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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 16.04.2008
Aktenzeichen: 5 B 49/07
Rechtsgebiete: IHK-G, GG


Vorschriften:

IHK-G § 2
IHK-G § 3
GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
Die Pflichtmitgliedschaft von Rechtsanwaltsgesellschaften mit beschränkter Haftung in der Industrie- und Handelskammer und die daran anknüpfende Beitragspflicht sind weiterhin mit dem Grundgesetz vereinbar.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 5 B 49/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen IHK-Beitrag (2003)

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Düvelshaupt

am 16. April 2008

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 8. November 2006 - 5 K 1327/06 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 295,36 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 8.11.2006 ist abzulehnen, weil weder die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch die Rechtssache die geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten aufwirft (Nr. 2) noch sie die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 3).

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, in dem sie zu Beiträgen für die Zugehörigkeit in der Industrie- und Handelskammer (IHK) herangezogen wird. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der angegriffene Beitragsbescheid finde seine Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 bis 4 IHK-G. Es sei nicht erforderlich, dass die Klägerin eine gewerbliche Tätigkeit ausübe. Vielmehr gelte die Vorschrift nach § 2 Abs. 2 IHK-G auch für ausschließlich freiberuflich Tätige, die im Handelsregister eingetragen seien. Eine einschränkende Auslegung dergestalt, dass Rechtsanwaltsgesellschaften nicht erfasst seien, lasse das Gesetz nicht zu. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzlich begründete Kammerzugehörigkeit der Klägerin bestünden nicht. Insbesondere fehle es nicht an einem Vorteil. Vielmehr komme die Interessenvertretung durch die Industrie- und Handelskammer Kapitalgesellschaften freier Berufe schon wegen der sich aus ihrer handelsrechtlichen Rechtsform ergebenden Berührungspunkte zum Wirtschaftsleben zugute. Auch gegen eine Doppelpflichtmitgliedschaft der Klägerin sowohl in der IHK als auch in der Rechtsanwaltskammer sei verfassungsrechtlich nichts zu erinnern. Der erhobene Beitrag sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

