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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 25.02.2004
Aktenzeichen: 1 U 422/03
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO


Vorschriften:

ZPO § 397
ZPO § 402
ZPO § 411 Abs. 3
ZPO § 511
ZPO § 513
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 520 Abs. 2 Nr. 3 HS 2
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 546
EGZPO § 26 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 422/03

Verkündet am 25.2.2004

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatz und Schmerzensgeld unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Arzthaftung

hat der 1. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Theis, den Richter am Oberlandesgericht Schmidt und die Richterin am Oberlandesgericht Fritsch - Scherer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 30. Mai 2003 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken - 16 O 431/00 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten wegen deren Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, die Beklagten leisten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.

4. Der Wert der Beschwer des Klägers wird auf 24.839,74 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe: A.

Der Kläger hat die Beklagten erstinstanzlich aus eigenem sowie aus abgetretenem Recht unter dem Gesichtspunkt der Arzthaftung auf Zahlung von Schadensersatz, Schmerzensgeld und Feststellung der Ersatzpflicht in Anspruch genommen.

Am 28.6.1997 begab sich der Kläger zur Entfernung von Harnleitersteinen in die Urologische Klinik der kliniken, deren Chefarzt der Beklagte zu 1) ist. Am 1.7.1997 versuchte der Beklagte zu 1) vergeblich, den im linken Harnleiter lokalisierten Stein durch eine Stoßwellenlithotripsie (ESWL) zu zertrümmern.

Nachdem dieser Versuch misslungen war, beabsichtigte der Beklagte zu 1) zwecks Steinentfernung einen ureterorenoskopischen Eingriff. Der Kläger unterzeichnete am Vorabend des Eingriffs eine ihm vom Beklagten zu 2), der in der Urologischen Klinik als Stationsarzt tätig ist, vorgelegte schriftliche Einverständniserklärung (vgl. Bl. 9 d.A.).

Am 2.7.1997 führte der Beklagte zu 1) den o.g. Eingriff aus, wobei er intraoperativ eine Ostiumschlitzung zwecks Gewinnung des Harnleitersteines vornahm. Wegen der Einzelheiten des ärztlichen Vorgehens wird auf den OP- Bericht vom 2.7.1997 (Bl. 10 d.A.) Bezug genommen. Am 5.7.1997 wurde der Kläger aus der stationären Behandlung entlassen.

Weil postoperativ Blutungen auftraten, wurde der Kläger in der Zeit vom 7.7. bis 15.7.1997 nochmals stationär in die Urologische Klinik der kliniken aufgenommen. Diesem Aufenthalt schlossen sich weitere ambulante und stationäre Behandlungen in T. sowie in den kliniken H. an.

Zur Rechtfertigung seiner Klage hat der Kläger vorgetragen, der Beklagte zu 1) habe den Eingriff vom 2.7.1997 nicht lege artis ausgeführt. Die Ostiumschlitzung sei nicht indiziert gewesen, weil der Stein nicht in blockierender Weise im Mündungsgebiet des Harnleiters festgesessen habe. Das ergebe sich aus dem OP- Bericht. Dort sei vermerkt, dass aus beiden Harnleitern klarer Urin pulsiert habe. Auch habe der entfernte Stein nach den Feststellungen des Sachverständigen lediglich eine Größe von etwa 6 mm gehabt. Bei Steinen, deren Durchmesser weniger als 8 mm betrage, habe der Beklagte zu 1), bevor er sich zu einer Ostiumschlitzung mit Refluxrisiko entschliessen durfte, zwingend eine Harnleiterbougierung durchführen müssen. Wäre dies geschehen, hätte der Stein entfernt werden können, ohne dass es zu einer Verletzung des Harnleiters als Folge der Ostiumschlitzung und zu den dadurch bedingten Gesundheitsschäden des Klägers gekommen wäre. Das Refluxleiden, die zu dessen Beseitigung am 25.7.2000 durchgeführte Antirefluxoperation, die Prostatavarizenbildung und der im August 2000 aufgetretene Hörsturz wären dann vermeidbar gewesen. Die ureteronoskopische Steinextraktion sei auch deshalb verfehlt gewesen, weil eine offene chirurgische Ureterolithomie, deren Vorteil in einer hohen Steinfreiheitsrate liege und bei der es im Regelfall nicht zu einem vesikoureterorenaler Reflux komme, das Verfahren der Wahl gewesen sei.

Darüber hinaus ergebe sich die Haftung beider Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflichtverletzung. Der Beklagte zu 1) habe seinem Stationsarzt, dem Beklagten zu 2), aufgetragen, dem Kläger einen bereits um die handschriftlichen Eintragungen ergänzten schriftlichen Aufklärungsbogen zur Unterschrift vorzulegen. Die in dem Formular enthaltenen medizinischen Fachbegriffe seien dem Kläger weder bekannt gewesen, noch habe der Zweitbeklagte es für nötig befunden, diese näher zu erläutern. Dem Kläger sei daher nicht bekannt gewesen, nach welcher Methode die beabsichtigte Operation durchgeführt werden sollte. Auch habe man ihn nicht darauf hingewiesen, dass es zu einer Ostiumschlitzung und zur Ausbildung eines Refluxleidens kommen könne. Vorzugswürdige, weil risikoärmere alternative Operationsmöglichkeiten, seien dem Kläger verschwiegen worden. Kritik verdiene ferner, dass die ohnehin nicht regelgerechte Aufklärung zu spät, nämlich erst am Vorabend des Eingriffs gegen 20.00 Uhr erfolgt sei.

Nach alldem schuldeten die Beklagten dem Kläger als Gesamtschuldner ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 25.000.- DM. Außerdem könne der Kläger Ersatz der ihm entstandenen materiellen Schäden verlangen, die insgesamt 4.024,- DM betragen. Aus abgetretenem Recht seiner privaten Krankenversicherung stehe dem Kläger ein weiterer Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 83.862,80 DM zu (wegen der Einzelheiten vgl. die Seiten 5 bis 8 der Klageschrift und den Schriftsatz vom 30.3.2001 nebst Anlagen; Bl. 61 f. d.A.). Darüber hinaus hat der Kläger Feststellung der Ersatzpflicht für Zukunftsschäden begehrt.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld sowie 4.024.- DM (Schadensersatz) nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger einen zukünftigen Schaden zu ersetzen, welchen er erleiden wird aufgrund der bei ihm am 2.7.1997 durchgeführten Ostiumschlitzung,

3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 83.862,80 DM nebst 5 % über dem jeweiligen Basissatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben die ihnen angelasteten Behandlungsfehler und Aufklärungsversäumnisse in Abrede gestellt und die mit der Klage verfolgten Zahlungsansprüche auch der Höhe nach bestritten.

