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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 27.04.2009
Aktenzeichen: 2 D 7/09
Rechtsgebiete: GVG


Vorschriften:

GVG § 17a Abs. 2 S. 2
GVG § 17a Abs. 2 S. 1
GVG § 17b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 2 D 7/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Amtshaftung; Prozesskostenhilfe

hier: Beschwerde gegen die Nichtbewilligung

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Hahn

am 27. April 2009

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 14. November 2008 - 2 K 1604/08 - geändert.

Der Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird an das zuständige Landgericht Hof, Berliner Platz 1, 95030 Hof verwiesen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden, mit dem dieses seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat, hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Antrag an das sachlich und örtlich zuständige Landgericht Hof verwiesen wird.

Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage auf Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland zur Zahlung von Schadenersatz wegen amtspflichtwidriger Schädigung des Antragstellers durch Beamte des damaligen Bundesgrenzschutzes anlässlich seiner im Jahr 1962 von Hof/Freistaat Bayern aus erfolgten "Abschiebung/Rückführung in die DDR". Ferner hat der Antragsteller in dem seinem beim Verwaltungsgericht Dresden eingereichten Prozesskostenhilfegesuch beigefügten Klageentwurf die Verweisung des Verfahrens an das zuständige Gericht für den Fall beantragt, dass das Verwaltungsgericht sachlich und örtlich nicht zuständig ist. Diesem Antrag hat das Verwaltungsgericht zu Unrecht nicht entsprochen.

Für die beabsichtigte Klage ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der ordentliche Rechtsweg gegeben. Der Antragsteller macht Schadensersatzansprüche aus einer Amtspflichtverletzung geltend. Amtshaftungsansprüche fallen nach Art. 34 Satz 3 GG mit § 839 BGB und § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG in die ausschließliche Zuständigkeit der Zivilgerichte. Daher hat über den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers nicht das Verwaltungsgericht Dresden, sondern das sachlich (vgl. § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG) und örtlich (vgl. § 32 ZPO i. V. m. § 839 BGB, Art. 34 GG) zuständige Land-gericht Hof zu entscheiden.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts führt die Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs für die vom Antragsteller beabsichtigte Klage nicht zur Ablehnung seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Dieser ist vielmehr gemäß § 173 Satz 1 VwGO in entsprechender Anwendung von § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs, mithin das Landgericht Hof, zu verweisen.

§§ 17a und b GVG finden auch im Verfahren über einen vorab gestellten Prozesskostenhilfeantrag Anwendung (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 5.2.1998, VIZ 1998, 702, 703; OLG Dresden, Beschl. v. 29.10.2002 - 11 B 1337/02 -, juris; VGH BW, Beschl. v. 6.8.1991, NJW 1992, 707, 708; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 41 Rn. 4; Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 17 GVG Rn. 12, 13; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl., Anhang zu § 41 Rn. 5a, § 166 Rn. 5). Insoweit schließ sich der Senat der Rechtsprechung des 1. Senats des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts im Beschluss vom 5.2.1998 an. Im Prozesskostenhilfeverfahren - sei es isoliert oder nicht - gilt wie in allen gerichtlichen Verfahren, dass vor einer Entscheidung über die Begründetheit des Prozesskostenhilfegesuchs die Rechtswegfrage geklärt werden muss. Die Zulässigkeit des Rechtswegs ist in jedem gerichtlichen Verfahren Prozessvoraussetzung, der sonstigen Prozessvoraussetzungen gegenüber auch ein größeres Gewicht zukommt. Das angegangene erstinstanzliche Gericht hat den Rechtsweg daher stets vorrangig von Amts wegen zu prüfen und gegebenenfalls hierüber zu entscheiden (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 4. Aufl., § 17 Rn. 7, 16). Im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren gilt nichts anderes, weshalb über die Zulässigkeit des Rechtswegs auch in diesem Verfahren vorab und nicht erst im Rahmen der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung nach § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO zu entscheiden ist (a. A. MünchKomm/Zimmermann, ZPO, 3. Aufl., § 17 GVG Rn. 3).

Zwar kommt der Entscheidung über den Rechtsweg und der Verweisung des isolierten Prozesskostenhilfeantrags Bindungswirkung im Sinn von § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG nur für dieses Verfahren zu. Eine verbindliche Klärung der Rechtswegfrage auch für das vom Antragssteller beabsichtigte Klageverfahren ist mit der vorliegend ausgesprochenen Verweisung nicht verbunden. Selbst eine höchstrichterliche Klärung der Rechtswegfrage im Prozesskostenhilfeverfahren entfaltet keine Verbindlichkeit für das Verfahren in der Hauptsache. Eine Entscheidung nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG setzt eine rechtshängige Klage voraus. Hieran fehlt es, weil der Antragsteller die Erhebung der Klage der Sache nach von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht hat. Ein vor Rechtshängigkeit ergehender Verweisungsbeschluss bindet das Gericht, an das das Prozesskostenhilfeverfahren verwiesen worden ist, daher nicht (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 18.10.1993, NJW 1994, 1020; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 4.4.1995, VBlBW 1995, 313, 314; NdsOVG, Beschl. v. 7.2.2000 - 11 O 281/00 -, Beschl. v. 12.12.2008 - 8 PA 105/08 - beide juris; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14.8.2007, MDR 2007, 1390, 1391 jeweils m. w. N. zur Rspr.; Lückemann, in: Zöller, ZPO, 27. Aufl., vor §§ 17 - 17b GVG Rn. 12; Baumbach/Lauterbach/Halbers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 17a GVG Rn. 5).

Auch wenn der im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren ergangenen Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs keine erweiterte Bindungswirkung zukommt, erscheint diese gleichwohl sinnvoll und notwendig. Eine Verweisung des isolierten Prozesskostenhilfeverfahrens nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG klärt jedenfalls verbindlich, in welchem Gerichtszweig über das Prozesskostenhilfegesuch zu entscheiden ist. Auf diese Weise wird eine bindende Entscheidung darüber herbeigeführt, welche Gerichtsbarkeit über das Prozesskostenhilfegesuch zu entscheiden hat. Denn das Gericht, an das der Rechtsstreit im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren verwiesen worden ist, darf Prozesskostenhilfe nicht mit der Begründung versagen, der Rechtsweg sei nicht eröffnet. Die Verweisung schließt daher einen negativen Kompetenzkonflikt jedenfalls für das Prozesskostenhilfeverfahren aus. Auf diese Weise läuft der Antragsteller nicht Gefahr, rechtsschutzlos zu bleiben (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 5.2.1998 a. a. O.).

Nach alledem ist der Verwaltungsrechtsweg unzulässig und der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe an das zuständige Landgericht Hof zu verweisen. Einer vorherigen Anhörung der Beteiligten hierzu bedurfte es nicht, nachdem bereits das Verwaltungsgericht auf die Möglichkeit einer Verweisung hingewiesen hat.

Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich. Gerichtskosten fallen nicht an (vgl. Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG, KV 5502) und außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG findet im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren keine Anwendung. Vielmehr verbleibt es bei dem Grundsatz, dass in Prozesskostenhilfeverfahren eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht nicht stattfindet. Angesichts der fehlenden Bindungswirkung der vorliegend ausgesprochenen Verweisung auch für das Hauptsacheverfahren ist eine endgültige Klärung der Rechtswegfrage durch das Bundesverwaltungsgericht auch nicht geboten (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 5.2.1998 a. a. O.).

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