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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 17.05.2000
Aktenzeichen: 1 U 783/99-193-
Rechtsgebiete: VOB/B, ZPO


Vorschriften:

VOB/B § 2 Nr. 5
VOB/B § 2 Nr. 6
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 709
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT URTEIL IM NAMEN DES VOLKES

1 U 783/99-193- 14 O 393/94 LG Saarbrücken

Verkündet am 17. Mai 2000

gez: Ludwig Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2000 durch die Richter am Oberlandesgericht Theis und Dr. Gehrlein sowie die Richterin am Oberlandesgericht Quack

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerinnen gegen das am 3. August 1999 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken - 14 O 393/94 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten fallen den Klägerinnen zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerinnen können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Klägerinnen und der Streitwert des Berufungsverfahrens werden auf jeweils 78.136,44 DM festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beklagten sind zwei in einer Arbeitsgemeinschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbundene Bauunternehmen, die von der Kreisstadt der Streithelferin der Beklagten, den Auftrag zur Erstellung des Bauvorhabens übernommen hatten. Am 3. Dezember 1987 schlossen die Beklagten mit den Klägerinnen, zwei ebenfalls in einer Arbeitsgemeinschaft organisierten Bauunternehmen, auf der Grundlage der VOB/B einen Nachunternehmervertrag, der für das Gewerk "Spezialtiefbauarbeiten" die Ausführung von Erd-, Wasserhaltungs-, Verbau-, Stahlbeton- und Kanalisationsarbeiten zum Gegenstand hatte (Bl. 9 ff. d.A.).

Laut Position D/1 verpflichteten sich die Klägerinnen, Erdaushub der Baugrube in Tiefen bis zu elf Meter zu lösen, zu laden sowie bei Eignung zur Recyclinganlage (fortan: H) zu transportieren und abzukippen. Mit dem vereinbarten Einsatzpreis von 8,37 DM je Kubikmeter waren auch die Kippgebühren abgegolten (Bl. 36 d.A.). Die Klägerinnen betrauten ihrerseits die Firma (künftig:) als Subunternehmer mit der Durchführung dieser Arbeiten. Die Firma legte im Rahmen ihrer Kalkulation Deponiekosten von 2,40 DM je Kubikmeter für nicht brauchbare Erdmassen, von 1,50 DM je Kubikmeter für Torf und von 0,00 DM je Kubikmeter für Sand zu Grunde (Bl. 335 d.A.). Diese Preise wurden von der Klägerin mit einem Aufschlag versehen und ohne eigene Kalkulation übernommen (Bl. 320 d.A.).

Der von den Klägerinnen bzw. der Firma bearbeitete Aushub umfasst insgesamt 54.888,164 Kubikmeter. Da von dem Aushub 10.368,64 Kubikmeter auf Anweisung des Kampfmittelräumdienstes zweimal bewegt werden mussten, bemisst sich der Erdaushub als solcher auf 44.519,524 Kubikmeter (Bl. 53, 356 d.A.). Davon wurden 3.219,25 Kubikmeter beim Einbau wiederverwendet. Über die H wurden 23.985,49 Kubikmeter und über die Deponie L, eine Filiale der H, 8.331,724 Kubikmeter Aushubmaterial entsorgt. Die Restmenge von 8.983,06 Kubikmeter Sand wurde auf Verlangen der Stadt von der Firma nicht zur H, sondern zwecks Verwendung als Baumaterial an die Baustelle der Stadtkernumgehungsstraße verbracht (Bl. 56, 356 f. d.A.). Laut einem Aktenvermerk des Stadtbauamts vom 18. und 21. Oktober 1988 (Bl. 49 d.A.) war die Anforderung von der Stadt über den Bauleiter der Beklagten an die Firma gerichtet worden.

