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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 31.08.2009
Aktenzeichen: 1 B 291/08
Rechtsgebiete: SächsVwVG, VwVfG


Vorschriften:

SächsVwVG § 2
SächsVwVG § 24
VwVfG § 44
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 1 B 291/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Kosten der Ersatzvornahme; Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann

am 31. August 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 4. August 2008 - 3 L 96/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 11.493,32 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Das Beschwerdevorbringen, an das der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - grundsätzlich gebunden ist, rechtfertigt keine andere Sichtweise.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gegen 5 Leistungsbescheide vom 28.1.2008, 30.1.2008, 5.2.2008, 19.2.2008 und 5.3.2008 zur Festsetzung von Kosten einer ihr Wohngebäude betreffenden Ersatzvornahme abgelehnt. Diese beruhten im Sinne von § 2 Nr. 2 SächsVwVG auf einer sofort vollziehbaren Grundverfügung in Gestalt einer Beseitigungsanordnung vom 20.9.2007, deren Rechtmäßigkeit hier grundsätzlich außer Betracht bleiben könne. Der Antragsgegner habe mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht die Kosten der Ersatzvornahme in Höhe der sich aus den Bescheiden ergebenden Teilbeträge gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 SächsVwVG auf insgesamt 45.973,26 € festgesetzt. Die festgesetzten Beträge seien in Vollziehung der mit dem Bescheid vom 20.9.2007 angedrohten Ersatzvornahme "Gebäudeabbruch" angefallen. Die bisherigen Gesamtkosten unterschritten noch die im Bescheid vom 20.9.2007 auf 50.000,- € bezifferten voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme. Dass der Abbruch der Gebäudehülle in den festgesetzten Kosten noch nicht enthalten sei, stehe der Rechtmäßigkeit der bisher festgesetzten Kosten nicht entgegen, da die Androhung nur die voraussichtlichen Kosten zum Gegenstand habe. Tatsächlich höhere Kosten wären in erster Linie dem von der Antragstellerin zu verantwortenden Zustand im Inneren des Gebäudes in Gestalt der Anhäufung von Gegenständen aller Art geschuldet. Daraus erkläre sich die Erhöhung des Sperrmüllvolumens im Verhältnis zum Angebot der beauftragten Fa. vom 26.11.2007, dessen Ausmaß sich offensichtlich erst im Zuge der Beräumung des Gebäudes ergeben habe. An der Höhe der Gesamtmenge von 306 m³ Sperrmüll hege das Gericht angesichts der vom Antragsgegner vorgelegten Fotodokumentation und den in der Verwaltungsakte enthaltenen Wiegescheinen keinen Zweifel. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin belegten die Verwaltungsvorgänge, dass lediglich die Fa. ein Angebot für den Auftrag abgegeben habe. Der Antragsgegner habe mit gleichlautenden Schreiben vom 14.11.2007 fünf Abbruchunternehmen um die Abgabe eines Angebots für den Abbruch des Gebäudes der Antragstellerin aufgefordert. Innerhalb der Angebotsfrist habe hierauf lediglich die Fa. mit einem Angebot reagiert. Auch die Rüge der Antragstellerin, insbesondere in die Ausschreibungsunterlagen keine hinreichende Akteneinsicht erhalten zu haben, führe zu keinem anderen Ergebnis. Sie habe in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Einsicht in die Verwaltungsakte über die Festsetzung der Kosten der Ersatzvornahme erhalten.

Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin rechtfertigt kein anderes Ergebnis.

In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass im isolierten Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die Festsetzung eines Zwangsgeldes die Rechtmäßigkeit der sofort vollziehbaren, nicht bestandskräftigen Grundverfügung nebst der Androhung des Zwangsgeldes grundsätzlich außer Betracht bleiben (Beschl. v. 23.1.1996 - 1 S 652/95; Beschl. v. 28.5.1998 - 1 S 149/98). Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass dieser Grundsatz auch im Fall der isolierten Anfechtung der durch Leistungsbescheid festgesetzten Kosten der Ersatzvornahme einschlägig ist. Voraussetzung für diese Festsetzung gemäß § 24 Abs. 3 SächsVwVG ist, dass die Verpflichtung zur Vornahme der Handlung im Sinne von § 24 Abs. 1 SächsVwVG nicht erfüllt wurde, die Anwendung dieses Zwangsmittels den Anforderungen des § 20 Abs. 1 und 3 SächsVwVG genügend angedroht wurde und dass der Vollstreckung gemäß § 2 SächsVwVG ein bestandskräftiger oder - wie hier - sofort vollziehbarer Grundverwaltungsakt zugrunde liegt. Soweit der materiell-rechtliche Regelungsbereich der sofort vollziehbaren Grundverfügung mit Androhung reicht, unterliegt der nachfolgende Festsetzungsakt grundsätzlich keiner weiteren Nachprüfung (SächsOVG, Beschl. v. 3.6.1997 - 1 S 741/96). Eine Ausnahme erfährt dieser Grundsatz nur, wenn der zu vollstreckende Grundverwaltungsakt im Sinne von § 44 VwVfG nichtig ist. Dann würde es an der Tatbestandswirkung dieses Verwaltungsaktes fehlen, der - wie sich aus § 43 VwVfG ergibt - bis zu seiner etwaigen Aufhebung wirksam und - ungeachtet seiner Rechtmäßigkeit - von seinem Adressaten zu beachten ist (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 28.5. 1998, a. a. O.) Von einer Nichtigkeit des Grundverwaltungsaktes kann hier schon deshalb keine Rede sein, weil der Senat die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Eilrechtsschutz zur Beseitigungsanordnung des Antragsgegners versagenden Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8.1.2008 zurückgewiesen hat (Beschl. v. 21.4.2008 - 1 B 22/08). Hierauf bezieht sich die von der Antragstellerin mit ihrer Beschwerde angegriffene Ausführung des Verwaltungsgerichts, dass die Beseitigungsanordnung nebst Androhung der Ersatzvornahme rechtmäßig sei. Damit unterstellt das Verwaltungsgericht entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht, dass eine rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache zu der Beseitigungsanordnung vorliege. Es gibt damit lediglich seiner Überzeugung Ausdruck, dass es an der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides keine Zweifel hat.

