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Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.10.2007
Aktenzeichen: 4 U 149/07
Rechtsgebiete: RBerG, BGB


Vorschriften:

RBerG Art. 1 § 1
BGB § 280
Verpflichtet sich ein Steuerberater unter Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG dazu, einen Unternehmenskaufvertrag zu entwerfen, so haftet er für eine Verletzung vertraglicher Pflichten gem. § 280 BGB nur dann, wenn ihm in Erfüllung des nichtigen Einzelauftrags ein steuerlicher Fehler unterlaufen ist und er seinem Mandanten über den Einzelauftrag hinaus im Rahmen eines steuerlichen Dauermandats rechtswirksam verpflichtet ist.
SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

4 U 149/07

Verkündet am 16.10.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Göler, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Dörr und die Richterin am Landgericht Gerard-Morguet auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 31. Januar 2007 - 7I O 18/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 66.964,48 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die beklagte Steuerberatungsgesellschaft aus einem Beratungsauftrag auf Schadensersatz in Anspruch.

Durch Vertrag vom 30.3.2001 (Bl. 11 d. A.) erwarb die Klägerin von H. F. jun. (im Folgenden: Verkäufer) dessen künftigen OHG-Anteil an einer OHG, die durch Umwandlung der J. M. & Co. GmbH in die Rechtsform einer OHG entstehen sollte. Bei den Vertragsverhandlungen wurde die Klägerin von der Beklagten beraten und vertreten. Die Abfassung des Unternehmenskaufvertrages erfolgte durch die nicht beigetretenen Streitverkündeten, die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten, die mit dieser in einer Bürogemeinschaft zusammenarbeiten.

Der Kaufpreis betrug 1.311.000 DM. Dem Vertrag lag der bestätigte Jahresabschluss der Gesellschaft zum 31.12.1999 zu Grunde.

Der Vertrag enthält in § 8 u. a. folgende Zusicherungen:

2. Der Verkäufer sichert ferner zu, dass

a) der Jahresabschluss 1999 nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung unter Wahrung der Bilanzkontinuität erstellt worden ist und ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermittelt.

f) vorstehende Zusicherungen gemäß a) werden auch erteilt hinsichtlich des noch zu erstellenden Jahresabschlusses der Gesellschaft per 31.12.2000.

Hiermit korrespondiert die Regelung in § 9 des Kaufvertrages, die auszugsweise lautet:

1. Ist eine in § 8 gegebene Zusicherung ganz oder teilweise unrichtig, kann der Käufer den Kaufpreis angemessen mindern, oder, falls ihm ein Festhalten am Vertrag unzumutbar ist, vom Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen...

2. Ist eine der in § 8 Absätze 2 bis 4 gegebenen Zusicherungen ganz oder teilweise unrichtig, kann der Käufer auf eine Minderung des Kaufpreises ganz oder teilweise verzichten und statt dessen verlangen, dass die Gesellschaft so gestellt wird, wie sie stehen würde, wenn die Zusicherung richtig gewesen wäre.

Der sodann erstellte Jahresabschluss zum 31.12.2000 war fehlerhaft: In dem Vorratsbestand war eine falsche Artikelgruppe mit einer falschen Stückzahl eingesetzt worden. Hieraus ergab sich eine Differenz zum tatsächlich vorhandenen Vorratsvermögen in Höhe von 85.313,14 EUR. Aufgrund dieses Fehlers wurde das Ergebnis des Jahres 2000 der M. OHG um diesen Betrag zu hoch ausgewiesen. Dies führte dazu, dass der Verkäufer sowohl Gewinnausschüttungen als auch Tantiemen erhielt, wodurch das Vermögen der umgewandelten M. und Co. GmbH um einen Betrag von insgesamt 31.700,10 EUR vermindert wurde.

Mit Abtretungsvertrag vom 31.5.2002 (Bl. 62 ff. d. A.) trat die Klägerin der M. und Co. OHG "den ihr gegen den Verkäufer zustehenden Anspruch auf entsprechende Besserstellung von M." ab. Der Abtretungsvereinbarung lag die Rechtsauffassung zu Grunde, dass der Klägerin ein Anspruch gegen den Verkäufer zustehe, so gestellt zu werden, wie sie stünde, wenn der unzutreffend bilanzierte Inventurwert zutreffend gewesen wäre. Diesen Anspruch hat die Klägerin mit 166.858 DM beziffert.

