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Gericht: Saarländisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 15.11.2005
Aktenzeichen: 4 U 489/04
Rechtsgebiete: BGB, BNotO


Vorschriften:

BGB § 177 I
BNotO § 14 I Satz 2
a. Die Handlung eines Notars wegen einer Verletzung der Aufklärungspflicht entscheidet aus, wenn die Betroffenen von dritter Seite umfassend über alle relevanten Risiken aufgeklärt worden sind.

b. Eine Haftung des Notars unter dem Gesichtspunkt einer Aufklärungspflichtsverletzung kommt darüber hinaus auch dann nicht in Betracht, wenn die Betroffenen das aufklärungsbedürftige Rechtsgeschäft in gleicher Weise vorgenommen hätten, wenn der Notar die unterlassene Aufklärung durchgeführt hätte.


Tenor:

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 19.08.2004 (AZ: 9 O 49/04) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 177.405,51 festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

I) Die Kläger nehmen den Beklagten in seiner Eigenschaft als Notar unter dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung auf Schadensersatz in Anspruch.

Die W. B. GmbH und Co KG setzte sich zusammen aus ihrer Komplementärin, der W. B. Verwaltungs mbH und ihren Kommanditisten, 9 natürlichen Personen, darunter die Kläger zu 1) und zu 3) sowie eine Frau E. S., die am 21.04.2000 verstarb und deren Rechtsnachfolger eine Erbengemeinschaft war, nämlich die Klägerin zu 2). Die W. B. GmbH und Co KG hielt den einzigen vollständig geleisteten Geschäftsanteil des Stammkapitals von DM 50.000,- an der W. B. Verwaltungs mbH. Der Geschäftsführer der W. B. Verwaltungs mbH war der Kläger zu 1). Im Jahr 1999 entschlossen sich die Gesellschafter der W. B. GmbH und Co KG, die Geschäftsanteile insgesamt zu verkaufen. Die Überlegungen und die Suche nach geeigneten Käufern konkretisierten sich im Dezember 1999. Als Käufer fanden sich sodann die Firma F. G. GmbH aus und die Firma Dr. P. & P. S. aus L.. Für die Verkäufer trat dabei der Kläger zu 1) als Verhandlungsführer auf. Nachdem der Kläger zu 1) sich mit den Vertretern der Firma F. G. GmbH und der Firma Dr. P. & P. S. über den Kaufpreis geeinigt hatte, beauftragten die Vertragsparteien daraufhin den Beklagten mit der Ausarbeitung eines Vertragstextes. Der Beklagte fertigte deshalb einen ersten Vertragsentwurf an, den er am 15.12.1999 per Telefax an den Kläger zu 1) sandte. In diesem Vertragsentwurf wurde die Person des Käufers noch offen gelassen. Der Kläger zu 1) beauftragte daraufhin Herrn Rechtsanwalt Dr. H. mit der Prüfung dieses Vertragsentwurfs. Mit Schreiben vom 20.12.1999 nahm Rechtsanwalt Dr. H. zu dem Vertragsentwurf Stellung. Er wies darauf hin, dass nach dem vorgelegten Vertragstext die Geschäftsanteile ohne Absicherung der bisherigen Gesellschafter übertragen werden. Seiner Ansicht nach sollte die Übertragung der Geschäftsanteile aufschiebend bedingt durch die vollständige Zahlung des Kaufpreises vorgenommen werden oder die Zahlung des Kaufpreises durch persönliche Bürgschaften oder Bankbürgschaften sichergestellt werden. Wörtlich führte Rechtsanwalt H. aus:

"Sollte der Erwerber eine Gesellschaft mit nur geringem Eigenvermögen sein, so bestehen erhebliche Bedenken bezüglich der Werthaltigkeit der Kaufpreisforderung."

Rechtsanwalt Dr. H. schlug vor, zunächst die genaue Person des Käufers in Erfahrung zu bringen und sodann über eine Sicherung der Kaufpreisforderung zu verhandeln.

Wegen der Einzelheiten wird auf das Faxschreiben vom 20.12.1999 (Bl. 59 ff. d.A.) Bezug genommen.

