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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.03.2003
Aktenzeichen: 1 U 624/02
Rechtsgebiete: GewO, UWG, ZPO, EGZPO, StGB


Vorschriften:

GewO § 33 c
GewO § 33 d
GewO § 144 I Nr. 1d
UWG § 1
UWG § 13 IV
ZPO § 531
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 II Nr. 3
ZPO § 540 I
ZPO § 890
EGZPO § 26 Nr. 5
StGB § 284
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 624/02

Verkündet am 19.3.2003

In dem Rechtsstreit

wegen wettbewerbsrechtlicher Unterlassung

hat der 1. Zivilsenat des saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Theis, des Richters am Oberlandesgericht Schmidt und der Richterin am Oberlandesgericht Fritsch-Scherer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 1. Oktober 2002 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen IV des Landgerichts in Saarbrücken - 7 IV O 122 / 01 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Beklagten wird auf 10.225,84 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Verfolgung von Wettbewerbsverstössen gehört, nimmt die Beklagte, die mehrere Spielhallen betreibt, auf Unterlassung als unzulässig beanstandeter Spielpraktiken in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte betreibt u.a. in der straße in S.-D. unter der Bezeichnung " - Spielstuben " einen Spielsalon. Sie hat in ihrem Betrieb Spielgeräte mit und ohne Gewinnmöglichkeit aufgestellt. Bei den als Geräte ohne Gewinnmöglichkeit gekennzeichneten sog. Unterhaltungsautomaten kann der Spieler durch geschickte Bedienung eine hohe Punktzahl und damit sog. " Freispiele " erreichen. Es gibt Geräte in die Geldmünzen und solche in die Wertmarken, sog. Token, eingeworfen werden. Bei Spielende wirft das Gerät entsprechend der erreichten Punktzahl " Token ", also kein Bargeld, aus. Will ein Spieler " bargeldlos " spielen, muss er sich bei der Aufsicht eine Chipkarte besorgen. Die Chipkarte wird zwar registriert, aber nicht personenbezogen verausgabt. Der Spieler muss die Chipkarte anschliessend an einem sog. Token-Manager " aufladen ". Der zu diesem Zweck eingezahlte Geldbetrag wird als Einsatz auf der Chipkarte vermerkt. Der Spieler erhält eine seinem Einsatz entsprechende Zahl von " Token ". Nach Spielende wird dem Spieler am " Token-Manager " nach Eingabe der Chipkarte der Gegenwert der " Token " in Geld rückerstattet. Bei ordnungsgemäßer Handhabung ist der Auszahlungsbetrag durch die Höhe des auf der Chipkarte vermerkten Einsatzes begrenzt.

Auf einer Chipkarte konnten maximal 2oo.- DM Einsatz gespeichert werden.

Der Kläger hat zur Rechtfertigung seiner Klage vorgetragen, die Beklagte ermögliche es Spielern durch inkonsequente Handhabung dieses Kontrollsystems " Token " ohne oder sogar trotz Verwendung der Chipkarte über den geleisteten Spieleinsatz hinaus in Bargeld umzutauschen. Hierdurch würden die Unterhaltsungsgeräte unter Umgehung der für Geräte mit Gewinnmöglichkeit gemäß den §§ 33 c, d GewO bestehenden strengen Erlaubnispflicht " zweckentfremdet ". Geschehe dies, wie im Falle der Beklagten, planmäßig, liege zugleich ein Verstoß gegen § 1 UWG vor, denn die Beklagte schaffe sich durch ihre unlautere Vorgehensweise gegenüber redlichen Mitbewerbern Wettbewerbsvorteile.

Der Kläger stützt sich auf Erkenntnisse von Überprüfungen, die zwei in Diensten des Fachverbandes der Münzautomatenaufsteller (AMA) stehende Kontrolleure am 2.8.; 13.9. und 15.9.2001 gewonnen haben wollen. Die Zeugen R. und A. sollen beobachtet haben, dass " Token " jeweils über die geleisteten Spieleinsätze hinaus durch Aufsichtspersonal der Beklagten in Bargeld umgetauscht worden sind. Ein " Token-Manager " sei nur am 15.9.2002 benutzt worden. Obwohl das Unterhaltungsgerät an besagtem Tag nur den geleisteten Spieleinsatz von 2o.- DM in bar und eine Toke, die der Spieler zusätzlich gewonnen hat, ausgeworfen habe, habe die Aufsicht dem Spieler die Toke ebenfalls in Bargeld gewechselt. An den beiden anderen Tagen seien Token ohne Vorlage der Chipkarte unmittelbar in Bargeld getauscht worden.