Aus dieser Abtretungsvereinbarung nahm die M. und Co. OHG in den Jahren 2003/2004 den Verkäufer vor der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. im Wege eines Schiedsverfahrens mit dem Antrag in Anspruch, den Verkäufer zu verurteilen, an die M. und Co. OHG 85.313,14 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Das Schiedsverfahren endete mit einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut gemäß § 1053 ZPO, in dem sich der Schiedsbeklagte verpflichtete, an die Schiedsklägerin zur Abgeltung sämtlicher Gewährleistungsansprüche aus dem Geschäftsanteilübertragungsvertrag vom 30.3.2001 bis zum 15.9.2004 als Rückzahlung zuviel erhaltener Gewinnausschüttungen und Tantiemen für das Geschäftsjahr 2000 einen Betrag von 31.700,10 EUR zu zahlen.

Die Klägerin hat behauptet, die Beratung bezüglich des Kaufvertrages sei allein durch die Beklagte erfolgt. Nur diese, nicht die Streitverkündeten seien mit der Beratung bezüglich des Unternehmenskaufvertrages beauftragt worden. Auch habe es der Beklagten oblegen, den Entwurf des Jahresabschlusses der M. und Co. OHG zum 31.12.2000 zu überprüfen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe eine fehlerhafte Beratungsleistung erbracht, da sie keine Eigenkapitalgarantie in den Anteilskaufvertrag aufgenommen habe. Zumindest hätte die Beklagte die Klägerin ausdrücklich über die Auswirkungen des Fehlens einer Eigenkapitalklausel beraten müssen.

Die Klägerin hat weiterhin die Auffassung vertreten, ihr sei wegen der Inventurdifferenz ein Schaden in Höhe von 85.313,14 EUR entstanden. Wäre eine Eigenkapitalgarantie in den Kaufvertrag aufgenommen worden, so hätte dieser Betrag mit Erfolg gegen den Verkäufer geltend gemacht werden können. Auf diesen Betrag müsse sich die Klägerin die im Schiedsverfahren erstrittene Vergleichssumme nicht anrechnen lassen, da es sich dabei um eine zusätzliche Schadensposition handele. Die Klägerin sei aktivlegitimiert, da die streitgegenständlichen Ansprüche aus einer Schlechterfüllung eines Beratungsvertrages zu keinem Zeitpunkt von der Klägerin abgetreten worden seien. Vielmehr betreffe die dem Schiedsverfahren zu Grunde liegende Forderungsabtretung Schadensersatzforderungen gegenüber dem Verkäufer. Die Beklagte sei verpflichtet, die Kosten der Schiedsgerichtsklage in Höhe von 8.114,44 EUR bezüglich des Schiedsverfahrens sowie die Anwaltskosten der Klägerin für das Schiedsverfahren in Höhe von 5.237 EUR zu tragen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 98.664,58 EUR zuzüglich Zinsen aus 85.313,14 EUR in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz vom 25.3.2003 bis einschließlich dem Tag vor Rechtshängigkeit der Klage und aus 98.664,58 EUR in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz vom Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage an zu zahlen.

Dem ist die Beklagte entgegengetreten. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und die Aktivlegitimation der Klägerin in Zweifel gezogen. Die Beklagte hat behauptet, sie sei lediglich damit beauftragt worden, die steuerliche Beratung durchzuführen. Mit dem Entwurf des Unternehmenskaufvertrages seien die Streitverkündeten durch die Klägerin selbst beauftragt worden.