Durch einen Nachtrag vom 24. Februar 1989 kündigte die gegenüber den Klägerinnen einen Mehraufwand für Deponiegebühren über 62.316,37 DM an (Bl. 320, 56 f. d.A.). Ausgehend von einem Nachtragspreis von 1,92 DM und einem Gesamtaushub über 46.651,46 Kubikmeter stellte die Firma den Klägerinnen eine Nachforderung in Rechnung. Auf der Grundlage ihrer Schlussrechnung vom 26. April 1990 verlangten die Klägerinnen von den Beklagten am 26. September 1990 Deponiemehrkosten in Höhe von 69.598,42 DM (32.371,36 Kubikmeter x 2,15 DM; Bl. 200 f. d.A.), während die Beklagten gegenüber der Kreisstadt am 2. Juli 1990 Deponiemehrkosten in Höhe von 79.957,26 DM (32.371,36 Kubikmeter x 2,47 DM; Bl. 202 d.A.) in Rechnung stellten. Durch Schreiben vom 28. November 1991 (Bl. 53 ff.) erläuterten die Klägerinnen unter Bezugnahme auf eine Aufstellung der von der H mit der Abrechnung betrauten Firma über Deponiemehrkosten in Höhe von 62.312,37 DM (Bl. 56 f. d.A.) ihre Nachtragsforderung gegenüber den Beklagten.

Da die Stadt eine Nachtragszahlung ablehnte, wurde der Vorgang der VOB-Stelle unterbreitet. Diese kam zu dem Ergebnis, dass für 9.000 Kubikmeter Erdmassen ein neuer Preis zu vereinbaren ist und die Beklagten unter der Voraussetzung des Nachweises der zulässigen Nutzung einem Anspruch auf Vergütung der Entsorgung von ca. 20.000 Kubikmeter Erdmassen haben (Bl. 51 d.A.). Im Anschluss an die Begutachtung teilten die Beklagten den Klägerinnen durch Schreiben vom 25. August 1992 mit, dass nach dem Inhalt des Gutachtens die an die Stadt gelieferten Erdmassen ein neuer Preis zu vereinbaren ist (Bl. 52 d.A.). Weiter heißt es:

"Die bisher von Ihnen geltend gemachten Mehrkosten basieren auf den gesamten Massen, die von der Firma auf die Recycling gefahren wurden.

Wir bitten Sie deshalb, Ihr Nachtragsangebot umzustellen und als Basis die an die Stadt gelieferten Massen zu nehmen, nämlich 8.983,06 m³."

Schließlich unterbreiteten die Klägerinnen am 15. Oktober 1992 ein Nachtragsangebot (Bl. 58 f. d.A.), mit dem eine Gesamtforderung von 78.136,44 DM geltend gemacht wurde. In der Folgezeit lehnten die Beklagten jede Zahlung ab, weil die Stadt ihnen gegenüber die Vergütung von Deponiemehrkosten verweigerte.

Gegen die Klageforderung erheben die Beklagten die Einrede der Verjährung.

Die Klägerinnen haben vorgetragen,

Die Firma habe als ihr Nachunternehmer mit der H wegen der in dem Aushub enthaltenen Sandanteile einen Deponiesonderpreis vereinbaren können. Nachdem die Sandmassen auf Wunsch des Bauherrn kraft einer Anweisung der Beklagten zu einer Baustelle der Stadt verbracht worden seien, habe die H entsprechend der Aufstellung der die Deponiegebühren um 62.312,37 DM erhöht. Aufgrund der nachträglichen Änderung stehe ihnen nach § 2 Nr. 5 bzw. Nr. 6 VOB/B ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung zu. Die Berechtigung dieses Anspruchs hätten die Beklagten mit Schreiben vom 25. August 1992 anerkannt. Entsprechend diesem Schreiben hätten sie ihr Nachtragsangebot über 78.136,44 DM vorgelegt.

Die Klägerinnen haben beantragt (Bl. 379, 383 d.A.),

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerinnen 78.136,44 DM nebst 1 % Zinsen über dem jeweiligen Lombardsatz der Deutschen Bundesbank seit dem 1. Mai 1993 bis 31. Dezember 1998 sowie Zinsen in Höhe von 1 % über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank seit dem 1. Januar 1999 zu zahlen.