Der Kläger hat beantragt,

der Beklagten bei Meidung von Ordnungsmitteln zu untersagen, in ihrer o.g. Spielhalle an Unterhaltungsgeräten ohne Gewinnmöglichkeit eine Geldgewinnmöglichkeit dadurch zu verschaffen, dass die durch die Geräte ausgespielten Token vom Aufsichtspersonal zurückgenommen und in Bargeld umgetauscht werden, soweit der umgetauschte Geldbetrag das geleistete Spielentgeld übersteigt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat den vom Kläger behaupteten Hergang bestritten und geltend gemacht, es sei in ihrer Spielhalle in D. unmöglich, an Unterhaltungsgeräten Gewinne zu erzielen. Die Spieler müssten eine Chipkarte erwerben, auf der das eingesetzte Geld vermerkt werde. Ein Rücktausch von " Token " finde ausschliesslich gegen Vorlage der Chipkarte und nur in Höhe des darauf vermerkten Einsatzes statt. Dies werde durch den " Token-Manager " gewährleistet. Die Mitarbeiter der Beklagten seien im Übrigen strikt angewiesen, Token nur unter Verwendung dieses Gerätes einzulösen, was ausnahmslos, also auch in den vom Kläger angeführten Fällen, so gehandhabt worden sei. Die gegenteiligen Angaben der Kontrolleure A. und R. seien falsch.

Durch das nunmehr angefochtene Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 I ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte nach Beweisaufnahme antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Den Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UWG, 33 c GewO hat das Landgericht nach dem Beweisergebnis aufgrund der als glaubhaft beurteilten Angaben der Zeugen R. und A. als begründet angesehen. Der Erstrichter ist zur Überzeugung gelangt, dass Mitarbeiter der Beklagten an den genannten Tagen " Token " über die geleisteten Spieleinsätze hinaus in Bargeld getauscht hätten. Mit Blick auf die nachgewiesenen Verstösse bestehe Wiederholungsgefahr, zumal die Beklagte sich weigere, ein strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihren Klageabweisungsantrag unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens sowie unter Aufbietung neuer Beweismittel weiter verfolgt. Die Beklagte greift insbesondere die Beweiswürdigung des Landgerichts an. Sie rügt, dass die Entscheidungsgründe eine kritische Auseinandersetzung mit den Angaben der Zeugen A. und R., wie auch eine eingehende Glaubwürdigkeitsbetrachtung mit Blick auf die entgegenstehenden Bekundungen der Mitarbeiterinnen der Beklagten, der Zeuginnen S., W. und B., vermissen liessen.

Ausserdem benennt die Beklagte ihren früheren Geschäftsführer M., der nach Urteilsverkündung aus der Geschäftsführung ausgeschieden ist, sowie die Aushilfskraft K. als (weitere) Zeugen für die Richtigkeit ihrer Sachdarstellung.

Der Kläger verteidigt das ihm günstige Urteil des Landgerichts. Er beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Beklagten, auf die gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO neues Recht Anwendung findet, ist zulässig.

Erfolg in der Sache hat das Rechtsmittel jedoch nicht. Der Kläger, gegen dessen Klagebefugnis als rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen (§ 13 II Nr. 2 UWG) Bedenken weder von der Beklagten geltend gemacht werden noch sonst ersichtlich sind, kann von der Beklagten zu Recht im erkannten Umfang Unterlassung des Rücktauschs erspielter Wertmarken (" Token ") verlangen.

In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass der Kläger in der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme den ihm obliegenden Nachweis geführt hat, dass der Beklagten ein Verstoß gegen §§ 33 c, 144 I Nr. 1 d. GewO iVm § 1 UWG zur Last fällt.

