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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 29.11.2004
Aktenzeichen: 1 VA 2/04
Rechtsgebiete: EG GVG, BGB
Vorschriften:
EG GVG §§ 23 ff. | |
EG GVG § 23 Abs. 1 | |
EG GVG § 24 Abs. 1 | |
EG GVG § 25 Abs. 1 | |
EG GVG § 26 Abs. 1 | |
BGB § 1836 Abs. 1 | |
BGB § 1897 | |
BGB § 1897 Abs. 7 | |
BGB § 1908 i | |
BGB § 1908 i Abs. 1 |
Tenor:
1.) Der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung über die mit den Bescheiden vom 2. August 2004 und 11. August 2004 erklärte Weigerung des Antragsgegners, ihn in die aktuelle Liste der künftigen Berufsbetreuer aufzunehmen und ihn bei der Vergabe neuer Berufsbetreuungen zu berücksichtigen, wird zurückgewiesen.
2.) Die Kosten des Verfahrens fallen dem Antragsteller zur Last.
3.) Der Geschäftswert des Verfahrens wird auf 3.000,- EUR festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig.
Die Statthaftigkeit des Antrages ergibt sich aus §§ 23 Abs. 1; 25 Abs. 1 EG GVG, wonach ein Zivilsenat des Oberlandesgerichts auf Antrag über die Rechtmäßigkeit von Justizverwaltungsakten u.a. auf den Gebieten des bürgerlichen Rechts und der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu entscheiden hat.
Der Antrag ist gegen die mit den Bescheiden vom 2. August 2004 und 11. August 2004 übermittelten Ankündigung des Antragsgegners gerichtet, den Antragsteller in den nächsten Monaten bei der Vergabe neuer Berufsbetreuungen nicht zu berücksichtigen. Da die Entscheidung über die Übertragung eines konkreten Betreueramtes indessen nicht von dem Antragsgegner als Justizverwaltungsbehörde, sondern in jedem Einzelfall gemäß § 1897 BGB von dem hierfür zuständigen Vormundschaftsrichter zu treffen ist, andererseits jedoch eine Liste der als geeignet angesehenen und zukünftig zu Berufsbetreuern zu bestellenden Betreuungsinteressenten bei dem Antragsgegner geführt wird, aus der die Vormundschaftsrichter die neu zu bestellenden Berufsbetreuer auswählen, sind die zitierten Mitteilungen des Antragsgegners im wesentlichen dahin zu interpretieren, dass der Antragsteller zur Zeit nicht in die aktuelle Liste der künftig zu berücksichtigenden Betreuungsinteressenten aufgenommen wird. Dieser Sach- und Verfahrenslage Rechnung tragend hat der Antragsteller mit dem Schriftsatz vom 5. Oktober 2004 sein Rechtsschutzziel unter teilweiser Rücknahme seines früheren Antrages vom 23. August 2004 dahin präzisiert, dass der ihm mit dem Schreiben vom 2. August 2004 erteilte Bescheid aufgehoben und dem Antragsgegner aufgegeben werden soll, ihn in die Liste der (zukünftigen) Berufsbetreuer aufzunehmen bzw. - hilfsweise - ihn hinsichtlich seines diesbezüglichen Antrages neu zu bescheiden.
Mit diesem Rechtschutzziel ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 23 Abs. 1; 25 Abs. 1 EG GVG statthaft, da die Entscheidung, den Antragsteller (zur Zeit) nicht in die Liste der künftig zu bestellenden Berufsbetreuer aufzunehmen, einen Justizverwaltungsakt im Sinne des § 23 Abs. 1 EG GVG darstellt. Dem steht nicht entgegen, dass der hierfür zuständige Vormundschaftsrichter bei der Bestellung eines Berufsbetreuers im Einzelfall rechtlich nicht an diese Liste gebunden ist und auch einen hierin nicht aufgeführten Betreuungsinteressenten bestellen kann, sofern dabei den gesetzlichen Erfordernissen nach §§ 1897 Abs. 7; 1836 Abs. 1; 1908 i Abs. 1 BGB genügt wird. Entscheidend ist, dass die Vormundschaftsrichter nach dem Vortrag des Antragsgegners einen neu zu bestellenden Betreuer regelmäßig aus dieser Liste auswählen und deshalb mit der Aufnahme in sie oder deren Versagung eine Vorauswahlentscheidung getroffen wird, die regelmäßig von ausschlaggebender Bedeutung dafür ist, ob ein Betreuungsinteressent in näherer Zukunft eine Bestellung zum Berufsbetreuer erwarten kann. Dies rechtfertigt, der Entscheidung über die Aufnahme in die in Rede stehende Liste die Rechtsqualität eines Justizverwaltungsakts im Sinne des § 23 Abs. 1 EG GVG beizumessen, zumal keine Gründe dafür ersichtlich sind, diese Entscheidung verfahrensrechtlich anders zu behandeln als etwa diejenige über die Eintragung oder Löschung in der Liste der allgemein vereidigten Dolmetscher und Übersetzer, hinsichtlich deren weitgehend Einigkeit darüber besteht, dass sie als Justizverwaltungsakt von dem durch sie nachteilig betroffenen Dolmetscher oder Übersetzer gemäß §§ 23 ff. EG GVG angefochten werden kann (vgl. etwa Kissel, GVG, 2. Aufl., Rdnr. 116 zu § 23 EG GVG; OLG Frankfurt/M. NJW-RR 1999, 646 ff.; Senatsentscheidung vom 26.5.2003 in der Sache 1 VA 2/03).