Durch das nunmehr angefochtene Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen und Entscheidungsgründe (Bl. 267 bis 280 d.A.) wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Ausgehend von den Erkenntnissen, die sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. R. nebst schriftlichen Ergänzungen ergeben, könne, so der Erstrichter, nicht festgestellt werden, dass der Eingriff vom 2.7.1997 fehlerhaft ausgeführt wurde. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass der Eingriff ohne wirksame Einwilligung vorgenommen worden sei. Mangels Behandlungsalternativen fehle es unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers in der Parteianhörung vom 15. Mai 2003 an einem echten Entscheidungskonflikt. Die Beklagten würden sich daher zu Recht auf die Grundsätze der hypothetischen Einwilligung berufen. Weil der Eingriff aus Sicht des Klägers alternativlos gewesen sei, ergebe sich selbst dann keine Haftung, wenn man unterstelle, dass auf ein mögliches Refluxrisiko habe hingewiesen werden müssen und dass die Aufklärung nicht rechtzeitig, weil zu kurz vor dem Eingriff, erfolgt sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der mit seinem Rechtsmittel zunächst die oben dargestellten, vom Landgericht nicht als begründet angesehenen Sachanträge, in vollem Umfang weiter verfolgt hat (vgl. Bl. 308, 309 d.A.). Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 4.11.2003 (Bl. 329 d.A.) hat der Kläger die Berufung wegen der aus abgetretenem Recht geltend gemachten Zahlungsansprüche in Höhe von 42.878,37 EUR nebst Zinsen zurückgenommen und seinen Feststellungsantrag dahin modifiziert, dass er nur Ansprüche betreffe, die nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind (vgl. Bl. 329 d.A.).

Zur Begründung seines Rechtsmittels macht der Kläger geltend, die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil, wonach der Eingriff vom 2.7.1997 lege artis ausgeführt worden sei, könnten schon deshalb keinen Bestand haben, weil sie verfahrensfehlerhaft zustande gekommen seien. Das Landgericht habe den Antrag des Klägers auf mündliche Gutachtenerläuterung nicht einfach übergehen und ihn nicht wie geschehen mit der Begründung zurückweisen dürfen, das Gericht sehe die in der Antragsbegründung aufgeworfenen Fragen als durch das schriftliche Gutachten bereits beantwortet oder als nicht entscheidungserheblich an. Der Kläger, der seinen Antrag auf mündliche Gutachtenerläuterung mit der Berufung wiederholt, vertritt die Ansicht, die Anhörung werde zum Nachweis eines Behandlungsfehlers führen. Mit weiterem Schriftsatz vom 8.1.2004 hat der Kläger (erstmals) geltend gemacht, es sei als Behandlungsfehler zu werten, dass der Beklagte zu 1) ihm nicht primär zu einer Wiederholung der am 1.7.1997 fehlgeschlagenen Stoßwellentherapie geraten habe. Hierzu sei der Beklagte zu 1) verpflichtet gewesen, weil selbst nach einmaligem Fehlschlagen dieser risikoarmen Methode noch eine Erfolgsquote von 18 % bestehe (vgl. Bl. 339, 340 d.A.). In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Haftung des Beklagten zu 1) auch mit Dokumentationsversäumnissen begründet und die Auffassung vertreten, der Beklagte zu 1) habe im OP-Bericht näher darlegen müssen, dass und weshalb er beim Kläger intraoperativ anatomische Verhältnisse vorgefunden habe, aufgrund deren eine Harnleiterbougierung nicht erfolgversprechend gewesen sei. Dies gelte umso mehr, als laut OP-Bericht im Anschluss an die Schlitzung des Ostiums eine Harnleiterbougierung durchgeführt wurde.

Der Kläger hält an seiner Auffassung fest, dass die Beklagten darüber hinaus mit Blick auf Aufklärungsversäumnisse haften. Ohne sich mit der vorgreiflichen Frage auseinander zu setzen, ob der Hinweis auf ein Refluxleiden als vorhersehbare Folge der Ostiumschlitzung geboten war, sei der Erstrichter von einer hypothetischen Einwilligung ausgegangen. Er habe hierbei jedoch verkannt, dass sich die Substantiierungspflicht des Patienten auf die Darlegung eines echten Entscheidungskonflikts beschränke. Entscheidend sei nach der Rechtsprechung nicht der Maßstab " eines vernünftigen Patienten ". Einen als ausreichend anzusehenden normalpsychologisch nachvollziehbaren Entscheidungskonflikt habe der Kläger im Rahmen seiner Anhörung vom 15.5.2003 (Bl. 260 d.A.) einsichtig dargetan, denn er habe für den Fall des Hinweises auf das Risiko eines Refluxleidens weiteren Beratungs- und Aufklärungsbedarf reklamiert. In dem Zusammenhang habe das Landgericht nicht hinreichend dargelegt, worauf seine Annahme beruhe, dass ein Hinausschieben des Eingriffes nicht in Betracht gekommen sei. Der Kläger hält mit der Berufung an dem Vorwurf fest, zu spät aufgeklärt worden zu sein. Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts sei der Entscheidungskonflikt durch die verspätete Aufklärung noch vertieft worden. Mit Schriftsatz vom 8.1.2004 hat der Kläger weiter kritisiert, nicht über alternativ in Betracht kommende Behandlungsmethoden aufgeklärt worden zu sein, wobei ihm der Beklagte zu 1) primär zu einer Wiederholung der am 1.7.1997 fehlgeschlagenen Stoßwellentherapie habe raten müssen. Diesem Rat wäre der Kläger laut Darstellung seines Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung auch gefolgt (vgl. hierzu den nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 5.2.2004).

Der Kläger beantragt (Bl. 308, 309, 329, 355 d.A.),

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 2.057,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen,

3. die Ersatzpflicht für Zukunftsschäden mit der Maßgabe festzustellen, dass sich der Antrag nicht auf Ansprüche des Klägers bezieht, die auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind.

Die Beklagten beantragen (Bl. 305, 333, 355 d.A.),

die Berufung zurückzuweisen und dem Kläger die Kosten aufzuerlegen, soweit er sein Rechtsmittel teilweise zurückgenommen hat.

Die Beklagten treten dem Berufungsvorbringen entgegen. Sie verteidigen das angefochtene Urteil und dessen ihnen günstige Feststellungen. Die Beklagten vertreten die Auffassung, der Kläger sei mit zweitinstanzlich neuem Vorbringen ausgeschlossen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten stellte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mit Blick auf den Einwand des Klägervertreters, laut OP-Bericht sei nach der Ostiumschlitzung eine Harnleiterbougierung vorgenommen worden, klar, dass dies richtig sei. Die Vorgehensweise erkläre sich zwanglos damit, dass die beim Kläger intraoperativ vorgefundenen anatomischen Gegebenheiten, insbesondere die Lage und die kantige Beschaffenheit des Harnsteins, so ungünstig waren, dass trotz Ostiumschlitzung der Harnleiter zum Zwecke der Steingewinnung noch habe bougiert werden müssen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die Berufung des Klägers, auf die gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO neues Prozessrecht Anwendung findet, ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden und damit zulässig.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg, denn die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch ist auf der für die zweite Instanz maßgeblichen Tatsachengrundlage (§§ 529, 531 ZPO) eine dem Berufungskläger günstigere Entscheidung gerechtfertigt (§ 513 Abs. 1 ZPO).

