Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 30.01.2007
Aktenzeichen: 4 U 314/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 280
a) Ein zu Gunsten einer Gemeinde im Grundbuch eingetragenes Kanalrecht begründet eine schuldrechtsähnliche Sonderverbindung zum Eigentümer des dienenden Grundstücks.

b) Verletzt die Gemeinde fahrlässig ihre Verpflichtung, die Kanaleinrichtungen so zu unterhalten, dass vermeidbare Beeinträchtigungen unterbleiben, und kommt es deshalb zu einem Überschwemmungsschaden, ist sie dem Eigentümer nach § 280 BGB ersatzpflichtig. Dies gilt auch dann, wenn sich der für den Schaden ursächliche nicht druckdicht verschlossene Kanaldeckel nicht auf, sondern unmittelbar neben dem dienenden Grundstück befindet.


SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 314/06

Verkündet am 30.01.2007

In dem Rechtsstreit

wegen Ersatz eines Überschwemmungsschadens

hat der 4. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30.1.2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Göler , den Richter am Oberlandesgericht Schmidt sowie den Richter am Landgericht Emanuel

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Erstberufung der Klägerin zu 2) wird das am 28. April 2006 verkündete Schlussurteil des Landgerichts Saarbrücken - Az. 4 O 70/00 - unter Ziff. A. I des Urteilsausspruchs dahin abgeändert , dass die Beklagteverurteilt wird, an die Klägerin zu 2) über die durch Teilurteil vom 1.9.2005 zuerkannten 1.159,66 EUR nebst den hierauf durch das angefochtene Schlussurteil zugesprochenen Zinsen weitere 25.836,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 13.6.2000 zu zahlen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich derjenigen der zurückgenommenen Zweitberufung fallen - soweit der Senat hierüber nicht bereits durch Beschluss vom 6.12.2006 entschieden hat - der Beklagten zur Last . Die erstinstanzliche Kostenentscheidung wird dahin abgeändert , dass die Beklagte die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) , 75 % der Gerichtskosten und ihre eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen hat , soweit diese nicht den Klägern zu 1) und 4) auferlegt wurden. Kosten der Streithelferin der Beklagten sowie deren außergerichtliche Kosten und Gerichtskosten hat die Klägerin zu 2) nicht zu tragen. Ansonsten verbleibt es bei der Kostenentscheidung des Landgerichts.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar . Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens bis zur Rücknahme der Zweitberufung ergibt sich aus dem Senatsbeschluss vom 6.12.2006. Für die Zeit danach wird der Streitwert auf 25.836,56 EUR festgesetzt. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Beklagten übersteigt 20.000 EUR .

5. Die Revision wird nicht zugelassen .

Gründe:

A.

Die Klägerin zu 2) des ersten Rechtszuges und Erstberufungsklägerin ( im Folgenden Klägerin ) nimmt die beklagte Gemeinde wegen eines Überschwemmungsschadens auf Schadensersatz in Anspruch . Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde :

Am Nachmittag des 9.8.1999 kam es im Gemeindegebiet von S. -E. zu starken temporären Regenfällen mit Niederschlagsmengen bis zu 62,1 mm. Hierbei lief im Bereich der abschüssigen <Straße> der gemeindliche Abwasserkanal über. Das aus dem Kanal austretende Wasser floss talwärts und verursachte erhebliche Überschwemmungsschäden auf mehreren Hausgrundstücken, u.a. dem Anwesen <Straße, Nr.> der Klägerin .

Die Klägerin hat ihr Hausgrundstück Ende März 1999 im Wege der Zwangsversteigerung erworben. Der gemeindliche Abwasserkanal verläuft aufgrund eines durch notarielle Urkunde des Notars F. in vom 12.12.1996 bewilligten, im Grundbuch von E. in Abteilung 2 Lfd. Nr. 5, 6, 7 zu Gunsten der Beklagten eingetragenen Wasserkanalrechts ( Bl. 45 d.A. ) über das Grundstück der Klägerin, auf dem sich vier Revisionsschächte befinden.

Die Klägerin sowie weitere Anrainer der <Straße> haben die Beklagte nach einem zuvor stattgefundenen selbständigen Beweisverfahren ( Beiakte 4 OH 15 / 99 des Landgerichts Saarbrücken ) im Klageweg auf Ersatz der ihr entstandenen Schäden in Anspruch genommen . Sie hat behauptet, zu der Überschwemmung sei es gekommen, weil sich ein von der Beklagten nicht ordnungsgemäß eingesetztes Sandfangsieb gelöst und einen Wasserstau verursacht habe . Aufgrund des Wasserstaus sei der Deckel eines der auf dem Grundstück der Klägerin befindlichen Revisionsschächte hochgedrückt worden . Das aus dem Revisionsschacht austretende Wasser habe 35 qm Erdreich weggespült und einen Krater hinterlassen. Ihren Schaden hat die Klägerin bezugnehmend auf ein in dem selbständigen Beweisverfahren erstattetes Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. H. vom 10.5.2000 ( Bl. 38 f. d. o.g. BA) auf insgesamt 26.996,21 EUR ( = 52.800 DM ) beziffert.

Hiervon hat die Klägerin mit ihrer am 29.9.2000 bei Gericht eingereichten Teilklage zunächst nur die Positionen 11 und 12 der Rechnung der Bauunternehmung S. GmbH vom 5.2.2000 ( Bl. 13 f. d. BA. 4 O 296 / 05 ) in Höhe von insgesamt 1.159,66 EUR ( 2.268,09 DM ) geltend gemacht ( vgl. Bl. 4 x, 62 der Verbundakte 4 O 365 / 00 ) und hat beantragt ,

die Beklagte zu verurteilen , an sie 1.159,66 EUR zu zahlen .

