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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 16.07.2007
Aktenzeichen: 9 UF 20/07
Rechtsgebiete: VAHRG, BGB


Vorschriften:

VAHRG § 10a Abs. 3
BGB § 1587c
Die Vorschrift des § 10a Abs. 3 VAHRG ist nicht dahin zu verstehen, dass er eine Anwendung des § 1587c BGB im Abänderungsverfahren generell verhindert und Billigkeitserwägungen nur in dem von ihm gezogenen Rahmen und nur mit der Rechtsfolge zulässt, dass eine Abänderung der Erstentscheidung unterbleibt. Vielmehr kommt eine Herabsetzung oder ein Ausschluss nach § 1587c BGB, soweit der Einstieg in die Abänderung eröffnet ist, dann in Betracht, wenn sich das wirtschaftliche Gleichgewicht zu Lasten des Ausgleichsverpflichteten so verändert, dass eine Inanspruchnahme im Rahmen des Versorgungsausgleichs grob unbillig wäre.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

9 UF 20/07

In der Familiensache

wegen Ehescheidung

hier: abgetrennte Folgesache Versorgungsausgleich

hat der 9. Zivilsenat - Senat für Familiensachen II - des Saarländischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Kockler sowie die Richterinnen am Oberlandesgericht Sandhöfer und Cornberger

am 16. Juli 2007

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Ärztekammer des Saarlandes wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Homburg vom 16. Januar 2007 - 10 F 65/06 S - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Zu Lasten der für den Antragsgegner bei der Ärztekammer des Saarlandes - Versorgungswerk - zur Verwaltungsnummer bestehenden Versorgungsanrechte werden auf dem Versicherungskonto Nr. ~14 der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften von monatlich 161,41 EUR, bezogen auf den 31. März 2006, begründet. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der Ruhegehalts- und Zusatzversorgungskasse des Saarlandes werden auf dem Versicherungskonto Nr. ~14 der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften von monatlich 23,00 EUR, bezogen auf den 31. März 2006, begründet. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

2. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszuges bleibt es bei der erstinstanzlichen Entscheidung.

3. Beschwerdewert: 2.000 EUR.

Gründe:

I.

Die am Juni 1968 geborene Ehefrau (Antragstellerin) und der am November 1964 geborene Ehemann (Antragsgegner) haben am 2. August 1996 die Ehe geschlossen. Der Scheidungsantrag der Antragstellerin wurde dem Antragsgegner am 11. April 2006 zugestellt.

Während der Ehezeit (1. August 1996 bis 31. März 2006, § 1587 Abs. 2 BGB) haben die Parteien die folgenden ausgleichspflichtigen Anwartschaften erworben: die Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund, weitere Beteiligte zu 2) Rentenanwartschaften von monatlich 320,77 EUR und der Antragsgegner bei der Ärztekammer des Saarlandes - Versorgungswerk - (Ärztekammer, weitere Beteiligte zu 1) dynamische Versorgungsanrechte in Höhe von 792,75 EUR. Für beide Parteien bestehen zudem bei der Ruhegehalts- und Zusatzversorgungskasse des Saarlandes (RZVK - weitere Beteiligte zu 3) unverfallbare, im Anwartschaftsstadium statische, im Leistungsstadium dynamische Anwartschaften auf Betriebsrente (Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes), auf Seiten der Antragstellerin in Höhe von monatlich 152,45 EUR mit einem dynamischen Wert von 42,66 EUR und auf Seiten des Antragsgegners solche in Höhe von 343,10 EUR mit einem dynamischen Wert von 112,96 EUR.

Die Ehe ist durch Urteil des Familiengerichts vom 25. Juli 2006 - seit dem 12. September 2006 rechtskräftig - geschieden. Die Folgesache Versorgungsausgleich ist durch Beschluss des Familiengerichts vom 25. Juli 2006 abgetrennt worden.

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat das Familiengericht zu Lasten der Versorgungsanrechte des Antragsgegners bei der Ärztekammer auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin auf den 31. März 2006 bezogene Versorgungsanrechte in Höhe von monatlich 184,41 EUR begründet.

Mit ihrer Beschwerde beanstandet die Ärztekammer, dass das Familiengericht die Aufteilung des Ausgleichsbetrages nicht nach der sog. Quotierungsmethode vorgenommen habe. Die Antragstellerin, welche ein ursprünglich von ihr selbst eingelegtes Rechtsmittel nicht mehr weiterverfolgt, sowie die RZVK schließen sich der Rechtsauffassung der Ärztekammer an. Die DRV Bund verweist darauf, dass der (vom Familiengericht mit 184,41 EUR angenommene) Höchstbetrag nach § 1587b Abs. 5 BGB 184,40 EUR betrage.

II.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 621 e Abs. 1, Abs. 3, 621 Abs. 1 Nr. 6, 517, 520 ZPO zulässig und nach Maßgabe der Entscheidungsformel begründet.

Die Ärztekammer beanstandet zu Recht, dass das Familiengericht bei der Durchführung des Ausgleichs nicht nach der Quotierungsmethode vorgegangen ist.

Das Familiengericht hat die in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Versorgungsanwartschaften zutreffend ermittelt und dabei insbesondere auch die Anwartschaften der Parteien bei der RZVK zu Recht als teildynamisch angesehen und entsprechend dynamisiert. Insoweit wird auf die Berechnungen in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Hiergegen sind keine Einwände erhoben worden, solche sind auch nicht ersichtlich.

