Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 26.03.2003
Aktenzeichen: 1 U 740/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 607
BGB § 609 a.F.
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 740/02

Verkündet am 26.3.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Theis und der Richter am Oberlandesgericht Dr. Gehrlein und Schmidt

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 29. Oktober 2002 - 14 O 129/02 - verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Klägerin wird auf 8.231,79 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin stellte dem Beklagten, ihrem zwischenzeitlich getrennt lebenden Ehemann, im Jahre 2000 einen Geldbetrag in Höhe von insgesamt 23.000 DM zur Verfügung. Die Mittel wurden einvernehmlich zur Renovierung eines von den Parteien, die Gütertrennung vereinbart hatten, gemeinsam bewohnten, im Eigentum des Beklagten stehenden Einfamilienhauses verwendet.

Die Klägerin, nach deren Vortrag ihrer Zahlung ein zwischen den Parteien geschlossener Darlehensvertrag zu Grunde liegt, nimmt mit vorliegender Klage - unter Berücksichtigung von Gegenforderungen über 6.900 DM - den Beklagten auf Zahlung von 8.231,79 EUR (16.100 DM) in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen, weil die Klägerin nicht den Beweis erbracht habe, dass die Zahlung auf einem Darlehensvertrag beruhe. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter. Den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat der Senat durch Beschluss vom 20. Januar 2003 abgewiesen.

Die Klägerin trägt nunmehr vor, sie habe auf Grund der Beweislastentscheidung des Senats weitere Recherchen angestellt und dabei in Erfahrung gebracht, dass der Beklagte gegenüber einer - nunmehr als Zeugin benannten - Frau, die er während der Trennungsphase kennengelernt habe, den Empfang des Geldes als Darlehen bestätigt habe.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Klägerin ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

1. Der Klägerin steht auf der Grundlage des Klage- und Berufungsbegründungsvorbringens aus §§ 607, 609 a.F. BGB ein Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 8.231,80 EUR gegen den Beklagten nicht zu.

a) Wer die Rückzahlung eines Darlehens begehrt, hat nach gefestigter Rechtsprechung die Hingabe des Geldes als Darlehen zu beweisen (BGH NJW 1986, 2571). Der auf Darlehensrückzahlung Klagende hat also nicht nur die Auszahlung des verlangten Betrages, sondern auch die Einigung der Parteien über die Hingabe als Darlehen zu beweisen und einen vom Beklagten behaupteten anderen Rechtsgrund auszuschließen (BGH NJW 1983, 931). Beruft sich der Schuldner demnach auf Schenkung, so hat der Kläger diesen Rechtsgrund zu widerlegen (Erman/O. Werner, BGB, 10. Aufl., § 607 Rn. 33).

b) Die Klägerin hat jedoch nicht den ihr obliegenden Beweis erbracht, dem Beklagten den mit der Klage zurückverlangten Geldbetrag als Darlehen gewährt zu haben. Das Landgericht ist auf der Grundlage einer eingehenden Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin nicht den Nachweis eines zwischen ihr und dem Beklagten vereinbarten Darlehensvertrages geführt hat. An diese Feststellung ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich gebunden. Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), sind nicht ersichtlich. Die Feststellungen beruhen auf einer zutreffenden Beurteilung des materiellen Rechts und insbesondere der Beweislastverteilung. Ferner haften der Beweisaufnahme keine Verfahrensfehler zum Nachteil des Beklagten an. Schließlich die Beweiswürdigung in sich geschlossen und rechtlich nicht zu beanstanden.

2. Der - nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist - in den Rechtsstreit eingeführte neue Sachvortrag der Klägerin, der Beklagte habe den Erhalt des Geldes als Darlehen gegenüber der Zeugen B. eingeräumt, kann nicht zugelassen werden, weil die erstmalige Geltendmachung dieses Verteidigungsmittels im Berufungsrechtszug auf Nachlässigkeit beruht (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).

a) Unter Angriffs- und Verteidigungsmitteln sind alle tatsächlichen und rechtlichen Behauptungen, Einwendungen, Bestreiten, Einreden und Beweisanträge zu verstehen (Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 529 Rn. 22). Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass der Partei Nachlässigkeit vorgeworfen werden kann (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Dabei ist Nachlässigkeit im Sinne von Fahrlässigkeit auszulegen (Senat OLGReport Saarbrücken 2002, 453). Keine Nachlässigkeit liegt vor, wenn es sich um erst nach Schluss der erstinstanzlichen Verhandlung entstandene oder bekannt gewordene Beweismittel handelt (BT-Drucks. 14/4722, S. 101; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 531 Rn. 19). Im Übrigen ist darauf abzustellen, ob der Partei das neue Angriffs- und Verteidigungsmittel und dessen Relevanz für den Ausgang des Rechtsstreits bis zum Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung hätte bekannt sein müssen (BT-Drucks. a.a.). Soweit die Partei für sie erkennbare Tatsachen oder sonstige Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht vorgetragen hat, obwohl ihr dies objektiv möglich gewesen wäre, hängt die Zulassung entsprechenden neuen Vorbringens davon ab, ob die Partei bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt die Entscheidungsrelevanz des betreffenden Vorbringens hätte erkennen können (Musielak/Ball a.a.O., § 531 Rn. 19). Nachlässigkeit liegt also vor, wenn der Vortrag der Partei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung hätte bekannt sein müssen. Behauptet der Berufungsführer, neue Tatsachen oder Beweismittel seien ihm erst nach Schluss der ersten Instanz bekannt geworden, hat er zur Vermeidung des Vorwurfs der Nachlässigkeit darzulegen, warum er sich trotz entsprechender Anhaltspunkte nicht früher um nähere Kenntnis bemüht hat (KG KGReport 2003, 13).

b) Nach diesen Maßstäben ist der Klägerin im Blick auf die erstmalige Benennung der Zeugin B. in der Berufungsinstanz Nachlässigkeit anzulasten. Bei den in das Wissen der Zeugin B. gestellten Tatsachen handelt es sich nicht etwa um einen Sachvortrag, der für die Klägerin verborgen war und ihr ohne eigenes Zutun oder zufällig über Dritte bekannt wurde. Vielmehr war die Klägerin dank Anspannung ihrer Erinnerung von sich aus in der Lage, mit der Zeugin B. ein für den Ausgang des Rechtsstreits bedeutsames Beweismittel ausfindig zu machen. Die Entscheidungsrelevanz dieses Beweismittels war für die Klägerin bereits erstinstanzlich erkennbar, weil aus dem Beweisbeschluss des Landgerichts vom 26. Juli 2002 die zur ihren Lasten ausschlagende Beweislast unzweideutig hervorging. Darum bestand für die Klägerin Veranlassung, sich bereits erstinstanzlich der Zeugin B. als weiteres Beweismittel zu vergewissern. Schließlich hat die Klägerin nicht dargelegt, warum sie sich trotz der für sie erkennbaren Anhaltspunkte nicht erstinstanzlich darum bemüht hat, das Wissen der Zeugin B. in Erfahrung zu bringen (vgl. KG a.a.O.). Bei dieser Sachlage beruht das erstmalige Vorbringen der Klägerin in der Berufungsinstanz auf Nachlässigkeit und kann gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht berücksichtigt werden.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, während die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO beruht. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

Zurück