Folgt man einem Teil der Literatur, sind Unterhaltungsgeräte schon wegen des von der Beklagten praktizierten " Wertmarkensystems " nach §§ 33 c, d GewO erlaubnispflichtige Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit. Zwar stellt ein Freispiel, das den Spieler berechtigt, sofort ohne Unterbrechung weiterzuspielen, nach einhelliger Auffassung keinen unzulässigen Gewinn dar. Demgegenüber sind die Meinungen, wie Chipkarten- oder Wertmarkensysteme (Token) zu behandeln sind, durchaus geteilt. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass es sich, auch wenn die Geldrückgabe, wie die Beklagte dies behauptet, maximal auf den eingesetzten Betrag beschränkt ist, um erlaubnispflichtige Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit handelt. Dieser Auffassung könnte insbesondere in solchen Fällen zu folgen sein, bei denen das Wertmarkensystem keine effiziente Kontrolle des Ausbleibens einer Gewinnausschüttung ermöglicht. Werden Chipkarten, wie die Beklagte dies handhabt, nämlich " blanko " ausgegeben und sind sie infolgedessen beliebig übertragbar, haben auch Spieler, die selbst keinen entsprechenden Einsatz geleistet haben, mit Hilfe von Chipkarten Dritter die Möglichkeit, ihre gewonnenen Token über den tatsächlich geleisteten Einsatz hinaus gegen Bargeld rückzutauschen (zum Meinungsstand vgl. Landmann-Rohmer-Marcks, GewO Bd. I Rdn. 6 zu § 33 c mwNw.).

Diese Rechtsfrage kann jedoch auf sich beruhen. Selbst wenn man den Betrieb von Unterhaltungsgeräten ohne Gewinnmöglichkeit bei Ausgabe von Wertspielmarken als grundsätzlich zulässig und weder als unerlaubtes Glücksspiel, noch als Betrieb von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit iSv §§ 33 c, d GewO, 5 a SpielV, § 284 StGB ansieht, ist es jedenfalls unzulässig, Unterhaltungsautomaten durch Verwendung als Geräte mit Geldgewinnmöglichkeiten ihrem Zweck zu entfremden. Von einer Zweckentfremdung ist auszugehen, wenn erspielte " Token " über die jeweils geleisteten Spieleinsätze hinaus in Geld rückgetauscht werden. Der Bargeldumtausch von " Token " aus Spielautomaten, die als reines Unterhaltungsgerät gekennzeichnet sind, stellt einen Verstoß gegen die wertneutrale Vorschrift des § 33 c GewO dar und ist unter dem Gesichtspunkt des sachlich ungerechtfertigten Vorsprungs durch Rechtsbruch nach § 1 UWG wettbewerbswidrig (vgl. OLG Düsseldorf WRP 2000, 245; OLG Thüringen WRP 2000, 246 f.; Baumbach /Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl. Rdn. 652 zu § 1 UWG). Voraussetzung dafür, dass der " Vorsprunggedanke " zum tragen kommt, ist, dass der Rechtsbruch " planmäßig " erfolgt (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.). Eine Wettbewerbshandlung, die gegen eine wertneutrale Ordnungsnorm verstösst, ist zwar gesetzwidrig. Damit sie wettbewerbswidrig iSv § 1 UWG wird, müssen besondere wettbewerbsrelevante Umstände wie etwa planmäßiges Handeln hinzutreten (vgl. Baumbach / Hefermehl, a.a.O. Rdn. 630).

Dies vorausgeschickt, kann der Feststellung des Landgerichts gefolgt werden, der Kläger habe den ihm obliegenden Beweis für einen Verstoss gegen § 33 c GewO iVm § 1 UWG geführt. Der Beklagten ist es nicht gelungen, mit ihrer Berufung konkrete Tatsachen aufzuzeigen, die vernünftige Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen des Landgerichts wecken (§ 529 ZPO). Es wurden auch keine entscheidungserheblichen " Noven " vorgetragen, die nach § 531 ZPO in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen sind und zu einem anderen, der Beklagten günstigeren Ergebnis führen könnten.

Auf der Grundlage der sich aus der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ergebenden Erkenntnisse ist das Landgericht verfahrens- und denkfehlerfrei mit nicht nur vertretbarer, sondern gut nachvollziehbarer Begründung zu der Überzeugung gelangt, dass Mitarbeiter der Beklagten in deren Spielhalle in der straße in D. planmäßig gegen § 33 c GewO verstossen haben, wofür die Beklagte gemäß § 13 IV UWG einzustehen hat.