Am 20.12.1999 fand eine Gesellschafterversammlung der W. B. GmbH und Co KG statt. Tagesordnungspunkt war der Vertragsentwurf des Beklagten über den vorgesehenen Verkauf der Geschäftsanteile. Die Gesellschafter stimmten sowohl dem darin festgelegten Kaufpreis als auch dem Zeitpunkt der Übertragung grundsätzlich zu. Einige Gesellschafter forderten jedoch, die Kaufpreisansprüche durch eine Bankbürgschaft abzusichern. Daraufhin fand ein Telefonat zwischen dem Kläger zu 1) und dem Vertreter der Käufer, Herrn B., statt. In diesem Telefonat lehnte Herr B. die Gewährung einer Bankbürgschaft kategorisch ab. Der Kläger zu 1) berichtete dem Beklagten mit Schreiben vom 21.12.1999 von der Gesellschafterversammlung sowie dem Telefonat mit Herrn B. und fügte diesem Schreiben die Stellungnahme von Rechtsanwalt Dr. H. als Anlage bei.

Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 21.12.1999 (Bl. 62 f. d.A.) Bezug genommen.

Am 29.12.1999 fertigte der Beklagte einen zweiten, überarbeiteten Vertragsentwurf, den er wiederum dem Kläger zu 1) per Fax übermittelte. Die von Rechtsanwalt Dr. H. vor allem kritisierten Punkte, insbesondere die fehlende Abhängigkeit der Übertragung der Gesellschaftsanteile von der Zahlung des Kaufpreises durch Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung und die fehlende Sicherung der Kaufpreisforderung durch persönliche Bürgschaft oder Bankbürgschaft blieben dabei unverändert.

Am 07.01.2000 beurkundete der Beklagte einen Vertrag (UR-Nr.) zwischen der W. B. GmbH und Co KG, vertreten durch die W. B. Verwaltungs mbH, diese vertreten durch den Kläger zu 1) und den 9 Kommanditisten als Verkäufer auf der einen Seite und der F. G. GmbH sowie der Dr. P. & P. S. als Käufer auf der anderen Seite. Gegenstand des Vertrages war zum einen der Verkauf und die Abtretung aller Geschäftsanteile an der W. B. Verwaltungs mbH und zum anderen der Verkauf und die Abtretung aller Kommanditanteile an der W. B. GmbH und Co KG. Der Vertrag enthielt unter anderem die folgenden Bestimmungen:

"Der Kaufpreis beträgt 500.000,- DM für alle Kommanditanteile. ... Der Kaufpreis ist wie folgt zahlbar: in 3 Jahresraten, die erste Rate in Höhe von 166.700,- DM drei Monate nach Mitteilung des Notars, dass alle Verkäufer diesen Vertrag und die Anmeldung zum Handelsregister unterzeichnet haben. Die zweite Rate in Höhe von DM 166.700,- DM ein Jahr nach Fälligkeit der ersten Rate und die dritte Rate in Höhe von 166.600 DM zwei Jahre nach Fälligkeit der ersten Rate, jeweils zinslos und nicht wertgesichert....Die Wirksamkeit der Kauf- und Übertragungsverträge ist aufschiebend bedingt durch die Zustimmung aller Gesellschafter der W. B. GmbH und Co KG."

Wegen des weiteren Inhalts des Vertrags wird auf die notarielle Urkunde (Bl. 13 ff. d.A.) Bezug genommen.

