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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 02.02.2007
Aktenzeichen: 4 BS 314/06
Rechtsgebiete: SächsGemO, SächsKomZG
Vorschriften:
SächsGemO § 51 Abs. 2 Satz 3 | |
SächsGemO § 115 | |
SächsKomZG § 36 |
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss
Az.: 4 BS 314/06
In der Verwaltungsrechtssache
wegen kommunalaufsichtsrechtlicher Anordnung, Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
hier: Beschwerde
hat der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Künzler, den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng und den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein
am 2. Februar 2007
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 15. November 2006 - 4 K 2123/06 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,00 € festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin bleibt ohne Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Erwägungen, die den Prüfungsumfang des Senats begrenzen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben dem Senat keine Veranlassung zur beantragten Aufhebung bzw. Änderung des angegriffenen Beschlusses. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Antragsgegners vom 31.8.2006 zu Recht abgelehnt.
1. Mit dem genannten Bescheid verpflichtete der Antragsgegner die Antragstellerin, § 7 Abs. 2 Satz 2 ihrer Hauptsatzung mit Wirkung vom 12.4.2007 dahin zu ändern, dass der Bürgermeister ehrenamtlicher Beamter auf Zeit ist. Die geänderte und ausgefertigte Satzung sollte dem Antragsgegner bis spätestens 31.10.2006 vorgelegt werden (Nr. 2 des Bescheids). Für den Fall der nicht fristgemäßen Umsetzung dieser Anordnung drohte der Antragsgegner die Ersatzvornahme an (Nr. 4 des Bescheids). Zugleich lehnte er die von der Antragstellerin zuvor beantragte Genehmigung für einen Bürgermeister als hauptamtlichen Beamten auf Zeit ab (Nr. 1 des Bescheids).
Zur Begründung führte der Antragsgegner im Wesentlichen aus, ein Ausnahmefall nach § 51 Abs. 2 Satz 3 SächsGemO, der einen Bürgermeister als hauptamtlichen Beamten auf Zeit für eine weitere Wahlperiode von sieben Jahren erfordere, sei nicht gegeben. Die im ländlichen Raum gelegene Antragstellerin mit ihren rund 2.370 Einwohnern in acht Ortsteilen habe keine besondere Aufgabenstruktur. Mit den Städten B. G. und L. bilde sie seit dem 1.1.2000 die Verwaltungsgemeinschaft B. G. , ohne deren erfüllende Gemeinde zu sein. Eine zentralörtliche Funktion komme ihr weder nach dem gegenwärtigen noch nach dem künftigen Regionalplan zu. Der Stellenplan der Antragstellerin weise neben der Stelle der Bürgermeisterin nur 18,9 Personalstellen aus, von denen 15,15 Stellen auf drei Kindertagesstätten entfielen. In den kommenden Jahren werde sich die Aufgabenstruktur der Antragstellerin nicht wesentlich verändern. Weder die Entwicklung des Gewerbegebiets N. , die - zum Jahresende erfolgende - Fertigstellung der Bundesautobahn A 17 noch die mit den weiteren Straßenbaumaßnahmen verbundenen gemeindlichen Pflichten ließen eine besondere Aufgabenstruktur der Antragstellerin erkennen.
Die Änderung der Hauptsatzung müsse so rechtzeitig erfolgen, dass die kommunalwahlrechtlichen Fristen für die Bürgermeisterwahl am 11.3.2007 eingehalten würden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei notwendig, weil die Wahlbekanntmachung spätestens am 22.12.2006 erfolgen müsse. Im Interesse der Wahlbewerber müsse feststehen, ob sie sich um das Amt eines hauptamtlichen oder ehrenamtlichen Bürgermeisters bewerben.
2. Den gegen diesen Bescheid gerichteten Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das Verwaltungsgericht zu Recht mit der Begründung abgelehnt, dass der Widerspruch der Antragstellerin nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.