In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass dem Kläger nach dem der Beurteilung zugrunde zu legenden, bis zum 31.12.2001 geltenden BGB (Art 229 § 5 EGBGB), weder unter dem Aspekt des Behandlungsfehlers noch unter dem Gesichtspunkt von Aufklärungsversäumnissen und einer fehlenden wirksamen Einwilligung in den Eingriff, die mit der Berufung weiter verfolgten Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche zustehen.

I.

Der Kläger hat nicht den ihm sowohl im Rahmen der deliktischen (§§ 823, 847 BGB a.F.) wie auch der vertraglichen Haftung (pVV) obliegenden Nachweis zu führen vermocht, dass dem Beklagten zu 1) anzulastende Behandlungsfehler für die den Gegenstand der Klage bildenden Gesundheitsschäden ursächlich sind. Erst wenn der Behandlungsfehler und seine Ursächlichkeit für eine Beschädigung des Patienten feststehen, greift die Haftung des Arztes ein. Beides hat der Patient nachzuweisen (BGH NJW 1987, 1482; 1980, 1133).

1.

Zutreffend geht der Erstrichter aufgrund des Ergebnisses der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass der am 2.7.1997 vom Beklagten zu 1) beim Kläger vorgenommene ureterorenoskopische Eingriff medizinisch indiziert war und dass er nicht fehlerhaft ausgeführt wurde. Mit der Berufung werden keine Gesichtspunkte vorgetragen, die zu konkreten Zweifeln an der Richtigkeit der auf die einsichtigen gutachtlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. R. gestützten Feststellungen des Landgerichts (LGU 7 bis 9, Bl. 271 bis 273 d.A.) Anlass geben könnten.

a.

Ohne Erfolg stellt die Berufung die Indikation für ein operatives Vorgehen in Frage.

Mit der im zweiten Rechtszug aufgestellten Behauptung, der Beklagte zu 1) habe ihm primär zu einer Wiederholung der am 1.7.1997 fehlgeschlagenen Stoßwellentherapie raten müssen, ist der Kläger gemäß § 531 Abs. 2 ZPO schon deshalb nicht zu hören, weil er nicht dargetan hat, weshalb der Einwand ohne Nachlässigkeit nicht bereits in erster Instanz hätte geltend gemacht werden können. Die Behauptung ist darüber hinaus der Sache nach nicht begründet. Zwar hat Prof. Dr. R. in seinem zweiten Ergänzungsgutachten ausgeführt, dass bei der in - situ - EWSL in ca. 80 % der Fälle eine erfolgreiche Steindesintegration gelingt, wobei in 18 % Mehrfachbehandlungen notwendig sind. Den danach in der Tat naheliegenden Rat, die EWSL zu wiederholen, hat der Beklagte zu 1) dem Kläger jedoch nach seinen Angaben in der erstinstanzlichen Parteianhörung erteilt, ohne dass der persönlich anwesende Kläger dieser Sachdarstellung widersprochen hat. Der Erstbeklagte hat vorgetragen, dass der Kläger mit der von ihm empfohlenen Wiederholung der Stoßwellentherapie nicht einverstanden gewesen sei, weil er in T. anstehende berufliche Termine habe wahrnehmen wollen (vgl. Bl. 260, 261 d.A.). Der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers nach entsprechendem Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 28. Januar 2004 erhobene Einwand, der Beklagte zu 1) habe dem Wunsch des Klägers nach operativer Entfernung des Harnleitersteines nicht nachgeben dürfen, gehlt fehl. Er verkennt die Grenzen der Wahlfreiheit des Arztes. Fraglos wird der Arzt dem Patienten von medizinisch abwegigen Entscheidungen abraten müssen. Unvertretbar war ein operatives Vorgehen jedoch nicht. Entscheidet sich der Patient nach entsprechender Instruktion unter Inkaufnahme höherer Risiken für ein, was den angestrebten Behandlungserfolg anbelangt, schnelleres und zielführenderes Vorgehen und gegen eine zwar risikoärmere, aber länger dauernde Behandlung mit weniger sicherem Erfolg - die Erfolgsrate der Ureteroskopie liegt nach Angaben von Prof. Dr. R. bei 94 bis 98 % (Bl. 243 d.A.) - hat der Arzt das hinzunehmen und dem Wunsch des Patienten nach operativem Vorgehen zu entsprechen, auch wenn er eine andere Vorgehensweise persönlich für vorzugswürdig hält.

Ohne Erfolg will der Kläger die Indikationsstellung für die nach Fehlschlagen des ersten und Ablehnung weiterer Versuche der Steindesintegration mittels EWSL als Methode der Wahl anzusehende Ureteroskopie mit der Behauptung in Frage stellen, einem offenen chirurgischen Vorgehen sei der Vorzug zu geben gewesen. Der Sachverständige Prof. Dr. R. hat in seinem ersten Ergänzungsgutachten keinen Zweifel daran gelassen, dass ein offenes operatives Vorgehen bei distalen bzw. intramuralen Harnleitersteinen nach heutigem medizinischen Kenntnisstand nicht ernsthaft in Betracht gezogen wird, weil ein solcher Eingriff mit nicht weniger Risiken behaftet ist als endourologische Behandlungsmethoden und weil Letztere im Regelfall mit deutlich geringeren Traumatisierungen und einem wesentlich kürzeren Krankenhausaufenthalt verbunden sind (vgl. Bl. 215, 216 d.A.).

b.

War die im Fall des Klägers zur Anwendung gekommene Ureteroskopie mithin medizinisch indiziert, gibt es nach dem Beweisergebnis erster Instanz auch keinen Anhalt dafür, dass der Eingriff nicht lege artis vorgenommen wurde. Insbesondere kann es entgegen der Argumentation der Berufung nicht als Behandlungsfehler gewertet werden, dass der Beklagte zu 1) eine Ostiumschlitzung vorgenommen hat, ohne zuvor eine Harnleiterbougierung versucht zu haben.

