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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 23.07.2009
Aktenzeichen: 5 E 80/09
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 158 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 5 E 80/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Schmutzwasserbeitrags

hier: Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts und gegen die Kostenentscheidung

hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Düvelshaupt und die Richterin am Verwaltungsgericht von Wedel

am 23. Juli 2009

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerden der Kläger wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 24. März 2009 - 2 K 1528/08 - geändert. Der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Dresden wird auf 1.268,54 € festgesetzt.

Die Beschwerden der Kläger gegen die Kostenentscheidung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 24. März 2009 - 2 K 1528/08 - werden verworfen.

Die Kläger tragen die Kosten des die Kostenentscheidung betreffenden Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

Gründe:

Über die Beschwerden entscheidet der Senat. Für die Beschwerden gegen die Kostenentscheidung ergibt sich dies aus § 150 VwGO und § 9 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die Streitwertbeschwerden wurde dem Senat gem. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG wegen grundsätzlicher Bedeutung übertragen.

1. Die Streitwertbeschwerden der Kläger sind zulässig und begründet.

Die Beschwerden sind statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands, den in § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG bestimmten Wert von 200,00 € übersteigt. Der Beschwerdewert errechnet sich aus dem Unterschied der Gebühren, die sich für die Kläger unter Zugrundelegung des angefochtenen Streitwerts - hier 3.825,00 € - und des erstrebten Streitwerts - hier 1.268,54 € - ergeben (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 68 Rn. 10; s. auch BayVGH, Beschl. v. 27.8.2007, - 25 C 07.1887 - juris). Die Differenz der Anwaltsvergütung und der Gerichtsgebühren liegt bei den genannten Streitwerten insgesamt über 200,00 €. Dies gilt auch für die Klägerin zu 2), obwohl wegen des gerichtlichen Kostenanspruchs hier bei der Vergleichsberechnung die Anwaltsvergütung der Beklagten nicht zu berücksichtigen ist.

Die Kläger sind auch beschwerdebefugt. Der Klägerin zu 2) fehlt nicht deshalb die Beschwerdebefugnis, weil sie ausweislich der Kostenentscheidung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 24.3.2009 keine Kosten des Verfahrens trägt, sondern diese allein dem Kläger auferlegt wurden. Beschwerdebefugt ist ein Beteiligter, soweit er von der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung betroffen ist. Die Klägerin ist durch die Festsetzung des Streitwerts betroffen. Sie hat hinsichtlich der eigenen Kosten für die anwaltliche Vertretung lediglich einen Erstattungsanspruch gegen den Kläger zu 1). Fällt sie mit diesem Anspruch aus, zum Beispiel im Fall der Vermögenslosigkeit des Klägers zu 1), muss sie ihre vom Streitwert abhängigen Rechtsanwaltskosten selbst tragen. Zusätzlich haftet die Klägerin zu 2) gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG subsidiär für die Gerichtskosten, deren Höhe sich ebenfalls nach der Höhe des Streitwertes richten. Daher hat auch die Klägerin zu 2) ein berechtigtes Interesse daran, dass der Streitwert zutreffend festgesetzt wird.

Die Beschwerden sind begründet. Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren ist zu ändern, denn das Verwaltungsgericht Dresden hat den Streitwert zu hoch festgesetzt.

Der Streitwert ist in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 GKG).

Die Kläger wandten sich im Wege der Anfechtungsklage gegen den Veranlagungsbescheid "zum Schmutzwasserbeitrag nach der zulässigen Bebauungsmöglichkeit Az.: VG/328/2007" vom 2.8.2007. Ein früherer Bescheid über die Erhebung eines Abwasserbeitrags über 5.000,00 DM (Nr. SN/106/97) war bestandskräftig geworden und der festgesetzte Betrag bezahlt worden. In dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 2.8.2007 wird u. a. ausgeführt, dass wegen der geänderten Satzungsvorschriften eine Beitragserhebung für all jene Grundstücke nachgeholt werden müsse, die "bisher nur zum Beitrag für ein Vollgeschoss (Nutzungsfaktor NF 1,0) veranlagt wurden", obwohl sie mit mehr als einem Vollgeschoss bebaubar sind. Weiter heißt es:

"folgender Schmutzwasserbeitrag gesamt:

1.250 m² x Nutzungsfaktor 1,5 x 2,04 €/m² Nutzungsfläche = 3.825,00 €

davon bereits entrichtet (Bescheid-Nr. SN/106/97): 4.160,00 DM/1,95583 = 2.556,46 €

noch zu entrichten: 1.268,54 €"

Eine ausdrückliche Aufhebung des bestandskräftigen Bescheides Nr. SN/106/97 erfolgte nicht. Nach dem objektiven Empfängerhorizont ersetzt deshalb der streitbefangene Bescheid vom 2.8.2007 (Nr. VG/328/2007) nicht den früheren Bescheid Nr. SN/106/97, sondern ergänzt diesen. Der Regelungsgehalt des Bescheides vom 2.8.2007 beschränkt sich damit auf die Verpflichtung zur Entrichtung eines weiteren Schmutzwasserbeitrags von 1.268,54 €, was durch den Fettdruck der entsprechenden Abschnitte des Bescheids zusätzlich hervorgehoben wird. Dieser Betrag ist folglich gemäß § 52 Abs. 3 GKG als Streitwert festzusetzen. Die Gegenüberlegung verdeutlicht dies: Hätten die Kläger mit ihrer Klage obsiegt, wäre der frühere bestandskräftige Bescheid Nr. SN/106/97 ungeachtet einer eventuellen Rechtswidrigkeit bestehen geblieben und hätte für die Beklagte weiterhin einen Rechtsgrund für das Behaltendürfen des bereits gezahlten Betrags von 2.556,46 € vermittelt.