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, dass am Hausgrundstück der Klägerin infolge der Überschwemmung erhebliche Schäden aufgetreten sind und sie hat auch gegen die vom Sachverständigen H. ermittelte Höhe der Schadensbeseitigungskosten keine substantiierten Einwendungen erhoben ( Bl. 57 x d. A. 4 O 365 / 00 ). Die Beklagte hat jedoch die Ansicht vertreten , sie hafte für den Überschwemmungsschaden schon dem Grunde nach nicht , denn es habe sich um einen Extremregen mit einer Wiederkehrzeit von 1 x in 50 bis 100 Jahren und damit um einen Fall höherer Gewalt gehandelt . Die Beklagte hat weiter behauptet, der Abwasserkanal habe sich in technisch einwandfreiem Zustand befunden . Das Kanalsystem sei ausreichend dimensioniert gewesen, es habe keine Mängel aufgewiesen und sei regelmäßig von ihrem Vertragspartner überprüft und gewartet worden, zuletzt am 4.5.1999. Auch der Sandfang im Revisionsschacht sei ordnungsgemäß eingesetzt gewesen , was sich daran zeige, dass der Kanal am 9.7.1999 starke Regenwassermengen noch problemlos habe abführen können. Zu der Verstopfung sei es erst am Schadenstag infolge des katastrophalen Starkregens gekommen . Nachdem das 1.013 qm fassende , oberhalb der <Straße> gelegene Regenrückhaltebecken vollgelaufen und auch die Notentlastung überfüllt gewesen sei , habe der Schachtdeckel 80504 abgehoben , sei auf den Schmutzfänger aufgeschlagen und habe diesen so verbogen , dass er durch die scharfe Schachtöffnung gefallen sei und den Abfluss verstopft habe. Da die Beklagte kein Verschulden an dem Überschwemmungsschaden treffe, scheide ein Amtshaftungsanspruch aus. Auch unter dem Gesichtspunkt der pVV eines öffentlich - rechtlichen Benutzungsverhältnisses ergebe sich mangels Verschulden und weil es sich nicht um einen sog. Rückstauschaden handele, keine Einstandspflicht. Wegen einer möglichen Haftung nach § 2 Abs.1 HPflG hat sich die Beklagte auf die Haftungsbegrenzung des § 10 Abs.1 HPflG berufen und geltend gemacht, der Klägerin stehe allenfalls Schadensersatz in Höhe einer Quote von 3/12 zu. Durch rechtskräftiges Teilurteil vom 1.9.2005 ( Bl. 417 f. d.A. ) hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin 1.159,66 EUR zu zahlen .

Noch vor dem Erlass des Teilurteils hatte die Klägerin am 30.12.2004 beim Amtsgericht Neunkirchen einen Mahnbescheid beantragt , mit dem sie von der Beklagten ( vertreten durch den Bürgermeister K. ) Zahlung von weiteren 25.836,56 EUR nebst Zinsen begehrte ( Bl. 2 der Verbundakte 4 O 296/05 ) . Die Postzustellungsurkunde kam mit einem Vermerk vom 28.1.2005 zurück , wonach der Zustellungsversuch erfolglos gewesen sei, weil der im Mahnbescheid bezeichnete Herr K. nicht mehr Bürgermeister der beklagten Gemeinde sei . Am 24.2.2005 erfolgte die Zustellung des Mahnbescheides ( Bl. 5 dieser Akte ). Nach Abgabe des Verfahrens an das Streitgericht hat das Landgericht Saarbrücken dieses durch Beschluss vom 29.11.2005 mit dem bereits anhängigen Verfahren 4 O 70 /00 verbunden.

Die Klägerin hat zur Rechtfertigung ihres Zahlungsverlangens, mit dem sie weitere 25.836,56 EUR Schadensersatz ( Differenz zwischen den vom Sachverständigen H. ermittelten Schadensbeseitigungskosten und den durch Teilurteil zuerkannten 1.159,66 EUR ) sowie Zinsen begehrt, an der Auffassung festgehalten, das Sandfangsieb habe sich nur deshalb verschieben und den Kanal verstopfen können, weil es nicht richtig eingesetzt gewesen sei. Da es konstruktiv unmöglich sei, dass ein korrekt fixiertes Sandfangsieb in den Revisionsschacht falle, sei die Beklagte für die Überschwemmung verantwortlich . Was den Zinsanspruch anbelangt hat die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, sie habe die Beklagte vorprozessual mit Anwaltsscheiben vom 29.5.2000 vergeblich zur Zahlung von 26.996,21 EUR ( 52.800.- DM ) aufgefordert.

Die Klägerin hat beantragt ,

die Beklagte zu verurteilen, an sie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basissatz aus dem durch Teilurteil erkannten Betrag von 1.159,66 EUR seit dem 1.1.2001 sowie weitere 25.836,56 EUR nebst Zinsen von insgesamt 8.909,80 EUR für den Zeitraum 31.5.2000 bis bis 29.12.2004 in Höhe und weiter gehende Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basissatz aus 25.836,56 EUR seit dem 30.12.2004 zu zahlen .

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Sie hat die Ansicht vertreten , Ansprüche wegen pVV eines öffentlich - rechtlichen Benutzungsverhältnisses kämen darüber hinaus auch deshalb nicht in Betracht, weil es sich nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Ing. W. nicht um einen Rückstauschaden handele. Im Übrigen seien alle in Betracht kommenden Schadensersatzansprüche , auch solche unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung sowie nach § 2 Abs.1 HPflG, verjährt . Gemäß § 11 HPflG i.V.m. § 852 BGB a.F. betrage die Verjährungsfrist 3 Jahre ab Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen. Nachdem das selbständige Beweisverfahren im Jahr 2000 abgeschlossen wurde und die Ende September 2000 eingereichte Teilklage nur wegen der eingeklagten Teilbeträge verjährungsunterbrechende bzw. -hemmende Wirkung gehabt habe, sei Verjährung bei Zustellung des Mahnbescheides bereits eingetreten gewesen.