Die zwischenzeitlich mit sofort vollziehbarem Bescheid des Antragsgegners vom 16.11.2006 im Wege der Ersatzvornahme (§ 116 SächsGemO) vorgenommene Satzungsänderung hat keine Erledigung des Rechtsstreits zur Folge, weil die Antragstellerin nach den unbestrittenen Angaben im Schriftsatz vom 23.1.2007 auch gegen den vorgenannten Bescheid Widerspruch eingelegt hat, über den - soweit ersichtlich - bislang nicht abschließend entschieden wurde. Auch die Wahlbekanntmachung vom 12.12.2006, nach der am 11.3.2007 ein ehrenamtlicher Bürgermeister für die Antragstellerin zu wählen ist, hat das Rechtsschutzbedürfnis für den vorliegenden Eilantrag nicht entfallen lassen.
In der Sache bleibt der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 31.8.2006 ohne Erfolg, weil der angefochtene Bescheid offensichtlich rechtmäßig ist.
Die in Nr. 2 des Bescheids getroffene Anordnung des Antragsgegners zur Änderung der Hauptsatzung findet ihre Grundlage in § 115 SächsGemO. Nach dieser Vorschrift kann die Rechtsaufsichtsbehörde anordnen, dass eine Gemeinde, die die ihr obliegenden Pflichten nicht erfüllt, innerhalb einer angemessenen Frist die notwendigen Maßnahmen durchführt. Gestützt auf diese Regelung kann der Antragsgegner als Rechtsaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen einschreiten, wenn eine Gemeinde, die einer Verwaltungsgemeinschaft angehört, mit der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten in Verzug geraten ist (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 12.9.2005, SächsVBl. 2006, 45 [46]).
Ein solcher Fall dürfte hier vorliegen, weil aus den vom Verwaltungsgericht zutreffend dargelegten Gründen Überwiegendes dafür spricht, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf Genehmigung einer Hauptsatzung des Inhalts hat, dass ihr Bürgermeister (weiterhin) hauptamtlicher Beamter auf Zeit ist. § 51 Abs. 2 Satz 3 SächsGemO bestimmt, dass Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft, die - wie die Antragstellerin - nicht deren erfüllende Gemeinde sind, nur in Ausnahmefällen, insbesondere bei Vorliegen besonderer Aufgabenstrukturen, in ihrer Hauptsatzung mit Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde bestimmen können, dass der jeweilige Bürgermeister hauptamtlicher Beamter auf Zeit ist. Diese durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften und zur Vorbereitung der Gemeindegebietsreform (Kommunalrechtsänderungsgesetz) vom 4.10.1996 (SächsGVBl. S. 417) getroffene Regelung sieht - verfassungsrechtlich unbedenklich - vor, dass Bürgermeister in nicht-erfüllenden Mitgliedsgemeinden ehrenamtlich tätig werden, wenn nicht besondere Verhältnisse die Ernennung zum hauptamtlichen Beamten rechtfertigen (vgl. bereits SächsVerfGH, Urt. v. 16.5.2002, SächsVBl. 2002, 187 [190]).