Das Landgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin getroffenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung erstrebt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Anspruch unter Abzug des im Schiedsverfahren zugesprochenen Gewinn- und Tantiemeanspruchs in Höhe von 31.700,10 EUR weiter.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, das Landgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Inventurdifferenz in den §§ 8, 9 des Unternehmenskaufvertrages eine ausreichende Regelung erfahren habe. Die Inventurdifferenz habe sich auf zwei Ebenen ausgewirkt: Auf der Ebene der Käuferin habe der Schaden darin bestanden, dass die Käuferin einen um 85.313,14 EUR zu hohen Kaufpreis gezahlt habe. Auf der Ebene der M. und Co. OHG beziehungsweise der aus ihr hervorgegangenen GmbH sei ein Schaden in Höhe von 31.700,10 EUR entstanden, da die Gesellschaft aufgrund des zu hoch ausgewiesenen Gewinns eine entsprechende Gewinnausschüttung an den Verkäufer vorgenommen habe. Die Rückzahlung der Tantiemen und Gewinnausschüttung aufgrund des Schiedsspruches habe das Vermögen der M. und Co. OHG wieder um 31.700,19 EUR erhöht, so dass der Schaden bei der Gesellschaft eliminiert worden sei und sich der Schaden der Käuferin von 85.313,14 EUR um 31.700,10 EUR vermindert habe. Diesen letztgenannten Schaden habe das Schiedsgericht nur deshalb nicht zugesprochen, weil im Unternehmenskaufvertrag eine entsprechende Eigenkapitalgarantie gefehlt habe. Selbst wenn man davon ausgehe, dass das Schiedsgericht der Klage in vollem Umfange hätte stattgeben müssen, so sei dennoch der Zurechnungszusammenhang zwischen der fehlerhaften Beratung durch die Beklagte und dem Schadensereignis nicht unterbrochen worden.

Auch sei der Schadensersatzanspruch nicht verjährt, da die Voraussetzungen der Sekundärhaftung gegeben seien: Die Beklagte habe den Jahresabschluss der J. M. und Co. OHG erstellt und habe somit als erste Beteiligte überhaupt Gelegenheit besessen, den begangenen Fehler zu erkennen. Darüber hinaus sei vor Ablauf der Primärverjährung das Schiedsverfahren anhängig gewesen, in das die Beklagte von Anfang an eingebunden gewesen sei. Schließlich sei die Beklagte aufgrund des ihr erteilten Beratungsauftrags auch für den Inhalt des Unternehmenskaufvertrages in vollem Umfang verantwortlich gewesen. Die Beklagte habe selbst eingestanden, dass die Streitverkündeten bei den Verhandlungen zum Unternehmenskauf keine direkten Kontakte zu der Klägerin besessen hätten. Alle Ergebnisse der Vertragsverhandlungen seien den Streitverkündeten von der Beklagten mitgeteilt worden. Dies sei ein deutliches Indiz dafür, dass die Streitverkündeten im Wege eines von der Beklagten erteilten Unterauftrags mit der Erstellung des Unternehmenskaufvertrages beauftragt worden seien.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 66.964,48 EUR nebst Zinsen aus 53.613,04 EUR in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz vom 25.3.2003 bis einschließlich dem Tag vor Rechtshängigkeit der Klage und aus 66.964,48 EUR in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz vom Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage an zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertieft ihre Rechtsauffassung, dass das Schiedsgericht bei zutreffendem Rechtsverständnis der in § 9 Abs. 2 des Kaufvertrages getroffenen Regelung der Schiedsklage in vollem Umfange hätte stattgeben müssen. Die gegenüber dem unrichtigen Jahresabschluss zu hohen Gewinnausschüttungen und Tantiemen seien lediglich eine Folge der unrichtigen Angaben zum Vorratsvermögen gewesen. Sei dieser Schaden beseitigt, so bestehe auch kein Folgeschaden mehr. In jedem Falle seien Schadensersatzansprüche verjährt. Es liege kein Fall der Sekundärhaftung vor, da der Beklagten kein Dauermandat erteilt worden sei. Daher habe kein Anlass bestanden, die Klägerin nach den Grundsätzen der Sekundärhaftung auf einen möglichen Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten hinzuweisen. Insbesondere habe nicht die Beklagte, sondern der frühere Steuerberater der M. und Co. OHG den fehlerhaften Jahresabschluss zum 31.12.2000 erstellt. Dessen ungeachtet bestehe kein Zusammenhang zwischen der Erstellung des Jahresabschlusses sowie dem Erkennen eines angeblichen Fehlers in dem Anteilskaufvertrag zwischen der Klägerin und dem damaligen Verkäufer. Auch sei es unzutreffend, dass die Beklagte im Wege eines Einzelauftrags Teile der Beratung an die Streitverkündeten weitergegeben habe. Vielmehr seien die Streitverkündeten stets unmittelbar von der Klägerin beauftragt worden. So seien die Streitverkündeten jahrelang in verschiedenen Verfahren gerichtlich und außergerichtlich sowie in unterschiedlichen Beratungsangelegenheiten für die Klägerin tätig gewesen. Aufgrund dieses jahrelangen gegenseitigen Vertrauens sowohl zum Geschäftsführer der Klägerin als auch zum Zeugen Z. hätten die Streitverkündeten nie Einzelmandate von der Klägerin angefordert beziehungsweise sich erteilen lassen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 5.4.2007 (Bl. 194 ff. d.A.), auf die Berufungserwiderung vom 14.5.2007 (Bl. 210 ff. d.A.) sowie auf den Schriftsatz der Klägervertreter vom 17.9.2007 (Bl. 234 ff. d.A.) und vom 24.9.2007 (Bl. 247 ff. d.A.) verwiesen. Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll Bezug genommen (Bl. 250 ff. d.A.)

