - am 8.6.2005 in Polen erteilten Fahrerlaubnis wiederherzustellen.

Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt, dass das öffentliche Vollziehungsinteresse das entgegenstehende Suspensivinteresse des Antragstellers überwiege, da die auf § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 3, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV gestützte Fahrerlaubnisentziehung offensichtlich rechtmäßig und ihre sofortige Vollziehbarkeit darüber hinaus zum Schutz vor einer nicht hinnehmbaren Gefährdung der höchstrangigen Rechtsgüter Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer geboten sei. Der Antragsgegner habe nach § 11 Abs. 8 FeV aus der Nichtvorlage des angeforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens auf die Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen dürfen. Er sei nach § 13 Nr. 2 c FeV zur Gutachtensanforderung verpflichtet gewesen, da der Antragsteller mehrfach unter Alkoholeinfluss, nämlich am 14.6.1995 mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,1 Promille, am 24.5.1999 mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,2 Promille und am 19.10.1999 mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,76 Promille, ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt habe. Zumindest die beiden letzten Delikte könnten dem Antragsteller nach § 29 Abs. 8 StVG zum jetzigen Zeitpunkt noch vorgehalten werden. Die Entziehung verstoße auch nicht gegen Gemeinschaftsrecht. Insbesondere basiere sie nicht auf einer Umkehrung des Verhältnisses des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von EU-Fahrerlaubnissen (Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439 EWG - im Folgenden: [Führerschein]Richtlinie) und der in Art. 8 Abs. 4 geregelten Ausnahmen, der der Europäische Gerichtshofs mit Urteil vom 29.4.2004 entgegengetreten sei. Der Antragsteller macht dagegen geltend, es sei der deutschen Behörde nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie verwehrt, Besitzer von EU-Führerscheinen zu einer medizinisch-psychologischen Untersuchung vorzuladen, wenn sämtliche Verstöße, auf die sich die Anforderung beziehe, mehrere Jahre vor der nach Ablauf einer Sperrfrist erfolgten Neuerteilung durch die Behörde eines anderen Mitgliedstaates begangen worden und zudem "verjährt" seien. Zur Begründung beruft er sich im Wesentlichen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 15.8.2005 (NJW 2005, 3228). Im Übrigen bestehe nur dann hinreichender Anlass für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, wenn sicher sei, dass das Sicherheitsrisiko durch das vorläufige Belassen der Fahrerlaubnis über dem liege, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Fahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden sei. Davon könne in seinem Fall nicht mehr ausgegangen werden.

Dieses Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, die Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses im Ergebnis in Frage zu stellen. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts hält der Senat die streitige Fahrerlaubnisentziehung zwar unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht nicht für offensichtlich rechtmäßig; in dieser Hinsicht und soweit der Antragsteller prüffähige Gründe im Sinne von § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO vorgebracht hat, erscheint sie aber auch nicht als offensichtlich rechtswidrig (1). Die bei offenen Erfolgsaussichten nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderliche Interessenabwägung fällt zuungunsten des Antragstellers aus (2). 1. Rechtsmaßstab für die Gemeinschaftskonformität der Fahrerlaubnisentziehung ist der in Art. 1 Abs. 2 verankerte Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der EU-Fahrerlaubnisse i.V.m. Art. 8 Abs. 2 und 4 der Führerscheinrichtlinie in der Auslegung, die diese Vorschriften durch die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 29.4.2004 (Fall Kapper, DAR 2004, 333) und vom 6.4.2006 (Fall Halbritter, DAR 2006, 375) erhalten haben. Obgleich der Ausgangsrechtsstreit in beiden Fällen kein verwaltungsrechtliches Entziehungsverfahren betraf, behandelt der Gerichtshof die in Art. 8 der Führerscheinrichtlinie dem Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes eingeräumte Befugnis, auf den Inhaber eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins seine innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung anzuwenden (Abs. 2), ebenso wie die Befugnis, es abzulehnen, die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, auf die in seinem Hoheitsgebiet einer der in Absatz 2 genannten Maßnahmen angewendet wurde (Abs. 4), als eng auszulegende Ausnahme von dem Anerkennungsgrundsatz des Art. 1 Abs. 2 (vgl. EuGH, Urt. v. 6.4.2006 - Halbritter - RdNr. 35). Unter RdNrn. 28 und 37 f. derselben Entscheidung heißt es:

"Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine, der den Schlussstein des mit der Richtlinie 91/439 eingeführten Systems darstellt, würde geradezu negiert, hielte man einen Mitgliedstaat für berechtigt, die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins unter Berufung auf seine nationalen Vorschriften unbegrenzt zu verweigern (Urteil Kapper Randnr. 77)

[...]

Beantragt somit der Inhaber eines gültigen Führerscheins, der nach Ablauf der Sperrfrist für den Erwerb einer neuen Fahrerlaubnis in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wurde, bei dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, die Umschreibung seines Führerscheins in einen nationalen Führerschein, nachdem die befristete Verbotsmaßnahme nicht mehr wirksam ist, so kann dieser Mitgliedstaat auch dann keine erneute Überprüfung der Fahreignung des Antragstellers verlangen, wenn die nationalen Rechtsvorschriften aufgrund von Umständen, die zum Entzug einer zuvor erworbenen Fahrerlaubnis geführt hatten, eine solche Prüfung vorschreiben, sofern diese Umstände vor der Ausstellung des neuen Führerscheins bestanden.

Da die beim Entzug seiner deutschen Fahrerlaubnis ausgesprochene Sperrfrist für den Erwerb einer neuen Fahrerlaubnis in Deutschland abgelaufen war, [...] kann die Bundesrepublik Deutschland ihre Befugnis nach Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/439, ihre innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis auf den Inhaber einer in Österreich ausgestellten Fahrerlaubnis, der seinen gewöhnlichen Wohnsitz in Deutschland genommen hat, anzuwenden, nur im Hinblick auf ein Verhalten des Betroffenen nach dem Erwerb der österreichischen Fahrerlaubnis ausüben."

Diese Entscheidungsgründe deutet der Senat dahin, dass der Gerichtshof den Ablauf einer Wiedererteilungssperrre als Grenze versteht, ab welcher die in Art. 8 Abs. 2 und 4 der Führerscheinrichtlinie normierten Ausnahmen von Art. 1 Abs. 2 es dem Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes nicht mehr erlauben, seine nationalen Eignungsüberprüfungs- und Entzugsvorschriften anzuwenden, wenn die Fahreignungszweifel ausschließlich auf vor der Erteilung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis aufgetretenen Umständen beruhen.