Die Beklagten und ihre Streithelferin haben beantragt (Bl. 379 d.A.),

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben vorgetragen,

die Stadt habe die Anweisung, die Sandmassen nicht zu entsorgen, sondern an die städtische Baustelle zu verbringen, unmittelbar der Firma erteilt. Eine Auftragsänderung durch die Beklagten sei somit gegenüber den Klägerinnen nicht erfolgt, § 2 Nr. 5 VOB/B mithin nicht einschlägig. Mit Schreiben vom 25. August 1992 hätten sie die Klageforderung nicht anerkannt, sondern die Klägerinnen auf der Grundlage des Schiedsgutachtens um ein Nachtragsangebot gebeten. Die geltend gemachten erhöhten Deponiekosten seien nicht ansatzweise nachvollziehbar.

Die Streithelferin hat vorgetragen,

für sie sei die Entsorgung von etwa 20.550 Kubikmeter Erdmassen weiterhin ungeklärt. Die Firma habe Sandmassen teilweise verkauft und nicht bei der H entsorgt.

Durch das angefochtene Urteil (Bl. 390-408), auf das wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, hat das Landgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens (Bl. 243 - 252 d.A.) und mündliche Anhörung des Sachverständigen (Bl. 308 ff. d.A.) die Klage abgewiesen. Nach Auffassung des Landgerichts haben die Klägerinnen einen Anspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B nicht schlüssig dargetan. Gegen das am 5. August 1999 zugestellte (Bl. 413 d.A.) Urteil richtet sich die am 6. September 1999 eingelegte (Bl. 424 d.A.) und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 8. November 1999 (Bl. 430 d.A.) am 8. November 1999 begründete (Bl. 433 ff. d.A.) Berufung der Klägerinnen.

Die Klägerinnen machen geltend, das Landgericht sei verfahrensfehlerhaft von der Unschlüssigkeit der Klage ausgegangen. Die Beklagten hätten durch Schreiben vom 25. August 1992 die Berechtigung der Klageforderung dem Grunde nach anerkannt. Die Beweisangebote für Preise und Massen habe das Landgericht übergangen. Der Mehraufwand für die Deponiegebühren ergebe sich aus der Kostenaufstellung der Die Gesamtentsorgung habe sich auf den Betrag von 128.611,72 DM belaufen. In ihrem Nachtragsangebot hätten sie in zulässiger weise auf die Mehrkosten Bezug genommen. Zu einer eingehenderen Substantiierung der Klageforderung seien sie nicht in der Lage (Bl. 469 d.A.).

Die Klägerinnen beantragen (Bl. 471, 433 d.A.),

in Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerinnen 78.136,44 DM nebst 9 % Zinsen hieraus seit dem 1. Mai 1993, hilfweise 1 % über den jeweiligen Lombardsatz der Deutschen Bundesbank seit dem 1. Mai 1993 bis 31. Dezember 1998 sowie Zinsen in Höhe von 1 % über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank seit dem 1. Januar 1999 zu bezahlen.

Die Beklagten und die Streithelferin beantragen (Bl. 471, 431, 442 d.A.),

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten tragen vor, die Preisberechnung der Klägerinnen sei nicht nachvollziehbar. Die Klägerinnen seien im Blick auf die Substantiierung den ihnen erteilten gerichtlichen Auflagen nicht nachgekommen. Ausgehend von der Ursprungskalkulation der Firma sei eine Preiserhöhung nicht feststellbar. Sie hätten die Forderung der Klägerin nicht mit Schreiben vom 25. August 1992 anerkannt.

Die Streithelferin beanstandet die fehlende Schlüssigkeit der Klage. Den gerichtlichen Auflagen hätten die Klägerinnen nicht genügt. Die Erhöhung der Deponiekosten sei nicht nachvollziehbar dargelegt.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Klägerinnen ist zulässig, bleibt aber aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung in der Sache ohne Erfolg.

A.

Die Klageforderung kann nicht auf § 2 Nr. 6 VOB/B gestützt werden.

I.

