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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 15.05.2008
Aktenzeichen: 3 BS 411/07
Rechtsgebiete: StVG, FeV
Vorschriften:
StVG § 3 Abs. 1 S. 1 | |
FeV § 11 Abs. 1 S. 4 | |
FeV § 46 Abs. 1 S. 1 | |
FeV § 48 Abs. 4 Nr. 2 |
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss
Az.: 3 BS 411/07
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Entziehung der Fahrerlaubnis; Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
hier: Beschwerde
hat der 3. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Ullrich, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald und den Richter am Sozialgericht Tischer
am 15. Mai 2008
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 26. Oktober 2007 - 2 K 1297/07 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung im angefochtenen Beschluss für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 5.10.2007 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 12.9.2007 wiederherzustellen, womit dem Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis der Klassen D, DE, D1 und D1E entzogen und er aufgefordert wird, seinen Führerschein bis zum dritten Werktag nach Zustellung des Bescheides abzugeben. Soweit die Pflicht zur Abgabe des Führerscheins in diesem Bescheid außerdem zwangsgeldbedroht ist, hat sich diese Verfügung durch die Abgabe des Führerscheins am 24.9.2007 erledigt und ist nicht mehr Streitgegenstand, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat.
Die vom Antragsteller mit der Beschwerde gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO beschränkt ist, sind nicht geeignet, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen. Denn daraus ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist und unter Berücksichtigung dessen im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO das private Interesse des Antragstellers, den Vollzug dieses Bescheides auszusetzen, das öffentliche Interesse der Antragsgegnerin überwiegt, den Bescheid sofort zu vollziehen.
Es ist nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV die Fahrerlaubnis der Klassen D, DE, D1 und D1E wegen mangelnder Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen dieser Klassen entzogen hat. Denn der Antragsteller bietet bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht die Gewähr dafür, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht wird. Dies ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV Eignungsvoraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen D/D1 und somit gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 FeV auch der Klassen DE/D1E.
Auf die vom Verwaltungsgericht herangezogene Vorschrift des § 48 Abs. 4 Nr. 2 FeV kommt es hingegen nicht an. Der Antragsteller ist nach Aktenlage nicht im Besitz einer gesonderten Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung im Sinne von § 2 Abs. 3 StVG i. V. m. § 48 Abs. 1 FeV, sondern einer eigenständigen Fahrerlaubnis der Klassen D, DE, D1 und D1E, welche bereits die Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit den davon erfassten Fahrzeugen (Kraftfahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Führersitz und Anhängern mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 750 kg) sowie gemäß § 48 Abs. 2 Nr. 4 FeV auch die Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit Personenkraftwagen im Linienverkehr oder bei gewerbsmäßigen Ausflugsfahrten oder Ferienziel-Reisen einschließt (vgl. auch BR-Drs. 443/98, S. 240 und 295/296 sowie BR-Drs. 497/02, S. 73). Dementsprechend wird dem Antragsteller mit Bescheid vom 12.9.2007 keine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung im Sinne des § 48 Abs. 1 FeV entzogen, sondern die Fahrerlaubnis der Klassen D, DE, D1 und D1E. Für diese Klassen ist allerdings gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV - inhaltlich identisch zu § 48 Abs. 4 Nr. 2 FeV - Eignungsvoraussetzung, dass der Inhaber die Gewähr dafür bietet, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht wird. Dies hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint, so dass die Beschwerde im Ergebnis keinen Erfolg hat.
Wie der Senat bereits entschieden hat, bietet ein Fahrzeugführer dann nicht die Gewähr dafür, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht wird, wenn nach umfassender Würdigung seiner Gesamtpersönlichkeit anhand aller Umstände des Einzelfalles (insbesondere auch von Verstößen nichtverkehrsrechtlicher Art) ernsthaft zu befürchten ist, dass er die besonderen Sorgfaltspflichten, die ihm bei der Beförderung von Fahrgästen obliegen, zukünftig missachten wird. Hingegen ist nicht erforderlich, dass keinerlei vernünftige Zweifel an seiner Unzuverlässigkeit bestehen, weil gerade im gewerblichen Personenbeförderungsverkehr die Fahrgäste in besonderem Maße dem Führer des Fahrzeugs ausgeliefert sind und darauf vertrauen müssen, dass seine persönliche Zuverlässigkeit keinerlei Zweifeln begegnet (Senatsbeschl. v. 5.11.2007 - 3 BS 232/06 -; mit Verweis auf BVerwG, Beschl. v. 19.3.1986, NJW 1986, 2779 sowie BayVGH, Urt. v. 15.7.1991, NZV 1991, 486 f.; vgl. auch OVG Saarland, Beschl. v. 22.6.2004, ZfSch 2004, 539 f.).