Die von § 24 Abs. 1 EG GVG geforderte Antragsbefugnis des Antragstellers ist zu bejahen, da die angefochtene Entscheidung nach seinem Vortrag rechtswidrig ist und unmittelbar in seine durch Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 GG geschütztes Interessen eingreift. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist weiterhin formgerecht und innerhalb der einmonatigen Frist des § 26 Abs. 1 EG GVG gestellt worden.
Dem Antrag muss jedoch in der Sache der Erfolg versagt bleiben, weil die mit ihm angefochtene Entscheidung, den Antragsteller zur Zeit nicht in die Liste der künftig zu bestellenden Berufsbetreuer aufzunehmen, rechtlich nicht zu beanstanden ist.
Dabei ist zunächst hervorzuheben, dass die angefochtene Entscheidung entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers nicht schon deshalb der Aufhebung unterliegt, weil der Bescheid vom 2. August 2004 keine Begründung enthält. Zwar widerspricht es rechtsstaatlichen Erfordernisses und wird der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, wenn ein zulässiger Antrag im Justizverwaltungsverfahren abschlägig beschieden wird, ohne dass dem hiervon nachteilig betroffenen Antragsteller die Gründe hierfür eröffnet werden. Die Begründung der abschlägigen Entscheidung ist jedoch grundsätzlich im weiteren Verwaltungsverfahren und selbst noch im Anfechtungsverfahren nachholbar. Im vorliegenden Fall rechtfertigen die von dem Antragsgegner in dessen Bescheid vom 11. August 2004 sowie in der Antragserwiderung vom 16. September 2004 mitgeteilten Gründe für die angefochtene Entscheidung, das gerügte (anfängliche) Begründungsdefizit als behoben anusehen.
Durch die angefochtene Entscheidung wird der Antragsteller auch nicht in seinen Rechten nach Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 GG verletzt.
Dem Antragsteller steht kein subjektives öffentliches Recht des Inhalts zu, dass seinem Antrag auf Aufnahme in die Liste der künftig zu bestellenden Berufsbetreuer stets und unter gleich welchen Umständen zu entsprechen ist. Vielmehr kommt ein Anspruch auf Aufnahme in diese Liste von vornherein nur in Betracht, wenn und soweit ein entsprechender Bedarf an Berufsbetreuern besteht oder für die nähere Zukunft zu erwarten ist. Darüber hinaus hat der Antragsteller dann, wenn die Gesamtzahl der grundsätzlich geeigneten Bewerber den absehbaren Bedarf an neuen Berufsbetreuern übersteigt, nur einen Anspruch darauf, dass seiner Bewerbung die gleichen Chancen eingeräumt werden wie derjenigen der übrigen Bewerbe, d.h. dass er im Rahmen des bestehenden Bedarfs entsprechend der Reihenfolge berücksichtigt wird, die sich bei einem Vergleich seiner Eignung und Befähigung für das Betreueramt mit der diesbezüglichen Qualifikation der übrigen Bewerber ergibt.
Was den Bedarf an neu zu bestellenden Berufsbetreuern anlangt, so ist die Vorgabe der §§ 1908 i, 1836 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen, wonach eine Berufsbetreuung im Regelfall nur dann festgestellt werden kann, wenn dem Betreuer in absehbarer Zeit mehr als zehn Betreuungen übertragen werden oder sein Zeitaufwand für Betreuungen 20 Wochenstunden nicht unterschreiten wird. Dies in zutreffender Weise berücksichtigend hat der Antragsgegner substantiiert und nachvollziehbar dargetan, dass zum Entscheidungszeitpunkt lediglich ein Bedarf für maximal sechs neue Berufsbetreuer bestand. Er hat ferner aufgezeigt, dass zur Abdeckung dieses Bedarfs insgesamt sieben Bewerber zur Verfügung standen, die die Betreuungsbehörde als grundsätzlich geeignet vorgeschlagen hatte und aus deren Kreis entsprechend sechs künftig zu bestellende Berufsbetreuer auszuwählen waren. Diesem Vorbringen ist der Antragsteller nicht entgegen getreten.
