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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.11.2002
Aktenzeichen: 4 U 152/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, EGZPO


Vorschriften:

BGB § 346
BGB § 459
BGB § 459 Abs. 1
BGB § 462
BGB § 467
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 2 n.F.
ZPO § 544 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
EGZPO § 26 Nr. 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 152/02

verkündet am 19.11.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29.10.2002 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Gaillard und die Richter am Oberlandesgericht Brach und Göler

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 07.02.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - Az. 12 O 198/01 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Nach den Feststellungen des Landgerichts kaufte der Kläger mit verbindlicher Bestellung vom 14.09.2000 von dem Beklagten ein Neufahrzeug (Pkw Golf) zum Preis von 37.700,- DM (Bl. 11 d.A.). Gegenstand des Kaufvertrages waren die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf von fabrikneuen Kraftfahrzeugen und Anhängern, die einen Anspruch des Käufers auf Beseitigung von Fehlern (= Nr. 2 dieser Bedingungen) und nach fehlgeschlagener Nachbesserung die Möglichkeit der Wandelung oder Minderung vorsehen (Nr. 4 dieser Bedingungen, vgl. Bl. 13 d.A.). Der Kläger reklamierte am 02.02.2001 einen plötzlichen Geschwindigkeitsverlust während der Fahrt, worauf der Beklagte nach Rücksprache mit den VW-Werken in Wolfsburg den Schalttafeleinsatz auswechselte. Als derselbe Fehler zwei Monate später erneut auftrat, erklärte sich der Beklagte bereit, ein neues Steuergerät einzubauen. Da er die vom Kläger verlangte Zusicherung nicht abgab, dass der Mangel nach dem Einbau des Steuergerätes nie mehr auftreten werde, ließ der Kläger eine erneute Nachbesserung nicht zu und erklärte die Wandelung des Kaufvertrages.

Durch das am 07.02.2002 verkündete Urteil - Az. 12 O 198/01 - hat das Landgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises von 37.100,- DM (= 37.700,- DM abzüglich 600,- DM Nutzungsentgelt) nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, sowie auf Feststellung des Annahmeverzugs abgewiesen. Es hat dies damit begründet, dass der Kläger das Gewährleistungsrecht auf Wandelung des Kaufvertrages nachträglich verloren habe, weil er in dem vom Sachverständigen anberaumten Termin mit dem Einbau eines neuen Steuergerätes durch den Beklagten einverstanden gewesen sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er den erstinstanzlich geltend gemachten Zahlungsanspruch weiterverfolgt. Er ist der Ansicht, das Gewährleistungsrecht nicht verloren zu haben, weil mit dem Einbau des neuen Steuergerätes nur zu Beweiszwecken einverstanden gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das angefochtene Urteil Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass der Kläger das Recht auf Wandelung nach den §§ 459, 462, 467, 346 BGB verloren hat, weil er in dem vom Sachverständigen anberaumten Termin mit dem Einbau eines neuen Steuergerätes durch den Beklagten einverstanden war und dies zur vollständigen Behebung des gerügten Fehlers geführt hat.

1. Das Landgericht hat es zu Recht als erwiesen angesehen, dass das Fahrzeug ursprünglich mit einem Mangel i.S. des § 459 Abs. 1 BGB behaftet war. Der Sachverständige hat dazu ausgeführt, aus der von dem Beklagten gefertigten Fehlerspeicherabfrage vom 02.04.2001 (Bl. 51 d.A.) ergebe sich, dass es zu einem Störfall im Kommunikationsbereich des Motorsteuergerätes gekommen war, der möglicherweise auf eine kalte Lötstelle in diesem Kreislauf oder im Bereich der Verkabelung und/oder der Stecker zurückzuführen sei. Der Kläger war daher gemäß § 462 BGB zur Wandelung des Kaufvertrages berechtigt, wobei zu seinen Gunsten unterstellt werden kann, dass ihm ein weiterer Nachbesserungsversuch nicht zumutbar war, weil der Beklagte bereits einen erfolglosen Nachbesserungsversuch unternommen hatte.

