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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 31.03.2005
Aktenzeichen: 1 W 85/05
Rechtsgebiete: ZPO, RVG, GKG, UWG
Vorschriften:
ZPO § 3 | |
ZPO § 5 Halbsatz 1 | |
ZPO § 308 Abs. 1 | |
ZPO §§ 567 ff. | |
ZPO § 568 | |
RVG § 32 Abs. 2 | |
GKG § 39 Abs. 1 n.F. | |
GKG § 68 Abs. 1 n.F. | |
UWG § 12 Abs. 4 n.F. |
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS
In dem Rechtsstreit
wegen Unterlassung unlauteren Wettbewerbs
(hier: Beschwerde gegen die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung)
hat der 1. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Theis als Einzelrichter gemäß § 568 ZPO
am 31. März 2005
beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Streitwertfestsetzungsbeschluss der Kammer für Handelssachen II des Landgerichts Saarbrücken vom 17. Februar 2005 - Az.: 7II O 126/04 - dahin abgeändert, dass der Gebührenstreitwert des erstinstanzlichen Verfahrens auf 20.255,20 € festgesetzt wird.
2. Ohne Kostenentscheidung.
Gründe:
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers ist gemäß §§ 32 Abs. 2 RVG; 68 Abs. 1 n.F. GKG; 567 ff. ZPO zulässig.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Streitwertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren auf 20.255,20 €, wobei für die Klageanträge zu I.1.1 bis I.1.2 ein einheitlicher Geschäftswert von 10.000,-- € und für die Klageanträge zu I.1.3.1 bis I.1.3.3 ein einheitlicher Streitwert von (weiteren) 10.000,-- € in Ansatz gebracht wird.
Entgegen der Rechtsauffassung des Erstrichters ist für die Klageanträge zu I.1.1 bis I.1.2 einerseits und für die Anträge zu I.1.3.1 bis I.1.3.3 andererseits jeweils ein eigener Geschäftswert in Ansatz zu bringen und ist sodann die Summe dieser Werte als (Gesamt-)Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens festzusetzen. Die beiden genannten Antragsgruppe haben nämlich verschiedene Verhaltensweisen zum Gegenstand, die in keinem unmittelbaren oder gar untrennbaren Zusammenhang stehen. Die Gegenstände beider Antragsgruppen sind verschiedene Tathandlungen (Produktdeklarierung; Werbeaussagen in den Medien) mit jeweils anderer werblicher Eigenart und jeweils anderer wettbewerbsrechtlicher Bedeutung. Während sich die erstgenannte Antragsgruppe ausschließlich darauf bezieht, dass die Deklarierung des von der Beklagten vertriebenen Produkts (Darei-Fit") den Mindestanforderungen der Lebensmittel-Kennzeichnungs-VO nicht genügt, wendet der Kläger sich mit den Anträgen zu I.1.3.1 bis I.1.3.3 dagegen, dass die Beklagte mit inhaltlich unzutreffenden Werbeaussagen für ihr Produkt wirbt, wobei anzumerken ist, dass die beanstandeten Werbeaussagen den Produktverpackungen nicht aufgedruckt oder sonst beigegeben waren und insbesondere in keinem Zusammenhang mit den beanstandeten Defiziten der Produktdeklaration standen. Beide Antragsgruppen stellen somit verschiedene Streitgegenstände in Gestalt zweier voneinander unabhängiger Unterlassungsbegehren dar, die in gleicher Weise in getrennten Prozessen hätten geltend gemacht werden können. Ihre Werte sind deshalb bei der Festsetzung des (Gesamt-)Streitwertes gemäß §§ 39 Abs. 1 n.F. GKG; 5 Halbsatz 1 ZPO zusammenzurechnen.
Im vorliegenden Fall ist für jede der beiden Antragsgruppen ein Geschäftswert von jeweils 10.000,-- € anzunehmen, was zu einem (Gesamt-)Streitwert von 20.000,-- € führt.