Bei der notariellen Beurkundung war ausschließlich Herr J. E., der Geschäftsführer der Firma Dr. P. & P. S., persönlich anwesend. Alle übrigen Parteien wurden durch eine Notariatsangestellte des Beklagten vertreten, die als Vertreterin ohne Vertretungsmacht handelte. In den folgenden drei Monaten genehmigten alle Vertretenen die von der Notariatsangestellten am 07.01.2000 in ihrem Namen abgegebenen Erklärungen durch notariell beglaubigte Genehmigungserklärungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die einzelnen Genehmigungserklärungen (Bl. 34 ff. d.A.) Bezug genommen. Nach Eingang aller Genehmigungen meldete der Beklagte am 28.03.2000 die Übertragung der Kommanditanteile beim Handelsregister an. Die Eintragung der beiden Käufer als neue Kommanditisten im Wege der Sonderrechtsnachfolge erfolgte am 16.05.2000. Eine Begleichung der Kaufpreisforderungen durch die beiden Käufer erfolgte zu keinem Zeitpunkt. Über das Vermögen der Firma F. G. GmbH wurde noch im Herbst des Jahres 2000 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Gesellschaft wurde am 06.12.2000 aufgelöst. Auch die zweite Käuferin, die Firma Dr. P. & P. S. geriet am 01.03.2002 in Insolvenz.

Die Kläger haben geltend gemacht, der Beklagte habe es unterlassen, sie über die rechtliche Tragweite des Kaufvertrages aufzuklären. Sie hätten den notariellen Vertrag nicht abgeschlossen, wenn der Beklagte sie über die Risiken des Vertrages aufgeklärt hätte. Der Beklagte habe den Vertrag zudem einseitig zu ihren Lasten ausgestaltet. Dies zeige sich erstens daran, dass die Geschäftsanteile sofort auf die Käufer übertragen wurden, ohne dass die Zahlung des Kaufpreises zur Bedingung des Übergangs gemacht wurde, zweitens daran, dass der Beklagte jede Form der Sicherheit für die Verkäufer (etwa durch Bürgschaft) unterlassen habe und drittens daran, dass der Beklagte die von Rechtsanwalt Dr. H. vorgebrachten Einwendungen unberücksichtigt gelassen habe.

Die Kläger haben die Meinung vertreten, der Beklagte habe seine Amtspflichten verletzt, indem er es unterlassen hat, auf ein persönliches Erscheinen der Verkäufer zu bestehen. Nur durch eine derartige Maßnahme habe der Beklagte die Möglichkeit gehabt, die Verkäufer in geeigneter Weise auf die außergewöhnlichen Risiken und Gefahren hinzuweisen, die für die Verkäufer insbesondere dadurch bestanden, dass die Anteilsübertagung unabhängig von der Zahlung des Kaufpreises erfolgte und keine Sicherheit für die Kaufpreisforderung bestand. Eine zweite Amtspflichtverletzung sei darin zu sehen, dass der Beklagte den Vertrag einseitig ausgestaltet habe. Schließlich habe der Beklagte auch dadurch eine Amtspflichtverletzung begangen, dass er den Vertrag überhaupt beurkundet habe. Angesichts des ihm vorgelegten Schreibens des Rechtsanwalts Dr. H. habe dem Beklagten klar sein müssen, dass die Kläger starke Bedenken gegen seine Vertaggestaltung hegten. Wenn der Beklagte den Vertrag gleichwohl beurkundet habe und zu diesem Zweck eine Notariatsangestellte als vollmachtslose Vertreterin für die Kläger auftreten gelassen habe, liege darin eine eklatante Amtspflichtverletzung.

Die Kläger haben beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger EUR 177.405,51 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, er habe den Kläger zu 1) als Vertreter aller Käufer telefonisch über die bestehenden Risiken aufgeklärt. Darüber hinaus hat der Beklagte behauptet, dass den Klägern eine anderweitige Ersatzmöglichkeit offen stehe und insoweit ein Anspruch gegen ihn ausscheide. Er hat insoweit darauf verwiesen, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma F. G. GmbH noch nicht abgeschlossen sei.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass eine Aufklärung der Kläger überhaupt nicht erforderlich gewesen sei. Denn die Kläger seien insbesondere durch ihren Anwalt, Herrn Dr. H., über alle bestehenden Risiken belehrt worden. Insoweit sei eine weitere Aufklärung durch den Beklagte gar nicht erforderlich gewesen. Doch selbst dann, wenn man eine Amtspflichtverletzung des Beklagten durch eine unterlassene Belehrung der Kläger annehmen wollte, wäre diese Amtspflichtverletzung des Beklagten für den Schaden der Kläger nicht kausal geworden. Denn die unterlassene Belehrung durch den Beklagten habe keine Konsequenz gehabt, da die Kläger auch ohne Belehrung durch den Beklagten Kenntnis von den bestehenden rechtlichen Risiken gehabt hätten.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 19.08.2004 abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass eine Verletzung der Belehrungspflicht durch den Beklagten nicht vorliege, weil die Kläger sich über die Tragweite ihrer Erklärungen auch ohne Beratung durch den Beklagten vollständig im Klaren gewesen seien und deshalb nicht belehrt zu werden brauchten.

