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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.03.2004
Aktenzeichen: 3 U 499/03
Rechtsgebiete: GKG, ZPO, BGB
Vorschriften:
GKG § 8 Abs. 1 Satz 1 | |
ZPO § 301 | |
ZPO § 301 Abs. 1 Satz 2 | |
ZPO § 513 Abs. 1 | |
ZPO § 529 Abs. 2 Satz 1 | |
ZPO § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 | |
ZPO § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 | |
ZPO § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 | |
ZPO § 538 Abs. 2 Satz 3 | |
ZPO § 543 Abs. 2 n. F. | |
ZPO § 546 | |
BGB § 304 Abs. 1 |
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
verkündet am 16.03.2004
In dem Rechtsstreit
wegen Schadensersatzes auf Grund eines Verkehrsunfalls
hat der 3. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 09.03.2004 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Gaillard und die Richter am Oberlandesgericht Brach und Dr. Knerr
für Recht erkannt:
Tenor:
I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28.07.2003 verkündete Grundurteil des Landgerichts Saarbrücken (6 O 190/02) aufgehoben und der Rechtsstreit an das Landgericht Saarbrücken zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
II.
Dem Landgericht bleibt auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten.
III.
Gerichtskosten des Berufungsverfahrens werden gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht erhoben.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um Schadensersatz auf Grund eines Verkehrsunfalls am 12.07.2001 gegen 11.45 Uhr in W.. Zwischen den Parteien sind sowohl der Unfallverlauf und die Haftung dem Grunde nach als auch die bei der Klägerin durch den Unfall hervorgerufenen Verletzungen und Erkrankungen sowie die Höhe des ihr entstandenen Schadens umstritten.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 25.943,31 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 10.181,36 € seit Rechtshängigkeit des Antrags vom 27.03.2002 sowie aus 15.761,45 € ab Rechtshängigkeit des Antrags vom 31.10.2002 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jedweden weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfallereignis vom 12.07.2001 in W. zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergehen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat mit dem am 28.07.2003 verkündeten Grundurteil (Bl. 200 d. A.) den Klageantrag zu 1) dem Grunde nach für begründet erklärt. Bezüglich des Klageantrags zu 2) ist in dem Urteil kein Ausspruch enthalten. In den Entscheidungsgründen hat das Landgericht ausgeführt, ein Teilurteil hinsichtlich des Feststellungsanspruchs komme nicht in Betracht, da die Kausalität zwischen den schwereren Verletzungen der Klägerin und dem Unfallereignis zwischen den Parteien streitig sei (Bl. 213 d. A.). Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen dieses Urteils Bezug.
Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt, mit der sie beantragen,
das Grundurteil des Landgerichts Saarbrücken vom 28.07.2003 (Az.: 6 O 190/02) aufzuheben und das Verfahren an das Landgericht zur weiteren Verhandlung zurückzuverweisen,
hilfsweise
unter Aufhebung des Grundurteils des Landgerichts Saarbrücken vom 28.07.2003 (Az.: 6 O 190/02) die Klage gem. Klageantrag zu Nummer 1) abzuweisen.
Die Beklagten sind der Auffassung, dass ein Grundurteil über den Leistungsantrag ohne gleichzeitige Entscheidung über den Feststellungsantrag durch Teilurteil nicht hätte erlassen werden dürfen (Bl. 227 d. A.).
Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Berufung und ist der Auffassung, das Urteil des Landgerichts sei nicht zu beanstanden, da der Klägerin der streitgegenständliche Anspruch zustehe und das Landgericht die Beweiswürdigung zutreffend vorgenommen habe. Soweit der Senat im Hinblick auf das ergangene "Grund- und Teilurteil" des Landgerichts der Ansicht sei, dieses sei unzulässig, da lediglich über das Leistungsbegehren und nicht auch über das Feststellungsbegehren dem Grund nach entschieden worden sei und von daher die Gefahr einander widerstreitender Entscheidungen bestehe, möge der Senat entscheiden wie rechtens (Bl. 238 d. A.).
Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrages im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschrift des Senats vom 09.03.2004 (Bl. d. A.) und auf das Urteil des Landgerichts vom 28.07.2003 (Bl. 200 d. A.) Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO auf einer Rechtsverletzung, d. h. einer Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm, nämlich einem Mangel des Verfahrens i. S. d. § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO und damit einer Verletzung formellen Rechts. Dies folgt daraus, dass das Landgericht entgegen § 301 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein Grundurteil über den Klageantrag zu 1) (Leistungsantrag) erlassen hat, ohne zugleich über den Klageantrag zu 2) (Feststellungsantrag) durch ein Teilurteil zu entscheiden:
1. Zwar sind Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils gemäß § 304 Abs. 1 BGB gegeben. Es handelt sich um eine Klage auf Zahlung von Geld. Anspruchsgrund und -betrag sind bestritten, es kann eine Aufteilung der geltend gemachten Forderungen nach Grund und Höhe vorgenommen werden und der Rechtsstreit ist hinsichtlich des Grundes entscheidungsreif (vgl. MünchKomm(ZPO)-Musielak, 2. Auflage, § 304 ZPO, Rdnr. 6 ff m. w. N.).
2. Allerdings muss im Falle einer Entscheidung bezüglich des Zahlungsantrag durch Grundurteil stets gleichzeitig gemäß § 301 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch ein Teilurteil über den Feststellungsantrag entschieden werden. Dies folgt daraus, dass ansonsten die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen bezüglich Leistungs- und Feststellungsantrag besteht. (vgl. BGH NJW 1992, 511, (512); NJW-RR 1994, 379, (381); MDR 2001, 287; Urteil des Senats vom 14.03.2000 - 4 U 192/99; MünchKomm(ZPO)-Musielak, 1. Auflage, § 301 ZPO, Rdnr. 8; Baumbach-Hartmann, Zivilprozessordnung, 61. Auflage, § 301 ZPO, Rdnr. 14 u. 16). Die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen besteht insbesondere in dem Fall, dass das Landgericht oder eine Rechtsmittelinstanz im Rahmen des weiteren Verfahrens abweichend von der dem angefochtenen Grundurteil zugrunde liegenden Auffassung zu der Überzeugung gelangen sollte, dass die Beklagten keine volle Haftung trifft. Dann müsste das Landgericht dem Leistungsantrag in voller Höhe des noch festzustellenden Schadens stattgeben, dagegen die Haftung der Beklagten für weitere Schäden lediglich unter Berücksichtigung einer Mithaftung der Klägerin feststellen.
3. Das Landgericht hätte daher im vorliegenden Fall ein Grund- und Teilurteil erlassen müssen und sich nicht damit begnügen dürfen, ein isoliertes Grundurteil über den Zahlungsantrag zu erlassen. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass das Landgericht der Auffassung ist, über den Feststellungsanspruch deshalb noch nicht entscheiden zu können, weil die Kausalität des Unfalls für die schwereren - und damit das Feststellungsinteresse begründenden (vgl. BGH, DAR 1989, 379; NZV 1997, 476) - Verletzungen zwischen den Parteien streitig und noch nicht bewiesen ist. Da das Landgericht aus diesem Grund den Rechtsstreit bezüglich des Feststellungsantrags noch nicht für entscheidungsreif hält, hätte es auch kein isoliertes Teil-Grundurteil über den Leistungsantrag erlassen dürfen. Denn der Umstand, dass eine Entscheidung über den Feststellungsantrag noch nicht ergehen kann, führt nicht dazu, dass auf das aus § 301 Abs. 1 Satz 2 ZPO folgende Erfordernis einer einheitlichen Entscheidung über Leistungs- und Feststellungsantrag verzichtet und die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen in Kauf genommen werden darf. Daher hätte das Landgericht zunächst die Frage der Kausalität des Unfalls für die streitigen Verletzungen im Wege einer Beweisaufnahme klären müssen und hätte erst dann durch ein Grund- und Teilurteil über beide Anträge entscheiden dürfen.
4. Der Rechtsstreit ist daher an das Landgericht zurückzuverweisen. Dies folgt gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ZPO daraus, dass das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassenes Teilurteil (Teil-Grundurteil) ist (vgl. Zöller-Gummer/Heßler, Zivilprozessordnung, 24. Auflage, § 538 ZPO, Rdnr. 55). Des Antrags einer Partei hätte es insoweit gemäß § 538 Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht bedurft. Die Zurückverweisung ist darüber hinaus gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO gerechtfertigt, da das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme - nämlich über die Kausalität des Unfalls für die Verletzungen der Klägerin - erforderlich ist und die Beklagten Zurückverweisung beantragt haben.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO n. F. nicht gegeben sind. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n. F.) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n. F.).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 25.943,31 €.
Ende der Entscheidung
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