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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 03.06.2009
Aktenzeichen: A 2 A 722/08
Rechtsgebiete: AufenthG
Vorschriften:
AufenthG § 60 |
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss
Az.: A 2 A 722/08
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Anerkennung als Asylberechtigter und Abschiebungsschutz
hier: Antrag auf Zulassung der Berufung
hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Hahn und die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Henke
am 3. Juni 2009
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Klägers, ihm für das Zulassungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu gewähren, wird abgelehnt.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 11. Juni 2008 - A 5 K 1324/02 - wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Gründe:
1. Dem Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten kann nicht entsprochen werden, weil der Zulassungsantrag aus den nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO, §§ 114, 121 ZPO).
2. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn mit ihr eine grundsätzliche, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht entschiedene Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellungen bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird, die sich im erstrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf.
Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,
"ob und ggfs. in welchem Umfang ein iranischer Staatsangehöriger, der sein Heimatland illegal verlassen, im europäischen Ausland einen Asylantrag gestellt und sich exilpolitisch als Vorstandsmitglied der weltgrößten monarchistischen Partei, der Constitutionalist Party of Iran, in herausragender Position besonders augenfällig und hervorgehoben betätigt hat und in den Iran abgeschoben wird, bei seiner Rückkehr mit Ermittlungsmaßnahmen gegen seine Person rechnen muss, die nach Intention und Intensität geeignet sind, die asylrelevante Schwelle zu überschreiten und den Rückkehrer als politisch verfolgt bzw. gefährdet in Erscheinung treten zu lassen, und dies im Lichte einer im Iran eingetretenen Verschärfung der innenpolitischen Situation".
Diese Frage ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig. Sie betrifft die Voraussetzungen, unter denen bei Rückkehr in den Iran aufgrund exilpolitischer Tätigkeiten mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr politischer Verfolgung droht. Diese sind in der Rechtsprechung des Senates jedoch geklärt (vgl. Urt. v. 5.6.2002 - A 2 B 117/01 - sowie Urt. v. 12.6.2002 - A 2 B 151/01 -, zuletzt Urt. v. 24.4.2007 - A 2 B 832/05 - und Urt. v. 9.7.2008 - A 2 B 296/07 -). Hiernach ist die Annahme einer Verfolgungsgefahr wegen exilpolitischer Aktivitäten nur dann gerechtfertigt, wenn davon ausgegangen werden muss, dass den Staatssicherheitsbehörden Irans die exilpolitischen Tätigkeiten des Betroffenen bekannt geworden sind und anzunehmen ist, dass die iranischen Behörden diese als erhebliche, den Bestand des Staates gefährdende oppositionelle Aktivitäten bewerten. Grundsätzlich reicht die einfache Mitgliedschaft in einer exilpolitischen Organisation verbunden mit den hierfür typischen Aktivitäten, wie der wiederholten einfachen Demonstrationsteilnahme, der Betreuung von Büchertischen und dem Verteilen von Flugblättern nicht aus. Der Betroffene muss vielmehr aufgrund seiner Aktivitäten aus der Vielzahl der exilpolitisch aktiven Iraner hervortreten. Wann dies im Einzelnen der Fall ist, hängt von den konkret individuellen Umständen des Einzelfalles ab. Nach der Rechtsprechung des Senates kommt monarchistischen Exilorganisationen aus Sicht des iranischen Staates ein nur geringes Bedrohungspotential zu (vgl. hierzu Urt. v. 24.10.2007 - A 2 B 568/04 -).
In der Rechtsprechung des Senats geklärt sind auch die Auswirkungen der Wahl von Ahmadinedjad zum Präsidenten. Im Urteil vom 24.4.2007 heißt es hierzu:
"Insoweit gibt auch die Amtsübernahme durch den neuen Präsidenten Irans Mahmoud Ahmadinejad im August 2005 keine Veranlassung zu einer anderen Beurteilung der Sachlage (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 21.9.2006, S. 30 f.; HessVGH, Urt. v. 27.2.2006 - 11 UE 2252/04.A -, juris; BayVGH, Beschl. v. 19.9.2006 - 14 ZB 06.30733 -, juris). Das Deutsche Orient-Institut führt in seinem Gutachten an das VG Stuttgart vom 5.7.2006 (S. 6 und 7) aus, es sei noch zu früh, um wegen der Präsidentschaft Ahmadinejads grundsätzliche Änderungen der Situation zu erwarten, sicher werde es in Einzelfällen anders zugehen, als es unter Khatami zugegangen sei, aber dass insgesamt und über alles gesehen, eine Verschlechterung oder überhaupt nur eine Veränderung der wirklichen Machtstrukturen und der Machtausübung im Iran stattfinden könnte, sei im Moment schlechterdings nicht abzusehen, und ganz sicher nicht mit der Person Ahmadinejads und mit seinem Wahlsieg zu begründen. Allein die Tatsache, dass ein Mann wie Ahmadinejad