Durch Schlussurteil vom 28.4.2006 hat das Landgericht der Klägerin Zinsen auf den durch Teilurteil erkannten Betrag zugesprochen und die weiter gehende Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, Schadensersatz- ansprüche der Klägerin nach § 2 Abs.1 HPflG seien am 24.2.2005, dem Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheides des Amtsgerichts Neunkirchen vom 17.1.2005, verjährt gewesen. Eine Haftung wegen pVV eines öffentlich - rechtlichen Benutzungsverhältnisses komme nicht in Betracht, da es nach den Ausführungen im Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Ing. W. zu dem Schaden nicht wegen eines im Bereich des klägerischen Grundstücks aufgetretenen Rückstaus im Abwasserkanal an den dort befindlichen Revisionsschächten gekommen sei. Das Wasser sei vielmehr an einem außerhalb des Grundstücks der Klägerin gelegenen Schachtdeckel ausgetreten und oberflächlich auf deren Grundstück gelangt . Eine Enteignungsentschädigung könne die Klägerin nicht verlangen, da es sich um einen Schaden handele , für den sich die Wirkungshaftung nach § 2 Abs.1 HPflG ergebe . Bestehe nach allgemeinen Haftungsgrundsätzen ein Ersatzanspruch, fehle es an einem Sonderopfer und sei für einen Entschädigungs -anspruch aus enteignendem Eingriff kein Raum . Dass Ansprüche nach § 2 Abs.1 HPflG infolge Verjährung nicht mehr durchsetzbar seien, ändere hieran nichts.

Gegen dieses Schlussurteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs.1 Satz 1 Nr.1 ZPO Bezug genommen wird, wendet sich die Klägerin mit ihrer Erstberufung. Die Beklagte hat die von ihr eingelegte Zweitberufung zurückgenommen. Die Klägerin verfolgt mit ihrem Rechtsmittel den vom Landgericht für nicht begründet gehaltenen Zahlungsanspruch unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Sachvortrages weiter. Sie hält an ihrem im ersten Rechtszug vertretenen Rechtsstandpunkt fest und meint, selbst wenn Ansprüche nach § 2 Abs.1 HPflG verjährt seien, ergebe sich eine Verpflichtung der Beklagten zu Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung. Darüber hinaus stehe ihr gegen die Beklagte ein nicht verjährter Schadensersatzanspruch wegen pVV zu. Auch wenn es sich nach dem Beweisergebnis nicht um einen Rückstauschaden handele, bestehe zwischen ihr und der Beklagten eine vom Anschluss- und Benutzungszwang unabhängige Sonderbeziehung. Die Beklagte sei mit Blick auf das bewilligte Wasserkanalrecht verpflichtet, dafür zu sorgen , dass von dem Kanalsystem und den auf und in unmittelbarer Nähe des klägerischen Grundstücks gelegenen Einrichtungen keine schädlichen Einwirkungen auf das dienende Grundstück ausgehen. Dieser Verpflichtung habe die Beklagte schuldhaft zuwider gehandelt. Denn der für den oberflächlichen Wasseraustritt ursächliche Deckel des unmittelbar neben ihrem Grundstück gelegenen Aufstauschachtes 80504 sei nach den Darlegungen des Sachverständigen im Ergänzungsgutachten vom 21.4.2004 entgegen dem wasserrechtlichen Genehmigungsbescheid nicht druckdicht verschlossen gewesen. Darüber hinaus bestehe ein Entschädigungsanspruch aus enteignendem Eingriff. Die Beklagten könne sich wegen des nicht druckdichten Verschlusses auch nicht mit Erfolg auf höhere Gewalt berufen .

Die Klägerin hat zuletzt beantragt ( Bl. 796 , 803, 955 , 875, 978 d.A. ) ,

die Beklagte unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Schlussurteils zu verurteilen, an sie über den um Teilurteil vom 1.9.2005 zugesprochenen Betrag von 1.159,66 EUR hinaus weitere 25.836,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 13.6.2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt ( Bl. 837, 956 d.A. ) ,

die Berufung zurückzuweisen .

Die Beklagte tritt zwar der landgerichtlichen Feststellung , wonach der streitgegenständliche Überschwemmungsschaden gemäß den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Ing. W. dadurch zustande gekommen ist, dass der Deckel des Schachtes 80504 , der bei dem Wasserstau hochgedrückt wurde, nicht druckdicht bzw. drucksicher verschlossen war ( Bl. 845 x, 846 x d.A. ), nicht entgegen. Die Beklagte meint aber, es ergebe sich gleichwohl keine Haftung ihrerseits. Ein möglicher Amtshaftungsanspruch und Schadensersatzansprüche nach § 2 Abs.1 HPflG seien verjährt . Da es sich nicht um einen Rückstauschaden handele, habe das Landgericht rechtsfehlerfrei eine Haftung unter dem Aspekt der pVV eines öffentlich - rechtlichen Benutzungsverhältnisses verneint. Befinde sich der Schacht , aus dem das Wasser ausgetreten sei, aber nicht auf dem Grundstück der Klägerin, fehle es jedenfalls am Kausalzusammenhang zwischen dem Schadensereignis und einer an die Unterhaltung von Teilen des Abwasserkanals auf dem Grundstück der Klägerin möglicherweise anknüpfenden vertragsähnlichen Sonderbeziehung. Entschädigungsansprüche aus enteignendem Eingriffs schieden aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung mangels Sonderopfer aus.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 14.11.2006 ( Bl. 955- 957 d.A. ) Bezug genommen .