Soweit der Antragsgegner in dem Fragebogen betreffend den Versorgungsausgleich die Frage nach Beitrags- Ersatz- oder Anrechnungszeiten bejaht und angegeben hat, den letzten Beitrag für Januar 2006 zur Rentenversicherung der Angestellten gezahlt zu haben, hat der Senat diesbezüglich weitere Ermittlungen angestellt. Diese haben ergeben, dass bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zwar ein Rentenversicherungskonto für den Antragsgegner besteht (Versicherungsnummer: ~45), dass jedoch während der Ehezeit keine Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben worden sind, da der Antragsgegner seit 15. November 1992 von der Versicherungspflicht befreit ist (Auskunft der DRV Bund vom 6. Juli 2007).

Für den Versorgungsausgleich stehen sich somit dynamische und dynamisierte Versorgungsanrechte der Parteien wie folgt gegenüber:

Auf Seiten der Antragstellerin:

- 320,77 EUR bei der DRV Bund und 42,66 EUR bei der RZVK, zusammen 363,43 EUR.

Auf Seiten des Antragsgegners:

- 792,75 EUR bei der Ärztekammer und 112,96 EUR bei der RZVK, zusammen 905,71 EUR.

Die Differenz zwischen den beiderseits erlangten Anwartschaften beträgt 542,28 EUR. Hiervon ist gemäß § 1587 b Abs. 1 Satz 2 BGB die Hälfte, also ein Betrag von 271,14 EUR zu Gunsten der Antragstellerin im Versorgungsausgleich auszugleichen.

Da der Ausgleich der Anrechte des Antragsgegners nach Maßgabe von § 1 Abs. 3 VAHRG im Wege des erweiterten Quasi-Splittings zu erfolgen hat, ist nach der sog. Quotierungsmethode (vgl. BGH, FamRZ 1994, 90, 91; Senatsbeschlüsse vom 19. Dezember 2002 - 9 UF 93/99 -; vom 21. März 2001 - 9 UF 159/00 -; vom 27. September 1999 - 9 UF 83/99 - und vom 26. Juni 1991 - 9 UF 71/91 - <FamRZ 1992, 70, 71>; 2. Senat des Saarländischen Oberlandesgerichts, Beschluss vom 14. Februar 2007 - 2 UF 31/06 Hoppenz/Triebs, Familiensachen, 8. Aufl., § 1 VAHRG, Rz. 31, m.w.N.) der Ausgleichsbetrag nach dem Wertverhältnis der vom Antragsgegner während der Ehezeit erworbenen auszugleichenden Versorgungsanwartschaften anteilmäßig auf die beiden Versorgungen aufzuteilen.

Dabei verteilt sich der Ausgleichsbetrag nach dem Verhältnis der Anwartschaft zur Summe der Anwartschaften - zunächst ohne Beachtung des Höchstbetrages - nach § 1587b Abs. 5 BGB wie folgt:

- 792,75 / 905,71 * 271,14 = . . . . . . . 237,32 EUR

- 112,96 / 905,71 * 271,14 = . . . . . . . 33,82 EUR

Bei einem Ausgleich in dieser Höhe wäre der Höchstbetrag überschritten.

Gemäß § 76 Abs. 2 S. 3 SGB VI wird der Höchstbetrag auf der Grundlage von Entgeltpunkten in der Weise ermittelt, dass der Zuschlag an Entgeltpunkten infolge durchgeführten Versorgungsausgleichs (§ 76 Abs. 1 SGB VI) zusammen mit den in der Ehezeit bereits vorhandenen Entgeltpunkten den Wert nicht übersteigen darf, der sich ergibt, wenn die Anzahl der Kalendermonate der Ehezeit durch 6 geteilt wird. Die in der Ehezeit erreichbare höchstmögliche Anzahl an Entgeltpunkten wird um die Entgeltpunkte gemindert, die der ausgleichsberechtigte Ehegatte aus eigenen Versicherungszeiten in der Ehezeit erworben hat. Das Ergebnis sind die Entgeltpunkte, die im Versorgungsausgleich noch erworben werden können. Werden diese Entgeltpunkte mit dem zum Ehezeitende maßgebenden aktuellen Rentenwert vervielfältigt, ergibt sich der Euro-Betrag, den der Ausgleichsberechtigte maximal im Versorgungsausgleich in der Rentenversicherung erwerben kann.

Dieser beläuft sich unter Beachtung der gesetzlichen Rundungsvorschriften vorliegend nach Maßgabe der folgenden Berechnung - wie vom Familiengericht zutreffend zugrunde gelegt - auf 184,41 EUR (116 Ehezeitmonate : 6 = 19,3333 * aktueller Rentenwert zum Ehezeitende 26,13 = 505,18 EUR abzgl. ehezeitl. Anwartschaften 320,77 EUR).

Unter gebotener Berücksichtigung des Höchstbetrags nach § 1587b Abs. 5 BGB von 184,40 EUR ergibt sich die folgende Verteilung des Ausgleichsbetrags:

- 792,75 / 905,71 * 184,41 = . . . . . . . 161,41 EUR

- 112,96 / 905,71 * 184,41 = . . . . . . . 23,00 EUR

Wegen des Restbetrags kann nach § 1587b Abs. 5 BGB der Versorgungsausgleich nur schuldrechtlich durchgeführt werden.

Entsprechend ist der angefochtene Beschluss abzuändern.

Die Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte folgt aus § 1587 b Abs. 6 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 93 a Abs. 1 Satz 1 ZPO und § 21, 49 Nr. 3 GKG.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§§ 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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