Ob das aber uneingeschränkt und selbst bei objektiven Anhaltspunkten für missbräuchliches und sicherheitsgefährdendes Verhalten im Sinne des sog. "Führerscheintourismus" gilt, lässt sich den Entscheidungen des Gerichtshofs nicht mit hinreichender Klarheit entnehmen. Diese Fälle sind dadurch gekennzeichnet, dass die Betroffenen die Fahrerlaubnis mit hoher Wahrscheinlichkeit entweder ohne oder nur deshalb mit Wohnsitznahme in einem anderen Mitgliedstaat erwerben, weil sie die in Deutschland nach früherem, meistens sogar mehrfachem Entzug geforderte medizinisch-psychologische Untersuchung entweder nicht bestanden haben oder diese von vorneherein in Ausnutzung des Umstandes umgehen wollen, dass ihre in Deutschland aufgefallenen alkohol- oder drogenbedingten Mängel im EU-Ausland nicht bekannt sind, so dass den darauf beruhenden Zweifeln an der Fahreignung dort nicht nachgegangen und durch die Neuerteilung der Fahrerlaubnis die Verkehrssicherheit gefährdet wird. Der mitgeteilte Sachverhalt im Fall Kapper bietet dafür nicht genügende Anhaltspunkte. Der Entscheidung Halbritter lag ein Fall zugrunde, in dem der Kläger nach dem Ablauf der Sperrfrist seinen Wohnsitz aus beruflichen Gründen nach Österreich verlegt und dort viereinhalb Jahre später, nachdem er sich einer medizinischen und einer psychologischen Begutachtung zum Nachweis der Fahreignung unterzogen hatte, einen österreichischen Führerschein erworben hatte. Es liegt auf der Hand, dass auch dieser Fall dem Gerichtshof keinen Anlass gab, zur Missbrauchsproblematik Stellung zu nehmen. Ob Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Art. 8 Abs. 2 und 4 der Führerscheinrichtlinie uneingeschränkte Geltung beanspruchen oder dahin ausgelegt werden können, dass eine Berufung auf sie wegen Rechtsmissbräuchlichkeit und Vorrangs der als Erwägungsgrund zu Art. 8 ausdrücklich hervorgehobenen Belange der Verkehrssicherheit ausscheidet, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung auch nach der Entscheidung Halbritter nach wie vor umstritten (vgl. für eingeschränkte Geltung: OVG NW, Beschl. v. 13.9.2006, Blutalkohol 43, 507; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 8.9.2006 - 1 S 122.05 - zitiert nach JURIS; OVG MV, Beschl. v. 29.8.2006, Blutalkohol 43, 501; NdsOVG, Beschl. v. 15.8.2006 - 12 ME 123/06 - zitiert nach JURIS; HessVGH, Beschl. v. 3.8.2006, NJW 2007, 102; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 21.7.2006, ZfSch 2006, 482; ThürOVG, Beschl. v. 29.6.2006, ThürVBl. 2006, 244; a.A.: OVG Hamburg, Besch. v. 22.11.2006 - 3 Bs 257/06 - zitiert nach JURIS; OVG Sachs.-Anh., Beschl. v. 13.7.2006 - 1 M 73/06 - zitiert nach JURIS; OVG Schl.-H., Beschl. v. 20.6.2006 - 4 MB 44/06; offen: OVG Bremen, Beschl. v. 16.10.2006 - 1 B 310/06 - zitiert nach JURIS; OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 11.9.2006, ZfSch 2006, 713: offen lassend, ob an der vom Antragsteller herangezogenen Entscheidung des OVG Rh.-Pf. v. 15.8.2005, DAR 2005, 3228 festgehalten wird). Das Bundesverwaltungsgericht hat sich - entgegen der Ansicht des Antragstellers - mit dieser Frage in seinem Urteil vom 17.11.2005 (DAR 2006, 404) nicht befassen müssen. Der dortigen Aussage, dass die Entscheidung Halbritter offen gelassen habe, welche Wirkungen die Entziehung oder Versagung einer inländischen Fahrerlaubnis durch eine Verwaltungsbehörde im Hinblick auf später erworbene EU-Fahrerlaubnisse hat, kann nicht entnommen werden, dass die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Art. 8 Abs. 2 und 4 der Führerscheinrichtlinie im Hinblick auf Sperrfristfälle keine Fragen mehr aufwerfe. Eine abschließende Klärung ist im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem der Senat zur Vorlage nach Art. 234 EG nicht verpflichtet ist, nicht möglich. Die Auslegungsfrage ist inzwischen Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens des Verwaltungsgerichts Chemnitz (Beschl. v. 17.7.2006, DAR 2006, 637) und muss bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs als offen angesehen werden.