Hiergegen wendet die Klägerin in ihrem Zulassungsantrag ein, das angegriffene Urteil begegne ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit. Sie sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht Pflichtmitglied in der Beklagten. Zwar handle es sich bei ihr um eine juristische Person des Privatrechts, welche zur Gewerbesteuer veranlagt sei. Sie unterhalte aber weder eine gewerbliche Niederlassung noch eine Betriebsstätte oder Verkaufsstelle. Da sie nicht gewerblich tätig sei, sei der Betriebsstättenbegriff nicht erfüllt. § 2 Abs. 2 IHK-G sei vom Gesetzgeber geschaffen worden, als es die Rechtsanwaltsgesellschaft noch nicht gegeben habe. Der Gesetzgeber sei wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass Freiberufler nicht Mitglied der IHK werden könnten. Mit der erfolgten Zulassung von Rechtsanwaltsgesellschaften habe der Gesetzgeber den bestehenden Regelungsgehalt von § 2 Abs. 2 IHK-G nicht ändern wollen. Eine Pflichtmitgliedschaft der Rechtsanwälte sei zudem mit deren Status als unabhängige Organe der Rechtspflege unvereinbar. Die bloße Organisationsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) rechtfertige die Subsumtion unter § 2 Abs. 2 IHK-G nicht. Vielmehr unterliege die Rechtsanwaltsgesellschaft zahlreichen, vom Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung abweichenden Sonderregelungen in §§ 59c ff. BRAO, die sie von einer gewerblichen GmbH unterscheide. So sei die Geschäftsführung Rechtsanwälten anvertraut, deren Unabhängigkeit bei der Berufsausübung zu gewährleisten sei und die anwaltliche Berufspflichten träfen. Das Verwaltungsgericht verkenne darüber hinaus, dass sowohl eine Pflichtmitgliedschaft der Klägerin in der Beklagten als auch eine daraus folgende Beitragspflicht nach § 3 Abs. 2 IHK-G gegen das Grundgesetz, insbesondere gegen Art. 12, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG verstießen. Durch die Pflichtmitgliedschaft und die Beitragspflicht der Klägerin werde deren Berufsausübungsfreiheit berührt. Ein solcher Eingriff in die Berufsfreiheit sei nur dann gerechtfertigt, wenn dem Beitrag eine Gegenleistung gegenüberstehe. Nach § 1 IHK-G erbringe die Beklagte ihre Leistungen aber nicht an ihre Mitglieder, sondern ausschließlich an Gewerbetreibende, zu denen die Klägerin nicht zähle. Zudem könne die Klägerin mit den Leistungen der Beklagten nichts anfangen, da sie ausschließlich mit der Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten befasst sei. Entsprechendes gelte im Hinblick auf die allgemeine Handlungsfreiheit. Eine Pflichtmitgliedschaft sei weder geeignet noch erforderlich noch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Heranziehung von Rechtsanwälten, die ihren Beruf gemeinschaftlich als Gesellschaft mit beschränkter Haftung ausübten, und die Nichtheranziehung von Rechtsanwälten, die ihren Beruf in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben, verstoße gegen den Gleichheitssatz. Beide betrieben kein Gewerbe, würden aber - was die Pflichtmitgliedschaft und die Beitragspflicht anlangt - unterschiedlich behandelt. Zwischen beiden Gruppen bestünden keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Die Pflichtmitgliedschaft einer Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung sei zur Förderung des Zweckes des § 1 Abs. 1 IHK-G ungeeignet, weil danach die IHK die Aufgabe hätte, das Gesamtinteresse der Gewerbetreibenden zu fördern. Rechtsanwaltsgesellschaften seien aber keine Gewerbetreibenden. Auch die Gewerbesteuerpflichtigkeit der Klägerin lasse eine Rechtfertigung ihrer Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen anwaltlichen Zusammenschlüssen, die nicht gewerbesteuerpflichtig seien, nicht zu. Steuern dienten der zweckfreien Einnahmeerzielung, wohingegen die hier vorliegenden Beiträge gegenleistungsabhängig seien. Allein die Gewerbesteuerpflichtigkeit führe nicht dazu, dass die Klägerin zum Gewerbetreibenden werde. Auch die Wahl der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung rechtfertige nicht die Beitragspflicht. Vielmehr müsse diese eigenständig verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden. Verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen sei auch eine Gleichbehandlung von Rechtsanwaltsgesellschaften mit anderen gewerblich tätigen juristischen Personen des privaten Rechts. Durch ihre freiberufliche in §§ 59c ff. BRAO geregelte Tätigkeit unterscheide sich die Rechtsanwaltsgesellschaft mbH deutlich von einer herkömmlichen gewerblichen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Darüber hinaus sei auch die Beitragssatzung der Beklagten nichtig, indem sie ins Handelsregister eingetragenen Mitgliedern einen höheren Grundbeitrag abverlange. Die Registereintragung sei unabhängig von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gesellschaft. Mit dem Gewerbeertrag oder dem Gewinn liege ein genaueres Bemessungskriterium als die Handelsregistereintragung vor. Eine typisierende Betrachtung sei deshalb unzulässig. Die dargelegten, höchstrichterlich ungeklärten Probleme und die damit verbundenen verfassungsrechtlichen Fragen seien rechtlich besonders schwierig. Die Rechtssache habe darüber hinaus grundsätzliche Bedeutung. Es bedürfe der grundsätzlichen Klärung der Rechtsfragen,

"ob § 2 IHK-G die Rechtsanwaltsgesellschaft tatbestandlich überhaupt erfasst und gegebenenfalls,

ob die dann gesetzlich angeordnete Pflichtmitgliedschaft einer der Ausübung des freien Berufes des Rechtsanwaltes dienenden Gesellschaft vor der Verfassung Bestand haben kann."

1. Das Urteil begegnet nicht den an seiner Richtigkeit geltend gemachten ernstlichen Zweifeln (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen dann, wenn der Antragsteller des Zulassungsverfahrens tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen mit schlüssigen Gegenargumenten so infrage stellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens als ungewiss zu beurteilen ist. Ein Zulassung der Berufung scheidet aus, wenn sich das angefochtene Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (SächsOVG, Beschl. v. 28.12.2007 - 5 B 175/06 -, st. Rspr.).

