Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 13.02.2009
Aktenzeichen: 2 E 101/08
Rechtsgebiete: VwGO, VV


Vorschriften:

VwGO § 162 Abs. 2 S. 1
VV Nr. 102
Die Kosten eines auswärtigen Rechtsanwaltes sind dann zu erstatten, wenn der Verfahrensbeteiligte gute Gründe dafür hat, den auswärtigen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu betrauen (wie OVG M-V, Beschl. v. 10.1.1995 - 3 O 89/94 -).

Eine Erledigungsgebühr fällt dann an, wenn die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass es zu einer streitigen Erledigung des Rechtsstreits gekommen wäre (wie BayVGH, Beschl. v. 19.1.2007 - 24 C 06.2426 -).


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

Beschluss

Az.: 2 E 101/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Schulfinanzierung 1.8.1997 - 31.7.1998

hier: Beschwerde gegen Erinnerungsbeschluss

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke am 13. Februar 2009 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers werden die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 29. Oktober 2008 und vom 23. Juli 2007 - 4 K 1673/01 - geändert.

Die von dem Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten werden auf insgesamt 8.769,02 € (davon entfallen 3.890,58 € auf die erste Instanz) nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB seit dem 8.3.2007 festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde hat teilweise Erfolg.

1. Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung der Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwaltes.

Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind die Auslagen eines Rechtsanwaltes stets erstattungsfähig. Eine § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO entsprechende Bestimmung enthält die Verwaltungsgerichtsordnung nicht. § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestimmt, dass Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwaltes nur bei Notwendigkeit der Hinzuziehung zu erstatten sind. Die Vorschrift der Zivilprozessordnung ist auch nicht gem. § 173 VwGO entsprechend anwendbar. Denn die Verwaltungsgerichtsordnung enthält zur Erstattung von Auslagen eines Rechtsanwaltes eine eigene abschließende Regelung (vgl. OVG M-V, Beschl. v. 10.1.1995 - 3 O 89/94 - juris). Die Grenze der Erstattungsfähigkeit ergibt sich danach nur aus dem Grundsatz, im Rahmen des Verständigen die Kosten der Prozessführung nach Möglichkeit niedrig zu halten. Diese Grenze ist überschritten, wenn der jeweilige Verfahrensbeteiligte keine guten Gründe dafür hat, den konkreten auswärtigen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu betrauen (vgl. OVG M-V a. a. O.).

So liegt es hier aber nicht. Vielmehr bestand zwischen dem Prozessbevollmächtigten und den Vertretern des Klägers aufgrund der Vertretung in vielen anderen Verfahren ein besonderes Vertrauensverhältnis. Dies allein rechtfertigt die Erstattung der Kosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 162 Rn. 11 m. w. N.). Darüber hinaus spricht auch viel dafür, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers über besondere Fachkenntnisse verfügt, die kein in Leipzig ansässiger Anwalt im gleichen Maße hat.

Somit sind zu den erstattungsfähigen Kosten die Fahrtkosten von 16,84 € und das Abwesenheitsgeld von 10,23 € nebst jeweils 16 % Mehrwertsteuer hinzuzurechnen.

2. Im Übrigen bleibt die Beschwerde aber ohne Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der beantragten 1,3-Erledigungsgebühr.

Voraussetzung für das Entstehen einer Erledigungsgebühr ist nach Nummer 1002 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG, dass sich der angefochtene Verwaltungsakt durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Durch diese Formulierung bringt die Vorschrift noch deutlicher als die Vorgängervorschrift in § 24 BRAGO zum Ausdruck, dass es für das Entstehen der Erledigungsgebühr einer gerade für die Erledigung auf sonstige Weise ursächlichen anwaltlichen Mitwirkung bedarf (SächsOVG, Beschl. v. 22.6.2007, SächsVBl. 2007, 239). Eine ursächliche anwaltliche Mitwirkung liegt dann vor, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwaltes nicht hin-weggedacht werden kann, ohne dass es zu einer streitigen Erledigung des Rechtsstreits gekommen wäre (BayVGH, Beschl. v. 19.1.2007 - 24 C 06.2426 - juris).

Hier spricht indes alles dafür, dass die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Kläger hin-weggedacht werden kann und es gleichwohl nicht zu einer streitigen Erledigung des Rechtsstreites die Personalkosten betreffend gekommen wäre. Die Bewilligung der streitigen Personalkosten mit Bescheid vom 24.8.2006 erfolgte nach einer Anfrage des Berichterstatters vom 9.8.2006, in der dieser auf die Rechtsprechung des Senates in dessen Urteilen vom 24.1.2005 und vom 27.6.2006 hingewiesen hatte. Bereits die zeitliche Abfolge spricht dafür, dass der Hinweis des Berichterstatters auf die ergangene Rechtsprechung maßgeblich für die Abhilfe des Beklagten war.

Zwar hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers bereits zuvor - im März und April 2006 - mit Vertretern des Beklagten über eine Einigung bezüglich der Personalkosten verhandelt. Er hat somit eine auf eine unstreitige Erledigung des Rechtsstreites hin abzielende Tätigkeit entfaltet. Diese war aber für die unstreitige Erledigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht kausal. So nehmen die bewilligenden Bescheide ausdrücklich auf die inzwischen ergangene Senatsrechtsprechung Bezug. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Beklagte auch ohne die im März und April stattgefundenen Vergleichsverhandlungen nach dem Hinweis des Berichterstatters dem Begehren des Klägers in Bezug auf die Personalkosten stattgegeben hätte.

Zwar mag - wie vom Kläger vorgetragen - eine tatsächliche Vermutung für die Ursächlichkeit des Handelns des Rechtsanwaltes für die unstreitige Erledigung sprechen, wenn der Prozess-bevollmächtigte in Richtung der Aufhebung oder Änderung des Verwaltungsaktes tätig geworden ist und die Verwaltungsbehörde daraufhin den Verwaltungsakt aufhebt oder abändert (so: von Eicken, in: Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., VV 1002 Rn. 21). Die derartige Vermutung ist aber dann erschüttert, wenn der Sachverhalt einen Anhalt dafür gibt, dass die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten für die abändernde Entscheidung nicht ursächlich war. So ist es aber hier.

Die Gerichtsgebührenfreiheit und die Nichterstattung von Kosten folgt aus § 66 Abs. 8 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).



Ende der Entscheidung

Zurück