Der Senat hat die Akten 15 O 365/00 , 4 O 296/05, 4 O 200/00 sowie die Akte 4 OH 15/99 des Landgerichts Saarbrücken zu Informationszwecken zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

B.

Die Erstberufung der Klägerin ist statthaft , form - und fristgerecht eingelegt sowie ordnungsgemäß begründet worden und gemäß den §§ 511, 513, 517 , 519 , 520 ZPO zulässig .

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Es führt zu der aus der Urteilsformel zu ersehenden Abänderung des angefochtenen Urteils.

Das Landgericht hat zwar zu Recht dahin entschieden , dass eine Inanspruchnahme der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Wirkungshaftung nach § 2 Abs.1 HPflG verjährungsbedingt ausscheidet ( I.1.). Aus dem gleichen Grund kann die Klägerin ihr Zahlungsverlangen nicht mit Erfolg auf § 839 BGB stützen (I.2.). Dem Landgericht ist darüber hinaus zuzustimmen, dass die Voraussetzungen für eine Haftung analog den §§ 276,278 BGB nach dem gemäß Art 229 § 5 EGBGB im Streitfall anwendbaren alten Schuldrecht wegen Verletzung der aus dem Anschluss- und Benutzungszwang resultierenden Pflichten nicht vorliegen (I.3.)

Der Klägerin steht gegen die Beklagte jedoch ein nicht verjährter Schadensersatzanspruch in geltend gemachter Höhe analog §§ 276, 278 BGB wegen Verletzung der sich aus einer anderweitigen schuldrechtsähnlichen Sonderbeziehung ergebenden Pflichten zu (II.) . Außerdem ergibt sich ein Entschädigungsanspruch aus enteignendem Eingriff ( III.) .

Der Senat kann die abweichenden Feststellungen des Landgerichts seiner Verhandlung und Entscheidung nicht zugrunde legen , weil sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO beruhen ( § 513 Abs.1 ZPO ).

I.

1.

Zu Recht hat das Landgericht eine Einstandspflicht der Beklagten für die berufungsgegenständlichen Schäden unter dem Aspekt der Wirkungshaftung nach § 2 Abs.1 HPflG mit der Begründung verneint, diesbezügliche Ansprüche seien verjährt und gemäß § 214 BGB bzw. § 222 BGB a.F. gerichtlich nicht mehr durchsetzbar.

Bei der im Verbundverfahren 4 O 365 /00 erhobenen Klage handelte es sich um eine ( offene ) Teilklage. Teilklagen führen nach ständiger Rechtsprechung nur in Höhe des eingeklagten Betrages zu einer Verjährungsunterbrechung gemäß § 209 Abs.1 BGB a.F. ( vgl. Palandt - Heinrichs, BGB, 60. Aufl. Rn. 14 zu § 209 a.F.), vorliegend also nur wegen der im Wege der Teilklage geltend gemachten Schadenspositionen 11 und 12 der Rechnung der Bauunternehmung S. vom 2.5.2000. Weiter gehende Ersatzansprüche nach § 2 Abs.1 HPflG waren bei Einreichung des Mahnbescheidsantrages am 30.12.2004 bereits verjährt. Die Verjährungszeit beträgt nach § 11 HPflG i.V.m. § 852 BGB a.F. drei Jahre ab Kenntnis vom Schaden und vom Schadensverursacher. Die entsprechende Kenntnis lag bei der Klägerin spätestens nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens 4 OH 15 /99 des Landgerichts Saarbrücken und Einreichung der Teilklage am 29.9.2000 vor. Hiervon ausgehend waren Schadensersatzansprüche der Klägerin nach § 2 Abs.1 HPflG , die nicht Gegenstand der Teilklage waren, am 30.12.2004 verjährt. Nach der Überleitungsvorschrift des Art 229 § 6 Abs.1 S.2 EGBGB gilt altes Recht, wenn die sich danach ergebende Verjährungsfrist , wie hier, kürzer ist , als die Frist nach neuem Recht. Gegen diese Feststellungen wird mit der Berufung nicht ernsthaft erinnert ( Bl. 804 d.A. ). Der von der Klägerin zuletzt erhobene Einwand, der Gesamthaftungsbetrag sei wegen der Haftungsgrenze des § 10 Abs.1 HPflG, auf die sich die Beklagte berufen habe, für die Klägerin bis zum Erlass des Schlussurteils unklar gewesen ( Bl. 937 d.A. ), greift nicht. Die anwaltlich beratene Klägerin hat im Prozess zu Recht darauf hingewiesen, dass die Haftungsgrenze wegen § 10 Abs.3 HPflG im Streitfall nicht gilt. Die Klägerin hätte daher schon im September 2000 vollen Schadensersatz verlangen können. 2.

Ohne Erfolg will die Klägerin ihr Zahlungsverlangen zweitinstanzlich auf den Gesichtspunkt der Amtshaftung stützen. Schadensersatzansprüche nach § 839 Abs. 1 S.1 BGB i.V.m. Art 34 GG verjähren gemäß § 852 BGB a.F. in drei Jahren (Palandt - Thomas a.a.O. Rn. 1 zu § 852 a.F. ). Amtshaftungsansprüche sind nach der o.g. Überleitungsvorschrift daher gleichfalls verjährt und gerichtlich nicht mehr durchsetzbar.

3.