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin Kammerzugehörige ist. Sie wird i. S. v. § 2 Abs. 1 IHK-G zur Gewerbesteuer veranlagt, weil sie nach ihrer Rechtsform die tatbestandlichen Voraussetzungen des Gewerbesteuergesetzes erfüllt. Als Kapitalgesellschaft gilt sie gem. § 2 Abs. 2 GewStG stets und im vollen Umfang als Gewerbebetrieb im Sinne des Gewerbesteuerrechts. Für die Begründung der Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer (IHK) kommt es indes allein auf die dem Grunde nach bestehende Gewerbesteuerpflicht an (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.1.2005 - 6 C 10.04 -, zitiert nach juris). Die Klägerin hat im Kammerbezirk der Beklagten auch eine Betriebsstätte. Das Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern enthält keine eigene Definition des Begriffs der Betriebsstätte. Maßgeblich ist insoweit der steuerrechtliche Betriebsstättenbegriff des § 12 AO (vgl. BVerwG a. a. O.). Dieser erfasst die Kanzlei der Klägerin, die in einer Liegenschaft in L...... betrieben wird. Da die Klägerin in das Handelsregister eingetragen ist, ist sie nach § 2 Abs. 2 IHK-G auch als freiberuflich tätige Gesellschaft Kammerzugehörige und damit nach § 3 IHK-G beitragspflichtig.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es ohne Bedeutung, ob der Gegenstand ihres Unternehmens gewerblich ist. Denn § 2 Abs. 1 IHK-G knüpft die Mitgliedschaft nicht an eine gewerbliche Tätigkeit (BVerwG a. a. O.). Dies wird bestätigt durch § 2 Abs. 2 IHK-G, der ausdrücklich auf natürliche Personen und Gesellschaften, die einen freien Beruf ausüben, Bezug nimmt. Aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich nichts anderes. Vielmehr deutet sie gerade darauf hin, dass der Gesetzgeber Freiberufler, soweit sie in das Handelsregister eingetragen sind, umfassend zu Kammerzugehörigen der IHK machen, ihrer freiberuflichen Tätigkeit aber durch eine Reduzierung der Bemessungsgrundlage Rechnung tragen wollte (vgl. BT-Drs. 13/9975 S. 8 f.; BVerwG, Beschl. v. 21.10.2004 - 6 B 60.04 -, zitiert nach juris). Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber zwischenzeitlich das Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammer mehrmals, zuletzt mit Gesetz vom 7.9.2007 (BGBl. I S. 2246), geändert hat, ohne einzelne freie Berufe, wie die Rechtsanwälte oder Steuerberater, vom Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 IHK-G auszunehmen.

Die Pflichtmitgliedschaft ist auch mit dem Status der Rechtsanwälte als unabhängige Organe der Rechtspflege vereinbar. Die Wahrung der beruflichen Belange der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsgesellschaften obliegt allein den Rechtsanwaltskammern. Dass eine weitere Pflichtmitgliedschaft in der IHK die Unabhängigkeit der Rechtsanwälte bei der Berufsausübung oder die Einhaltung ihrer Berufspflichten beeinträchtigt, wird von der Klägerin nicht substanziiert geltend gemacht.

Die Pflichtmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (BVerfG, Urt. v. 7.12.2001, GewArch 2002, 111; BVerwG, Urt. v. 21.7.1998, BVerwGE 107, 169). Sie rechtfertigt auch die Einbeziehung der juristischen Personen, welche die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen der Pflichtmitgliedschaft erfüllen. Wer von gesellschafts- und steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch macht und sich einer Organisationsform bedient, die normalerweise auf gewerbliche Betätigung zugeschnitten ist, muss die damit verbundenen Rechtsfolgen vollständig und nicht nur selektiv hinnehmen (BVerwG, Urt. v. 19.1.2005 - 6 C 10.04 -, zitiert nach juris). Dies gilt auch dann, wenn die Kammerzugehörigen zugleich einer Kammer freier Berufe angehören, weil sie einen freien Beruf betreiben (BVerwG, Beschl. v. 21.10.2004 - 6 B 60.04 -, zitiert nach juris).