Gegen das Urteil des Landgerichts, welches den Klägern am 26.08.2004 zugestellt worden ist, haben diese mit Schriftsatz vom 21.09.2004, eingegangen beim Saarländischen Oberlandesgericht am 22.09.2004, Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsschrift ging am 22.11.2004 ein, nachdem den Klägern die entsprechende Frist durch Verfügung vom 29.09.2004 bis zum 23.11.2004 verlängert worden ist.

Die Kläger vertreten die Ansicht, dass der Beklagte eine schuldhafte Amtspflichtverletzung begangen habe und ihnen deshalb auf Schadensersatz hafte. Sie behaupten insoweit, dass der Vertrag von dem Beklagten einseitig zu ihren Lasten ausgestaltet worden sei. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass der Vertrag eine ungesicherte Vorleistung der Verkäuferseite enthalte. Insoweit liege bereits in der einseitigen Vertragsgestaltung eine Amtspflichtverletzung des Beklagten. Darüber hinaus sei den Verkäufern die Identität der Käufer zum Zeitpunkt der Beurkundung noch nicht bekannt gewesen. Gerade aus der Identität der Käufer hätten sich aber für die Kläger besondere Gefahren ergeben. Denn zum einen handele es sich bei den Käufern um Kapitalgesellschaften mit geringem Stammkapital, zum anderen habe zumindest eine der beiden Käufer ihren Sitz im Ausland (nämlich in L.), wodurch sich wiederum besondere Risiken, insbesondere im Fall einer Zwangsvollstreckung, ergäben. Angesichts dieser Umstände hätte er auf das persönliche Erscheinen der Kläger zum Beurkundungstermin bestehen und diese umfassend über die sich ergebenden Risiken aufklären müssen. Die Tatsache, dass er auf diese Aufklärung verzichtet habe und darüber hinaus den Vertrag durch das Auftreten eines vollmachtslosen Vertreters geschlossen habe, stelle eine weitere Amtspflichtverletzung dar. An dieser Amtspflichtverletzung ändere auch die von den Klägern eingeholte Stellungsnahme durch Rechtsanwalt Dr. H. nichts. Denn der Beklagte habe von einer Belehrung über die besonderen Risiken nur dann absehen dürfen, wenn er sich aufgrund der gesamten Umstände zuverlässig davon überzeugt hätte, dass die Kläger die relevanten Risiken kennen und diese Vertragsgestaltung gleichwohl wünschen. Der Beklagte habe indes eine derartige zuverlässige Kenntnis aus den Umständen nicht gewinnen können.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 19.08.2004, Aktenzeichen 9 O 49/04, zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger EUR 177.405,51 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte meint, dass schon eine Amtspflichtverletzung durch ihn nicht vorliege, da die Kläger alle relevanten Risiken kannten und deshalb nicht belehrt werden mussten. Darüber hinaus behauptet der Beklagte, dass er die Kläger eingehend belehrt habe. Insbesondere habe er die Kläger auch auf die Möglichkeit einer aufschiebend bedingten Übertragung der Geschäftsanteile hingewiesen. Diese hätten dies indes abgelehnt, da sie ihre Kommanditanteile im Zuge der Privatisierung von der Treuhandanstalt gekauft hätten und es hierbei zu Ungereimtheiten gekommen sei. Aus diesem Grund hätten die Kläger mit Rückforderungen seitens der Behörden gerechnet und die Geschäftsanteile deshalb möglichst rasch übertragen wollen. Auch über die Möglichkeit einer Sicherung der Kaufpreisforderung durch Bürgschaft habe er den Kläger zu 1) als Vertreter der übrigen Kommanditisten belehrt. Der Vertrag sei auch nicht einseitig gestaltet worden, sondern biete den Klägern auch entscheidende Vorteile. Gerade der gewählte Weg des Kommanditistenwechsels im Wege der Sonderrechtsnachfolge vermeide, dass die Haftung der ausgeschiedenen Kläger wieder auflebe. Darüber hinaus müsse bei einer Gesamtbetrachtung des Vertrages auch berücksichtigt werden, dass der Kaufpreis deutlich über dem Wert der Geschäftsanteile gelegen habe.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. Darüber hinaus wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Landgerichts vom 19.08.2004 (Bl. 103 ff. d.A.) Bezug genommen (§ 540 I Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:

II) Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Den Klägern stehen die geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1. Verletzung der Belehrungspflicht

Zunächst einmal haftet der Beklagte nicht wegen einer Amtspflichtverletzung unter dem Gesichtspunkt einer unterlassenen Belehrung der Kläger.

Im vorliegenden Fall kommen vier Alternativen in Betracht, bei deren Vorliegen eine Haftung des Beklagten ausscheiden würde:

a) Der Beklagte selbst hat die Kläger umfassend über alle mit dem Vertrag verbundenen Risiken und Gefahren hingewiesen. Bei dieser Alternative scheidet eine Aufklärungspflichtverletzung erkennbar aus.

b) Die Kläger waren von dritter Seite umfassend über alle relevanten Risiken informiert und der Beklagte hatte zuverlässige Kenntnis von dieser Tatsache. Auch bei dieser Fallgestaltung fehlt es bereits an einer Pflichtverletzung des Beklagten. Denn die Belehrungspflicht des Notars ist kein sinnentleerter formalistischer Selbstzweck, sondern sie hat den Sinn, einen insoweit Rechtsunkundigen über ihm unbekannte Gefahren aufzuklären. Kennt der Betreffende die Gefahren, muss der Notar ihn nicht darüber aufklären (so BGH vom 27.10.1994 = NJW 1995, 330, 331 f.).

c) Die Kläger waren zum Zeitpunkt der Beurkundung umfassend über die relevanten Risiken aufgeklärt, aber der Beklagte hatte hiervon keine zuverlässige Kenntnis und unterlässt die Aufklärung gleichwohl. In diesem Fall liegt zwar eine Aufklärungspflichtverletzung des Notars vor, aber diese hat sich nicht ausgewirkt. Denn da die Kläger auch ohne die Belehrung durch den Beklagten Kenntnis von allen relevanten Risiken besaßen, blieb die unterlassene Aufklärung folgenlos. Die Aufklärungspflichtverletzung ist dann nicht kausal geworden (so BGH vom 24.10.1995 = NJW 1996, 788 f. = VersR 1996, 211 f. zu der vergleichbaren Problematik der Haftung des Arztes wegen einer Aufklärungspflichtverletzung).

d) Die Kläger waren nicht umfassend über die bestehenden Risiken aufgeklärt und der Beklagte hat die erforderliche Belehrung unterlassen, so dass eine Amtspflichtverletzung vorliegt. Die Kläger hätten den Vertrag aber auch dann geschlossen, wenn sie von dem Beklagten aufgeklärt worden wären. Auch bei dieser Fallgestaltung fehlt es an der erforderlichen Kausalität der Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden. Denn hier ist die unterlassenen Belehrung eben gerade nicht ursächlich für den Schaden, sondern dieser wäre in gleicher Weise auch ohne die Pflichtverletzung eingetreten (so etwa BGH vom 22.01.1980 = NJW 1980,1333 ff. = VersR 1980, 428 ff. zu der vergleichbaren Problematik der ärztlichen Aufklärungspflicht).

Es kann dahin gestellt bleiben, ob bereits die Voraussetzungen der oben dargestellten Alternativen a) oder b) vorliegen und es bereits an einer Pflichtwidrigkeit fehlt. Denn nach Auffassung des erkennenden Senates liegen in jedem Fall die Alternativen c) und d) vor, so dass eine Haftung des Beklagten trotz einer Amtspflichtverletzung wegen fehlender Kausalität ausscheidet.

