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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 03.07.2002
Aktenzeichen: 1 U 110/02
Rechtsgebiete: AGBG, ZPO


Vorschriften:

AGBG § 635
AGBG § 2
AGBG § 11 Nr. 7
ZPO § 91
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
ZPO § 543 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 110/02-23-

Verkündet am 3.7.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Theis, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Gehrlein und den Richter am Oberlandesgericht Schmidt

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. Oktober 2001 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken - 6 O 167/01 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Klägerin und der Streitwert des Berufungsverfahrens werden auf jeweils 5.624,21 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Berufsfotografin, reichte in der Vergangenheit bei der Beklagten, die ein Fotolabor betreibt, wiederholt Filme zum Zwecke der Entwicklung ein. Die Filme wurden jeweils als Amateurfilme und nicht als Facharbeit eines Berufsfotografen in Auftrag gegeben, obwohl die Beklagte eine Abteilung für Profiarbeiten unterhält. Im Anschluss an eine Amerikareise, auf der sie Naturaufnahmen gefertigt hatte, beauftragte die Klägerin im Oktober 2000 die Beklagte mit der Bearbeitung von 107 Diafilmen. Bei der Entwicklung der Filme wurden durch eine von der Beklagten eingesetzten Maschine sämtliche 3210 Einzeldias beschädigt.

Bei Erteilung des Auftrags über das in Achern gelegene Fotogeschäft war der Klägerin ein Abholausweis ausgehändigt worden, der folgende Beschriftung trägt (Bl. 21 d.A.):

"Haftungsbegrenzung: Der Auftrag wird zu den im Geschäft aushängenden allgemeinen Geschäftsbedingungen übernommen. Inbesondere gilt: Fotoarbeiten werden nur 6 Monate aufbewahrt. Bei Filmverlust oder -beschädigung kann Ersatz nur in Höhe des Materialwertes geleistet werden, es sei denn, es liegt grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vor. Lieferverzögerungen berechtigen nicht zu Schadensersatzansprüchen."

Mit vorliegender Klage beansprucht die Klägerin wegen entgangener Aufträge Schadensersatz in Höhe eines Teilbetrags von 11.000 DM. Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat die Klage durch das angefochtene Grundurteil (Bl. 64 ff d.A.) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Beklagten ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Die Klage ist unbegründet, weil die Parteien wirksam einen Haftungsausschluss vereinbart haben, der geltend gemachte Schaden nicht vom Schutzzweck der verletzten Vertragspflicht umfasst wird und schließlich der Schaden auch nicht hinreichend substantiiert dargetan ist.

1. Dem geltend gemachten auf § 635 AGB beruhenden (BGH WM 1983, 916 f) Schadensersatzanspruch steht bereits der zwischen den Parteien mit Hilfe des Abholausweises wirksam vereinbarte Haftungsausschluss entgegen.

a) Eine Einbeziehung von AGB in einen Vertrag bedarf einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung. Wird ein solcher Vertrag - wie hier - mit einem Unternehmer geschlossen, so findet zwar § 2 AGBG keine Anwendung (§ 24 S. 1 AGBG). Das bedeutet aber lediglich, dass die durch § 2 AGBG gegenüber dem allgemeinen Vertragsrecht formalisierten Einbeziehungsvoraussetzungen gegenüber einem Unternehmer nicht erfüllt werden müssen. Es bleibt indessen dabei, dass die AGB nur kraft rechtsgeschäftlicher Vereinbarungen Bestandteil werden können. Notwendig ist demgemäß eine ausdrückliche oder stillschweigende Willensübereinstimmung der Vertragspartner zur Geltung der AGB. Dazu ist erforderlich, dass der eine Teil zum Ausdruck bringt, neben dem individualvertraglich Vereinbarten sollten auch bestimmte AGB Vertragsinhalt werden und der andere Teil damit einverstanden ist (BGH-NJW 1992, 1232).

b) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Bei Vertragsschluss wurde der Klägerin ein Abholausweis ausgehändigt, der den von der Beklagten vorgesehenen Haftungsausschluss unzweideutig zum Ausdruck bringt. Mit der Annahme dieses Abholausweises hat die Beklagte ihr Einverständnis mit der Vertragsbedingung zum Ausdruck gebracht.