Dabei kann offen bleiben, ob sich der grundrechtliche Schutz vor einer danach ungerechtfertigten Heranziehung als Pflichtmitglied aus Art. 12 Abs. 1 GG oder Art. 2 Abs. 1 GG ergibt. Die Zwangsmitgliedschaft muss in beiden Fällen in einem am Verhältnismäßigkeitsprinzip ausgerichteten Maß durch legitime öffentliche Aufgaben der Berufsorganisation gerechtfertigt sein (BVerwG, Urt. v. 30.1.1996, NJW 1997, 814). Da die Industrie- und Handelskammer - ebenso wie andere berufsständische Kammern - die Belange der Gesamtheit der von ihr vertretenen Berufsangehörigen wahrzunehmen hat, darf der Gesetzgeber im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative eine entsprechende Zwangsmitgliedschaft grundsätzlich für erforderlich halten (BVerwG, Urt. v. 30.1.1996, NJW 1997, 814).

Auch im Fall der Rechtsanwaltsgesellschaft liegt in dem Grundrechtseingriff ein legitimer Zweck zugrunde und ist der Grundrechtseingriff verhältnismäßig. Entgegen der Auffassung der Klägerin gehört es auch zum Aufgabenbereich der Industrie- und Handelskammer, das Interesse nicht gewerblich tätiger Mitglieder wahrzunehmen. Das in § 1 Abs. 1 Satz 1 IHK-G angesprochene "Gesamtinteresse der ihnen zugehörenden Gewerbetreibenden ihres Bezirks" bezieht sich nicht (nur) auf Gewerbetreibende im Sinne des Gewerberechts (vgl. § 6 GewO), sondern auf alle Gewerbebetriebe im Sinne des Gewerbesteuergesetzes. Die Rechtsanwaltsgesellschaft als Kapitalgesellschaft gilt nach § 2 Abs. 2 GewStG und damit auch i. S. v. § 1 IHK-G im vollen Umfang als Gewerbebetrieb. Die Zwecksetzung der Pflichtmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer bezieht sich also auch auf die Gewerbetreibenden, die tatsächlich kein Gewerbe im gewerberechtlichen Sinn betreiben, aber im Gewerbesteuergesetz als Gewerbetreibende fingiert werden. Wählt der freiberuflich Tätige eine Gesellschaftsform, die auf gewerblich Tätige zugeschnitten ist, und wird er mit ihr ins Handelsregister eingetragen, besteht ein hinreichender Bezug zur gewerblichen Tätigkeit, die eine Zwangsmitgliedschaft und Beitragspflicht dem Grunde nach rechtfertigt. Die Einbeziehung eingetragener Freiberufler in den Kreis der Kammerzugehörigen steht im Einklang mit der Zielsetzung der Industrie- und Handelskammer, die Voraussetzung für eine möglichst umfassende Wahrnehmung der Interessen aller kaufmännischen Kreise durch die Industrie- und Handelskammer zu schaffen. Dieser Zielsetzung kann nur entsprochen werden, wenn die ihrer Durchsetzung dienende Pflichtmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer möglichst wenige Ausnahmen erfährt. Wegen der handelsrechtlichen Rechtsform ergeben sich Berührungspunkte zum Wirtschaftsleben in einer die Kammerzugehörigkeit rechtfertigenden Weise (OVG NRW, Urt. v. 24.2.1997 - 25 A 2531/94 -, zitiert nach juris).