2. Die Beschwerden der Kläger gegen die Kostenentscheidung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 24.3.2009 sind dagegen unzulässig und daher zu verwerfen. Kostenentscheidungen in Einstellungsbeschlüssen sind gemäß § 158 Abs. 2 VwGO nicht anfechtbar.

Im Hinblick darauf, dass die die Verfahrenskosten allein dem Kläger auferlegende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden zu dessen Lasten § 155 Abs. 2, § 159 VwGO nicht berücksichtigt, könnte zwar an eine Umdeutung der unzulässigen Beschwerde des Klägers zu 1) in eine außerordentliche Beschwerde gedacht werden. Diese wurde früher in Fällen greifbarer Gesetzwidrigkeit für denkbar gehalten, um eine Möglichkeit zu schaffen, nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidungen der Vorinstanzen zu korrigieren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 3.3.1997 - 8 B 32/97 -, Buchholz 310 § 152 VwGO Nr. 12; Beschl. v. 20.12.1994 - 8 B 200/94 -, Buchholz 310 § 152 VwGO Nr. 11). Ungeachtet der Frage, ob die strengen Voraussetzungen für eine Änderung der Kostenentscheidung hier überhaupt vorgelegen hätten, ist die außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit nach der neueren bundes- und oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung seit dem Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes vom 27.7.2001 jedoch generell ausgeschlossen. (vgl. BVerwG, Beschl. v. 8.12.2005 - 5 B 92/05 -; Beschl. v. 21.7.2005 - 9 B 9/05 -; BayVGH, Beschl. v. 14.5.2007 - 11 C 07.1087 -; NdsOVG, Beschl. v. 8.6.2009 - 4 OA 146/09 -, juris; OVG NRW, Beschl. v. 18.6.2003 - 18 E 676/03 -, NVwZ-RR 2004, 706 f.) Zur Begründung hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 21.7.2005 ausgeführt:

"Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auch in Fällen geltend gemachter "greifbarer Gesetzeswidrigkeit" seit der Einfügung des § 321a in die Zivilprozessordnung durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl I S. 1887) kein Raum mehr für eine Befassung des Gerichts der nächst höheren Instanz mit außerordentlichen Rechtsbehelfen. Denn der in dieser Bestimmung zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Entscheidung ist zu entnehmen, dass eine im Rechtsmittelzug nicht mögliche Nachprüfung einer gerichtlichen Entscheidung aufgrund eines außerordentlichen Rechtsbehelfs demjenigen Gericht vorbehalten bleiben soll, das die Entscheidung erlassen hat (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16. Mai 2002 - BVerwG 6 B 28.02 und 6 B 29.02 - Buchholz 310 § 152 VwGO Nr. 14 = NJW 2002, 2657, vom 5. Oktober 2004 - BVerwG 2 B 90.04 - NVwZ 2005, 232 und vom 17. Januar 2005 - BVerwG 10 B 1.05 - n.v.). Die von den Antragstellern zur Untermauerung der Statthaftigkeit des eingelegten Rechtsbehelfs angeführte frühere Rechtsprechung und Literatur ist insoweit überholt.

Dies gilt um so mehr seit Inkrafttreten des Anhörungsrügengesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl I S. 3220). Durch dieses Gesetz wurden mit dem neuen § 152 a VwGO und entsprechenden Bestimmungen in andere Prozessordnungen außerordentliche Rechtsbehelfe bei erheblichen Gehörsverletzungen in Form der Fortführung des gerichtlichen Verfahrens in der betreffenden Instanz eingeführt. Auch danach ist eine Befassung der nächsthöheren Instanz mit der Sache nicht vorgesehen, § 152 a Abs. 4 Satz 3 VwGO (vgl. Bader, VwGO, Kommentar, 3. Aufl. 2005, § 152 Rn. 5, § 152 a Rn. 2)."

Der Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an.

3. Die Kostenentscheidung für diesen Beschluss beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 2 VwGO. Soweit die Beschwerden gegen die Streitwertfestsetzung erhoben wurden, ist das Verfahren gebührenfrei und Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 Satz 1 GKG). Eine Streitwertfestsetzung für die Beschwerden der Kläger gegen die Kostenentscheidung ist entbehrlich, weil Nr. 5502 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz eine Festgebühr vorsieht.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG, § 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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