c) Der zwischen den Parteien vereinbarte Haftungsausschluss ist gültig. Insbesondere ist nicht die Haftung wegen Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ausgeschlossen (vgl. BGH WM 1983, 916 f). Da hier eine Entwicklungsmaschine versagte, ist lediglich einfache Fahrlässigkeit gegeben (BGH WM 1983, 916 f). Soweit die Beklagte in ihren Geschäftsräumen weitergehende im Blick auf § 11 Nr. 7 AGBG bedenkliche Freizeichnungsklauseln zum Aushang bringt, ist dies für den vorliegenden Rechtsstreit bedeutungslos, wo gerade andere Geschäftbedingungen verwendet wurden.

2. Ferner wird der geltend gemachte Schaden nicht vom Schutzzweck der verletzten Vertragspflicht erfasst.

a) Der Bundesgerichtshof hat zu erkennen gegeben, dass die Formel der adäquaten Kausalität nicht immer ausreicht, um dem Problem der Haftungsbegrenzung gerecht zu werden. Weitere Voraussetzung der Haftung ist, dass der Schaden im Rahmen der durch das Schutzgesetz geschützten Interessen liegt, dass also der Schaden aus der Verletzung eines Rechtsgutes entstanden ist, zu dessen Schutz die Rechtsnorm erlassen worden ist (BGHZ 27, 137, 139 f). Für den Bereich der deliktischen Haftung und anderer gesetzlicher Haftungsvorschriften ist also inzwischen allgemein anerkannt, dass ein Schaden nur dann zu ersetzen ist, wenn er in den Schutzbereich der verletzten Vorschrift fällt. Das ist dann der Fall, wenn es sich um Folgen handelt, die im Bereich der Gefahren liegen, um deret willen die Rechtsnorm erlassen wurde. Notwendig ist ein innerer Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage, nicht nur eine bloß zufällige äußere Verbindung. Diese Grundsätze gelten auch für Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten. Auch hier hängt die Ersatzpflicht des Schädigers davon ab, dass die verletzte Vertragspflicht das Entstehen von Schäden der eingetretenen Art verhindern sollte (BGH BGHR § 249 "Zurechnungszusammenhang 2 - Schutzzweck der verletzten Vertragspflicht").

b) Die Klägerin hat die von ihr gefertigten Filme als Amateurfilme und nicht als Facharbeit bei der Beklagten zum Entwickeln gegeben. Handelt sich indes um bloße Amateurfilme, brauchte die Beklagte eine Inanspruchnahme auf Schadensersatz wegen entgangenem Gewinn in Höhe von, wie die Anspruchsschreiben der Klägerin ausweisen, mehreren Hunderttausend Mark nicht zu befürchten. Vielmehr kommt dann ein Ersatzanspruch nur wegen einer Verletzung der Substanz der Filme in Betracht, während ein Affektionsinteresse des Auftraggebers an der ordnungsgemäßen Herstellung der Bilder nicht zu berücksichtigen ist (§ 253 BGB). Da die Klägerin die Filme grade nicht als Facharbeit einreichte, ist ihr entgangener Verdienstausfall nicht von der verletzten Vertragspflicht, die sich auf das fehlerfreie Entwickeln bloßer Amateurfilme beschränkt, umfasst (vgl. den anders gelagerten Fall BGH WM 1983, 916 f. für Industrie und Werbung).

3. Schließlich ist der geltend gemachte Schaden in Höhe von 11.000 DM auch nicht hinreichend substantiiert.

Die Klägerin hat bezogen auf die Zeitschrift einen Honorarausfall in Höhe von 1.000 DM, bezüglich der Zeitschrift in Höhe von 2.000 DM und hinsichtlich der in Höhe von 8.000 DM geltend gemacht. Diese Beträge hat die Klägerin indes nicht mit konkreten Tatsachen unterlegt. Insbesondere hat sie nicht die Verlagsverträge vorgelegt, aus denen sich entsprechende Honoraransprüche ergeben.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, während Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO beruht. Die Revision wird nicht zugelassen, weil es an den Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO fehlt.

Ende der Entscheidung

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