Auch wenn das Landgericht - wie noch auszuführen sein wird - rechtsfehlerhaft von Verjährung ausgeht, hat es Ansprüche der Klägerin gegen die beklagte Gemeinde wegen pVV eines öffentlich - rechtlichen Benutzungsverhältnisses analog den §§ 276, 278 BGB im Ergebnis zutreffend verneint. Es ist anerkannt, dass sich durch den Anschluss- und Benutzungszwang bei kommunalen Einrichtungen öffentlich -rechtliche Sonderbeziehungen ergeben können. Eine Haftung setzt jedoch nach ständiger Rechtsprechung voraus , dass der Anspruchsteller in seiner Eigenschaft als Anschlussnehmer der städtischen Kanalisation geschädigt wurde , was bei sog. Rückstauschäden der Fall ist ( vgl. BGH NJW 1992, 39 f. ).

Nach den im Berufungsrechtszug außer Streit stehenden gutachtlichen Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. Ing. W. handelt es sich bei den klagegegenständlichen Überschwemmungsschäden nicht um solche , die dadurch entstanden, dass es an der Schnittstelle öffentliche Kanalisation / Hausentwässerung zu einem Rückstau in das Rohrleitungssystem des Grundstücks der Klägerin gekommen wäre. Weil die in Rede stehenden Schäden durch oberflächlich zugeführtes Wasser verursacht wurden, fehlt es am Zurechnungszusammenhang zwischen dem Schaden und dem Anschluss des Grundstücks der Klägerin an das gemeindliche Kanalsystem.

II.

Gleichwohl ergibt sich eine Verpflichtung der beklagten Gemeinde zu Schadensersatz wegen pVV einer vertragsähnlichen Sonderbeziehung analog §§ 276 , 278 BGB. Die schuldrechtsähnliche Sonderbeziehung resultiert im Streitfall daraus , dass die Gemeinde auf der Grundlage eines ihr im Dezember 1996 von den damaligen Grundstückseigentümern notariell bewilligten Kanalrechts ihren Abwasserkanal durch das Privatgrundstück der Klägerin leitet und dort u.a. vier Revisionsschächte unterhält.

1.

Ein Schadensersatzanspruch analog §§ 276,278 BGB ist entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts nicht verjährt . Für Ansprüche wegen pVV eines öffentlich - rechtlichen Benutzungsverhältnisses bzw. einer vertragsähnlichen Sonderbeziehung anderer Art, aber auch für enteignungsrechtliche Ansprüche galt nach altem Recht die Regelverjährung von 30 Jahren nach § 195 BGB a.F. ( vgl. Palandt- Heinrichs, a.a.O. Rn. 9, 13 zu § 195 ). Die Verjährung richtet sich nach der Überleitungsvorschrift des Art 229 § 6 Abs.4 EGBGB seit dem 1.1.2002 nach neuem Recht, d.h. es gilt ab dann die dreijährige Regelverjährung des § 195 BGB n. F. . Demzufolge wären die entsprechenden Ansprüche mit Ablauf des 31.12.2004 verjährt.

Aus den Gründen des in vorliegendem Verfahren ergangenen Senatsbeschlusses vom 16.3.2006 ( 4 W 53/06 - 8 - ; Bl. 822 bis 825 d.A. ) , auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, wurde die Verjährung gemäß § 167 ZPO i.V.m. §§ 204 Abs.1 Nr.3 , Abs.2 Nr. S.1 BGB mit dem Eingang des Antrags der Klägerin auf Erlass eines Mahnbescheides samt Kostenmarke am 30.12.2004 beim Amtsgericht Neunkirchen ( Verbundverfahren 4 O 296 / 05 ) gehemmt. Die falsche Namensangabe des Bürgermeisters der Beklagten, die als Zustellungsadressatin eindeutig bezeichnet war und an deren amtierenden Behördenleiter nach § 170 Abs.2 ZPO hätte zugestellt werden können, stellt kein der Klägerin zurechenbares Zustellungshindernis dar. Weil die Klägerin somit alles Erforderliche für den alsbaldigen Erlass und die rechtswirksame Zustellung des Mahnbescheides getan hat, ist die am 24.2.2005 erfolgte Zustellung des Mahnbescheides an die Beklagte entgegen der Rechtsansicht des Landgerichts und der Beklagten noch als "demnächst erfolgt " anzusehen.

Dass die sich aus der " Sonderbeziehung " ergebende Schutzpflicht mit der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht bzw. der nach § 839 BGB bestehenden Amtspflicht zur ordnungsgemäßen Unterhaltung des gemeindlichen Abwasserkanals strukturgleich ist, ändert nichts daran , dass es sich um unterschiedliche Anspruchsgrundlagen handelt , für die ( nach altem Recht ) unterschiedliche Verjährungszeiten gegolten haben. Beim Zusammentreffen von delikts- und Vertragshaftung besteht grundsätzlich Anspruchskonkurrenz , d.h. der Vertragsanspruch wird durch die Verjährung des Deliktsanspruchs nicht berührt und umgekehrt ( BGHZ 66, 315 ; Palandt -Thomas a.a.O. Rn. 1 zu § 852 a.F.).

2.

Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches wegen schuldhafter Verletzung von Pflichten aus einer vertragsähnlichen Sonderverbindung liegen vor. Schon vor Inkrafttreten des neuen Schuldrechts war allgemein anerkannt, dass die Regeln über die pVV auf vertragsähnliche private Sonderverbindungen sowie auf öffentlich - rechtliche Rechtsverhältnisse Anwendung finden, auf Letztere , sofern diese schuldrechtsähnliche Leistungsbeziehungen auch Leistungs- und Obhutspflichten begründen und die Eigenart des öffentlichen Rechts nicht entgegensteht ( vgl. Palandt - Heinrichs , BGB , 60. Aufl. Rn. 129 f. zu § 276 mwNw.).