Zwar hat der Sachverständige Prof. Dr. R. den Versuch einer Ostiumbougierung vor der Ostiumschlitzung prinzipiell als sinnvoll bezeichnet. Er hat diese Aussage jedoch dahin relativiert, dass es entscheidend auf die Ostiumkonfiguration und nicht allein auf die Steingrösse ankommt, ob eine Entfernung ohne Ostiumschlitzung möglich ist. Aus dem Umstand, dass der Sachverständige bei einer Auswertung der Nierenübersichtsaufnahme vom 29.6.1997 die Steingröße mit etwa 6 mm ausgemessen hat (vgl. Bl. 246 d.A.), kann gerade bei einem ganz oder teilweise blockierenden intramuralem Harnleiterstein, wie ihn der Sachverständige beim Kläger anhand der Krankenunterlagen objektivieren konnte, nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Bougierung nach dem sich dem Operateur intraoperativ bietenden anatomischen Befund erfolgversprechend war. Mit Blick hierauf kann offen bleiben, ob der beim Kläger gewonnene Stein, wie die Beklagten geltend machen, auf dem Röntgenbild wegen seiner geringen Kalziumdichte wesentlich kleiner erscheint, als er in Wirklichkeit war (vgl. Bl. 236 d.A.). Der Einwand des Klägers, das von den Beklagten behauptete Erschwernis einer intramuralen Lage und einer Harnleiterblockade könne schon deshalb nicht vorgelegen haben, weil laut OP-Bericht aus beiden Harnleitern klarer Urin pulsiert sei, greift nicht. Der Sachverständige hat zwar eine vollständige Blockade verneint. Dessen ungeachtet befand sich der Stein, so der Sachverständige, zweifelsfrei im Bereich des Ostiums. Der Annahme einer Teilblockade steht nicht entgegen, dass beidseits klarer Urin pulsierte (vgl. Bl. 216 d.A.). Dahinstehen mag, ob dieser Befund, worauf die Beklagten hinweisen, nicht auch damit zu erklären ist, dass der beim Kläger entfernte Harnstein nicht rund, sondern kantig und eckig war, so dass trotz Blockade Urin an ihm vorbeifliessen konnte (vgl. Bl. 236 d.A.). Weil es für die Indikationsstellung einer Steinentfernung mittels Ostiumschlitzung weniger auf die Größe des Steines als auf die Ostiumkonfiguration und Ostiumweite ankommt und weil die exakten intraoperativen anatomischen Verhältnisse beim Kläger trotz Röntgendiagnostik nicht mehr rekonstruierbar sind, kann eine Steinentfernung mittels Ostiumschlitzung ohne vorherigen Bougierungsversuch nach den einsichtigen Darlegungen des Sachverständigen nicht ohne weiteres als behandlungsfehlerhaft angesehen werden. Es ist gut vorstellbar, dass nach der Lage des Steins für eine Bougierung kein Platz war und dass sich der blockierende Stein nicht in den höher gelegenen Harnleiterteil hochschieben ließ. Eine primäre Bougierung ist, so der Sachverständige in seinem schriftlichen Erstgutachten, nur dann in Erwägung zu ziehen, wenn die Möglichkeit der Passage des Ostiums und zumindest der ersten 2 bis 3 cm des distalen Harnleiters besteht. Ist dies nicht der Fall - es spricht vieles dafür und kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Situation beim Kläger so darstellte - war eine Ostiumschlitzung wie von den Beklagten behauptet unausweichlich.

Unter Zugrundelegung der Ausführungen von Prof. Dr. R. kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Operateur vor einer Ostiumschlitzung, wie der Kläger argumentiert, zwingend zu einem Bougierungsversuch verpflichtet ist. Der Sachverständige wies ergänzend darauf hin, dass es bei Anlegung des durch die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Urologie bestimmten medizinischen Standards keine klaren Handlungsanweisungen in dem Sinne gibt, dass eine primäre Bougierung in jedem Fall vorab zu versuchen sei. Der Operateur müsse nach den intraoperativ vorgefundenen anatomischen Gegebenheiten, die im Nachhinein auch bei ausreichender präoperativer Diagnostik anhand der Röntgenaufnahmen nicht beweisrelevant rekonstruierbar ist, eigenverantwortlich entscheiden, ob er eine Bougierung als erfolgversprechend ansieht oder nicht. Mit Blick auf die beim Kläger prä- und intraoperativ erhobenen Befunde konnte der Beklagte zu 1), so der Sachverständige, fehlerfrei zur Auffassung gelangen, dass eine Passage des Ostiums und der ersten zwei bis drei Zentimeter des distalen Harnleiters als unrealistisch anzusehen war und deshalb vom Versuch einer primären Bougierung absehen.

c.

Soweit die Berufung in dem Zusammenhang erstmals Dokumentationsversäumnisse rügt, kann dahinstehen, ob es medizinisch erforderlich war, im OP-Bericht eingehend zu begründen, weshalb eine Ostiumschlitzung vorgenommen und von einer vorherigen Bougierung des Harnleiters abgesehen wurde. Zu dokumentieren sind nur die für die ärztliche Diagnose und Therapie wesentlichen medizinischen Fakten und zwar in einer für den Fachmann hinreichend klaren Form. Routinemäßiges Vorgehen muss nicht dokumentiert zu werden. Hiervon ausgehend ist mehr als zweifelhaft, ob der Beklagte zu 1) als erfahrener Urologe und Operateur im OP-Bericht eingehend darlegen musste, weshalb er eine primäre Bougierung nach den anatomischen Gegebenheiten, wie sie sich ihm im Falle des Klägers darboten, für nicht erfolgversprechend hielt und warum er den Harnleiter bei 12.00 Uhr im Ostium schlitzte. Der Umstand, dass laut OP-Bericht selbst nach Schlitzung des Ostiums zwecks Steingewinnung noch eine Harnleiterbougierung vorgenommen wurde, ist entgegen der Ansicht des Klägers kein Indiz für behandlungsfehlerhaftes Vorgehen, sondern eher ein Beleg dafür, dass die anatomischen Gegebenheiten offenbar sehr ungünstig waren, denn sonst hätte es dieser Maßnahme nach Ostiumschlitzung nicht bedurft.

Die Frage bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Selbst wenn man ein Dokumentationsversäumnis unterstellt, kann ein Urschenzusammenhang zwischen dem hierdurch indizierten Behandlungsfehler und den eingetretenen Gesundheitsschäden aus den zutreffenden Erwägungen des Landgerichts (LGU 10,11; Bl. 274, 275 d.A.) nicht festgestellt werden. Im Übrigen ist der Kläger mit dem zweitinstanzlich neuen Angriffsvorbringen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert. Der Kläger hat nicht aufgezeigt, weshalb er den Einwand trotz Kenntnis vom OP-Bericht ohne Nachlässigkeit nicht schon im ersten Rechtszug geltend machen konnte

d.

Die aufgetretenen postoperativen Komplikationen als solche sind kein taugliches Indiz für intraoprative schuldhafte Fehlleistungen des Beklagten zu 1). Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Erstgutachten vom 11. 3. 2002 (Bl. 175 f., 183 d.A.) gut nachvollziehbar ausgeführt, dass die postoperative Prostatavarizenblutung und die hierauf zurückzuführende Makrohämaturie Komplikationen sind, zu denen es bei Prostatahyperlapsie auch bei völlig sachgerechtem Vorgehen durch die Instrumentation mit dem Ureterorenoskop kommen kann. Gleiches gilt für die postoperativ aufgetretene zweitgradige vesiko - urterrorenale Reflux links, die auch bei lege artis vorgenommenen Eingriffen schicksalhafte Folge der eingriffsbedingten Traumatisierung des Harnleiters sein kann. Der im Jahr 2000 aufgetretene beidseitige Hörsturz kann nach den Darlegungen des Sachverständigen nicht einmal mit der streitgegenständlichen Operation in Ursachenzusammenhang gebracht werden. Erst recht kann er nicht als Beleg für behandlungsfehlerhaftes Vorgehen gewertet werden.