gegenwärtig Präsident Irans sei, könne nicht als Indiz dafür gewertet werden, dass die nicht exponierte regimefeindliche Betätigung von Iranern in Europa, die bisher als ungefährlich eingestuft worden sei, nunmehr im Falle der Rückkehr zu schärferer, mit körperlichen Übergriffen verbundener Überprüfung führen könne." ... "Schließlich ist insgesamt auch keine andere Beurteilung aufgrund des Amtsantritts des neuen Präsidenten des Iran Mahmoud Ahmadinedjad im August 2005 veranlasst. Die nach diesem Zeitpunkt erstellten Auskünfte lassen keinen grundlegenden Wandel der tatsächlich vom Iran gegenüber aus dem Ausland zurückkehrenden Asylbewerber im Allgemeinen und Apostaten im Besonderen verfolgten Politik erkennen. Insbesondere ist dies dem - bereits mehrfach zitierten - aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 21.9.2006 nicht zu entnehmen. Im Übrigen führt das Deutsche Orient-Institut in der bereits zitierten Stellungnahme gegenüber dem VG Stuttgart vom 5.7.2006 aus, dass der Machtantritt Ahmadinedjads in seiner politischen Bedeutung für die innenpolitischen Verhältnisse Irans im Westen weit überschätzt werde. Dort habe man sich daran gewöhnt, Politiker immer nur an ihren Worten zu messen, und nicht an ihren Taten. Auch zu Zeiten des Amtsvorgängers von Ahmadinedjad seien weite Teile des Staatsapparates von Fundamentalisten besetzt und beherrscht worden (S. 1 f.). Ob es zu Veränderungen der wirklichen Machtstrukturen und der Machtausübung kommen könnte, sei nicht absehbar, jedoch ganz sicher nicht mit der Person Ahmadinedjads und dessen Wahlsieg zu begründen (S. 6)."
Der Kläger hält weiter für grundsätzlich klärungsbedürftig,
"ob die am 9.9.2008 verabschiedete Strafrechtsnovelle dazu führen könnte, dass in den Iran abgeschobene Asylbewerber unter dem Vorwand, sich aufgrund ihrer westlichen Lebensart vom Islam abgewandt und sich sog. neuen Ideen und Ideologien zugewandt zu haben, mit staatlichen Maßnahmen zu rechnen hätten, die die asylrelevante Schwelle überschreiten".
Auch diese Frage ist in der Senatsrechtsprechung hinreichend geklärt: Demnach rechtfertigen auch die Stellung des Aslyantrags und der mehrjährige Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht die Annahme, der Betreffende werde mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei Rückkehr in den Iran einer politischen Verfolgung ausgesetzt sein (vgl. zuletzt Urt. v. 9.7.2008 a. a. O.). Von dieser Einschätzung ist der Senat im Hinblick auf das Gesetzesvorhaben zur Apostasie lediglich in soweit abgewichen, als er eine Rückkehrgefährdung für konvertierte, ihren christlichen Glauben praktizierende Muslime angenommen hat (vgl. Urt. v. 3.4.2008 - 2 B 36/06 -):
"Hinsichtlich der geplanten Einführung des Straftatbestands der Apostasie ist derzeit nicht absehbar, ob, wann und ggfs. mit welchen Änderungen die geplante Kodifizierung der Apostasie in Kraft tritt; gänzlich offen ist, wie die Anwendung der Norm in der iranischen Strafrechts- und Vollstreckungspraxis aussehen würde. Trotz der genannten Unwägbarkeiten hat allerdings die bloße Tatsache, dass das iranische Parlament die Apostasie im kodifizierten iranischen Strafrecht unter Strafe stellen will, eine gewisse Indizwirkung für eine deutliche Verschärfung der Situation für zum Christentum konvertierte Muslime.
Der Senat kommt angesichts der geschilderten, möglicherweise im Umbruch befindlichen Auskunftslage trotz der aufgezeigten Unwägbarkeiten zu dem Ergebnis, dass dem Kläger bei Betätigung seiner auf einem ernsthaften Glaubenswechsel beruhenden christlich ausgerichteten Lebensführung im Iran derzeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen i. S. v. Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie drohen. Zu denken ist zum einen an den Kläger diskriminierende administrative/polizeiliche Maßnahmen bis hin zur Verhaftung, die an den Besuch öffentlicher Gottesdienste einer christlich-evangelikalen Gemeinde anknüpfen, zum anderen an eine im Falle der Verabschiedung des Apostasie-Gesetzes denkbare Strafverfolgung wegen Apostasie."
Soweit der Kläger schließlich weiterhin geltend macht, aufgrund seiner exilpolitischen Betätigung für die CPI und seiner schriftstellerischen Aktivitäten im Internet im Fall seiner Rückkehr ernsthaften Repressalien ausgesetzt zu sein, macht er der Sache nach ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung geltend. Damit legt er aber keinen Zulassungsgrund i. S. d. § 78 Abs. 3 AsylVfG dar. Diese Regelung ist abschließend. Ein Rückgriff auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt nicht in Betracht.
Die mit Schriftsätzen vom 1.12.2008 und vom 2.3.2009 geltend gemachte Gründung eines Karikaturenmagazins im Internet sowie die Leitung einer Demonstration in am 7.2.2009 sind im Zulassungsverfahren nicht berücksichtigungsfähig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylVfG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 80 AsylVfG).
Ende der Entscheidung
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