Das folgt insbesondere aus den Bekundungen des Zeugen A.. Zu Recht hat das Landgericht den Zeugen als persönlich glaubwürdig und seine Schilderungen als überzeugungskräftig angesehen und ihnen einen höheren Beweiswert beigemessen, als den teilweise entgegenstehenden Aussagen der Mitarbeiterinnen der Beklagten. Die gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts mit der Berufung erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Der Zeuge N. A. hat ausgesagt, er habe am 2.8. und 13.9.2001 beobachtet, dass Mitarbeiter der Beklagten Spielern " Token " unmittelbar und ohne einen sog. Token-Manager zu benutzen, in Bargeld umgetauscht haben.

Am 2.8.2001 habe ein Kunde an einem Spielgerät " Vegas Runner " bei einem Punktestand von 35oo den Auszahlungsknopf betätigt und 35 Token erhalten. Diese Token habe der Kunde der Aufsicht übergeben, worauf ihm jene den Gegenwert von 35o.- DM in bar ausgehändigt habe. Ein Token-Manager sei bei dem Umtausch eindeutig nicht zum Einsatz gekommen. Ähnliche Feststellungen hat der Zeuge am 13.9.2001 getroffen. Er gibt an, gesehen zu haben, dass ein Spieler zwei 5.- DM Geldmünzen in ein " Sindbad-Spielgerät " geworfen habe. Nachdem der Kunde mit dem Einsatz 5oo Punkte erspielt und den Ausgabeknopf betätigt habe, habe er 5 Token erhalten, wofür ihm die Aufsicht, ohne einen Token-Manager zu benutzen, 5o.- DM in bar ausgezahlt habe.

Den Angaben des Zeugen A. stehen - allerdings nur in Bezug auf den Vorfall vom 2.8. 2001 - die Bekundungen der Zeugin S. entgegen. Die als Aufsicht bei der Beklagten beschäftigte Zeugin hat erklärt, sie könne sich - vorgeblich wegen der Höhe des Rücktauschbetrages - noch genau an den Vorfall erinnern. Der entsprechende Spieler, ein ihr bekannter Stammkunde, dessen Personalien sie aber nicht preisgeben wolle, habe zwei Chipkarten eingelöst, auf denen unverbrauchte Einsätze von 2oo.- DM bzw. 19o.- DM verbucht gewesen seien. Sie habe die Token am " Geldwechsler " - gemeint war wohl der Token-Manager - eingelöst und dem Kunden den Gegenwert in bar zurückerstattet.

Zu Recht hat das Landgericht den Angaben des Zeugen A. gegenüber den Bekundungen der Zeugin S. den Vorzug gegeben. Der Zeuge A. ist quasi ein " Berufskontrolleur ". Er erhält für seine Überwachungstätigkeit vom AMA ein erfolgsunabhängiges Honorar und hat daher unter finanziellen Aspekten keine Veranlassung, der Wahrheit zuwider der Beklagten nachteilige Behauptungen aufzustellen. Gerade weil der Zeuge professionell vorgeht und ihm bewusst ist, dass seine Wahrnehmungen Grundlage späterer Zivilprozesse sein werden, ist davon auszugehen, dass er den Hergang sorgfältig beobachtet. Durch unzuverlässige oder gar bewusst falsche Angaben würde er seine Tätigkeit im Endergebnis selbst entwerten. Das Bemühen um sachliche Richtigkeit und die fehlende Belastungstendenz werden vor allem daran deutlich, dass der Zeuge sich auf die Wiedergabe dessen beschränkt hat, was er tatsächlich gesehen hat und was er dementsprechend guten Gewissens behaupten konnte. So hat der Zeuge A. ohne Umschweife erklärt, er wisse nicht, wie der am 2.8.2001 beobachtete Spieler in den Besitz der Token gelangt und er könne auch nicht sagen, wie der Punktestand von 35oo zustandegekommen sei.

Der Zeuge hat nachvollziehbar angegeben, seine Beobachtungen jeweils zeitnah schriftlich festzuhalten. Dass dem Zeugen A. der von der Zeugin S. behauptete Umtausch am Token-Manager entgangen sein könnte, hält der erkennende Senat mit dem Landgericht für ausgeschlossen. Weil zwei Chipkarten und 35 Token in den " Token-Manager " einzugeben waren, hätte es sich um ein auffälliges und entsprechend zeitaufwendiges Geschehen gehandelt, das dem Zeugen A. schlechterdings nicht entgangen sein könnte.