Alternative c)

Selbst dann, wenn man mit den Klägern annehmen wollte, dass das Schreiben vom 21.12.1999 nicht ausgereicht habe, um dem Beklagten die erforderliche zuverlässige Überzeugung von der Kenntnis der Kläger über alle maßgeblichen Kriterien zu verschaffen, würde eine Haftung des Beklagten ausscheiden. Denn in jedem Fall ist eine - mögliche - Aufklärungspflichtverletzung des Beklagten nicht kausal geworden. Die Kläger waren nämlich auch ohne Zutun des Beklagten über alle relevanten Risiken aufgeklärt, so dass die Voraussetzungen der oben dargestellten Alternative c) vorlagen. Entscheidend ist aus rechtlicher Sicht hierbei der Zeitpunkt der Genehmigung des Vertrages durch die Kommanditisten. Denn weder durch die vorherige Ausgestaltung des Vertrages noch durch dessen Beurkundung ist den Klägern ein Schaden entstanden. Bis zu der von ihnen selbst erteilten Genehmigung war der Vertrag nämlich gem. § 177 I BGB schwebend unwirksam, da die Notariatsangestellte als Vertreterin ohne Vertretungsmacht (falsus procurator) auftrat. Die Wirksamkeit des Vertrages hing deshalb allein von der Genehmigung durch die Kläger ab. Zum Zeitpunkt der Genehmigung waren die Kläger - vertreten durch den Kläger zu 1) als ihren Verhandlungsführer - indes über alle maßgebenden Umstände umfassend aufgeklärt. Durch Rechtsanwalt Dr. H. kannten sie alle Risiken des Vertrages ebenso wie die bestehenden Alternativen, um die Gefahren zu vermeiden oder zumindest zu vermindern. Bereits am 20.12.1999 wurden die Kläger durch Rechtsanwalt Dr. H. ausführlich, korrekt und umfassend über alle rechtlich relevanten Aspekte des Vertrages aufgeklärt. Darüber hinaus zeigte Rechtsanwalt Dr. H. den Klägern auch die bestehenden "Möglichkeiten der Abhilfe" (nämlich eine aufschiebend bedingte Übertragung der Geschäftsanteile sowie eine Sicherheit der Kaufpreisforderung durch persönliche Bürgschaft oder Bankbürgschaft). Als die Kläger den streitgegenständlichen Vertrag genehmigten, kannten sie darüber hinaus die Identität der Käufer, wussten, dass es sich um Kapitalgesellschaften handelt, kannten deren Stammkapital und hatten auch Kenntnis davon, dass einer der Käuferinnen ihren Sitz in L. hatte. Denn zum Zeitpunkt der Genehmigung hatte der Beklagte ihnen den Vertrag und die maßgeblichen Handelsregisterauszüge zukommen lassen. Auch über die besonderen Gefahren, die sich daraus ergaben, dass es sich bei den Käufern um Kapitalgesellschaften mit geringem Stammkapital handelte, waren die Kläger umfassend durch Rechtsanwalt Dr. H. aufgeklärt worden. Zwischen dem Erteilen der Genehmigung und der Übersendung des beurkundeten Vertrages lag ein Zeitraum von mehreren Monaten, in denen die Kläger Gelegenheit hatten, sich umfassend über die Bonität der Käufer zu informieren und die Risiken abzuwägen. Wenn die Kläger sich in Kenntnis aller Umstände und trotz des Wissens um alle bestehenden Risiken nach Monaten der Überlegung dazu entschlossen haben, den bislang schwebend unwirksamen Vertrag durch ihre Willenserklärung wirksam werden zu lassen, ist der dadurch entstandene Schaden keine Folge einer vorherigen Amtspflichtverletzung des Beklagten. Eine Aufklärungspflichtverletzung hat sich nicht ausgewirkt, da die Kläger auch ohne Zutun des Beklagten umfassend aufgeklärt und informiert waren und den Vertrag gleichwohl aus ihrer eigenen selbstverantwortlichen Entscheidung heraus schließen wollten. Selbst eine Aufklärungspflichtverletzung unterstellt, fehlt es deshalb an der erforderlichen Kausalität zwischen dieser und dem später eingetretenen Schaden.