Wird eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung gefordert, so hat der Auftragnehmer nach § 2 Nr. 6 VOB/B einen Anspruch auf eine besondere Vergütung. Die Regelung setzt voraus, dass eine neue, vom bisherigen Vertragsinhalt noch nicht erfasste zusätzliche Leistung vom Auftragnehmer verlangt wird, also eine Erweiterung des Leistungsinhalts eintritt (Ingenstau/Korbion, VOB, 13. Aufl., § 2 VOB/B Rn. 262; Beck'scher VOB-Kommentar/Jagenburg, § 2 Nr. 5 VOB/B Rn. 33). Wird nicht eine zusätzliche Leistung erbracht, sondern auf Anordnung des Auftraggebers eine nach dem ursprünglichen Vertrag geschuldete Leistung anders ausgeführt, so ist § 2 Nr. 5 VOB/B und nicht § 2 Nr. 6 VOB/B einschlägig. Jede "Leistung - anstatt", mithin jede Leistung, die an Stelle einer bisher vorgesehenen Leistung erbracht wird, ist § 2 Nr. 5 VOB/B zuzuordnen (Ingenstau/Korbion a.a.O., § 2 VOB/B Rn. 263).

II.

Diesen Unterscheidungskriterien folgend ist hier § 2 Nr. 5 VOB/B und nicht § 2 Nr. 6 VOB/B einschlägig. Von den Klägerinnen wurde keine zusätzliche Leistung verlangt. Vielmehr wurde der Leistungsinhalt lediglich geändert. Die Klägerinnen haben die Erdmassen nicht - wie vertraglich vorgesehen - über die H entsorgt, sondern der Stadt für ein Bauvorhaben zur Verfügung gestellt. Dadurch ist hinsichtlich der Entsorgung eines Teils der Sandmassen eine Änderung des Leistungsinhalts eingetreten. Diese Leistungsänderung ist nur nach § 2 Nr. 5 VOB/B zu vergüten.

B.

Die Klageforderung ist unbegründet, weil die Klägerinnen den auf § 2 Nr. 5 VOB/B gestützten Zahlungsanspruch nicht hinreichend substantiiert vorgetragen haben. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob die Änderung, wie § 2 Nr. 5 VOB/B voraussetzt, auf eine Anordnung der Beklagten zurückgeht und die Einrede der Verjährung durchgreift.

I.

Die Beklagten haben die Klageforderung nicht durch Schreiben vom 25. August 1992 (Bl. 52 d.A.) anerkannt. Dieses Schreiben ist nicht als deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu werten.

1. Das deklaratorische Schuldanerkenntnis ist als Vertrag zu charakterisieren, der im Unterschied zum abstrakten Schuldanerkenntnis den in Frage stehenden Anspruch nicht auf eine neue Anspruchsgrundlage hebt, sondern diesen Anspruch unter Beibehaltung des Anspruchsgrunds dadurch verstärkt, dass er ihn Einwänden des Anspruchsgegners gegen den Grund des Anspruchs entzieht. Das deklaratorische Schuldanerkenntnis hat zur Voraussetzung, dass die Parteien das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Punkten dem Streit oder der Ungewissheit zu entziehen und es endgültig festzulegen suchen (BGH NJW 1995, 3311 f.; BGH NJW 1982, 996, 998; Senat NJWE-WettbR 2000, 77, 79 f.).

2. Mit dem Schreiben vom 25. August 1992 haben die Beklagten nicht den Willen verlautbart, die Klageforderung anzuerkennen. In dem Schreiben haben die Beklagten den Klägerinnen lediglich das Ergebnis des Schiedsgutachtens mitgeteilt und die Klägerinnen aufgefordert, ihr Nachtragsangebot auf der Grundlage des Schiedsgutachtens umzustellen. Damit haben die Beklagten die Mehrforderung der Klägerinnen nicht vorbehaltlos gebilligt. Vielmehr verdeutlicht die Bitte, ein Nachtragsangebot vorzulegen, dass Zahlung erst nach Prüfung und Annahme dieses Angebots erfolgen kann. Die bloße Aufforderung, ein Angebot einzureichen, bringt eine uneingeschränkte Zahlungsbereitschaft nicht zum Ausdruck.