Der erkennende Senat sieht sich an die dem Bereich der Tatsachenfeststellung zuzurechnende Beweiswürdigung des Landgerichts gebunden. Sie kann nach neuem Recht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nur angegriffen werden durch das Aufzeigen konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit begründen und deshalb erneute Feststellungen gebieten. Solche Zweifel werden mit der Berufung weder im Hinblick auf die vom Landgericht bejahte Indikationsstellung für den Primäreingriff, noch in Bezug auf die vom Erstrichter als nicht nachgewiesen angesehenen Behandlungsfehler aufgezeigt. Den in der Vorinstanz mit Schriftsatz vom 30.4.2002 erhobenen Einwand, das Erstgutachten von Prof. Dr. R. sei nicht verwertbar, weil der Sachverständige dessen Erstellung einem Oberarzt und einem Assistenten überlassen habe und er daher selbst nicht Autor des Gutachtens sei (Bl. 194 d.A.), verfolgt der Kläger mit Berufung nicht weiter, denn er greift die - zutreffenden - Feststellungen des Landgerichts (LGU 9, 10; Bl. 272, 273 d.A.) mit der Berufungsbegründung nicht an.

Der Einwand, das Landgericht habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, den Sachverständigen Prof. Dr. R. entsprechend dem Antrag des Klägers im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten erster Instanz vom 21.2.2003 (Bl. 213 d.A.) zur mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens zu laden, greift ebenfalls nicht durch.

Zwar ist das Gericht nach ständiger Rechtsprechung unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO auf Antrag einer Partei mit Blick auf deren gemäß den §§ 397, 402 ZPO bestehenden prozessualen Anspruch auf mündliche Befragung zur Vorladung des Sachverständigen verpflichtet. Beschränkungen des Antragsrechts ergeben sich nur in Fällen der Verspätung bzw. Prozessverschleppung sowie wegen Missbrauches (vgl. BGH NJW - RR 2001, 1431; NJW 83, 340; 82, 2874). Verspätungsaspekte haben hier außer Betracht zu bleiben, weil das Landgericht die Zurückweisung des Antrages nicht damit begründet hat und weil der Senat seine Entscheidung nicht auf andere Gründe stützen kann (st. Rspr. vgl. BGH NJW 81, 2255 f.).

Als missbräuchlich zurückgewiesen werden darf ein Antrag, wenn das schriftliche Gutachten vollständig und überzeugungskräftig ist, der Antrag aber gleichwohl jeder Begründung ermangelt (BGHZ 24, 9, 14). Dem Fehlen einer Begründung stehen Fälle krasser und offensichtlicher Begründungsdefizite gleich, etwa wenn der Antrag ganz und gar abwegige, bereits eindeutig beantwortete oder entscheidungsunerhebliche Fragen bzw. Einwendungen zum Gegenstand hat (vgl. hierzu Zöller - Greger, ZPO, 24. Aufl. Rdn. 5 a zu § 411). Der Umstand, dass das Erstgericht das Gutachten für ausreichend und überzeugend hält, reicht demgegenüber nicht aus (vgl. BGH NJW 98, 162; 97, 802).

Bei Anwendung dieser Grundsätze konnte das Landgericht unter Berücksichtigung der im Streitfall bestehenden Besonderheiten von der Ladung des Sachverständigen Prof. Dr. R. zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens absehen.

Der Kläger hat nach Erhalt des schriftlichen Erstgutachtens mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 11.3.2002 zwar Einwendungen gegen das Gutachten erhoben. Er hat aber zunächst keinen Antrag auf mündliche Gutachtenerläuterung gestellt. Den Einwendungen ist das Landgericht verfahrensfehlerfrei in der Weise nachgegangen, dass es mit Beschluss vom 26.7.2002 die Einholung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens angeordnet hat, in welchem Prof. Dr. R. zu den Einwendungen des Klägers im einzelnen Stellung genommen hat (vgl. das Ergänzungsgutachten vom 14.9.2002; Bl. 210 d.A.). Nach Erhalt des Ergänzungsgutachtens hat der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 14.11.2002 (Bl. 224 bis 227 d.A.) seine Einwendungen aufrechterhalten und vertieft und primär die Einholung eines " Obergutachtens " sowie erstmals, allerdings nur hilfsweise, mündliche Gutachtenerläuterung beantragt. Daraufhin hat der Erstrichter durch Beschluss vom 11.12.2002 (Bl. 229, 230 d.A.) die Einholung eines weiteren schriftlichen Ergänzungsgutachtens angeordnet. In seiner Stellungnahme vom 10.1.2003 (Bl. 238 d.A.) hat der Sachverständige die an ihn gerichteten Beweisfragen - wenn auch nicht mit dem vom Kläger erhofften Ergebnis - beantwortet.

Dem daraufhin mit Schriftsatz vom 21.2.2003 gestellten Antrag auf Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Anhörung brauchte der Erstrichter mangels einsichtiger Darlegung noch klärungsbedürftiger rechtserheblicher medizinischer Fragen nicht stattzugeben. Ob und wann ein Antrag auf mündliche Gutachtenerläuterung als missbräuchlich anzusehen ist, lässt sich nicht schematisch beantworten. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalles an. Gewiss kann von einer Partei, die nach Erhalt eines schriftlichen Erstgutachtens innerhalb der vom Gericht bestimmten Frist zur Stellungsnahme einen Antrag auf Ladung des Sachverständigen zwecks Anhörung stellt, nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht verlangt werden, dass sie die Fragen, die sie an den Sachverständigen zu richten beabsichtigt, im Voraus konkret formuliert. Es reicht aus, wenn die Partei allgemein angibt, in welche Richtung sie durch ihre Fragen eine weitere Abklärung herbeizuführen wünscht (vgl. BGH NJW-RR 2003, 208, 209; NJW 1957, 870).

Wird ein Antrag auf mündliche Erläuterung nach Zugang des schriftlichen Erstgutachtens jedoch nicht gestellt, obwohl konkrete Einwendungen gegen das Gutachten vorgetragen werden und ordnet das Gericht daraufhin zur gründlichen Aufarbeitung noch offener Fragen die Einholung eines oder gar mehrerer schriftlicher Ergänzungsgutachten an, sind an die Begründungserfordernisse eines erst als Reaktion auf solche Ergänzungsgutachten gestellten Antrages auf mündliche Gutachtenerläuterung strengere Anforderungen zu stellen. In Fällen dieser Art genügen mehr oder minder allgemein gehaltene Formulierungen nicht. Vielmehr muss und kann von der Partei erwartet werden, dass sie detailliert und nachvollziehbar darlegt, weshalb die von ihr aufgeworfenen Fragen durch das schriftliche Gutachten trotz der Ergänzungen nicht oder nicht hinreichend beantwortet sind und warum weiterer Klärungs- und Erläuterungsbedarf bestehen soll.

Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegengehalten, das Antragsrecht nach § 402 iVm § 397 ZPO dürfe nicht durch die Einholung schriftlicher Ergänzungsgutachten ausgehöhlt werden. Das ist zwar im Prinzip richtig, jedoch kann hiervon im Streitfall nicht die Rede sein. Zunächst ist darauf hinzueisen, dass das Gericht durch einen Antrag auf mündliche Gutachtenerläuterung nicht gehindert ist, eine schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen einzuholen, was insbesondere dann sinnvoll sein kann, wenn der Antrag eingehend begründet worden ist. Anschließend kann das Gericht klären, ob der Antrag auf mündliche Gutachtenerläuterung dessen ungeachtet aufrecht erhalten wird (vgl. Zöller - Greger, a.a.O.). Vorliegend besteht aber die Besonderheit, dass der Kläger nach Zugang des Erstgutachtens keinen Antrag auf mündliche Gutachtenerläuterung gestellt hat, weshalb nach Einholung des schriftlichen Ergänzungsgutachtens auch kein Klärungsbedarf bestand, ob ein solcher Antrag aufrechterhalten wird oder nicht.