II.

A. Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg, da die angefochtene Entscheidung weder auf einem Rechtsfehler beruht, noch die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 ZPO).

1. Allerdings scheitert die Klage nicht bereits an der Aktivlegitimation der Klägerin. Denn die Klägerin klagt im vorliegenden Rechtsstreit eigene Ansprüche aus einer geltend gemachten Pflichtverletzung des zwischen ihr und der Beklagten bestehenden, auf Beratung gerichteten Dienstvertrages ein. Diese Ansprüche waren weder Gegenstand der Abtretungsvereinbarung vom 31.5.2002 noch Streitgegenstand des schiedsgerichtlichen Verfahrens. Denn in jenem Verfahren klagte die M. und Co. OHG aus abgetretenem Recht Gewährleistungsansprüche aus dem Kaufvertrag gegenüber dem Verkäufer ein.

2. Jedoch muss die Klage zum einen deshalb ohne Erfolg bleiben, weil es der Klägerin nicht gelungen ist, die Passivlegitimation der Beklagten unter Beweis zu stellen:

a) Die Klägerin stützt ihre Schadensersatzforderungen auf die Behauptung, die Beklagte habe die vertraglich übernommenen Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Erstellung des Kaufvertrages schlecht erfüllt. Mithin trägt die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass zwischen ihr und der beklagten Steuerberatungsgesellschaft tatsächlich ein Dienstvertrag zustande kam, nach dessen Inhalt sich die Beklagte dazu verpflichtete, einen Vertragsentwurf für den Kaufvertrag über die OHG-Geschäftsanteile vorzulegen. Einen solchen Sachverhalt hat die Beklagte substantiiert bestritten, indem sie vorgetragen hat, die Klägerin habe nicht sie, sondern die Streitverkündeten mit der Erstellung des Vertragsentwurfs beauftragt. So hat die Beklagte bereits in der Klageerwiderung vorgetragen, dass die Streitverkündeten die genannten Beratungsleistungen eigenständig gegenüber der Klägerin abgerechnet hätten. In der erteilten Kostenrechnung seien die Kosten für die Fertigung und Verhandlung des Kaufvertrages ausdrücklich und separat aufgeführt und berechnet gewesen. Diese Kostenrechnung sei seitens der Klägerin auch ausgeglichen worden, ohne dass die Klägerin irgendwelche Einwände erhoben habe (Bl. 52 d. A.). Diesen Sachvortrag hat die Klägerin nicht bestritten, sondern sich stattdessen auf den Rechtsstandpunkt zurückgezogen, die Erstellung der Gebührenrechnung sei für die Frage, wer die Beratung durchgeführt habe, nicht von Relevanz (Bl. 93 d. A.). Auch der Vortrag, während der gesamten Dauer der Vertragsverhandlungen habe die Klägerin keinen direkten Kontakt mit der Streitverkündeten besessen, vielmehr sei der Informationsfluss über Mitarbeiter der Beklagten erfolgt, ist mit dem Sachvortrag der Beklagten durchaus vereinbar: Für die Erbringung der Rechtsberatungsdienstleistung als solcher war ein direkter persönlicher Kontakt nicht zwingend erforderlich.

