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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 21.08.2003
Aktenzeichen: 2 W 179/03
Rechtsgebiete: ZPO, UWG


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz
ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 567
ZPO § 569
UWG § 24
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

2 W 179/03

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts in Saarbrücken vom 12. Juni 2003 - 7 I O 112/02 - durch den Richter am Oberlandesgericht Sittenauer als Einzelrichter

am 21. August 2003

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Beschwerdewert: 143,06 EUR.

Gründe:

I.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 30. Oktober 2001 (Bl. 65 d.A.) gegenüber der Klägerin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, wonach sie es u. a. bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe zu unterlassen hatte, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einen Vergleich mit den Tarifen der Klägerin zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, bei denen die für die Klägerin angegebenen Tarife nicht den von der Klägerin tatsächlich aktuell geforderten Tarifen entsprechen. Mit der Begründung, ein Werber der Beklagten habe am 9. September 2002 im Zusammenhang mit dem Versuch, einen bestimmten Kunden für die Beklagte zu gewinnen, die Tarife der Klägerin nicht zutreffend den Tarifen der Beklagten gegenübergestellt, hat die Klägerin, vertreten durch ihre in Frankfurt am Main ansässigen Prozessbevollmächtigten am 25. Oktober 2002 eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagte beantragt, wonach diese entsprechend der bereits erwähnten Unterlassungserklärung verurteilt werden sollte. Das Landgericht hat Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt, der für die Klägerin von ihrem Prozessbevollmächtigten wahrgenommen worden ist. Mit Urteil vom 27. November 2002 hat das Landgericht in Saarbrücken die Beklagte antragsgemäß verurteilt und ihr die Kosten des Verfahrens auferlegt. Mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag vom 12. Mai 2003 (Bl. 255 f d.A.) verlangt die Klägerin u. a. die Festsetzung der Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten zum Termin vom 6. November 2002 in Höhe von insgesamt 168,06 EUR. Der Rechtspfleger des Landgerichts hat insoweit lediglich eine Informationspauschale von 25 EUR als erstattungsfähig angesehen und die darüber hinausgehenden Reisekosten nicht festgesetzt. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, welcher der Rechtspfleger nicht abgeholfen hat.

II.

Die gemäß §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

Die durch die Beauftragung der in Frankfurt am Main ansässigen Prozessbevollmächtigten entstandenen Mehrkosten waren nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich i. S. von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, so dass die noch im Streit stehenden Reisekosten in Höhe von 143,06 EUR (= Tage- und Abwesenheitsgeld: 56 EUR + Fahrtkosten: 112,06 EUR - zuerkannte Informationspauschale: 25 EUR) nicht erstattungsfähig sind.

Grundsätzlich gilt, dass regelmäßig die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig i. S. von § 91 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz ZPO anzusehen ist (vgl. BGH, Rpfleger 2003, 98); ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor, weil die Klägerin, die ihren Sitz in Bonn hat, Frankfurter Anwälte mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt hatte.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, welcher sich der Senat anschließt, ist die Beauftragung eines nicht am Wohn- oder Geschäftssitz und auch nicht am Ort des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts nicht notwendig und zwar im allgemeinen auch dann nicht, wenn dieser in derselben Angelegenheit schon vorprozessual tätig war, weil es sich aus der Sicht der vernünftigen und kostenorientierten Partei empfiehlt, schon vorprozessual einen am voraussichtlichen Prozessgericht befindlichen Rechtsanwalt einzuschalten, es sei denn, der auswärtige Rechtsanwalt verfügt über Spezialkenntnisse, die ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht hat (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

Dass nach § 24 UWG zwei Gerichtsstände begründet waren, bedeutet nicht, dass die Klägerin nicht in der Lage gewesen wäre, von sich aus das in Betracht kommende Prozessgericht zu ermitteln. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese Frage von der Klägerin leicht und ohne anwaltliche Hilfe geklärt werden konnte, da die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen über eine Rechtsabteilung mit für die Koordination von Wettbewerbsverstößen zuständigen Mitarbeitern verfügt, denen die Bestimmung des voraussichtlichen Prozessgerichts keine Schwierigkeiten bereiten konnte, zumal praktisch nur die Wahl zwischen dem (eindeutig bestimmbaren) Ort des Wettbewerbsverstoßes und dem Sitz der Beklagten bestanden hat.

Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass nur die Prozessbevollmächtigten der Klägerin hinreichend spezialisiert sind, um deren Interessen angemessen wahrnehmen zu können. Der Umstand allein, dass sie in einer Vielzahl von gleich gelagerten Fällen für die Klägerin tätig waren, reicht insoweit nicht aus, denn unter den gegebenen Umständen sind keine besonderen Spezialkenntnisse erforderlich, über die ein am Ort des Prozessgerichts ansässiger Rechtsanwalts nicht verfügen könnte; im Gegenteil handelt es sich vorliegend um einen einfachen Routinefall, bei dem letztlich nur die Frage zu klären war, ob gegen eine bereits schriftlich fixierte Unterlassungsverpflichtung verstoßen worden ist.

Nach alledem war die Klägerin gehalten, unmittelbar einen am Ort des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zu beauftragen, so dass die streitgegenständlichen Reisekosten vermieden worden wären. Statt dessen wären allenfalls die Kosten für eine schriftliche oder fernmündliche Informationen des am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts angefallen, die der Rechtspfleger des Landgerichts zutreffend mit pauschal 25 EUR berücksichtigt hat. Entgegen der Ansicht der Klägerin sind insoweit auch nicht die - fiktiven - Kosten einer Informationsreise eines ihrer Mitarbeiter zu dem betreffenden Rechtsanwalt in Ansatz zu bringen, denn eine wirtschaftlich denkende Partei wird sich auf eine schriftliche oder fernmündliche Informationen beschränken, wenn feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, welcher sich der Senat anschließt, u. a. dann regelmäßig der Fall, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt, weil in diesen Fällen davon auszugehen ist, dass der Rechtsstreit durch die sachkundigen Mitarbeiter der Rechtsabteilung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorbereitet und die Partei daher in der Lage sein wird, einen am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Prozessbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren (vgl. BGHReport, 2003, 768; BGH MDR 2003, 233). Ein solcher Fall liegt hier unstreitig vor, denn nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin verfügt diese über eine Rechtsabteilung, in der sogar Mitarbeiter speziell für die Bearbeitung von Wettbewerbsverstößen eingesetzt werden. Es besteht daher kein vernünftiger Zweifel daran, dass diese Mitarbeiter auch in der Lage sind, in einem wettbewerbsrechtlichen Fall die entsprechenden Informationen schriftlich oder fernmündlich zu erteilen (vgl. hierzu BGHReport, 2003, 768; Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 31. März 2001 - 6 W 86/01-14), zumal der dem vorliegenden Rechtstreit zu Grunde liegende Sachverhalt rechtlich und tatsächlich einfach gelagert ist.

Da im Übrigen keine Bedenken gegen die Richtigkeit des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses bestehen und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden sind, ist die sofortige Beschwerde insgesamt unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§§ 574 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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