Eine Partei, die zunächst keine mündliche Gutachtenerläuterung beantragt, begibt sich zwar hierdurch nicht ihres Antragsrechtes. Sie muss aber in Kauf nehmen, dass an einen erst als Reaktion auf schriftliche Gutachtenergänzungen gestellten Erläuterungsantrag strengere Begründungsanforderungen gestellt werden, als an einen solchen unmittelbar nach Erhalt des Erstgutachtens. In Fällen dieser Art genügt es nicht, dass die Richtigkeit der medizinischen Feststellungen des Sachverständigen schlicht geleugnet oder dass bereits beantwortete Fragen wiederholt werden. Vielmehr muss konkret dargelegt werden, welche entscheidungserheblichen Umstände weiterer Aufklärung durch persönliche Befragung des Sachverständigen bedürfen.

Bei Anlegung dieses Maßstabes hat der Erstrichter mit Blick auf die vom Kläger zur Begründung seines Antrages vom 21.2.2003 als klärungsbedürftig bezeichneten Fragen zu Recht keinen Anlass gesehen, Prof. Dr. R. zur mündlichen Erläuterung seiner schriftlichen Stellungnahmen zu laden.

Der Senat bezieht sich wegen der Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils (LGU 10, 11, Bl. 274, 275 d.A.). Ergänzend sei folgendes angemerkt:

Soweit der Kläger unter Ziff. II.1. des o.g. Schriftsatzes, gestützt auf die Feststellungen des Sachverständigen in dessen zweiten Ergänzungsgutachten zur Größe des bei ihm entfernten Steines und auf die Ausführungen auf Seite 6 unten, wonach " kleinere Steine in einem Durchmesser von 4 bis 6 mm unter direkter endoskopischer Kontrolle mit dem Dormia - Körbchen oder Fasszange gezogen werden können ", den Schluss ziehen will, einer Ostiumschlitzung habe es selbst bei blockierendem Stein nicht bedurft, hat er die Darlegungen von Prof. Dr. R. offenbar missverstanden. Der Sachverständige hat sich auf Seite 8 ausdrücklich auf die Feststellungen im schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 15.9.2002 Seite 8 berufen (Bl. 216, 217 d.A.). Danach wird die Erforderlichkeit einer Ostiumschlitzung weniger durch die Steingröße als durch die Ostiumkonfiguration und -weite bestimmt wird. Scheinwidersprüche im Gutachten, deren Annahme allein darauf beruht, dass eine Partei die schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen nur partiell zur Kenntnis nimmt, bieten keinen Anlass zur mündlichen Gutachtenerläuterung. Dass nach der Ostiumschlitzung noch eine Harnleiterbougierung vorgenommen wurde, hat der Sachverständige, wie sich der " Chronologie des Sachverhalts " auf Seite 4 des schriftlichen Ergänzungsgutachtens entnehmen lässt, sehr wohl erkannt (Bl. 213 d.A.). Er hat die Vorgehensweise aber nicht als kritikwürdig angesehen und sie - aus naheliegenden Gründen - nicht als tauglichen Anhalt dafür betrachtet, dass ein Bougierungsversuch gemäß der Sachdarstellung des Klägers bereits vor der Ostiumschlitzung erfolgversprechend gewesen wäre. Auch die weiteren unter Ziff. II 2 und 3 aufgestellten Thesen, bei denen es sich um nicht belegete Behauptungen handelt und die sich im Übrigen im schlichten Leugnen der einsichtigen medizinischen Feststellungen des Sachverständigen erschöpfen, gaben keinen Anlass zur Anhörung des Sachverständigen. Prof. Dr. R. hat klargestellt, dass es auch im Falle nur teilweiser Blockade Konstellationen gibt, bei denen sich ein Stein mit 6 mm Durchmesser nicht mittels der üblichen Instrumente oder im Wege der Bougierung entfernen lässt. Um einen Scheinwiderspruch handelt es sich auch bei der unter Ziff. 3 a) aufgestellten Behauptung, der Stein habe entgegen der Annahme von Prof. Dr. R. nicht intramural gesessen, was damit begründet wird, dass man ihn laut OP-Bericht im Bereich des Ostiums in der Tiefe habe erkennen können. Daraus folgt nur, dass der Stein den Eingang des Ostiums nicht vollkommen bündig verschlossen hat. Dass eine Totalblockade vorlag, hat der Sachverständige nie behauptet. Auch zu der weiteren Behauptung unter Ziff. 3 b) des Schriftsatzes vom 21.2.2003, bei Steinen mit einer Größe bis zu 6mm sei es als Kunstfehler anzusehen, wenn eine Ostiumschlitzung ohne vorherigen Bougierungsversuch vorgenommen werde, hat Prof. Dr. R. in seinen schriftlichen Gutachten wiederholt und eingehend Sellung genommen, ohne dass es Anhaltspunkte dafür gibt, dass er sich bei der Beantwortung der Frage nicht am maßgeblichen medizinischen Standard im Fachbereich Urologie orientiert hat.

Werden Erläuterungsanträge, wie hier, erst als Reaktion auf Gutachtenergänzungen gestellt, besteht kein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf mündliche Anhörung. Insbesondere braucht der Sachverständige nicht zu Fragen Stellung zu nehmen, die er schriftlich bereits eindeutig und abschließend beantwortet hat, nur weil eine Partei anderer Auffassung ist oder weil sie die schriftlichen Ausführungen nicht oder nicht hinreichend zur Kenntnis nimmt. In Fällen dieser Art muss ein vernünftiger Erläuterungsbedarf aufgezeigt werden, d.h. die Partei, die den Antrag stellt, hat einleuchtende Gründe anzugeben, weshalb die bisherige Beurteilung des Sachverständigen korrekturbedürftig ist und hinsichtlich welcher konkreten, noch unbeantworteten entscheidungserheblichen Fragen ergänzende Ausführungen erforderlich sind. Geschieht das nicht, kann der Antrag als missbräuchlich gewertet und vom Gericht zurückgewiesen werden.