Bei Würdigung aller Umstände des Falles ist danach ernsthaft zu befürchten, dass der Antragsteller auch zukünftig die besonderen Sorgfaltspflichten, die ihm bei der Beförderung von Fahrgästen obliegen, missachten wird. Denn er hat - wie vom Verwaltungsgericht im Einzelnen aufgeführt - in der Zeit vom 21.9.2004 bis 15.4.2007, als er bei seinem letzten Arbeitgeber als Busfahrer beschäftigt war (das Arbeitsverhältnis dauerte von März 2004 bis Oktober 2007), jeweils mit seinem Kraftomnibus neun Geschwindigkeitsverstöße, einen Rotlichtverstoß und einen Verstoß gegen ein Überholverbot begangen. Gegen ihn wurden deshalb neben entsprechenden Bußgeldern zwei Fahrverbote von jeweils einem Monat (vollzogen jeweils zum Jahreswechsel 2005/2006 und 2006/2007) verhängt und im Verkehrszentralregister insgesamt 17 Punkte eingetragen, die allerdings zwischenzeitlich um zwei Punkte reduziert wurden, weil der Antragsteller im September 2005 nach Mitteilung der damals eingetragenen acht Punkte und einer entsprechenden Verwarnung an einem Aufbauseminar teilgenommen hat.
Dass der Antragsteller diese Verstöße stets als Fahrer eines Kraftomnibusses begangen hat, weil er als Busfahrer bei seinem damaligen Arbeitgeber unerträglichem Stress und Zeitdruck ausgesetzt gewesen sei, dem er nicht habe standgehalten können, wie er glaubhaft vorträgt, entlastet ihn nicht, sondern ist wesentlich für die Annahme, dass ihm die erforderliche Zuverlässigkeit für die Fahrgastbeförderung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV fehlt. Daran ändert nichts, dass er bis dahin bei anderen Arbeitgebern - offenbar ohne derartigen Drucksituationen ausgesetzt gewesen zu sein - als Busfahrer beanstandungsfrei Fahrgäste befördert hat, auch sonst weder innerhalb noch außerhalb des Straßenverkehrs straf- oder ordnungsrechtlich in Erscheinung getreten und stets unfallfrei geblieben ist. Denn indem er selbst einräumt, dem arbeitgeberseitig ausgeübten Termindruck nachgegeben und hierauf mit Verkehrsverstößen reagiert zu haben, um die vorgegebenen Termine halten zu können, hat er gezeigt, dass er sich gegenüber den von ihm beförderten Fahrgästen in Belastungssituationen nicht mehr verantwortungsvoll verhält und die Fahrgäste dadurch in Gefahr bringt, um auf diese Weise eigene berufliche Nachteile zu vermeiden.
Dies kann zum Schutz der Fahrgäste und der Allgemeinheit nicht hingenommen werden und lässt ernsthaft befürchten, dass der Antragsteller in Zukunft als Busfahrer auch bei anderen Arbeitgebern, bei denen er ebenfalls derartigem Stress und Termindruck ausgesetzt sein könnte, in gleicher Weise reagiert und dadurch Leben, Gesundheit und Eigentum seiner Fahrgäste gefährdet, anstatt dem Druck des Arbeitgebers - gegebenenfalls mit rechtlichen Mitteln - zu begegnen, um seine Fahrgäste nicht zu gefährden. Denn wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, vermochten selbst die verhängten Bußgelder, die Verwarnung und das daraufhin absolvierte Aufbauseminar sowie das anschließende zweimalige Fahrverbot von einem Monat den Antragsteller nicht zu einem anderen Verhalten zu bewegen. Vor diesem Hintergrund erscheint insbesondere auch die Anordnung des Sofortvollzugs der Fahrerlaubnisentziehung gerechtfertigt, weil aufgrund dessen bezweifelt werden muss, dass der Antragsteller das in der Hauptsache schwebende Entziehungsverfahren zum Anlass nimmt, sein Verhalten zu ändern, falls er bis dahin bei einem neuen Arbeitgeber wieder in vergleichbare Drucksituationen gerät.