Auch im Berufungsrechtszug wird der Abschluss eines die Beklagte verpflichtenden Rechtsberatungsauftrags nicht in geeigneter Weise unter Beweis gestellt: Es kann als wahr unterstellt werden, dass sich der Prozessbevollmächtigte Dr. Schramm gegenüber dem Zeugen Z. geäußert habe, die Aufnahme einer Kapitalerhaltungsgarantie sei auf ausdrücklichen Wunsch der Beklagten aus dem ursprünglichen Vertragsentwurf wieder herausgenommen worden. Der Beweiswert dieses Umstandes ist nicht eindeutig: Da die Informationen zwischen der Klägerin und der Streitverkündeten zumindest überwiegend über die Beklagte flossen, hätte ein solcher Wunsch aus Sicht der Streitverkündeten auch auf einer entsprechenden Vorgabe der Klägerin beruhen können. In jedem Fall wird der Beweiswert durch die unstreitige Begleichung der Kostennote und den Umstand, dass die Klägerin die streitgegenständlichen Ansprüche zunächst gegenüber den Streitverkündeten geltend machte, relativiert.

b) Ob sich die Beklagte überhaupt in eigener Rechtsperson in einer Schadensersatzansprüche begründenden Weise zur Rechtsberatung im Zusammenhang mit der Erstellung eines Vertragsentwurfs hätte verpflichten können, erscheint zweifelhaft:

aa) Die Beklagte erfüllt ihrerseits nicht die persönlichen Voraussetzungen des Art. 1 § 1 RBerG. Nach wohl allgem. Meinung ist ein Vertrag, in dem sich ein Steuerberater zu einer ihm nicht gestatteten Rechtsbesorgung verpflichtet, nichtig. Denn Art 1 § 1 RBerG ist ein Verbotsgesetz i.S. des § 134 BGB (BGH, Urt. v. 16.12.1999 - IX ZR 117/99, NJW 2000, 1333, 1335; vgl. BGHZ 37, 258, 262; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl., Art. 1 Rdnr. 197).

Ist der auf Rechtsberatung gerichtete Beratungsvertrag nichtig, so stehen der Klägerin aus der Schlechterfüllung des Rechtsberatungsauftrags keine Schadensersatzansprüche zu, da das Rechtsinstitut der positiven Vertragsverletzung (nunmehr in § 280 BGB normiert) die Verletzung von Pflichten aus einem existenten, Rechtswirksamkeit erlangten Schuldverhältnis sanktioniert. Dem steht nicht entgegen, dass ein Steuerberater auch bei nichtigem Einzelauftrag nach vertragsrechtlichen Grundsätzen haften kann, wenn ihm in Erfüllung dieses Einzelauftrags ein steuerlicher Fehler unterlaufen ist und der Steuerberater darüber hinaus dem Mandanten im Rahmen eines steuerrechtlichen Dauermandats verpflichtet ist (BGH, Urt. v. 30.9.1999 - IX 139/98, NJW 2000, 69, 70). Diese Erwägungen verhelfen der Klage nicht zum Erfolg, da die Klägerin ihre Rechte nicht aus der fehlerhaften steuerlichen Betreuung, sondern aus der Schlechterfüllung der spezifischen Rechtsberatung herleitet.

bb) De lege lata konnte auch eine Unterbeauftragung der Streitverkündeten noch nicht aus dem Verbotsgesetz des Art. 1 § 1 RBerG herausführen. Denn diese Vertragskonstellation ändert nichts daran, dass sich die Beklagte als Hauptbeauftragte gegenüber der Klägerin in eigener Rechtsperson zur Leistung der Rechtsberatung verpflichten musste. In Abweichung zu dieser geltenden Rechtslage sieht es der Entwurf zur Neufassung des Rechtsberatungsgesetzes vor, dass dem Dienstleister grundsätzlich untersagte Rechtsdienstleistungen künftig in Zusammenhang mit oder unter Hinzuziehung einer Person erbracht werden dürfen, der die selbständige entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleistung erlaubt ist (Art. 1 § 5 Abs. 3 RBerG-E, BT-Drucksache 16/3655 Seite 8, 56f.). Im Umkehrschluss zeigen diese gesetzgeberischen Erwägungen, dass dieser Weg der Beklagten nach geltendem Recht versperrt war. Mithin wäre eine rechtswirksame Beauftragung der Beklagten mit der Rechtsberatung nur dann möglich gewesen, wenn sich die Beklagte auf den Ausnahmetatbestand des Art. 1 § 5 RBerG berufen könnte. Dies setzt voraus, dass das Verfassen des vorliegend zu beurteilenden Geschäftsanteilkaufvertrags als unselbständiger Annex einer auf Erledigung von Steuerberatungstätigkeiten gerichteten Hauptdienstleistung verstanden werden kann. Dies erscheint zweifelhaft. Letztlich kann die Frage offen bleiben.