Während der Zeuge A. kein greifbares Eigeninteresse an einer der Beklagten nachteiligen Sachdarstellung hat, muss der Zeugin S. als abhängige Mitarbeiterin nachvollziehbar an einem ihrer Arbeitgeberin günstigen Prozessausgang gelegen sein. Unter Glaubwürdigkeitsaspekten darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich die Zeugin, unterstellt die Beobachtungen des Zeugen A. sind zutreffend, zumindest arbeitsvertragswidrig verhalten hätte. Sie hätte klaren, kündigungsbewehrten Richtlinien der Beklagten zuwidergehandelt. Möglicherweise müsste die Zeugin sogar ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten zum Nachteil der Beklagten im Zusammenwirken mit dem ihr namentlich bekannten Stammkunden offenbaren, dessen Personalien sie aus nicht näher erläuterten und daher nicht ohne weiteres einsichtigen Gründen nicht bekanntgeben wollte (vgl. Bl. 106 d.A.). Dann wäre auch verständlich, weshalb der Rücktauschvorgang für die Zeugin besonderen Erinnerungswert hatte.

Allein die Höhe des Umtauschbetrages macht nicht ohne weiteres erklärlich, warum der Zeugin das in jeder Hinsicht banale Geschehen nach fast einem Jahr noch im Gedächtnis haften geblieben ist. Es mag sein, dass Kunden Chipkarten zu Rücktauschzwecken aufheben. Dass ein Kunde aber gleich zwei Chipkarten mit sich führte, auf denen noch nicht durch Tokenrückgaben verbrauchte Höchsteinsätze verbucht waren und dass der in der Vergangenheit offenbar wenig erfolgreiche Spieler am Vorfallstag den verspielten Einsätzen korrespondierende Gewinne erzielt haben soll, ist ein ungewöhnlicher, Zweifel an der Plausibilität des von der Zeugin S. behaupteten Hergangs begründender Umstand.

Der Beweiswert und die Verlässlichkeit der Angaben des Zeugen A. werden entgegen der Argumentation der Berufung nicht dadurch geschmälert, dass der Zeuge keine Angaben zur Farbe der Wertmarken machen konnte und dass ihm ein Token-Manager nicht aufgefallen ist. Es liegt auf der Hand, dass die Farbe der Token für einen Berufskontrolleur, der ständig Wertmarken unterschiedlichster Art sieht, keinen besonderen Erinnerungswert hat, zumal deren Farbe im Regelfall völlig irrelevant ist. Selbst wenn man als wahr unterstellt, dass an den Tagen, auf die sich die Wahrnehmungen des Zeugen A. beziehen, in der Spielhalle bereits ein Token-Manager im Kassenbereich hing, musste der Zeuge das Gerät nicht unbedingt bemerken. Ist der Token-Manager beim Rücktausch der Wertmarken nämlich nicht benutzt worden, weil das Aufsichtspersonal, wie vom Zeugen geschildert, einen Barumtausch vorgenommen hat, brauchte dem Zeugen das Gerät nicht aufzufallen. Sein Hauptaugenmerk galt naturgemäß dem Spielvorgang und dem Rücktausch der Token. Die allgemeine Ausgestaltung der Räumlichkeiten war demgegenüber von untergeordnetem Interesse. Dass der Zeuge in seiner Vernehmung umumwunden einräumte, einen Token-Manager nicht bemerkt zu haben, belegt nur, dass er sich ohne Belastungstendenz auf die präzise Widergabe dessen beschränkte, was er selbst beobachtet hat. Wäre das Aussageverhalten zielorientiert, hätte er ohne weiteres bestätigen können, dass sich ein Token-Manager in der Spielhalle befand. Dass das Gerät, obwohl vorhanden, nicht benutzt worden ist, hätte den Eindruck planmäßig illegaler Praktiken eher noch verstärkt. Auch wird deutlich, dass eine Absprache mit dem weiteren Zeugen R. zum Nachteil der Beklagten nicht stattgefunden hat. Der Zeuge R. hat bestätigt, dass am 15.9.2001, also zwei Tage nach der letzten Überprüfung des Zeugen A., ein Token-Manager in der Spielhalle aufgestellt war und dass dieser beim Rücktausch zum Einsatz gekommen ist.