Angesichts der gesetzlichen Aufgabenverteilung innerhalb einer Verwaltungsgemeinschaft (§ 36 Abs. 1 SächsKomZG) und der sich aus § 36 Abs. 3 i.V.m. § 8 Abs. 3 Satz 1 SächsKomZG ergebenden Beschränkung der nicht-erfüllenden Mitgliedsgemeinden bei der Beschäftigung eigenen Personals (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 12.9.2005, aaO, m.w.N.) kann ein Ausnahmefall regelmäßig wohl nur dann angenommen werden, wenn die nicht-erfüllende Mitgliedsgemeinde Aufgaben wahrzunehmen hat, für die die erfüllende Gemeinde nicht zuständig ist. Dabei müssen sich die Anforderungen erheblich von denen unterscheiden, die von einem ehrenamtlich tätigen Bürgermeister in Sachsen erwartet werden können; einzelne Mehrbelastungen aufgrund geografischer, gesellschaftlicher oder anderer Besonderheiten dürften insoweit nicht ins Gewicht fallen (vgl. Musall in: Sponer/Jacob u.a., Kommunalrecht Sachsen, Bd. I, Stand Dez. 2005, SächsGemO § 51 Nr. 5.2; Wahl in: Quecke/Schmid u.a.. SächsGemO, Stand Dez. 2006, § 51 RdNr. 118). In zeitlicher Hinsicht wird davon auszugehen sein, dass die Mehrbelastung einen wesentlichen Teil der siebenjährigen Amtszeit (§ 51 Abs. 3 Satz 1 SächsGemO) des Bürgermeisters ausmachen muss.
Nach diesem Maßstab dürfte das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Ausnahmefalls i.S.v. § 51 Abs. 2 Satz 3 SächsGemO zutreffend verneint haben. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Fertigstellung und Inbetriebnahme des durch das Gemeindegebiet der Antragstellerin verlaufenden Teilstücks der Autobahn A 17 nicht in die Amtszeit des neu zu wählenden Bürgermeisters falle, wird im Beschwerdeverfahren nicht angegriffen. Die im Zusammenhang mit dem Autobahnbau vorgesehene Errichtung der Staatsstraßen S 170 N und S 176, auf die die Beschwerdebegründung (S. 5 f.) verweist wird, obliegt nicht der Antragstellerin, sondern der staatlichen Straßenbauverwaltung. Für die Kreisstraße K 8732 ist der Antragsgegner zuständig. Das Planfeststellungsverfahren für die S 170 N ist - soweit ersichtlich - bereits seit über einem Jahr abgeschlossen. Soweit die Antragstellerin als Trägerin öffentlicher Belange in weiteren Planfeststellungsverfahren zu beteiligen ist, dürfte diese - begrenzte - gemeindliche Mitwirkung im Planungsverfahren wohl keine Mehrbelastung erfordern, die von einem ehrenamtlich tätigen Bürgermeister nicht erwartet werden kann. Die während der Straßenbaumaßnahmen und in der Folgezeit möglicherweise anfallenden gemeindlichen Aufgaben dürften gemäß § 36 Abs. 3 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SächsKomZG von der erfüllenden Gemeinde zu übernehmen sein. Auch die knapp gehaltenen Ausführungen der Antragstellerin zum Brandschutz lassen das Vorliegen eines Ausnahmefalls i.S.v. § 51 Abs. 2 Satz 3 SächsGemO nicht erkennen. Für das - offenbar im Eigentum zweiter Privatpersonen stehende - Gewerbegebiet liegt wohl bereits ein genehmigter Bebauungsplan vor, weshalb sich eine besondere Aufgabenstruktur der Antragstellerin auch in dieser Hinsicht nicht erschließt. Ob sich die Antragstellerin wegen ihrer ausgeglichenen Haushaltslage einen hauptamtlichen Bürgermeister "leisten kann" (vgl. Beschwerdebegründung S. 12), ist für das Vorliegen eines Ausnahmefalls i.S.v. § 51 Abs. 2 Satz 3 SächsGemO nach dem bereits dargelegten Prüfungsmaßstab nicht entscheidend.
Den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Vorliegen einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügenden Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung, zur Fristsetzung für die Satzungsänderung (Nr. 2 des Bescheids) und Androhung der Ersatzvornahme (Nr. 4 des Bescheids) ist die Antragstellerin mit ihrer Beschwerdebegründung nicht entgegengetreten; Bedenken sind nach Lage der Akten insoweit auch nicht veranlasst.
Nach alledem ist die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
Bei der Streitwertfestsetzung nach §§ 47, 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG orientiert sich der Senat an der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die die Beteiligten keine Einwände erhoben haben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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