3. Die Klage musste auch deshalb der Abweisung unterliegen, weil der Klägerin durch die fehlende Aufnahme der Kapitalerhaltungsgarantie kein Schaden entstanden ist.

a) Es bedarf keiner Entscheidung, ob das Fehlen einer solchen Gewährleistungsklausel einen Beratungsfehler des mit der Erstellung eines Vertragsentwurfs über den Kauf eines Geschäftsanteils beauftragten Rechtsberaters darstellt. In jedem Fall ist der geltend gemachte Schaden - der Ausfall des auf Zahlung der Inventurdifferenz gerichteten Schadensersatzanspruchs - nicht entstanden, da der Vertrag bei richtigem Verständnis den begehrten Schadensausgleich gewährt.

aa) Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung sieht der Kaufvertrag eine Regelung vor, die dem Anspruch der Klägerin auf Ausgleich der Inventurdifferenz Durchsetzung verleiht: Nach § 9 Ziff. 2 des Kaufvertrages musste der Verkäufer die Käuferin auf deren Verlangen so stellen, wie sie stünde, wenn der Jahresabschluss 2000, dessen Richtigkeit zugesichert wurde, richtig gewesen wäre. Bei Richtigkeit des Jahresabschlusses hätte sich der Wert des von der Klägerin erworbenen Geschäftsanteils um den Wert der Inventurdifferenz erhöht. Diese Differenz musste der Verkäufer auf Verlangen der Käuferin regulieren.

bb) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägervertreters ist der Vertragsklausel nicht der Erklärungsgehalt beizumessen, dass die Gewährleistung auf das negative Interesse zu beschränken sei. Die klare Formulierung, dass die Gesellschaft so gestellt werde, wie sie stünde, wenn die Zusicherung richtig gewesen wäre, lässt keinen relevanten Auslegungsspielraum. Insbesondere ist der Klausel nicht der Sinn zu unterlegen, Gewährleistungsansprüche seien auf die Nachteile beschränkt, die der Gesellschaft oder dem Käufer durch das Vertrauen auf die Richtigkeit der Zusicherungen entstanden seien.

b) Demgegenüber konnte eine Kapitalerhaltungsgarantie den auf Ausgleich der Inventurdifferenz gerichteten Schadensersatzanspruch nicht tragen:

Der Klägervertreter hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal plastisch dargelegt, welche Zwecke die Aufnahme einer Kapitalerhaltungsgarantie verfolgt. So will der Erwerber eines Geschäftsanteils mit einer solchen Vertragsklausel verhindern, dass der Veräußerer nach dem für die Ermittlung des Kaufpreises maßgeblichen Bewertungszeitpunkt der Gesellschaft Kapital entzieht. Diese Gefahr hat sich nicht verwirklicht. Denn der Nachteil des Käufers bestand im vorliegenden Fall ausschließlich darin, dass der Jahresabschluss des Jahres 2000 einen Fehler enthielt. Genau für diesen Fall will die Regelung des § 9 Gewährleistungsansprüche normieren. Mithin wäre die in der unterlassenen Aufnahme einer Kapitalerhaltungsgarantie liegende Pflichtverletzung für Gewährleistungsansprüche, die an der fehlerhaften Bilanzerstellung anknüpfen, im Rechtssinne nicht kausal geworden. Aus diesem Grunde kann es der Beklagten nicht vorgeworfen werden, der Fehlvorstellung des Schiedsgerichts hinsichtlich des Regelungsbereichs der Vertragsklausel durch Aufnahme einer weiteren Vertragsklausel nicht vorbeugend entgegengewirkt zu haben, die ihrerseits den geltend gemachten Schaden bei objektiver Betrachtung nicht ausgleichen konnte.

c) Überdies ist folgende Kontrollüberlegung hilfreich: Bei genauer Betrachtung findet der gegen den Veräußerer gerichtete Anspruch auf Rückzahlung der Tantiemen eine außervertragliche Grundlage. So war der Veräußerer gegenüber der Gesellschaft bereits nach den Rechtsgrundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung zur Rückzahlung verpflichtet. Da bei richtiger Berechnung ein Anspruch auf Gewinnausschüttung nicht begründet war, fehlte der Zahlung von Anfang an der Rechtsgrund (§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB).