Neben der Ausgabe zwar registrierter, aber nicht personengebundener Chipkarten ist die Existenz von Unterhaltungsgeräten, die weiter mit Münzen bestückt werden können, deutlicher Hinweis darauf, dass das Bemühen der Beklagten, Spielern keine über den geleisteten Einsatz hinausgehenden Gewinnmöglichkeiten zu eröffnen, nicht sonderlich nachhaltig ist. Würde ein Barumtausch ohne Chipkarten nicht (mehr) vorgenommen, fänden sich wohl kaum noch Spielinteressenten für Unterhaltungsgeräte, die mit Bargeld zu bespielen sind.

Das in einen solchen Automaten eingeworfene Geld wäre bei Spielverlusten unwiderbringlich verloren, während auf Chipkarten verbuchte Einsätze durch spätere Gewinne kompensierbar sind. Darauf, dass ein Bespielen mit Bargeld unattraktiv war, weil alle Automaten nur Token auszahlen und weil die Wertspielmarken - folgt man der Darstellung der Beklagten - nur unter Vorlage einer Chipkarte bis zur Höhe des geleisteten Einsatzes rückgetauscht werden, hat die Mitarbeiterin der Beklagten W. in ihrer Vernehmung zu Recht hingewiesen (Bl. 1o5 d.A.). Ist dem aber so, ergibt sich nach Auffassung des Senats ein schwer aufzulösender Widerspruch mit Blick auf die weitere Existenz von Unterhaltungsgeräten, die mit Münzen bespielt werden. Dieser Widerspruch verschwindet jedoch, wenn man sich den vom Zeugen A. glaubhaft geschilderten Hergang vom 13.9.2001 vor Augen hält.

Die Angaben der für die Beklagte im Bereich " Controlling " tätigen Zeugin W. (Bl. 105 d.A.) - die Zeugin ist in der Gewerbeauskunft als Mitinhaberin angeführt (vgl. Bl. 17 d.A.) - und der Filialleiterin Zeugin B. stehen der Darstellung des Zeugen A. schon deshalb nicht entgegen, weil beide Zeuginnen nur zur " allgemeinen Handhabung " und den von der Beklagten erteilten Anweisungen, nicht aber zu den konkreten Geschehnissen aufgrund eigener Wahrnehmungen bekunden konnten. Es erscheint keineswegs ausgeschlossen, dass sich Mitarbeiter der Beklagten - aus welchen Gründen auch immer - nicht an die allgemeinen Regeln halten.

Ausgehend von den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landgerichts zu den am 2.8. und 13.9.2001 erfolgten Gesetzesverstössen, ist die Annahme gerechtfertigt, dass es in der Spielhalle der Beklagten nicht nur im Einzelfall, sondern planmäßig zu verdeckten Gewinnausschüttungen unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften über die Zweckbestimmung von Unterhaltungsgeräten kommt. In dem Zusammenhang verdient Beachtung, dass der Kläger die Beklagte nach dem Erstverstoß vom 2.8.2001 mit Schreiben vom 13.8.2001 erfolglos abgemahnt hatte (vgl. Bl. 11, 12 d.A. sowie Bl. 13 d.A.). Ist es aber trotz Abmahnung zu einem Folgeverstoß gekommen, muss schon dies als eindeutiger Beleg für ein nicht auf den Einzelfall beschränktes gesetzwidriges Verhalten gewertet werden.

Mit Rücksicht auf die beiden durch die Aussage des Zeugen A. nachgewiesenen Gesetzesverstösse kann letztendlich dahinstehen, ob die Angaben des Zeugen R. zu dem Geschehen am 15.9.2001 die Feststellung tragen, dass Mitarbeiter der Beklagten auch an diesem Tag gegen § 33 c GewO verstossen haben. Zwar hat der Zeuge gesehen, dass einem Kunden nach Zahlung von 2o.- DM eine dem Token-Manager entnommene Chipkarte ausgehändigt worden ist, dass der Kunde einen der beiden " Token " in ein Spielgerät der Marke " Crown-Jewels" geworfen und dass er aus dem Gerät später zwei " Token " entnommen hat. Danach soll die Aufsicht die Chipkarte und die drei " Token " in den "Manager" gegeben haben, worauf dieser 2o.- DM, also den ursprünglichen Spieleinsatz und die eine gewonnene " Toke " ausgeworfen hat. Anschliessend soll die Aufsicht den einen "Token " nochmals in den " Manager " getan und dieser dann Geld ausgeworfen haben. Der Zeuge R. konnte auf Nachfrage indes nicht ausschliessen, dass der Kunde eine weitere Chipkarte " in Reserve " hatte. Selbst wenn man im Hinblick hierauf einen Gesetzesverstoss nicht für hinreichend sicher nachgewiesen hält, wäre dies wegen der weiteren Zuwiderhandlungen unschädlich und der Rechtsverteidigung der Beklagten nicht behelflich.

