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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 17.09.2003
Aktenzeichen: 9 UF 91/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 517
ZPO § 520
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 621 e Abs. 1
ZPO § 621 e Abs. 3
BGB § 1684 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

9 UF 91/03

In der Familiensache

wegen Abänderung einer Umgangsregelung betreffend

hat der 9. Zivilsenat - Senat für Familiensachen II - des Saarländischen Oberlandesgerichts durch die Richterinnen am Oberlandesgericht Sandhöfer und Cronberger und den Richter am Oberlandesgericht Neuerburg

am 17. September 2003

beschlossen:

Tenor:

I.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in St. Wendel vom 26. Juni 2003 - 16 F 78/03 UG - wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat den übrigen Beteiligten die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

III.

Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

IV.

Der Antrag der Antragstellerin, ihr für ihre Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in St. Wendel vom 26. Juni 2003 - 16 F 78/03 UG - Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

V.

Dem Antragsgegner wird mit Wirkung vom 28. Juli 2003 unter gleichzeitiger Beiordnung von Rechtsanwalt, Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt.

Der Antragsgegner hat keine Raten auf die Prozesskosten zu zahlen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind seit Dezember 2001 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Aus ihrer Ehe sind die beiden minderjährigen Kinder, geboren am 1993, und, geboren am 1997, hervorgegangen, die im Haushalt der Kindesmutter leben, der die alleinige elterliche Sorge für beide Kinder übertragen ist.

Durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in St. Wendel vom 29. Mai 2002 - 16 F 392/00 - wurde dem Kindesvater ein Umgangsrecht mit seinem Sohn 14-täglich, sonntags von 14.00 Uhr bis 19.00 Uhr, beginnend mit dem 2. Juni 2002 sowie an den zweiten Feiertagen von Weihnachten und Ostern, jeweils von 14.00 Uhr bis 19.00 Uhr eingeräumt und weitere Verpflichtungen der Kindeseltern im Zusammenhang mit der Abwicklung der Umgangskontakte geregelt.

Mit ihrem am 25. Februar 2003 eingereichten Antrag hat die Kindesmutter in Abänderung vorgenannten Beschlusses beantragt, das Umgangsrecht des Kindesvaters mit dem Sohn vorläufig auszuschließen.

Der Kindesvater hat um Abweisung des Antrags gebeten.

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht den Antrag der Kindesmutter auf Ausschluss des Umgangsrechts des Kindesvaters mit dem Kind zurückgewiesen und den Beschluss vom 29. Mai 2002 mit der Maßgabe aufrecht erhalten, dass es dem Kindesvater untersagt wird, bei Ausübung des Umgangsrechts mit dem Sohn Gaststätten aufzusuchen und alkoholische Getränke zu sich zu nehmen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kindesmutter, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag auf vorläufigen Ausschluss des Umgangsrechts des Kindesvaters mit dem Sohn weiterverfolgt.

Der Kindesvater bittet unter Verteidigung des angefochtenen Beschlusses um Zurückweisung der Beschwerde.

II.

Die gemäß §§ 621 e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 2, 621 e Abs. 3, 517, 520 ZPO zulässige Beschwerde der Kindesmutter bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der angegriffene Beschluss hält den Beschwerdeangriffen Stand.

Der Senat teilt die Auffassung des Familiengerichts, dass vorliegend - jedenfalls derzeit - die Voraussetzungen (§§ 1684 Abs. 4, 1696 BGB) für eine weitergehende Einschränkung des Umgangsrechts des Kindesvaters mit dem gemeinsamen Sohn dahingehend, die Umgangskontakte ganz auszuschließen, nicht gegeben sind.

Gemäß § 1684 Abs. 1 BGB steht dem Kindesvater dem Grunde nach ein Recht zum persönlichen Umgang mit dem gemeinsamen Sohn zu, was auch von der Kindesmutter letztlich nicht in Frage gestellt wird. Auch ist der Kontakt zu beiden Elternteilen für die allgemeine Entwicklung von Kindern grundsätzlich von größter Bedeutung und liegt es danach im Regelfall im Interesse eines Kindes, diesen Kontakt so umfassend wie möglich unter Berücksichtigung des Alters des Kindes, der Intensität seiner bisherigen Bindungen zum Umgangsberechtigten und der sonstigen Interessen und Bindungen des Kindes und der Eltern zu gestalten.