Auf die - entgegen der Ansicht des Antragstellers vom Verwaltungsgericht zutreffend festgestellte - Tatsache, dass er die Verkehrsverstöße überwiegend zu verkehrsreichen Zeiten und nur dreimal zur Nachtzeit begangen hat, kommt es angesichts dessen bei der Beurteilung seiner Zuverlässigkeit zur Fahrgastbeförderung nicht mehr an.
Der Annahme, dass dem Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit für die Beförderung von Fahrgästen fehlt, steht auch das psychologische Gutachten vom 17.12.2003 nicht entgegen, mit dem er anlässlich der damals anstehenden Verlängerung seiner Fahrerlaubnis für die Klassen D, DE, D1 und D1E gemäß § 11 Abs. 9 FeV i. V. m. Anlage 5 Nr. 2 zur FeV nachgewiesen hat, dass er die für eine solche Fahrerlaubnis geltenden besonderen Anforderungen an die Belastbarkeit und Reaktionsfähigkeit sowie an die Orientierungs-, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung zum damaligen Zeitpunkt erfüllt hat. Denn zum einen stützt sich die aktuelle Annahme seiner Unzuverlässigkeit auf erst später eingetretene Umstände. Zum anderen sind diese besonderen Anforderungen nicht gleichbedeutend mit der in § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV verlangten Zuverlässigkeit des Fahrzeugführers, die als persönliche, die Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen kennzeichnende Charaktereigenschaft nur aufgrund einer Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Fahrzeugführers beurteilt werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.3.1986, NJW 1986, 2779). Sie tritt daher als weitere Eignungsvoraussetzung selbstständig neben die - zusätzlich notwendigen - besonderen psychischen Anforderungen gemäß § 11 Abs. 9 FeV i. V. m. Anlage 5 Nr. 2 zur FeV.
Gleiches gilt für die vom Antragsteller inzwischen vom 25.10.2007 bis 8.11.2007 freiwillig absolvierte und nachgewiesene verkehrspsychologische Beratung. Zwar hat der verkehrspsychologische Berater als Besonderheit eine überdurchschnittliche psycho-physische Leistungsfähigkeit für die im Besitz des Antragstellers befindlichen Fahrerlaubnisklassen bescheinigt, was dafür sprechen könnte, dass der Antragsteller die besonderen Anforderungen gemäß § 11 Abs. 9 FeV i. V. m. Anlage 5 Nr. 2 zur FeV auch aktuell weiterhin erfüllt. Jedoch hat der verkehrspsychologische Berater die Annahme der Unzuverlässigkeit des Antragstellers dadurch bestätigt, dass er als Ursache für die Verkehrsverstöße eine unrealistische Planung, Organisation und Durchführung der Busfahrten, eine unrealistische Risikobewertung bzw. Gefahrenverkennung sowie einen unangemessenen Umgang mit Belastungs-, Druck- und Stresssituationen herausgearbeitet und - entsprechend den gesetzlichen Vorgaben in § 4 Abs. 9 StVG und § 38 FeV - lediglich Lösungsformen angeboten sowie Empfehlungen zur Problembewältigung gegeben hat. Dass der Antragsteller diese Empfehlungen bereits umgesetzt und seine Einstellung grundlegend geändert hat, konnte in der verkehrspsychologischen Beratung hingegen schon deshalb nicht feststellt werden, weil diese nach ihrer gesetzlichen Konzeption darauf nicht ausgerichtet ist, wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 9 StVG und des § 38 FeV ergibt (vgl. auch BR-Drs. 821/96 S. 73). Der verkehrspsychologische Berater hat dementsprechend nur weitere verkehrspsychologische Maßnahmen angeraten, was außerdem dafür spricht, dass die Gründe, die zu den häufigen Verkehrsverstößen des Antragstellers als Busfahrer und zur Annahme seiner Unzuverlässigkeit bei der Beförderung von Fahrgästen führten, bisher nicht beseitigt wurden.