II.

Die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 2 Nr. 5 VOB/B, der bei einer Erhöhung von Kipp- oder Deponiegebühren grundsätzlich eingreift (Ingenstau/Korbion a.a.O., § 2 Rn. 260, 278), haben die Klägerinnen nicht hinreichend substantiiert vorgetragen.

1. Nach § 2 Nr. 5 VOB/B ist der neue Preis unter Berücksichtigung der Mehr- und Minderkosten zu vereinbaren.

a) Bei der Neufestlegung des Preises sind die Mehr- oder Minderkosten zu berücksichtigen, die adäquat-kausal auf den leistungsändernden Eingriff des Auftraggebers und die dadurch bewirkte Änderung der Preisermittlungsgrundlage zurückgehen. Dazu ist eine Vergleichsrechnung auf der Grundlage der für den Hauptauftrag maßgebenden Urkalkulation anzustellen. Es genügt nicht, wenn der Auftragnehmer lediglich eine pauschale Preiserhöhung begehrt. Vielmehr ist unumgängliches Erfordernis, dass der bisherigen Vergütungsvereinbarung eine ordnungsgemäße Ursprungskalkulation des Auftragnehmers zu Grunde liegt (Ingenstau/Korbion a.a.O., § 2 VOB/B Rn. 278; Riedel in: Heiermann/Riedel/Rusam, VOB, 8. Aufl., § 2 Rn. 116; Beck'scher VOB-Kommentar/Jagenburg a.a.O., § 2 Nr. 5 Nr. 104). Bei der nachträglichen Neufestlegung des Preises müssen also die Mehr- oder Minderkosten berücksichtigt werden, die durch die Leistungs- und damit Preisgrundlagenänderung entstanden sind. Dazu ist es erforderlich, der bisherigen Preiskalkulation eine neue, im Einzelnen nachvollziehbare Preiskalkulation gegenüber zu stellen (OLG Koblenz, NJW-RR 1993, 210 f.).

b) Darlegungs- und beweispflichtig für den auf Leistungsänderung beruhenden Mehrvergütungsanspruch ist grundsätzlich der Auftragnehmer. Das gilt nicht nur für die durch die Leistungsänderung verursachten Mehrkosten, sondern auch für die damit verbundenen Minderkosten, also für die gesamte Vergleichsrechnung. Denn erst ihr Ergebnis zeigt, ob sich für die einzelnen Positionen ein Mehrvergütungsanspruch ergibt (Beck'scher VOB-Kommentar/Jagenburg, § 2 Nr. 5 Rn. 108; Ingenstau/Korbion a.a.O., Rn. 288).

2. Diesen Substaniierungsanforderungen hat die darlegungspflichtige Klägerin nicht genügt. Einmal ist schon ein Mehraufwand an Deponiekosten nicht schlüssig dargelegt. Zum anderen fehlt es an einer Einbindung des Mehraufwands in die Ursprungskalkulation als Voraussetzung für die Festsetzung einer Preiserhöhung.

a) Die Deponieunkosten sind nicht substantiiert dargetan.

aa) Eine schlüssige Darstellung des Deponieaufwands erfordert zunächst die Offenlegung der zwischen der Firma und der H für das Aushubmaterial unter der Voraussetzung erheblicher Sandmengen vereinbarten Deponiegebühren. Sodann bedarf es der Mitteilung, welche Deponiegebühren nach Wegfall der Sandanteile tatsächlich berechnet wurden. Die Differenz beider Beträge bildet den Deponiemehraufwand. Die Klägerinnen haben indes weder die ursprünglich vereinbarten noch die nachträglich verlangten Deponiegebühren mitgeteilt. Der Deponiesonderpreis wie auch die normalen Deponiegebühren bleiben im Dunkeln. Mithin fehlt es an den beiden für die Bestimmung des Deponiemehraufwands entscheidenden Berechnungsfaktoren.