Darüber hinaus ermangelt die Berufungsbegründung einer nachvollziehbarer Darlegung, weshalb die unterbliebene Anhörung für die angefochtene Entscheidung ursächlich war. Zwar genügt bei der Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften die bloße Möglichkeit, dass das Gericht ohne den Verfahrensfehler zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre (vgl. BGH NJW 1995, 1841, 1842; Musielak - Ball, ZPO, 3. Aufl. Rdn. 11 zu § 545). Aber auch dies hätte im Streitfall näherer Begründung bedurft, denn es versteht sich nicht von selbst, dass der Sachverständige in der mündlichen Anhörung Behandlungsfehler bejaht hätte, die er zuvor in drei schriftlichen Stellungnahmen verneint hat. Die Berufungsbegründung erschöpft sich in der apodiktischen Behauptung, " die Anhörung des Sachverständigen werde den Nachweis behandlungsfehlerhaften Verhaltens erbringen " (Bl. 315 d.A.). Tatsachen, die diese Annahme stützen und die einsichtig machen könnten, warum bei Anhörung des Sachverständigen der Nachweis der zuvor verneinten Behandlungsfehler möglich würde, zeigt die Berufungsbegründungsschrift nicht einmal ansatzweise auf.

Wird die Berufung auf Verfahrensfehler gestützt, muss deren Entscheidungskausalität über formelhafte, nichtssagende Redewendungen hinaus in der Berufungsbegründung näher dargetan werden (vgl. Baumbach - Lauterbach - Albers, ZPO, 63. Aufl. Rdn. 22 zu § 520). Ergänzungen in späteren Schriftsätzen sind dem Berufungsführer nur behelflich, wenn die ursprüngliche Begründung den formalen Anforderungen genügte (vgl. Baumbach - Lauterbach a.a.O. Rdn. 31 mwNw.). Insoweit würde es daher schon an einer den Anforderungen des § 520 Abs. 2 Nr. 3 HS 2 ZPO genügenden Berufungsbegründung fehlen.

Die Voraussetzungen für die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens (§ 412 ZPO) liegen ersichtlich nicht vor. Es gibt keinen Anhalt dafür, dass das Gutachten von Prof. Dr. R. an Mängeln leidet, dass es also unvollständig, widersprüchlich oder nicht überzeugend ist. Der Sachverständige geht auch nicht von falschen Tatsachen aus. Erst recht gibt es keinen Hinweis darauf, dass dem forensisch erfahrenen Gutachter die nötige Fachkunde fehlt oder dass ein anderer Sachverständiger über Erkenntnisquellen und Einsichten verfügt, die denen von Prof. Dr. R. überlegen sind. II.

Eine Haftung der Beklagten kommt entgegen der Rechtsauffassung des Klägers auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflichtverletzung in Betracht.

a.

Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, nicht über alternativ in Betracht kommende Behandlungsmethoden informiert worden zu sein. Ausgehend vom Grundsatz der Therapiefreiheit hat der Arzt dem Patienten im allgemeinen nicht ungefragt zu erläutern hat, welche Behandlungsmethoden theoretisch in Erwägung zu ziehen sind. Da die Wahl der Behandlungsmethode primär Sache des Arztes ist, besteht eine Aufklärungspflicht nur, wenn mehrere gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten zur Wahl stehen und wenn diese wiederum mit unterschiedlichen Chancen und Risiken verbunden sind (BGH NJW 82, 2121).

aa.

Mit dem Einwand, der Beklagte zu 1) habe dem Kläger in erster Linie zu einer Wiederholung der am 1.7.1997 fehlgeschlagenen extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie (ESWL) raten müssen (vgl. Schriftsatz vom 8.1.04; Bl. 3 d.A.), ist der Kläger im zweiten Rechtszug gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, weil er nicht dargelegt hat, weshalb dieser Einwand bei sorgfältiger Prozessführung nicht schon im ersten Rechtszug hätte erhoben werden können. Im Übrigen ist die Einwendung aus den unter I. dargestellten Gründen auch sachlich nicht gerechtfertigt.

bb.

Auf die vom Kläger (zu Unrecht) für vorzugswürdig gehaltene Behandlungsalternative offene Steinentfernung brauchten die Beklagten aus den vom Erstrichter näher dargelegten Gründen (LGU 12, Bl. 276 d.A.) nicht hinzuweisen. Nach dem im Fachbereich Urologie maßgeblichen medizinischen Standard stellt die offene chirurgische Ureterolithomie gegenüber der von den Beklagten angewendeten minimalinvasiven Operationsmethode, die sowohl beim nicht spontan abgangsfähigen prävesikalen wie auch beim intramuralen Harnleiterstein als Therapie der Wahl anzusehen ist, keine echte Behandlungsalternative dar. Der Sachverständige hat dies in seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 14.9.2002 einleuchtend damit begründet, dass bei extrem distalen Harnleitersteinen - um einen solchen handelte es sich im Falle des Klägers - die offene chirurgische Ureterolithotomie mit dem Risiko einer wesentlich größeren operativen Traumatisierung und längerem Krankenhausaufenthalt bei in etwa gleich hohem Risiko einer Harnleiterverletzung mit Auftreten eines Refluxes, eines Divertikels oder einer distalen Harnleiterstruktur verbunden ist. Deshalb, so der Sachverständige, werde das offene operative Vorgehen für distale Harnsteine in den EAU - Guidelines nicht in Betracht gezogen und stellt es " heutzutage eine absolute Rarität dar " (vgl. Bl. 215 d.A.). b. Die Frage, ob die Beklagten im Rahmen der ihnen obliegenden Patientenaufklärung gehalten waren, den Kläger auch auf die sich intraoperativ ergebende Notwendigkeit einer Ostiumschlitzung und das in diesem Fall bestehende Refluxrisiko hinzuweisen, was nach dem Inhalt der vom Kläger unterzeichneten Einverständniserklärung nicht geschehen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung.

Zunächst soll nicht unerwähnt bleiben, dass der Kläger in seiner Parteianhörung vom 15.5.2003 eingeräumt hat, dass sich die Patientenaufklärung im Widerspruch zu seinem schriftsätzlichen Vorbringen keineswegs in der kommentarlosen Vorlage eines bereits handschriftlich ergänzten Formulartextes erschöpfte. Der Kläger hat zugestanden, sowohl mit dem Beklagten zu 1) wie auch mit dessen Stationsarzt, dem Beklagten zu 2), nach Fehlschlagen der Stoßwellentherapie Gespräche mit Blick auf die Notwendigkeit operativen Vorgehens geführt zu haben. Er hat erklärt, dabei u.a. auf die Erforderlichkeit der Steinentfernung mittels Instrumenten sowie auf mit dem beabsichtigten Eingriff verbundene Nebenfolgen und Risiken hingewiesen worden zu sein. Auch sei ihm mitgeteilt worden, dass möglicherweise eine " größere Operation " erforderlich werden könnte. Allerdings wollte der Kläger sicher sein, dass über das Risiko eines Refluxleidens nicht gesprochen wurde (vgl. Bl. 260 d.A.) Weil sich im Rahmen der Anhörung des Klägers keine Hinweise dafür ergaben, dass dieser dem Aufklärungsgespräch infolge Medikamenteneinwirkung geistig nicht folgen konnte, bedurfte es entgegen der im (nicht nachgelassenen) Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 5.2.2004 vertretenen Rechtsansicht keines vertieften Vortrages der für die Ordnungsgemäßheit der Aufklärung darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten speziell zu dieser Frage.