Eine Sonderbeziehung oder schuldrechtsähnliche Leistungsbeziehung folgt im Streitfall aus dem Umstand, dass die Beklagte aufgrund des ihr notariell bewilligten Kanalrechts den gemeindlichen Abwasserkanal über das Privatgrundstück der Klägerin führt , auf dem sie vier Revisionsschächte unterhält. Wer fremdes Eigentum zum Betrieb eigener Abwasserleitungen in Anspruch nimmt, ist als Privatperson unabhängig von der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht bzw. als Kommune von der Amtspflicht zur ordnungsgemäßen Unterhaltung des Abwasserkanals gegenüber dem Eigentümer des " dienenden " Grundstücks analog den §§ 276,278 BGB verpflichtet , das Leitungssystem so zu unterhalten , dass von diesem und den im unmittelbaren Einwirkungsbereich des dienenden Grundstücks gelegenen Schächten und sonstigen Einrichtungen keine vermeidbaren Gefahren für das fremde Eigentum ausgehen . Auch bei schuldrechtsähnlichen Leistungsverhältnissen oder öffentlich - rechtlichen Sonderbeziehungen besteht die Schutzpflicht , sich im Rahmen des Schuldverhältnisses bzw. der Sonderbeziehung so zu verhalten , dass Körper, Eigentum oder sonstige Rechtsgüter des anderen Teils nicht verletzt werden ( vgl. Palandt - Heinrichs , 64. Aufl. Rn. 28 zu § 280 ) .

Dieser Verpflichtung hat die Beklagte nach den von ihr nicht angegriffenen Feststellungen in dem Schlussurteil vorwerfbar zuwider gehandelt. Nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Prof. Dr. Ing. W. kam es zu der Überschwemmung , weil ein Sandfangsieb den Ablauf des Schachtes 362d verstopft und einen Aufstau erzeugt hat . Das hatte zur Folge, dass der Schachtdeckel des unmittelbar vor dem klägerischen Grundstücks gelegenen Aufstauschachtes 80504 hochgedrückt wurde ( vgl. Planskizze Bl. 281 d.A.). Dies wiederum war nur möglich , weil der Schachtdeckel entgegen dem wasserrechtlichen Bescheid nicht druckdicht verschlossen war ( vgl. schriftliches Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Ing. W. vom 21.4.2004 ; Bl. 270 f. d.A. ). Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten davon ausgehen würde, dass sich das Sandfangsieb aufgrund der starken Niederschläge gelöst und verschoben hätte , was der Sachverständige jedoch für unwahrscheinlich hielt, wäre der Deckel trotz der erheblichen Niederschläge und des dadurch erzeugten Überdrucks von maximal 2,55 m nicht hochgedrückt worden, wenn er ordnungsgemäß druckdicht verschlossen gewesen wäre. Der Sachverständige hat bei dem Ortstermin am 27.1.2003 festgestellt, dass von den sechs Bolzen , welche die Platte unter dem Deckel druckfest am Betonsockel halten sollten, zwei fehlten und dass die restlichen vier nicht fest verschraubt waren . Zwar konnte der Sachverständige die Befestigungssituation im Schadenszeitpunkt nicht rekonstruieren . Wäre der Deckel zum Zeitpunkt des Schadensereignisses ordnungsgemäß verschraubt gewesen , hätte nichts näher gelegen , als alle sechs Bolzen zur Vermeidung von Überschwemmungsschäden wieder regelgerecht zu verschrauben. Im Übrigen indiziert nach den einsichtigen Darlegungen des Sachverständigen schon der Schadenshergang als solcher , dass der Schachtdeckel mit Platte nicht druckdicht verschlossen war . Die Feststellungen des Sachverständigen zur Verschlusssituation anlässlich des Ortstermins legen die Annahme nahe, dass die Beklagte bei der Wartung ihres Kanalsystems nicht hinreichend auf einen druckdichten Verschluss der Kanaldeckel geachtet hat. Die Beklagte kann sich in dem Zusammenhang nicht mit Erfolg darauf berufen, eine Wartungsfirma mit den entsprechenden Arbeiten beauftragt zu haben, denn sie muss sich deren Versäumnisse nach § 278 BGB zurechnen lassen. Der fehlende druckdichte Verschluss war für den konkret eingetretenen Überschwemmungsschaden ursächlich. Wäre nicht ein Kanaldeckel unmittelbar neben dem Grundstück der Klägerin hochgedrückt worden, wäre es an dieser Stelle nicht zu einem so massiven Wasseraustritt und zu entsprechend gravierenden Überschwemmungsschäden auf dem klägerischen Grundstück gekommen. Würde man die Hergangsschilderung der Beklagten, wonach der auf das Sandfangsieb aufschlagende hochgedrückte Kanaldeckel den Versatz des Siebes bewirkt haben soll, der Beurteilung zugrundelegen, wäre die Schadensursächlichkeit des nicht druckfesten Verschlusses erst recht zu bejahen.