4. Dessen ungeachtet wären vertragliche Schadensersatzansprüche der Klägerin jedenfalls verjährt. Das auf Beratung im Zusammenhang mit dem Anteilskaufvertrag gerichtete Schuldverhältnis wurde nach Darstellung der Klägerin Mitte des Jahres 2000 begründet. Der geltend gemachte Anspruch entstand mit dem Abschluss des Kaufvertrags, in dem sich die aus Sicht der Klägerin unzureichende Beratungsleistung manifestierte. Mithin unterlag der Schadensersatzanspruch der dreijährigen Verjährungsfrist des § 68 StBerG in der bis zum 15.12.2004 geltenden Fassung, die zugleich mit Abschluss des Kaufvertrags zu laufen begann. Diese Primärverjährung war demnach am 30.3.2004 abgelaufen. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin war die Verjährungsfrist nicht gemäß § 204 Abs. 1 Ziff. 11 BGB durch die Einleitung des schiedsgerichtlichen Verfahrens gehemmt, da der im schiedsgerichtlichen Verfahren geltend gemachte Anspruch mit dem streitgegenständlichen Anspruch nicht identisch ist und auch die Beklagte zu keinem Zeitpunkt Prozesspartei des schiedsgerichtlichen Verfahrens war.

Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, dass die Verjährungseinrede mit einem sekundären Schadensersatzanspruch abgewehrt werden könne. Zwar entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein sekundärer Schadensersatzanspruch bestehen kann, wenn es ein Steuerberater schuldhaft unterlässt, seinen Mandanten bis zum Ende des Mandats auf ein mögliches Bestehen eines gegen ihn gerichteten Regressanspruchs und auf die kurze Verjährungsfrist hinzuweisen. Hat es der Mandant dadurch versäumt, den Eintritt der kurzen Primärverjährung abzuwenden, so ist der Berater gegebenenfalls gehalten, den Mandanten so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Belehrung stünde, wobei regelmäßig nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises davon auszugehen ist, dass ein rechtzeitig und ordnungsgemäß belehrter Mandant den Eintritt der Primärverjährung verhindert hätte (BGH, Urt. v. 12.2.2004 - IX ZR 246/02, NJW-RR 2004, 1358; vgl. BGHZ 94, 380, 387; BGH, Urt. v. 18.9. 1986 - IX ZR 204/85, WM 1986, 1500, 1501; MünchKomm(BGB)/Grothe, 4. Aufl., § 194 Rdnr. 12). Allerdings setzt ein solcher sekundärer Schadensersatzanspruch stets voraus, dass der Berater im zeitlichen Rahmen des noch bestehenden Mandats begründeten Anlass zur Prüfung besitzt, ob er seinen Mandanten durch eine Pflichtverletzung geschädigt hat. Daran fehlt es:

Das auf Beratung im Zusammenhang mit dem Anteilskauf abgeschlossene Auftragsverhältnis endete mit dem Vertragsschluss selber. Aus diesem Schuldverhältnis kann keine nachvertragliche Verpflichtung zur Belehrung der Klägerin über das Bestehen eventueller Schadensersatzansprüche hergeleitet werden. Dass die Beklagte gegenüber der Klägerin über den Zeitpunkt des Kaufvertrags hinaus im Wege eines steuerrechtlichen Dauermandats verpflichtet war, stellt die Beklagte nachdrücklich in Abrede. Auch hat die Beklagte bestritten, den steuerrechtlichen Status der M. OHG erstellt zu haben, aus dem sich die fehlerhafte Bilanzierung ergab. Letztlich kann die Frage nach der Urheberschaft dieser Bilanzerstellung dahinstehen: Es musste sich der Beklagten keineswegs aufdrängen, dass ein eventueller Fehler in der dem Kaufvertragsabschluss zu Grunde liegenden Bilanz zum 31.12.2001 Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten rechtfertigen könnte. Vielmehr durfte die Beklagte bei unvoreingenommener Betrachtung darauf vertrauen, durch die Aufnahme der Haftungsregelungen in § 9 des Kaufvertrages eine hinreichende Grundlage dafür geschaffen zu haben, um den Käufer gewährleistungsrechtlich gegenüber einer fehlerhaften Bilanzierung abzusichern.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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