Dies zeigt im Übrigen, dass eine verkehrspsychologische Beratung entgegen dem Vorbringen des Antragstellers auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit kein geeignetes Mittel ist, um die Entziehung der Fahrerlaubnis der Klassen D, DE, D1 und D1E bei festgestellter Unzuverlässigkeit des Fahrzeugführers im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV zu vermeiden. Denn mit ihr können - abhängig von den Umständen, welche die Unzuverlässigkeit im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV begründen - allenfalls Ursachen und Lösungsmöglichkeiten für die festgestellten charakterlichen Defizite erarbeitet, diese aber nicht beseitigt werden. Erst wenn dies - etwa durch die angeratenen weiteren verkehrspsychologischen Maßnahmen - vorliegend geschehen und der Fahrerlaubnisbehörde die Zuverlässigkeit im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV nachgewiesen wurde, ist deshalb eine Wiedererteilung der Fahrerlaubnis für die Klassen D, DE, D1 und D1E an den Antragsteller möglich, so dass ihm die Fahrerlaubnis für diese Klassen - wie durch die Antragsgegnerin geschehen - mangels der erforderlichen Zuverlässigkeit zunächst zu entziehen ist.
Der Senat folgt schließlich nicht der in der Rechtsprechung teilweise vertretenen Ansicht, das zusätzliche Kriterium der Zuverlässigkeit bei der Beförderung von Fahrgästen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV (bzw. gemäß § 48 Abs. 4 Nr. 2 FeV) schütze die beförderten Fahrgäste nicht vor Unfällen und deshalb auch nicht in ihrem Vertrauen darauf, dass der Fahrzeugführer bei ihrer Beförderung zur Vermeidung von Unfällen die Verkehrsvorschriften besonders gewissenhaft beachtet. Dies wird damit begründet, dass die Rechtsgüter der Fahrgäste nicht schutzwürdiger seien als die Rechtsgüter der anderen Verkehrsteilnehmer, so dass dem Schutz der Fahrgäste und der anderen Verkehrsteilnehmer vor Unfällen gleichermaßen durch das in § 11 Abs. 1 Satz 3 FeV konkretisierte Erfordernis der charakterlichen Eignung zur Einhaltung der Verkehrsvorschriften sowie durch den Maßnahmenkatalog im Rahmen des Punktsystems nach § 4 StVG ausreichend Rechnung getragen werde (BayVGH, Beschl. v. 2.4.2003 - 11 CS 02.2514 -, zitiert nach Juris; OVG NRW, Beschl. v. 2.6.1992, NWVBl. 1993, 57 ff.).
Diese Ansicht verengt den Schutzbereich des § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV und des § 48 Abs. 4 Nr. 2 FeV unzulässigerweise auf eine besondere Verantwortung des Fahrzeugführers bei seinem Verhalten gegenüber den beförderten Fahrgästen. Sie lässt insbesondere unberücksichtigt, dass einem Führer von Fahrzeugen der Klassen D, DE, D1 und D1E und solchen im Sinne des § 48 Abs. 1 FeV bei der - regelmäßig gewerblichen - Beförderung von Fahrgästen auch deshalb eine besondere Verantwortung obliegt, weil er im Unterschied zu den übrigen Fahrzeugführern Fahrgäste in großer Zahl befördert, so dass bei Verstößen oder Unachtsamkeiten solcher Fahrzeugführer im Straßenverkehr über die anderen Verkehrsteilnehmer hinaus regelmäßig zugleich auch Fahrgäste in großer Zahl und damit typischerweise Rechtsgüter in größerem Umfang als sonst gefährdet werden. Zwar sind alle Fahrzeugführer gleichermaßen verpflichtet, die Verkehrsvorschriften einzuhalten. Jedoch obliegt den Fahrzeugführern bei der Fahrgastbeförderung mit Fahrzeugen der Klassen D, DE, D1 und D1E oder solchen im Sinne des § 48 Abs. 1 FeV aufgrund dessen eine größere und damit besondere Verantwortung, die sie innerhalb des Rahmens, den die Verkehrsvorschriften vorgeben, angesichts der Vielfältigkeit möglicher Gefahrensituationen im Straßenverkehr zu noch größerer Umsicht, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit bei der Teilnahme am Straßenverkehr verpflichtet. Auch dies und nicht nur das ebenso notwendige korrekte Verhalten gegenüber den beförderten Fahrgästen rechtfertigt die gesteigerten charakterlichen Anforderungen an ihre Eignung zum Führen von Fahrzeugen zur Fahrgastbeförderung, wie sie in § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV und § 48 Abs. 4 Nr. 2 FeV aufgestellt werden (im Ergebnis ebenso wie hier: OVG Bremen, Beschl. v. 10.2.1993 - 1 B 13/93 - zitiert nach Juris; NdsOVG, Beschl. v. 28.7.2006, VerkMitt 2006, 69 f.).