Alternative d)

Eine Haftung des Beklagte scheidet zudem aus, weil auch die Voraussetzungen der Alternative d) vorliegen . Denn die Kläger hätten den Vertrag auch dann in gleicher Weise geschlossen, wenn der Beklagte sie ordnungsgemäß aufgeklärt hätte. Dabei kann die Frage der Beweislastverteilung offen und dahin gestellt bleiben, ob die Kläger beweisen müssen, dass sie im Falle eine Aufklärung durch den Beklagten den Vertrag nicht abgeschlossen hätten, oder ob der Beklagte beweisen muss, dass die Kläger die streitgegenständliche Vereinbarung trotz ordnungsgemäßer Warnung vor den Risiken getroffen hätten (zu den hierzu anzuwendenden Beweislastregeln siehe BGH vom 09.07.1992 = WM 1992, 1662 ff. = NJW 1992, 3237 ff.). Denn aufgrund der tatsächlichen Ereignisse kommt es auf die Beweislastverteilung nicht an. Der erkennende Senat hält es nämlich für bewiesen, dass die Kläger den Vertrag in der fraglichen Fassung auch bei ordnungsgemäßer Belehrung durch den Beklagten geschlossen hätten. Denn die Kläger haben sich gerade nicht auf den Beklagten verlassen und ihm uneingeschränkt vertraut, sondern einen Rechtsanwalt eingeschaltet und mit der Überprüfung des von dem Beklagtem aufgesetzten Vertrages beauftragt. Dieser Rechtsanwalt hat die Kläger umfassend und ausführlich auf die mit dem Vertrag verbundenen Risiken hingewiesen. Er hat insbesondere aufgezeigt, dass die Kaufpreisforderung der Kläger ungesichert ist und als Sicherheit eine persönliche Bürgschaft oder eine Bankbürgschaft empfohlen. Darüber hinaus hat er auf die Gefahren aufmerksam gemacht, die darin liegen, dass die Übertragung der Geschäftsanteile nicht unter der aufschiebenden Bedingung der Zahlung des Kaufpreises erfolgt. Schließlich hat er die Kläger über die besonderen Risiken belehrt, die dann entstehen, wenn es sich bei dem Käufer um eine Kapitalgesellschaft mit geringem Stammkapital handelt. Trotz dieser umfassenden Aufklärung durch den Anwalt ihres Vertauens über alle bestehenden Risiken haben die Kläger den Vertrag genehmigt. Daraus ergibt sich hinreichend, dass die Kläger den Vertrag in gleicher Weise geschlossen hätten, wenn die Belehrung durch den Beklagten erfolgt wäre. Denn wenn die Kläger schon die Warnung ihres Beraters ignoriert haben, dem sie vertrauen und den sie mit der Kontrolle des Beklagten beauftragten, spricht alles dafür, dass sie gegenüber Letzterem erst recht beratungsresistent gewesen wären, dem sie gerade nicht vertrauten und dessen Vertragsentwurf sie deshalb durch Rechtsanwalt Dr. H. überprüfen ließen. Die Antwort auf die Frage, wie eine aufklärungsbedürftige Person, die tatsächlich nicht aufgeklärt worden ist, sich im Falle der ordnungsgemäßen Aufklärung verhalten hätte, ist zwangsläufig hypothetisch. Denn da die geschuldete Aufklärung gerade unterblieben und das Verhalten der Menschen individuell und weder bestimmten Naturgesetzen noch Zwangsläufigkeiten unterworfen ist, bleibt notwendigerweise ein gewisses Maß an Restunsicherheit zurück. Im Vergleich zu ähnlichen Fallgestaltungen unterbliebener Aufklärung lässt das tatsächliche Verhalten der Kläger hier keinen Raum für die Vermutung eines aufklärungsgerechten Verhaltens, sondern belegt hinreichend, wie sie auf eine durch den Beklagten vorgenommene Aufklärung reagiert hätten. Denn im Unterschied zu der üblichen Konstellation einer unterlassenen Aufklärung wurden die Beklagten hier eingehend, vollständig und ordnungsgemäß aufgeklärt, wenn auch - möglicherweise - nicht von dem Beklagten, sondern von einem anderen hierfür qualifizierten Dritten. Dann bleibt aber kein Raum für eine Spekulation über das mögliche oder wahrscheinliche Verhalten der Kläger im Falle einer Aufklärung, sondern es steht gerade fest, wie die Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung durch den Beklagten reagiert hätten, nämlich so, wie sie tatsächlich reagiert haben. Auch unter diesem Gesichtspunkt war die Klage deshalb abzuweisen.