Der Einwand der Beklagten , es fehle dennoch am Kausalzusammenhang zwischen dem Schadensereignis und der Sonderverbindung , da sich der Schacht , an dem das Wasser oberflächlich ausgetreten ist, nicht auf , sondern neben dem klägerischen Grundstück befunden habe , vermag deren Rechtsverteidigung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Richtig ist , dass eine Haftung unter dem Gesichtspunkt der pVV ( jetzt § 280 BGB ) voraussetzt, dass die Rechtsgutverletzung im Zusammenhang mit der durch die Sonderverbindung erhöhten Einwirkungsmöglichkeit steht ( Palandt , 64. Aufl. Rn. 28 zu § 280 mwNw. ). Für eine erweiterte Vertragshaftung ist kein Raum, wenn sich die Rechtsgutverletzung rein zufällig ereignet, wenn hierfür also nicht die durch die vertragsähnliche Sonderbeziehung begründete erhöhte Einwirkungsmöglichkeit des Vertragspartners ursächlich ist und sich nicht die hiermit typischerweise verbundene Gefahrerhöhung verwirklicht. Gemeint sind Fallgestaltungen, die sich dadurch auszeichnen , dass der Partner der Sonderbeziehung eine Rechtsgutverletzung erleidet, die ihn auch dann nicht anders getroffen hätte, wenn er nicht in einem vertragsähnlichen Sonderverhältnis zu dem anderen Teil gestanden hätte. Über einen solchen Fall hat der Senat durch Urteil vom 21.5.1993 entschieden ( vgl. NJW- RR 95, 23 f.). Ein an die gemeindliche Gasversorgung angeschlossener Anwohner war durch eine Gasexplosion zu Schaden gekommen . Die Explosion hatte sich ereignet , weil in unmittelbarer Nähe des Anwesens des Klägers - jedoch nicht im Bereich des Hausanschlusses - Gas aus der Hauptleitung ausgeströmt und durch das Erdreich in dessen nahegelegenes Hausanwesen gelangt ist. Auch wenn dieser Fall auf den ersten Blick Parallelen zum vorliegenden aufzuweisen scheint, unterscheidet er sich dennoch grundlegend von diesem.

Im Zentrum der Vertragsbeziehung stand dort ein Leistungsaustausch; der Anschlussinhaber sollte entgeltlich mit Gas beliefert werden. Der Explosionsschaden, der außerhalb der Anbindung des Anwesens an die Hauptgasleitung liegende Ursachen hatte, hätte den Anschlussinhaber jedoch in gleicher Weise getroffen, wenn dieser nicht an die Gasversorgung angeschlossen gewesen wäre und die vertragliche "Sonderbeziehung " nicht bestanden hätte , man diese also hinwegdenken würde. Der durch die Bewilligung des Kanalrechts zwischen dem Eigentümer des dienenden Grundstücks und der Beklagten vorgegebene Pflichtenkatalog ist ein anderer. Für die leitungsberechtigte Beklagte steht korrelierend zur Duldungspflicht der Klägerin die Verpflichtung im Zentrum , den Gemeindekanal so zu unterhalten, dass das dienende Grundstück keinen Schaden erleidet. Diese Rechtspflicht beschränkt sich nicht auf diejenigen Teile des Kanals, die sich auf dem Grundstück der Klägerin befinden . Auch latent gefährliche Kanaleinrichtungen, die in unmittelbarer Nähe des Grundstücks gelegen sind und von denen Gefahren für das dienende Grundstück ausgehen können, sind so zu unterhalten, dass das Gefährdungspotential des Kanalsystems möglichst gering ist und dass es nicht zu vermeidbaren Beeinträchtigungen kommt. Das hätte einen druckdichten Verschluss der in unmittelbarer Nähe zum klägerischen Grundstück gelegenen Kanaldeckel erfordert.

Der entsprechenden Verpflichtung hat die Beklagten in anspruchsbegründender Weise schuldhaft zuwider gehandelt. Da die berufungsgegenständlichen Schadensbeseitigungskosten der Höhe nach außer Streit stehen , ergibt sich ein gegen die Gemeinde gerichteter Schadensersatzanspruch der Klägerin in Höhe von ( weiteren ) 25.836,56 EUR.

III.

Außerdem steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Entschädigungsanspruch aus enteignendem Eingriff in gleicher Höhe zu , für den nach § 40 Abs.2 S.1 VwGO der Zivilrechtsweg eröffnet ist.

1.

Zu Unrecht und im Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung geht das Landgericht davon aus, dass ein Entschädigungsanspruch aus enteignendem Eingriff durch die Wirkungshaftung nach § 2 Abs.1 HPflG ausgeschlossen oder verdrängt wird ( vgl. BGHZ 158, 263, 268 f.; BGH Urt. v. 16.1.2006 Az. III ZR 121 / 05) . Ein solcher Anspruch , für den nach altem Recht die Regelverjährung des § 195 BGB a.F. von 30 Jahren galt , ist aus den bereits dargelegten Gründen auch nicht verjährt.

2.

Eine Haftung aus enteignendem Eingriff kommt in Betracht, wenn die einzelfallbezogene Einwirkung auf den geschützten Gegenstand ungewollte Nebenfolge an sich rechtmäßiger hoheitlicher Maßnahmen ist und wenn diese bei dem Betroffenen zu - meist atypischen und unvorhergesehenen - Nachteilen ( Sonderopfer ) führt , die der Betroffene aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen hinnehmen muss und wenn dadurch die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren überschritten wird ( BGHZ 158, 236,237 ; NJW 92, 3229 ).

Erforderlich ist, dass die Maßnahme unmittelbar in den geschützten Gegenstand eingreift . Das ist der Fall, wenn sich eine von ihr ausgehende typische Gefahr verwirklicht , so dass sich eine natürliche Einheit von Maßnahme und Folge ergibt ( BGH NJW 1987,2573; BayOblG 78, 69,77 ). Bloß mittelbare oder lediglich adäquat kausale Auswirkungen reichen nicht aus ( BGH a.a.O. ). Der Eingriff kann auch durch ein Unterlassen erfolgen , wenn er wegen Verstoßes gegen eine positive Handlungsverpflichtung als eingreifendes Handeln zu qualifizieren ist ( BGH NJW 1994, 858, 861 ).