Die unterschiedliche Behandlung von eingetragenen Rechtsanwaltsgesellschaften mit beschränkter Haftung und nicht eingetragenen Rechtsanwaltsgesellschaften bürgerlichen Rechts verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Dem Willkürverbot ist genüge getan, wenn sich für die Differenzierung ein sachlicher Grund finden lässt. Dagegen verlangt die Verhältnismäßigkeitsbindung, dass zwischen Normadressaten Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Bei der Verschiedenbehandlung von Personengruppen unterliegt der Gesetzgeber grundsätzlich der strengen Verhältnismäßigkeitsbindung, wohingegen bei der Verschiedenbehandlung von Sachverhalten regelmäßig lediglich die Willkürkontrolle eingreift. Bei verhaltensbezogenen Unterscheidungen hängt das Maß der Bindung davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.1.1993, BVerfGE 88, 87, 96 f.). Bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen, die nicht an personengebundene Merkmale anknüpft, sondern an einen Sachverhalt, kommt den Besonderheiten des geregelten Lebens- und Sachbereichs für die Frage, ob die Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist, erhebliche Bedeutung zu. Bei juristischen Personen ist ein eher großzügiger Maßstab anzulegen (BVerfG, Beschl. v. 8.4.1997, BVerfGE 95, 267, 317 ff.).

Hier knüpft die Differenzierung zwischen juristischen Personen und Personengesellschaften nicht an personenbezogene Merkmale, sondern an den Sachverhalt der Handelsregistereintragung an. Die Rechtsanwälte sind in der Lage, sich durch Wahl einer anderen Gesellschaftsform der Zwangsmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer und der daran anknüpfenden Beitragspflicht zu entziehen. Die Mitglieder der Rechtsanwaltsgesellschaft werden durch die Beitragspflicht zudem nach Art und Umfang vergleichsweise wenig berührt. Dementsprechend ist der Überprüfung lediglich der Willkürmaßstab zugrunde zu legen. Die Ungleichbehandlung ist gerechtfertigt, wenn sie sich sachlich begründen lässt.

Diesen Anforderungen wird die Differenzierung gerecht. Mit der Wahl einer Gesellschaftsform, die dem gewerblichen Bereich entstammt, besteht ein hinreichender Bezug zum wirtschaftlichen Bereich, der es rechtfertigt, auch Zusammenschlüsse freier Berufe der Pflichtmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer und der Beitragspflicht zu unterwerfen. Rechtsanwälte, die diese Rechtsform wählen, müssen die daran anknüpfenden Rechtsfolgen hinnehmen. Die Rechtsanwaltsgesellschaft übt zwar einen freien Beruf aus, durch die Wahl ihrer Rechtsform und die Handelsregistereintragung wird sie jedoch zugleich als Gewerbetreibender fingiert und als Kapitalgesellschaft sowie juristische Person dem wirtschaftlichen Bereich zugerechnet. Diese Zuordnung zum wirtschaftlichen Bereich rechtfertigt die Gleichbehandlung mit anderen gewerblichen Zusammenschlüssen und die Ungleichbehandlung mit Rechtsanwälten, die in einer (Personen-) Gesellschaft bürgerlichen Rechts tätig sind.

Auch die der Höhe der Abgabenpflicht zugrunde liegenden gesetzlichen Bestimmungen verstoßen nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Bei der Festlegung des Maßstabes der Beitragshöhe müssen sich der Gesetzgeber und der Satzungsgeber von sachgerechten Kriterien leiten lassen. Sie müssen einen Maßstab wählen, der den Kostenaufwand an die Beitragspflichtigen annähernd gerecht verteilt. Sie sind aber nicht verpflichtet, die "vernünftigste oder gerechteste" Lösung zu wählen. Sie können sich vielmehr auch von Erwägungen wie der Zweckmäßigkeit eines Maßstabes und insbesondere der Verwaltungspraktikabilität leiten lassen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.11.1998 - 7 B 2.78 -; SächsOVG, Urt. v. 12.7.2007, SächsVBl. 2008, 17, 20; jeweils für den Satzungsgeber).