Zur Beurteilung der Erfolgsaussichten kommt es auf die Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften an. Denn der Antragsteller erfüllt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit alle Merkmale eines missbräuchlichen Verhaltens. Ihm ist die Fahrerlaubnis bereits wiederholt wegen Trunkenheitsfahrten in Deutschland entzogen worden, wobei die festgestellten Blutalkoholkonzentrationen von 2,2 und 1,76 Promille auf eine extrem hohe Alkoholproblematik und -gewöhnung mit hoher Rückfallwahrscheinlichkeit schließen lassen. Noch vor Ablauf der Sperrfrist hatte der Antragsteller zunächst in Deutschland die Erteilung der Fahrerlaubnis der Klassen B, M und L beantragt, den Antrag dann aber, nachdem die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens verlangt und die Akten schon an die von ihm benannte Begutachtungsstelle gesandt worden waren, angeblich aus Kostengründen zurückgenommen. Derartige Gründe hinderten den Antragsteller nur sieben Monate später nicht daran, einen Wohnsitz in Polen anzumelden, augenscheinlich - da er ununterbrochen auch in Deutschland mit Wohnsitz gemeldet war und ein anderer beruflicher oder privater Zweck nicht einmal behauptet wurde - zu dem alleinigen Zweck des Führerscheinerwerbs ohne Abklärung der Eignungsmängel. Selbst auf den Vorhalt des Verwaltungsgerichts, dass ihm die polnische Fahrerlaubnis von der ausstellenden Behörde offenbar in Unkenntnis seiner Alkoholstraftaten erteilt worden sei, hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren weder Gegenteiliges dargelegt noch vorgetragen, dass er sich einer medizinisch-psychologischen Prüfung habe unterziehen müssen. Im Rahmen der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung sieht der Senat hierin ausreichende Anhaltspunkte für einen Missbrauchsverdacht. Es spricht daher Überwiegendes für die Annahme, dass der Antragsteller die Unkenntnis der polnischen Behörde ausgenutzt hat, um eine medizinisch-psychologische Untersuchung und eine Aufarbeitung seiner Alkoholproblematik zu umgehen.

Aus anderen Gründen ist die angefochtene Entziehungsverfügung nicht zu beanstanden. Soweit der Antragsteller mit der Beschwerdebegründung "auf den gesamten erstinstanzlichen Vortrag samt Glaubhaftmachungen" Bezug nimmt, genügt sein Vorbringen mangels jedweder Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Allenfalls prüffähig im Sinne von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist der Hinweis auf eine angebliche Verjährung. Die Rechtmäßigkeit der der Entziehung vorangegangenen Gutachtensanforderung lässt sich damit aber nicht in Zweifel ziehen. Denn die dem Antragsteller vom Verwaltungsgericht noch vorgehaltenen Trunkenheitsfahrten vom 24.5.1999 und 19.10.1999 unterlagen trotz der inzwischen verstrichenen Zeit keinem Verwertungsverbot, so dass aus ihnen die für die Gutachtensanforderung erforderlichen Eignungszweifel abgeleitet werden konnten. Für beide Taten beträgt die Tilgungsfrist nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 StVG in der ab 1.1.1999 geltenden Fassung zehn Jahre, da der Antragsteller jeweils wegen Straftaten nach § 316 StGB verurteilt worden war, die ebenso wie die jeweils zusätzlich ausgesprochene Anordnung einer Sperre nach § 69 Abs. 1 Satz 3 StGB nicht der fünfjährigen Tilgungsfrist nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 StVG unterfallen.

2. Im Rahmen der unabhängig von den Erfolgsaussichten vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse an der Wahrung der Verkehrssicherheit und damit verbunden am Schutz von Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) der Verkehrsteilnehmer das persönliche Interesse des Antragstellers. Zwar greift der sofortige Vollzug der Fahrerlaubnisentziehung in dessen private Lebensführung ein und belastet nach dessen Vortrag auch seine Familie in schwerwiegender Weise. Diese Folgen sind jedoch im überragenden Interesse der Allgemeinheit an der Unversehrtheit der auf dem Spiel stehenden höchstrangigen Rechtsgüter hinzunehmen, wenn es wie hier um die Abwehr von Gefahren geht, die aus der Teilnahme ungeeigneter Fahrzeugführer am Straßenverkehr erwachsen. Dabei fällt zulasten des Antragstellers insbesondere ins Gewicht, dass er es durch Vorlage des angeforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens selbst in der Hand gehabt hätte, alkoholbedingte Zweifel an seiner Kraftfahreignung auszuräumen. Darüber hinaus ist zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass er nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis ausweislich der im Beschwerdeverfahren vom Antragsgegner übersandten Anklageschrift vom 3.11.2006 (250 Js 16831/06) am 6.10.2006 erneut eine Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,38 Promille unternommen hat, was die aus seinem Verhalten resultierende Gefahr für die Verkehrssicherheit zusätzlich vor Augen führt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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