bb) Die Aufstellung der vom 1. Juni 1989 über Rechnungen vom insgesamt 62.312,37 DM (Bl. 56 f. d.A.) ist zur Substantiierung der Deponiemehrkosten nicht geeignet. Die Liste mit 25 Rechnungsbeträgen lässt nicht erkennen, welche Leistungen den einzelnen Rechnungen zu Grunde liegen. Es kann nicht entnommen werden, ob damit die Vergütung für die Entsorgung des auf dem Bauvorhaben Tiefgarage stammenden Aushubmaterials verlangt wird. Die Menge wie auch die Art des Aushubmaterials werden nicht konkretisiert. Mangels jeglicher Aussagekraft kann die Auflistung nicht als schlüssige Darstellung des Deponieaufwands gewertet werden.

Im Übrigen haben die Klägerinnen vorgetragen, dass der von der ursprünglich verlangte Deponieaufwand über 128.611,72 DM im Verhandlungsweg auf 62.312,37 DM ermäßigt wurde (Bl. 319, 324 d.A.). Wurde über den Mehraufwand eine einvernehmliche Lösung erzielt, so können der Rechnungsaufstellung der Firma über 62.312,37 DM schwerlich konkrete Vorgänge zu Grunde liegen. Vielmehr kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Rechnungsbeträge der vergleichsweisen Einigung angepasst wurden.

cc) Geht man von der Ursprungskalkulation (Bl. 335 d.A.) der Firma aus, die sich die Klägerinnen zu Eigen gemacht haben, so scheidet ein Deponiemehraufwand aus. Nach dieser Kalkulation richtete sich die Firma darauf ein, für Sandmassen keine Deponiegebühren zahlen zu müssen. Die Kalkulation lässt indes nicht erkennen, dass sich im Falle der Anlieferung von Sand die Deponiegebühren für die anderen Materialien ermäßigen sollte.

b) Ferner fehlt es an der Darstellung einer Kalkulationsgrundlage, die erkennen lässt, wie hoch die Klägerinnen die Kosten der Entsorgung und mithin die Deponiegebühren ursprünglich veranschlagt haben. Da die Kalkulationsgrundlage den Maßstab für den Erhöhungsbetrag bildet, lässt sich der Erhöhungsbetrag ohne Mitteilung der Kalkulationsgrundlage nicht bestimmen.

aa) Im Rahmen des § 2 Nr. 5 VOB/B sind die von der Leistungsänderung betroffenen (Teil-) Leistungen in der ursprünglichen und der geänderteten Form gegenüberzustellen und im Wege der Vergleichsrechnung die Mehr- oder Minderkosten zu ermitteln, die durch die Leistungsänderung adäquat-kausal verursacht worden sind (Beck'scher VOB-Kommentar/Jagenburg a.a.O., § 2 Nr. 5 Rn. 104). Grundsätzlich bleibt nämlich das bisherige Preisgefüge bestehen, soweit es durch die Leistungsänderung nicht berührt wird. Daher kann der Auftragnehmer nicht eine pauschale Preiserhöhung beanspruchen (Ingenstau-Korbion a.a.O., § 2 Rn. 278).

bb) Den Klägerinnen wurde für das Lösen, Laden, Transportieren, Abkippen und Recyceln des Erdaushubs eine vertragliche Vergütung von 8,37 DM je Kubikmeter ausbedungen. Dem Klagevortrag kann indes nicht entnommen werden, welcher Teil der Vergütung nach der Ursprungskalkulation speziell auf die Deponiekosten entfallen ist. Notwendig wäre indes, die betroffenen Leistungen - nämlich die Deponiekosten ausgehend von der Ursprungskalkulation (Bl. 335 d.A.) gegenüberzustellen und im Wege eines Vergleichs die Mehr- und Minderkosten zu ermitteln. Da in dem Preis von 8,37 DM je Kubikmeter auch weitere von den Klägerinnen zu erbringende Leistungen (Lösen, Laden, Transportieren und Abkippen) enthalten sind, entbehrt der Klagevortrag der gebotenen, auf die Deponiekosten bezogenen Konkretisierung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, während die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 709, 711 ZPO beruht.

Ende der Entscheidung

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