Rechtsgrundlage für die Staffelung ist § 3 Abs. 3 Satz 2 IHK-G. Danach kann der Grundbeitrag gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Diese Kriterien sind nicht willkürlich. Das Kriterium der Leistungskraft wird von der Klägerin nicht angegriffen. Es liegt auch auf der Hand, dass der durch die Vertretung durch die IHK vermittelte Vorteil mit zunehmender Leistungskraft des Unternehmens typischerweise steigt. Art und Umfang des Gewerbebetriebes sind indes ebenfalls sachgerechte Kriterien. So knüpft der Gesetzgeber auch an anderer Stelle, wie z. B. im Handelsgesetzbuch, daran an, ob es sich um einen kaufmännischen Betrieb handelt, woran er wiederum besondere Rechtsfolgen, wie z. B. Buchführungspflichten und Rügeobliegenheiten, knüpft. Bei typisierender Betrachtung kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die Art des Betriebes und sein Umfang ein Indikator für den Vorteil sind, der ihm aus einer Mitgliedschaft in der IHK erwächst. Unterfällt er dem Handelsrecht, bedarf er typischerweise mehr der Beratung. Hinzu kommt, dass der Bedarf an einem gewissen Leistungsumfang unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Unternehmens besteht. Dem trägt der Grundbeitrag als Mindestbeitrag Rechnung. Der Gesetzgeber wollte mit der gewählten Formulierung auch ausdrücklich die Möglichkeit schaffen, von der Bemessung rein nach der steuerlichen Leistungsfähigkeit, die zudem konjunkturabhängig ist, abzurücken (BT-Drs. 13/9975 S. 7):

"Bei der Regelung der Grundbeitragsstaffelung kommt es darauf an, eine sichere Möglichkeit zu schaffen, den Grundbeitrag auch nach anderen Kriterien als der Leistungskraft der Unternehmen zu staffeln. Der Begriff der 'Leistungskraft' ist in der Rechtsprechung verschiedentlich allein im Sinne der steuerlichen 'Leistungsfähigkeit' interpretiert worden (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 23. Juni 1997 - 8 L 310/97). Dadurch wird die Grenze zur Umlage verwischt. Außerdem wird dem Umstand, daß der Grundbeitrag der Grundfinanzierung der Kammern dienen soll, nicht genügend Rechnung getragen. Bei der Staffelung des Grundbeitrages soll es vielmehr möglich sein, auch Kriterien wie die Vollkaufmannseigenschaft, den Umsatz und die Beschäftigtenzahl zu berücksichtigen. Der Gesetzentwurf hatte aus diesem Grund das Wort 'insbesondere' eingefügt. Die hier vorgeschlagene Formulierung bringt das angestrebte Ziel deutlicher zum Ausdruck und ist vorzuziehen."

Wenn die Klägerin verlangt, nicht nur die Umlage, sondern auch der Grundbeitrag müsse allein nach dem Gewerbeertrag oder -gewinn bemessen werden, verkennt sie den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers.

Die hier gewählte satzungsrechtliche Regelung ist ihrerseits sachlich begründbar. Mit der Handelsregistereintragung knüpft der Satzungsgeber an die Art des Gewerbebetriebes an. Auch an anderer Stelle, wie z. B. in §§ 2, 5, 6 HGB, wird an die Eintragung ins Handelsregister mit besonderen Rechtsfolgen angeknüpft. Unterwirft das Handelsrecht eingetragene Unternehmer unabhängig von ihrer Leistungskraft dem Recht der Kaufleute, kann auch bei der Grundbeitragsbemessung davon ausgegangen werden, dass ein höherer Grundvorteil durch die Mitgliedschaft in der IHK gegeben ist. So besteht z. B. regelmäßig nur bei eingetragenen Betrieben ein Beratungsbedarf in Bezug auf Fragen, die mit der Eintragung ins Handelsregister zusammenhängen. Kammerzugehörigen, die im Handelsregister eingetragen sind, zu einem höheren Grundbeitrag zu veranlagen, ist deshalb bei generalisierender und typisierender Betrachtungsweise nicht willkürlich. Auch der Gesetzgeber sieht in der Kaufmannseigenschaft ein zulässiges Differenzierungskriterium (vgl. den oben wiedergegebenen Auszug aus der BT-Drs. 13/9975 S. 7).