Angesichts dessen begegnet es keinen Bedenken, bei der ohnehin erforderlichen Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles die Prognose, ob ernsthaft zu befürchten ist, dass der Fahrzeugführer die so umschriebenen besonderen Sorgfaltspflichten, die ihm bei der Beförderung von Fahrgästen obliegen, zukünftig missachten wird, auch auf eine Abfolge von Verkehrsordnungswidrigkeiten zu stützen, die zwar noch nicht die Entziehung der Fahrerlaubnis aller Klassen rechtfertigt (etwa wegen des Erreichens von 18 Punkten im Verkehrszentralregister gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG), aber wegen der Art und Weise der Verkehrsverstöße belegt, dass der Fahrzeugführer der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nicht gerecht wird. Dies gilt vor allem dann, wenn - wie hier - die Verkehrsverstöße ihre Ursache unmittelbar in den mit der gewerblichen Fahrgastbeförderung verbundenen Umständen haben und die gezeigten charakterlichen Defizite deshalb die gewerbliche Fahrgastbeförderung unmittelbar betreffen.
Ist der Antragsteller danach für die Beförderung von Fahrgästen mit Fahrzeugen der Klassen D, DE, D1 und D1E als unzuverlässig im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV anzusehen, hat er auch mit seinem Vortrag keinen Erfolg, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis dieser Klassen für ihn existenzgefährdend sei, weil er mit den verbliebenen Klassen, insbesondere der Klasse CE, als Berufskraftfahrer im Schwerlasttransport aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten könne und deshalb nunmehr arbeitslos sei. Denn ebenso wie § 48 FeV ist auch § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV eine Schutzvorschrift für die Allgemeinheit, insbesondere für die Rechtsgüter der beförderten Fahrgäste, bei der berufliche und wirtschaftliche Nachteile für den als unzuverlässig anzusehenden Fahrzeugführer hinter die Rechtsgüter der Fahrgäste zurückzutreten haben, die bei deren fortgesetzter Beförderung durch diesen Fahrzeugführer bedroht wären (OVG Saarland, Beschl. v. 22.6.2004, ZfSch 2004, 539 f.; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl. 2005, § 48 FeV Rn. 8). Ein Fall, in dem die Frage der Zuverlässigkeit des Fahrzeugführers für die Fahrgastbeförderung bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung als offen anzusehen ist, so dass eine - vorläufige - Entscheidung nur anhand einer Interessen- und Folgenabwägung getroffen werden kann, bei der dieser Gesichtspunkt durchaus beachtlich ist (vgl. dazu Senatsbeschl. v. 5.11.2007 - 3 BS 232/06 -), liegt hier hingegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und § 53 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG, die Änderung des erstinstanzlich festgesetzten Streitwerts auf § 63 Abs. 3 GKG. In Anlehnung an die Nrn. 1.5, 46.6 und 46.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i. d. F. vom 7./8.7.2004 (abgedruckt bei Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, Anh § 164 Rn. 14) ist für die streitige Entziehung der Fahrerlaubnis der Klasse D vom eineinhalbfachen Auffangstreitwert und der Klasse E vom halben Auffangstreitwert, insgesamt mithin von 10.000,00 €, auszugehen und dieser wegen der Vorläufigkeit des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu halbieren, so dass der Streitwert statt mit 6.250,00 € nur mit 5.000,00 € zu bemessen ist. Die Fahrerlaubnis für die Klassen D1 und D1E ist hingegen in den Klassen D und DE eingeschlossen (§ 6 Abs. 3 Nrn. 7 und 9 FeV), so dass die Anfechtung ihrer Entziehung nicht streitwerterhöhend wirkt. Der Senat hat hierbei auch berücksichtigt, dass die Klasse E nur im Zusammenhang mit den Klassen D und D1 entzogen wurde, dem Antragsteller aber zusammen mit den Klassen B und C verbleibt. Der Ansatz des halben Auffangwertes für diesen (Teil-)Entzug der Klasse E ist jedoch ungeachtet dessen gerechtfertigt, da dies trotzdem eine zusätzliche Belastung über den Entzug der Klassen D und D1 hinaus bedeutet und andernfalls ein Wertungswiderspruch zum anzusetzenden Streitwert bei Entzug einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 FeV entstünde, den der Senat in Anlehnung an Nr. 46.12 des zitierten Streitwertkatalogs ebenfalls mit 10.000,00 € bemisst (Senatsbeschl. v. 5.11.2007 - 3 BS 232/06 -).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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