2.

Begegnet die vom Landgericht verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellung eines planmäßigen Verstosses gegen § 33 c GewO auf der Grundlage des erstinstanzlichen Erkenntnisstandes somit keinen weitere Beweiserhebungen gebietenden Bedenken, wird das vom Erstrichter gefundene Ergebnis auch nicht durch nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassende neue Angriffs- und Verteidigungsmittel in Frage gestellt.

Die mit der Berufung vorgelegte " Eidesstattliche Erklärung " der erstinstanzlich bereits vernommenen Zeugin S. vom 6.12.2002 (Bl. 164, 165 d.A.) ist schon deshalb nicht entscheidungsrelevant, weil sie inhaltlich nicht von dem abweicht, was die Zeugin gegenüber dem Landgericht bekundet hat. Im Übrigen können Zweifel an dem erstinstanzlichen Beweisergebnis grundsätzlich nicht damit begründet werden, dass ein in der Vorinstanz vernommener Zeuge in der Berufungsinstanz seine Angaben schriftlich erläutert oder gar nachbessert. Das Beweismittel als solches ist nicht neu. Die in der Vorinstanz fehlerfrei gewonnenen oder nicht gewonnenen Beweisergebnisse müssen die Parteien grundsätzlich als Entscheidungsgrundlage auch für das Berufungsverfahren hinnehmen.

Die in dieser Instanz erstmals benannten Zeugen M. K. und W. M. sind zwar neue Beweismittel, jedoch sind auch insoweit keine Beweiserhebungen geboten.

Hinsichtlich der Zeugin K. scheitert die Zulassung an § 531 II Nr. 3 ZPO.

Seitens der Beklagten ist nicht dargelegt, weshalb sie die in ihrer Filiale in D. als Aushilfe tätige Zeugin ohne eigenes Verschulden nicht schon in der Vorinstanz hätte benennen können.

Bei dem Zeugen M., der erst nach Verkündung des angefochtenen Urteils aus der Geschäftsführung der Beklagten ausgeschieden ist, handelt es sich zwar um ein neues, nach § 531 II Nr. 3 ZPO berücksichtigungsfähiges Beweismittel.

Der Zeuge wird aber nicht zu entscheidungserheblichen streitigen Tatsachen benannt. Er soll nur die " allgemeine Handhabung " und die hiermit zusammenhängenden Anweisungen an die Mitarbeiter bestätigen und ferner bekunden, dass ab dem 18.5.2001 ein Token-Manager in der Spielstube in D. eingesetzt war.

Es mag sein, dass im Regelfall entsprechend der allgemeinen Übung verfahren wird. Selbst wenn dem so ist, schliesst der Senat nicht aus, dass sich Mitarbeiter der Beklagten - die Beklagte beschäftigt offenbar auch Aushilfspersonal - mehr oder minder häufig über solche Anweisungen hinwegsetzen. Da weder dargetan noch ersichtlich ist, dass der Zeuge M. aufgrund eigener Wahrnehmungen zu den von dem Zeugen A. beschriebenen konkreten Gesetzesverstössen sachdienliche Angaben machen kann und weil es auf die allgemeine Handhabung, zu der der Zeuge bekunden soll, nicht maßgeblich ankommt, fehlt den in sein Wissen gestellten Beweistatsachen die Entscheidungsrelevanz.

Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass im Zeitpunkt der vom Zeugen A. vorgenommenen Überprüfungen bereits ein Token-Manager vorhanden war, weshalb auch diese Tatsache nicht des Zeugenbeweises bedarf.

Die durch die bereits stattgefundenen Gesetzesverletzungen indizierte Wiederholungsgefahr ist seitens der Beklagten nicht ausgeräumt.

Die Androhung von Ordnungsmitteln rechtfertigt sich nach § 890 ZPO.

Nach alldem war die Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO und Vollstreckbarkeitserklärung gemäß den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO zurückzuweisen.

Eine Zulassung der Revision hatte zu unterbleiben, weil keiner der in § 543 Abs. 2 ZPO genannten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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