2. Die Rechtssache weist auch nicht die geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist einer Rechtssache dann auf, wenn sie voraussichtlich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, d. h. überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht (SächsOVG, Beschl. v. 25.7.2007 - 5 B 781/06 -).

Die von der Klägerin aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen sind rechtlich nicht besonders schwierig, da sie im Grundsatz bereits höchstrichterlich entschieden sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19.1.2005 - 6 C 10.04 - sowie dem Beschluss vom 21.10.2004 - 6 B 60.04 - (zitiert nach juris) entschieden, dass es für die Zugehörigkeit der Industrie- und Handelskammer allein auf die Eintragung in das Handelsregister und die Veranlagung zur Gewerbesteuer ankommt und es nicht erheblich ist, ob das Unternehmen gewerblich tätig wird. Es hat darüber hinaus entschieden, dass eine Doppelmitgliedschaft freiberuflich Tätiger, wie der Steuerberater, sowohl in der Industrie- und Handelskammer als auch in der Steuerberaterkammer zulässig ist. Diese Rechtsprechung lässt sich ohne weiteres auf die Rechtsanwälte übertragen (vgl. z. B. OVG NRW, Beschl. v. 23.2.2006, NVwZ-RR 2006, 685). Unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung weist die Rechtssache keine überdurchschnittlichen Schwierigkeiten mehr auf.

3. Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn mit ihr eine grundsätzliche, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird, die sich in dem erstrebten Berufungsverfahren stellen würde und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf. Die Darlegung dieser Voraussetzungen erfordert die Bezeichnung der konkreten Frage, die sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, als auch für das Berufungsverfahren erheblich sein würde. Darüber hinaus muss die Antragschrift zumindest einen Hinweis auf den Grund enthalten, der die Anerkennung der grundsätzlichen, d. h. über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung der Sache rechtfertigen soll (SächsOVG, Beschl. v. 12.1.2005 - 5 B 587/04 - sowie v. 4.4.2007 - A 5 B 730/06 -; st. Rspr.). Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtssache, wenn die Frage in der Rechtsprechung geklärt ist. Anderes ist ausnahmsweise nur dann anzunehmen, wenn die Rechtsprechung erheblicher Kritik ausgesetzt war und neue erhebliche Gesichtspunkte vorgetragen werden, die in der damaligen Rechtsprechung nicht berücksichtigt werden konnten und geeignet sind, ein anderes Ergebnis herbeizuführen (SächsOVG, Beschl. v. 31.3.2008 - 5 B 276/07 -; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 124 Rn. 10).

Die aufgeworfene Rechtsfrage, ob § 2 IHK-G die Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung tatbestandlich erfasst, bedarf nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens. Sie lässt sich - wie ausgeführt - ohne weiteres auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bejahen. Die weitere Frage, ob die angeordnete Pflichtmitgliedschaft einer der Ausübung des freien Berufes des Rechtsanwaltes dienenden Gesellschaft verfassungsrechtlich Bestand haben kann, lässt sich ebenfalls auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantworten, ohne dass es insoweit der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf. Die Frage der Pflichtmitgliedschaft von Freiberuflern in der Industrie- und Handelskammer ist höchstrichterlich bereits für Steuerberater entschieden. Diese Rechtsprechung lässt sich ohne weiteres auch auf die Rechtsanwälte übertragen. Dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht erheblicher Kritik ausgesetzt war oder dass neue erhebliche Gesichtspunkte vorliegen, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten, macht die Beschwerde nicht substanziiert geltend.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 62 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 3 GKG. Das Oberverwaltungsgericht setzt den Streitwert wie das Verwaltungsgericht Leipzig auf den im angefochtenen Bescheid festgesetzten Betrag fest. Zwar wäre grundsätzlich bei wiederkehrenden Abgaben der dreieinhalbfache Jahresbetrag der Abgabe zugrunde zu legen (vgl. Nummer 3.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt z. B. bei Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., Anh § 164 Rn. 14). Da hier aber in unterschiedlichen Verfahren jeweils die Abgaben für fortlaufende Zeiträume geltend gemacht werden, erscheint es sachgerecht, den jeweils geforderten Betrag festzusetzen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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