In Anwendung dieser Grundsätze ist von einem enteignenden Eingriff auszugehen:

Die Beseitigung von Regen - und Abwasser stellt einen Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge dar und ist der schlicht - hoheitlichen Verwaltung zuzuordnen. Die Beklagte hat bei dem an sich rechtmäßigen Betrieb ihres Abwasserkanals dadurch unmittelbar auf das Hausgrundstück der Klägerin eingewirkt , dass sie einen direkt neben deren Grundstück gelegenen Schachtdeckel entgegen einer durch wasserrechtlichen Bescheid vorgegebenen Handlungspflicht nicht druckdicht verschlossen hat . Das hatte zur Folge, dass der Deckel bei dem Starkregen hochgedrückt wurde und dass aus dem offenen Schacht große Wassermengen auf das unmittelbar daneben befindliche klägerische Grundstück gelangt sind. Der einem positiven Tun gleichkommende Verstoß gegen die wasserrechtlich vorgegebene Handlungsverpflichtung ist als unmittelbarer Eingriff in das Eigentum der Klägerin zu werten, denn es hat sich hierbei eine typische Gefahr der ohnehin latent gefährlichen Kanalanlage verwirklicht, deren Gefährdungspotential durch das pflichtwidrige Unterlassen eines druckdichten Deckelverschlusses signifikant zum Nachteil der Grundstücksanrainer erhöht wurde.

Nimmt man die von der Rechtsprechung bisher entschiedenen Fälle zum Maßstab, bestehen keine durchgreifenden Bedenken , im Streitfall von einem entschädigungspflichtigen enteignenden Eingriff auszugehen . Der Bundesgerichtshof hat z.B. Schäden , die durch Hochwasserschutzmaßnahmen entstanden sind , aber auch Überschwemmungsschäden nach einem Rohrbruch ( BGHZ 155,99 f. ), sowie Schäden , die aus dem Überlauf von in das Kanalsystem der Gemeinde integrierten Einrichtungen resultieren , als entschädigungspflichtig angesehen. Dass sich die zum Schaden führenden Einrichtungen nicht auf dem Grundstück der Geschädigten befinden, ist unschädlich . Die Rechtsprechung lässt es genügen, dass sich die entsprechenden Einrichtungen latent nachteilig auf Anrainergrundstücke auswirken können. Begründet wird das damit, dass derartige Schäden nicht außerhalb der von hoher Hand geschaffenen und in dem Bauwerk selbst angelegten Gefahrenlage liegen ( BGHZ a.a.O. sowie Urt. vom 19.1.2006 - Az. III ZR 121 / 05 ; Bl. 826 f. d.A.).

Mithin steht der Klägerin gegen die Beklagte wegen des von jener pflichtwidrig nicht druckdicht verschlossenen Kanaldeckels , der zu oberflächlichem Wasseraustritt aus dem gemeindlichen Abwasserkanal und in der Folge zu dem Überschwemmungsschaden auf dem unmittelbar neben dem Schachtausgang befindlichen Grundstück der Klägerin geführt hat , ein Anspruch auf Entschädigung aus enteignendem Eingriff zu.

Demgegenüber kann sich die beklagte Gemeinde nicht mit Erfolg auf einen außergewöhnlichen Starkregen ( Katastrophenregen ) berufen . Dem Entschädigungspflichtigen ist es zwar nicht verwehrt, sich gegenüber der Haftung aus enteignendem Eingriff auf höhere Gewalt zu berufen. Das Schadensereignis würde in einem solchen Fall nicht mehr zu den der Anlage immanenten Risiken gehören, sondern wäre einem von außen kommenden Drittereignis ( Natur -katastrophe ) zuzurechen.

Der Einwand greift jedoch nicht durch , denn der Überschwemmungsschaden wäre nach den gutachtlichen Feststellungen trotz des außergewöhnlichen Starkregens so nicht eingetreten , wenn der Kanaldeckel , aus dem das Wasser an die Oberfläche gelangte, druckdicht verschlossen gewesen wäre. Eine Berufung auf höhere Gewalt setzt voraus, dass das Schadensereignis mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch äußerste Sorgfalt nicht verhütet werden kann ( BGHZ 159,19,23 ). Das ist hier nicht der Fall.

Die Höhe des Entschädigungsanspruches beurteilt sich nach enteignungsrechtlichen Kriterien , also den allgemeinen Grundsätzen über die Enteignungsentschädigung ( Art 14 Abs.3 GG ; vgl. hierzu Palandt - Bassenge, BGB, 66. Aufl. Rn. 18 f. Überbl v § 903 ) . Die von der Klägerin geltend gemachten Sachsubstanzschäden , die der Höhe nach außer Streit stehen, sind sämtlich entschädigungspflichtig.

Der Zinsanspruch ist im beantragten Umfang nach den §§ 288 Abs.1, 247, 286 Abs.1 S.1 BGB gerechtfertigt. Die Klägerin hat die hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherung mit Anwaltsschreiben vom 29.5.2000 vergeblich zur Zahlung von 52.800 .- DM aufgefordert ( Bl. 46 d.A. 4 O 365 / 00 ).

Auf die Erstberufung der Klägerin war das angefochtene Schlussurteil daher wie geschehen abzuändern.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren - soweit hierüber nicht bereits durch Senatsbeschluss vom 6.12.2006 ( Bl. 958 , 959 d.A. ) entschieden wurde, gemäß den § 91 Abs.1 ZPO der Beklagten aufzuerlegen. Die von der Klägerin zweitinstanzlich vorgenommene Ermäßigung des Zinsanspruches wirkt sich wegen § 43 Abs.1 GKG kostenmäßig nicht aus. Die erstinstanzliche Kostenentscheidung war wie aus der Urteilsformel zu ersehen abzuändern . Im Übrigen war sie zu bestätigen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr.10 , 711 ZPO .

Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst , da die in § 543 ZPO geregelten Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Rechtsache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch weicht der Senat in den die Entscheidung tragenden rechtlichen Erwägungen von gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.

Ende der Entscheidung

Zurück