In Wettbewerbssachen ist der Gebührenstreitwert einer Verbandsklage, mit der ein Unterlassungsanspruch verfolgt wird, in Anwendung des § 3 ZPO nach dem Interesse eines bedeutsamen und selbst betroffenen Mitgliedes des klagenden Verbandes zu schätzen, wobei dieses Interesse sich regelmäßig nach dem Gewinnausfall bemisst, der dem betroffenen Mitglied durch das beanstandete Verhalten entstehen kann (vgl. Senatsbeschluss vom 12. August 1999 in der Sache 1 W 233/99-26). Werden hierzu wie im vorliegenden Fall keine näheren Angaben von den Parteien unterbreitet, die eine zuverlässigere Wertschätzung des klägerischen Begehrens ermöglichen, so ist nach der ständigen Praxis des Senats für Hauptsacheverfahren, die Wettbewerbsstreitigkeiten durchschnittlicher Bedeutung und Schwierigkeit zum Gegenstand haben, ein Regelstreitwert in Ansatz zu bringen. Als Regelstreitwert hat der Senat dabei im Anschluss an eine verbreitete Rechtsprechungspraxis jahrelang einen Wert von 30.000,-- DM bis 40.000,-- DM in Ansatz gebracht. Unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich eingetretenen Geldentwertung sowie aus Anlass der Währungsumstellung auf Euro geht der Senat nunmehr davon aus, dass es sachgerecht ist, diesen Regelstreitwert auf 20.000,-- € bis 30.000,-- € zu bemessen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2003 in der Sache 1 W 90/03-13 und vom 6. Dezember 2002 in der Sache 1 W 253/02-37).
Darüber hinaus kommt allerdings nach der Rechtsprechungspraxis des Senats auch der anfänglichen Wertangabe der klagenden Partei erheblicher indizieller Erkenntniswert für die Festsetzung des Geschäftswertes zu, da sie regelmäßig erkennen lässt, welche wirtschaftliche Bedeutung der in Rede stehenden Angelegenheit aus Sicht der mit den Marktverhältnissen vertrauten Partei beigemessen wird (Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2003 in der Sache 1 W 90/03-13 und vom 22. Juli 2002 in der Sache 1 W 154/02-24). Eine hohe Wertangabe der klagenden Partei bei Einleitung des Verfahrens kann daher den Ansatz des oberen Regelstreitwertes oder eines diesen übersteigenden Betrages, eine niedrige Wertangabe den Ansatz eines geringeren Betrages als desjenigen des unteren Regelstreitwertes rechtfertigen.
Im vorliegenden Fall hat der Kläger selbst den Gesamtstreitwert in der Klageschrift mit 16.255,20 € angegeben, wovon 255,20 € auf den mit dem Klageantrag zu II erhobenen Zahlungsanspruch und 16.000,-- € auf die geltend gemachten Unterlassungsanträge entfielen. Dies lässt darauf schließen, dass letzteren eine unterdurchschnittliche wirtschaftliche Bedeutung beigemessen wurde. Die Beklagte hat ihrerseits vorgetragen, dass die mit dem in Rede stehenden Produkt erzielten Umsätze vergleichsweise gering seien. Auf den Schriftsatz der Beklagten vom 9. Februar 2005 (Bl. 85 d.A.) wird verwiesen. Diese Angaben der Parteien gebieten eine Streitwertfestsetzung, die deutlich unter dem unteren Regelstreitwert von je 20.000,-- € für jede der beiden Antragsgruppen zu I liegt.
Hinzu kommt, dass die Sache nach Art und Umfang äußerst gelagert war und dies bei der Bemessung des Streitwertes gemäß § 12 Abs. 4 n.F. UWG gleichfalls wertmindernd zu berücksichtigen ist.
Im Hinblick auf diese letztgenannten Gesichtspunkte musste es angemessen und geboten erscheinen, jede der genannten Antragsgruppen zu I mit 10.000,-- € bzw. mit 50 % des unteren Regelstreitwertes zu bewerten, was zu einem Wertansatz von 20.000,-- € (2 x 10.000,-- €) führt.
Dieser Wertansatz erhöht sich um den Betrag der mit dem Zahlungsantrag zu II verlangten Hauptsumme von 255,20 € auf 20.255,20 €.
Der Gesamtstreitwert war nach alledem auf 20.255,20 € festzusetzen, wobei anzumerken ist, dass der Rechtsgedanke des § 308 Abs. 1 ZPO im Streitwertfestsetzungsverfahren keine Anwendung findet und der Beschwerdeantrag entsprechend keine Grenze für die Streitwertfestsetzung durch das Beschwerdegericht darstellt (vgl. § 63 Abs. 3 n.F. GKG).
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da das Verfahren über die Streitwertbeschwerde gerichtsgebührenfrei ist und Kosten der Beteiligten nicht erstattet werden (§ 68 Abs. 3 n.F. GKG).
Ende der Entscheidung
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