Im Übrigen ist gegenüber der Festsetzung der Kosten der Ersatzvornahme nur zu prüfen, ob diese tatsächlich auf der in Vollstreckung der Grundverfügung erfolgten Ersatzvornahme beruhen und von angemessener Höhe sind. Die Überprüfung der Angemessenheit der Kosten umfasst die Prüfung, ob die Leistungen im Rahmen der Ersatzvornahme tatsächlich erbracht und marktüblich abgerechnet wurden. Unter diesen Voraussetzungen dürfen die vertraglich berechtigten Kosten gegenüber dem Vollstreckungsschuldner abgerechnet werden. Kosten, welche die Behörde in ihrem zivilrechtlichen Verhältnis zu dem von ihr Beauftragten nicht zu übernehmen verpflichtet ist, kann sie deshalb nicht ungeprüft anerkennen und an den Kostenpflichtigen der Ersatzvornahme weiterreichen. Insoweit ist ihr Anspruch auf Erstattung der tatsächlich entstandenen Kosten der Ersatzvornahme (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.4.1984 - 4 C 31/82) beschränkt (SächsOVG, Beschl. v. 3.12.2008 - 1 A 57/08).

Hier hat sich der Antragsgegner unter dem 14.11.2007 an fünf Firmen mit der Bitte um Abgabe eines Kostenangebots bis zum 30.11.2007 zur Durchführung der Ersatzvornahme gewandt. Lediglich die Fa. gab auf diese Anfrage ein Angebot ab. Gegenüber diesem aktenkundigen und damit unzweifelhaften Vorgehen (Behördenheftung II, S. 30 ff.) - welches die Antragstellerin trotz ihrer mehrfachen Akteneinsicht weiterhin mit Nichtwissen bestreitet - legt sie mit ihrer Beschwerde keinen Rechtsfehler dar. Sie lässt zudem im Unklaren, was sie mit der Behauptung einer "notwendigen beschränkten Ausschreibung" darlegen möchte. Die Antragstellerin war im Übrigen an der Angebotseinholung und Auftragserteilung nicht zu beteiligten und musste zu dieser auch nicht angehört werden. Auf die akute Gefahrensituation und den vom Antragsgegner zu deren Abwehr favorisierten Gebäudeabriss wurde die Antragstellerin nochmals eindringlich mit Schreiben vom 14.11.2007 hingewiesen. Vollkommen überrascht - wie von ihr mit der Beschwerde behauptet - konnte sie von der Durchführung der Ersatzvornahme folglich nicht gewesen sein.

Welche Auswirkungen die ihr in diesem Stadium nach ihrem Vortrag vom Antragsgegner verwehrte Akteneinsicht auf die Festsetzung der Ersatzvornahmekosten gehabt haben könnte, lässt sich ihrem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Ungeachtet der sowohl vom Verwaltungsgericht als auch erneut vom Senat gewährten Akteneinsicht hat sie hierzu nichts Substanzielles vorgetragen, so dass eine Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Bescheide insoweit nicht ersichtlich ist. Ihr Einwand einer gerichtlichen Verpflichtung zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Vergabe des Auftrages und der abgerechneten Preise geht ins Leere, da beide Vorgänge aktenkundig sind und Einwände gegen die Angemessenheit der zu Grunde gelegten Einheitspreise nicht erhoben wurden.

Soweit die Antragstellerin rügt, dass mit dem beauftragten Unternehmen keine Pauschalpreise vereinbart wurden, lässt ihr Vortrag nicht erkennen, aus welchem Rechtsgrund die Vereinbarung von Einheitspreises fehlerhaft gewesen sein sollte. Hinsichtlich der sich in mehreren Nachträgen manifestierenden und höher als geschätzt angefallenen Sperrmüllmengen weist der Antragsgegner nachvollziehbar darauf hin, dass aufgrund der Vermüllung des Gebäudes nicht sämtliche Räume erreichbar waren und folglich in die Schätzung nicht mit einbezogen werden konnten. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb es fehlerhaft gewesen sein könnte, die Kosten für die Entsorgung der tatsächlich aufgefundenen Sperrmüllmenge festzusetzen. Die geltend gemachten Mengen sind ihrerseits durch in den Akten befindliche Wiegescheine belegt. Mit diesen bereits vom Verwaltungsgericht angeführten Argumenten setzt sich die Antragstellerin in ihrem Beschwerdevorbringen nicht auseinander, so dass sie dessen Entscheidung auch insoweit nicht in Frage stellen kann.

Letztlich ist es für die Rechtmäßigkeit der festgesetzten Ersatzvornahmekosten ohne Belang, ob sich der Geschäftsführer des vom Antragsgegner beauftragten Unternehmens als Eigentümer der zu beräumenden Gegenstände geriert hat, so dass schon deshalb die beantragte Beiziehung der hierzu benannten Strafakte der Staatsanwaltschaft nicht veranlasst war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Bei der Streitwertfestsetzung gemäß § 47 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes - GKG - folgt der Senat der Festsetzung des Verwaltungsgerichts.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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