Dies vorausgeschickt hat Prof. Dr. R. in seinem schriftlichen Erstgutachten zwar ausgeführt, die mit einem Refluxrisiko verbundene Ostiumschlitzung werde nur in Ausnahmefällen durchgeführt. Sie gehöre nicht zum Routinevorgehen bei der ureteroskopischen Steinextraktion und sei präoperativ aufgrund der röntgenologischen Bildgebung nicht vorhersehbar gewesen (vgl. Bl. 181 d.A.). Aber schon wenn der Arzt die ernsthafte Möglichkeit einer Operationserweiterung oder den Wechsel in eine andere Methode in Betracht ziehen muss, hat er den Patienten vor dem Eingriff hierüber aufzuklären. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist der Patient über alle eingriffspezifischen Risiken, auch wenn es sich um seltene handelt, aufzuklären, soweit ihre Folgen im Falle der Verwirklichung schwerwiegend sind. Bei sog. typischen Risiken reicht bereits eine Wahrscheinlichkeit im Promillebereich aus, um die Aufklärungspflicht anzunehmen (vgl. BGH NJW 2000, 1784). Hiervon ausgehend liegt es nahe, Risikohinweise im Hinblick auf ein mögliches Refluxleiden für erforderlich zu erachten. Der Umstand, dass die Refluxbildung reparabel ist und durch die Antireflux - Operation vom 25.7.2000 beim Kläger erfolgreich behandelt werden konnte, ändert hieran nichts. c.

Aber selbst wenn man von einer unzureichenden Risikoaufklärung ausgeht, haben die Beklagten zu ihrer Entlastung erfolgreich geltend gemacht, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung und entsprechenden Risikohinweisen in den Eingriff gleichwohl eingewilligt hätte (sog. hypothetische Einwilligung).

Weil sich die Beklagten auf den Gesichtspunkt " hypothetische Einwilligung " berufen haben, war es zunächst Aufgabe des Klägers, einen plausiblen Entscheidungskonflikt für den Fall ordnungsgemäßer Aufklärung darzulegen (BGH NJW 1994, 799). Einsichtig machen kann und soll der Patient dabei nur, dass ihn die vollständige Aufklärung ernsthaft vor die Frage gestellt hätte, ob er dem Eingriff zustimmt oder nicht (Stichwort " echter Entscheidungskonflikt "; BGH NJW 1991, 1543). Dabei dürfen an die Substantiierungslast keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Es kommt in dem Zusammenhang nicht darauf an, wie sich ein " vernünftiger Patient "anstelle des Klägers entschieden hätte oder was aus ärztlichem Blickwinkel erforderlich und sinnvoll gewesen wäre. Maßgeblich ist allein der persönliche Entscheidungskonflikt des jeweiligen Patienten aus damaliger Sicht (BGH NJW 1994, 799; 1993, 2378; 1991, 2342). Nur wenn die Einwilligung evident verspätet, also erst unmittelbar vor dem Eingriff erfolgt ist, legt die Lebenserfahrung nahe, dass die Entscheidungsfreiheit des Patienten allein hierdurch in einer Weise eingeschränkt war, dass es keines näheren Vortrages zum Entscheidungskonflikt mehr bedarf (vgl. BGH NJW 1995, 2410). Diese Darlegungserleichterungen gelten jedoch nicht, wenn die Risikoaufklärung, wie im Streitfall, am Tag vor dem Eingriff erfolgt ist (BGH NJW 1992, 2351).

Hiervon ausgehend hat der Erstrichter nach den Erkenntnissen, die er im Rahmen der Parteianhörung des Klägers vom 15.5.2003 gewonnen hat, einen echten Entscheidungskonflikt im Fall des Hinweises auf eine mögliche Refluxbildung zu Recht verneint. Auf die einsichtige Begründung des Landgerichts (LGU 14, Bl. 278 d.A.) kann zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug genommen werden. Hält man sich die unter dem Stichwort " Mögliche Komplikationen " angeführten Risikohinweise vor Augen, wird deutlich, dass der Kläger erhebliche Gesundheitsrisiken, die weit über ein (reparables) Refluxleiden hinausgehen, in Kauf genommen hat. Es kommt hinzu, dass der Kläger das operative Vorgehen nicht etwa einem Rat des Arztes folgend hat über sich ergehen lassen. Der Kläger selbst war es, der auf dem Eingriff bestanden hat, obwohl ihm der Beklagte zu 1) nach dessen unwidersprochen gebliebenen Vortrag primär zu einer Wiederholung der weniger risikohaften Stoßwellentherapie geraten hat. Der Kläger wollte den raschen und zielführenden operativen Eingriff. Er war es, der eine objektiv nicht vorhandene Eile in das Behandlungsgeschehen hineingetragen und aus beruflichen Gründen großen Wert darauf gelegt hat, dass der Eingriff möglichst zügig vorgenommen wird. Vor diesem Hintergrund spricht nichts dafür, dass sich der Kläger bei Hinweis auf ein mögliches Refluxleiden gegen den von ihm selbst gewollten schnellen operativen Eingriff entschieden hätte. Aufschlussreich ist insbesondere die Erklärung des Klägers, er würde selbst bei Hinweis auf das Eingriffsrisiko Refluxleiden die Entscheidung letztlich dem Operateur überlassen haben und sich gegen die alternativ in Betracht zu ziehende Operationsmethode entschieden haben, wenn er gewusst hätte, dass dieser das gleiche Risiko anhaftet.

Auch das verdeutlicht, dass es dem Kläger ganz entschieden auf ein möglichst rasches operatives Vorgehen ankam und dass er um des schnellen Behandlungserfolges willen auch hiermit verbundene höheren Risiken in Kauf zu nehmen bereit war.

Mithin war der stattgefundene Eingriff auch und gerade aus damaliger Sicht des Klägers selbst bei ordnungsgemäßer Aufklärung letztlich alternativlos.

d.

Mangelt es aus dem Blickwinkel des Patienten an einem echten Entscheidungskonflikt, kann im Endergebnis dahinstehen, ob die Aufklärung, die am Vorabend des Eingriffs gegen 20.00 Uhr stattgefunden hat, zum richtigen Zeitpunkt erfolgt ist. In der Regel wird ein Gespräch am Vorabend der Operation bei Eingriffen, die wie hier, mit nicht unerheblichen Risiken, wie etwa Harnleiterverletzungen bis hin zum Verlust einer Niere verbunden sind, zu spät sein (vgl. BGH NJW 1998, 2734; Geiß/ Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 3. Aufl. C 98). Ein eventuelles diesbezügliches Versäumnis der Beklagten begründet jedoch nicht deren Haftung, weil der Kläger auch bei pflichtgemäßen Alternativerhalten in den Eingriff eingewilligt hätte.

Nach alldem hat das Landgericht die Klage zu Recht als nicht begründet angesehen. Die gegen das erstinstanzliche Urteil gerichtete Berufung des Klägers war zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 269 Abs. 3, 4 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Wert der Beschwer des Klägers wurde im Hinblick auf § 26 Nr. 8 EGZPO wie geschehen festgesetzt.

Die Revision war nicht zuzulassen, da es an den erforderlichen Voraussetzungen fehlt (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1 Ziff. 1 iVm Abs. 2 S. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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