Der von der Kindesmutter vorliegend erstrebte Ausschluss des Umgangsrechts setzt voraus, dass dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist, wobei die Eingriffsschranken hoch sind und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren ist. Längerfristige Anordnungen oder dauerhafte Regelungen sind nur zulässig, wenn das Kindeswohl ernsthaft beeinträchtigt ist und andere, weniger weit reichende Eingriffe nicht ausreichend sind (vgl. Oelkers, Sorge- und Umgangsrecht, § 2, Rz. 152 ff; zur verfassungsrechtlichen Voraussetzung für Eingriffe in das Elternrecht, vgl. auch BVerfG, FamRZ 2002, 1021).

Unter Beachtung vorstehender Grundsätze ist auch nach Überzeugung des Senats vorliegend nicht eine den Ausschluss des Umgangsrechts des Kindesvaters rechtfertigende Gefährdung oder anderweitige Beeinträchtigung des Kindeswohls bei Durchführung von Umgangskontakten unter Beachtung der im angefochtenen Beschluss angeordneten Auflagen zu befürchten.

Auch die im Bericht der Ergotherapeutin vom 23. Juni 2003 dargelegten Verhaltensauffälligkeiten des Sohnes nach Besuchskontakten beim Vater dergestalt, dass er sehr aufgedreht und motorisch gewesen sei und ein unstrukturiertes Verhalten gezeigt habe, lassen nicht auf eine - zum Ausschluss des Umgangsrechts erforderliche - Gefährdung des Kindeswohls bei weiterer Durchführung der Besuchskontakte schließen, zumal der Sohn selbst - nach den insoweit unangefochtenen Feststellungen des Familiengerichts - nach wie vor Umgangskontakte mit dem Kindesvater wünscht. Insoweit spricht auch viel für die Annahme des Familiengerichts, dass diese Verhaltensauffälligkeiten letztlich aus den zwischen den Kindeseltern unstreitig nach wie vor bestehenden Spannungen infolge nicht verarbeiteter Probleme auf der Partnerschaftsebene resultieren, mit denen das Kind bei Besuchskontakten verstärkt konfrontiert wird.

Hier obliegt es aber der elterlichen Verantwortung beider Elternteile, dem Sohn durch ihr Verhalten möglichst konfliktfreie Umgangskontakte zu ermöglichen, wofür unabdingbare Voraussetzung ein beidseitiges Bemühen der Eltern ist.

Den Befürchtungen der Kindesmutter für das Kindeswohl bei Durchführung der Umgangskontakte in Gaststätten bzw. der Aufnahme alkoholischer Getränke durch den Kindesvater anlässlich der Besuchskontakte hat das Familiengericht durch die im angefochtenen Beschluss angeordneten Einschränkungen des Umgangsrechts des Kindesvaters in nicht zu beanstandender, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angemessen berücksichtigender Weise Rechnung getragen.

Insoweit geht der Senat auch davon aus, dass der Kindesvater - wie von der Kindesmutter erstrebt - bei der Ausgestaltung künftiger Besuchskontakte mit dem Sohn bemüht sein wird, durch sinnvolle Unternehmungen die Neigungen und Interessen des Kindes zu fördern.

Nach alldem hat das Familiengericht zu Recht die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Umgangskontakte auch in der Form eines nur vorübergehenden Ausschlusses verneint.

Der Beschwerde der Kindesmutter ist daher der Erfolg zu versagen, weswegen ihr auch die für ihre Beschwerde nachgesuchte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden kann.

Der Ausspruch über die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 30 Abs. 2 KostO.

Dem Antragsteller ist Prozesskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz gemäß §§ 14 FGG, 119 ZPO zu bewilligen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§§ 621 e Abs. 2, 543 ZPO).

Ende der Entscheidung

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