2. Das Wandelungsrecht des Klägers ist jedoch erloschen, zumindest aber verstößt das Beharren auf dem Wandelungsrecht gegen Treu und Glauben.

a. Der im vorliegenden Rechtsstreit mit der Erstattung des Gutachtens beauftragte Sachverständige hat das streitgegenständliche Fahrzeug am 22.11.2001 in Anwesenheit des Klägers und des Beklagten besichtigt. Nachdem der Sachverständige den Fehlerspeicher mit dem Fehlerauslesegerät ausgelesen hatte, ohne einen Fehler feststellen zu können, baute der Beklagte das von ihm zum Sachverständigentermin mitgebrachte neue Steuergerät in das Fahrzeug ein. Das geschah nicht eigenmächtig, sondern - unstreitig - mit Zustimmung des Klägers. Der Beklagte durfte deshalb davon ausgehen (§§ 133, 157 BGB), dass der Kläger mit einem (erneuten) Nachbesserungsversuch einverstanden war. Denn der Kläger hatte zwar zuvor eindeutig die Wandelung des Kaufvertrages verlangt, im Sachverständigentermin aber keinen Vorbehalt dahingehend zum Ausdruck gebracht, dass er sich die Befugnis zur Wandelung offen halten wolle. Er hatte vielmehr nach Einbau des neuen Steuergerätes zwei Probefahrten zusammen mit dem Sachverständigen unternommen und sich, nachdem anlässlich dieser Fahrten im Fehlerspeicher keine Fehler festgestellt worden waren, bereit erklärt, das Fahrzeug weiter zu benutzen und eventuell auftretende Fehler mitzuteilen, damit ggf. weitere Untersuchungen durchgeführt werden könnten (Bl. 51/52 d.A.). Aus der Sicht des Beklagten war der Kläger damit von seiner Erklärung, den Kaufvertrag wandeln zu wollen, abgegangen und zulässigerweise zu einem anderen Gewährleistungsanspruch - dem Recht auf Nachbesserung - übergegangen (vgl. dazu BGH, NJW 1996, 2647 [2648]). Da die Nachbesserung Erfolg hatte - das Fahrzeug läuft seitdem beanstandungsfrei -, ist ein Wandelungsbegehren nicht gerechtfertigt (BGH, NJW 1996, 2647 [2648]; BGH, NJW-RR 1998, 680 [681]).

b. Selbst wenn aber darin, dass sich der Kläger auf Vorschlag des Sachverständigen auf den Fehlerbehebungsversuch des Beklagten eingelassen hat, keine Einräumung eines nachträglichen Nachbesserungsrechts läge, weil sich der Kläger "nur zu Beweiszwecken" bereit erklärt hat, das Steuergerät einbauen zu lassen (Bl. 85 d.A.), könnte der Kläger einen Wandelungsanspruch nicht durchsetzen. Denn das Beharren auf dem Wandelungsrecht stellt sich in diesem Fall wegen Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben als unzulässige Rechtsausübung dar (vgl. BGH, NJW 1984, 2287 [2288]). Der Kläger war damit einverstanden, dass der Beklagte das neue Steuergerät einbaute, nachdem der Sachverständige diesen Austausch als eine erfolgsversprechende Maßnahme zu Behebung des Fehlers bezeichnet hatte. Der Kläger wusste also, dass mit dem Einbau des Gerätes der Erfolg, den er wünschte, eintreten konnte. Tatsächlich ist der angestrebte Erfolg auch eingetreten, weil das Fahrzeug seit dem Einbau des neuen Steuergerätes - seit nunmehr fast einem Jahr - einwandfrei läuft. Da eine andere Fehlerquelle als das Steuergerät nicht erkennbar ist und weder von dem Kläger behauptet noch von dem Sachverständigen angesprochen oder in Erwägung gezogen worden ist, kann sich der Kläger deshalb auf ein Wandelungsrecht nach Treu und Glauben nicht mehr berufen (BGH a.a.O.).

Ob sich durch den Einbau des Steuergerätes die Hauptsache erledigt hat, bedarf keiner Entscheidung, da eine Erledigterklärung nicht abgegeben worden ist.

Die Berufung des Klägers war deshalb zurückzuweisen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Berufungsstreitwert wird auf 18.968,93 6, das sind 37.100,- DM, festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO (n.F.). Gegen die Nichtzulassung der Revision ist die Nichtzulassungsbeschwerde gem. § 544 Abs. 1 ZPO nicht statthaft, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000,- € nicht übersteigt, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Ende der Entscheidung

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