2. Verletzung der Neutralitätspflicht

Auch eine Haftung des Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Neutralitätspflicht des § 14 I Satz 2 BNotO scheidet aus. Es kann insoweit dahin gestellt bleiben, ob der Beklagte den Vertrag einseitig zu Gunsten der Käufer konzipiert hat (so die Kläger) oder ob der Vertrag insgesamt ausgewogen gestaltet worden ist (so der Beklagte). Denn es ist rechtlich unbeachtlich, ob der Beklagte bei der Ausgestaltung des streitgegenständlichen Vertrages gegen seine Pflicht zur Neutralität verstoßen hat. Selbst dann, wenn der Beklagte seine Neutralitätspflicht verletzt hätte, wäre diese Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden nicht ursächlich geworden. Die Kläger leiten die Einseitigkeit des Vertrages insbesondere aus zwei Umständen ab:

- Die Übertagung der Geschäftsanteile erfolgte unbedingt ohne Rücksicht auf die Erfüllung der Kaufpreisforderung und nicht aufschiebend bedingt.

- Die Kaufpreisforderung ist ungesichert. Der Vertrag sieht weder eine persönliche Bürgschaft noch eine Bankbürgschaft vor.

Abgesehen davon, dass die Sicherung der Kaufpreisforderung durch Bürgschaft gegenüber den Käufern nach dem eigenen Vortrag der Kläger nicht durchsetzbar war, kannten die Kläger alle diese ihnen ungünstigen Faktoren, als sie den Vertrag genehmigten. Durch die ausführliche Beratung des von den Klägern beigezogenen Rechtsanwaltes hatten sie - über ihren Verhandlungsführer - eine umfassende Kenntnis sowohl der Risiken der von dem Beklagten gewählten Vertragsgestaltung als auch der hierzu bestehenden rechtlichen Alternativen. Die Kläger haben gerade nicht auf die Neutralität des Beklagten vertraut, sondern einen Anwalt mit der Überprüfung des Vertragsentwurfs beauftragt und alle Umstände erfahren, die ihrer Auffassung nach für die parteiische Ausgestaltung des Vertrages sprechen. Danach haben die Kläger sich in Kenntnis der angeblichen Einseitigkeit nach eingehender Beratung und langer Bedenkzeit eigenverantwortlich dazu entschieden, diesen Vertrag durch ihre Willenserklärungen wirksam werden zu lassen. Der ihnen daraus entstandene Schaden ist damit die Folge ihrer eigenen autonomen Entscheidung und nicht mehr dem Beklagten zurechenbar. Auch unter diesem Gesichtspunkt scheidet mithin eine Haftung des Beklagten aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 711 Satz 2, 709 Satz 2 ZPO. § 713 ZPO ist nicht anwendbar, da die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, nicht für jede Partei unzweifelhaft nicht gegeben sind. Dies folgt daraus, dass die Revision zwar nicht zugelassen ist, jedoch gem. § 26 Nr. 8 EGZPO die Nichtzulassungsbeschwerde für die Kläger zulässig ist. Denn die Beschwer der Kläger im Berufungsverfahren beträgt EUR 177.405,51 und mithin mehr als EUR 20.000,-.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 II ZPO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 48 I Satz 1 GKG, 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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