Dass die unter diesen Umständen erfolgte Auswahlentscheidung, bei der den übrigen sechs Bewerbern der Vorzug vor dem Antragsteller gegeben wurde, rechtsfehlerhaft getroffen wurde, kann entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht angenommen werden.
Drei Mitbewerbern, bei denen es sich um einen Pädagogen, einen Psychologen und eine Bankkauffrau handelte, wurde der Vorzug vor dem Antragsteller gegeben, weil sie über langjährige Berufserfahrung und dabei erworbene Qualifikationen verfügten, die dem Anforderungsprofil in besonderem Maße entsprachen. Die übrigen Bewerber, drei Juristen, wurden dem Antragsteller vorgezogen, weil sie bei Vorstellungsgesprächen, die die für die Vorauswahl zuständigen Vormundschaftsrichter mit ihnen und dem Antragsteller führten, den Eindruck erweckten, sie seien - bezogen auf das Anforderungsprofil eines Berufsbetreuers - geeignetere Persönlichkeiten als der Antragsteller.
Die maßgebliche Orientierung der Auswahlentscheidung an den aufgezeigten Kriterien lässt keinen Ermessensfehler zum Nachteil des Antragstellers erkennen. Die Entscheidung wurde nach dem einschlägigen und erstrangigen Kriterium der Eignung der Bewerber getroffen und es ist nicht ersichtlich, dass bei der Beurteilung der Eignung der einzelnen Bewerber hierfür ungeeignete und/oder verschiedene Maßstäbe angelegt oder sachfremde Erwägungen angestellt wurden.
Es kann entgegen der Argumentation des Antragstellers nicht ernsthaft beanstandet werden, dass die Auswahlentscheidung unter den Juristen getroffen wurde, ohne dass deren Examensnoten berücksichtigt und ohne den bei dem Vorstellungsgespräch juristische Fachfragen gestellt wurden. Für die Bewältigung der Aufgaben eines Betreuers bedarf es im Regelfall keiner besonderen juristischen Qualifikation, sondern sind andere Qualifikationen wie etwa allgemeine Lebenserfahrung, geschäftliche Erfahrungen und soziale Kompetenz erforderlich. Zu letzterer gehören insbesondere Einfühlungsvermögen, menschliches Verständnis, kommunikative Fähigkeiten und ein Blick für die konkreten persönlichen und wirtschaftlichen Bedürfnisse und Interessen der zu betreuenden Person. Diese Fähigkeiten werden weder in der juristischen Ausbildung hinreichend vermittelt, noch sind die in den juristischen Staatsprüfungen erzielten Noten von erheblichem Erkenntniswert dazu, ob ein Jurist über sie verfügt.
Dies berücksichtigend bedarf es auch keiner näheren Begründung, dass Pädagogen, Psychologen und auch Bankkaufleute mit langjähriger Berufs- und Lebenserfahrung, die einen positiven Persönlichkeitseindruck hinsichtlich ihrer sozialen Kompetzenz hinterlassen haben, durchaus geeigneter für das Amt eines Berufsbetreuers sein können, als ein als Rechtsanwalt tätiger Jurist wie der Antragsteller, der diesen Eindruck nicht oder nicht in gleichem Maße vermitteln konnte.
Dass das Vorstellungsgespräch mit dem Antragsteller nach dessen Vortrag nur etwa zehn Minuten dauerte, kann für sich allein genommen keine Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens begründen. Zum einen stellt der Antragsteller nicht substantiiert in Abrede, dass ein Auswahlgespräch mit ihm geführt wurde, das der Anlage und Thematik nach geeignet war, einen Persönlichkeitseindruck im Hinblick auf das einschlägige Anforderungsprofil zu vermitteln. Zum anderen kann erfahrensgemäß mitunter schon ein sehr kurzes Gespräch durchaus Aufschlüsse dazu liefern, ob und inwieweit ein Bewerber über soziale Kompetenz verfügt und auch somit einen positiven Persönlichkeitseindruck erweckt.
Sonstige Umstände, die die Zurückstellung der Bewerbung des Antragstellers als ermessensfehlerhaft erscheinen lassen könnten, hat der Antragsteller nicht dargetan. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich, zumal dem Antragsteller die Eignung zum Berufsbetreuer nicht gänzlich abgesprochen, sondern im Gegenteil grundsätzlich bestätigt wurde, wie der Umstand zeigt, dass ihm anheim gegeben wurde, sich bei erneutem oder weiterem Bedarf an Berufsbetreuern ggf. erneut zu bewerben.
Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.
Die Kostenentscheidung nimmt auf §§ 30 EG GVG, 130 KostO Bezug.
Die Festsetzung des Geschäftswertes erfolgt in Anwendung der §§ 30 Abs. 3 EG GVG, 30 Abs. 1, 2 KostO.
Ende der Entscheidung
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